Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik Chancengleichheit im Schulsystem?

Innenpolitik Chancengleichheit im Schulsystem?

Urego
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Re: Chancengleichheit im Schulsystem?
geschrieben von Urego
als Antwort auf clara vom 13.09.2010, 21:58:30
Im Anschluß an diesen kompetenten und lehrreichen Exkurs über die Didaktik und Methodik von Unterricht möchte ich doch noch einmal auf das von mir initiierte Thema zurückgreifen.
Das Schlagwort "Chancengleichheit in der Bildung" ist in aller Munde. Wie ist es dann möglich, daß Eltern sich offensichtliche Ungerechtigkeiten in der Lehrerversorgung sang- und klanglos gefallen lassen?

Nehmen die betroffenen Eltern die Ungerechtigkeit nicht wahr? Wenn ja, warum nicht? Haben die Eltern resigniert? Trauen sie sich nicht aufzumucken? Fehlt es Ihnen an der nötigen Lobby um ihre berechtigten Interessen durchzusetzen? Wer könnte (müßte eigentlich) ihr natürlicher Interessenvertreter sein? Wo müßte eine Veränderung (um das Wort "Reform" zu vermeiden) ansetzen?

Aus meiner Sicht sind dies diskussionswürdige Fragen.

Urego
ehemaligesMitglied27
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Re: Chancengleichheit im Schulsystem?
geschrieben von ehemaligesMitglied27
als Antwort auf Urego vom 15.09.2010, 10:40:27
Eine Frage, was verstehst Du unter: "offensichtliche Ungerechtigkeiten in der Lehrerversorgung" ?

Lehrermangel in bestimmten Fächern? Wenn ja, wie würdest Du ihn beheben?
Durch Zwangszuweisung der Studienfächer an die Studenten?

Anders geht es wohl nicht.

Wenn Verfahrensmechaniker in einem bestimmten Industriezweig fehlen, kann man dem Mangel nur durch gezielte Werbung und Ausbildungsangebote abhelfen.

So sollte es in allen Berufssparten bleiben, Berufszwang gab es schon zu oft in unserem Land.
clara
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Re: Chancengleichheit im Schulsystem?
geschrieben von clara
als Antwort auf ehemaligesMitglied27 vom 15.09.2010, 11:07:32
Von Berufszwang weiß ich nichts, jedenfalls nicht in der alten BRD. Ich hätte mir jedenfalls jeden Beruf aussuchen können. In der DDR war es wohl ein wenig anders, habe ich mir sagen lassen.
Vor Jahrzehnten gab es im Westen großen Bedarf an Lehrern für naturwissenschaftliche Fächer. Man warb damals Physiker, Chemiker usw. aus Betrieben an.
Auch an Grundschulen gab es kurze Zeit einen Engpass und dafür wurden speziell Frauen angeworben, die im Schnellgang ausgebildet wurden (heute sagt man Crashkurs dazu) und sogar ohne Abitur. Sie durften nur das zweite Schuljahr unterrichten, weil dies angeblich das leichteste sei. Nach Protesten aus der studierten Lehrerschaft verschwand diese Aktion wieder in der Schublade.

Werbung ja, aber nicht auf die Art, dass den Lehrern immer mehr bürokratischer Kram aufgebürdet wird und immer neue Erlasse zur angeblichen Verbesserung des Schulwesens heraus gegeben werden. Von Bayern weiß ich, dass es dort besonders intensiv ist. Vermutlich, weil es seinen ersten Ranglistenplatz zu verteidigen gilt.

Clara

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Linta
Linta
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Re: Chancengleichheit im Schulsystem?
geschrieben von Linta
als Antwort auf clara vom 15.09.2010, 12:49:26


Clara,

in NRW (wo ich damals lebte)waren das in den Mitte-60er-Jahren die Mikätzchen, benannt nach dem damaligen Bildungsminister Mikat.
Frauen mit und ohne Abitur wurden im Schnellverfahren ausgebildet und durften für zwei Jahre in zweiten und dritten Schulklassen unterrichten. Danach gab es für diese Mikätzchen die Möglichkeit ein Schnellstudium zu machen um dann in den Schuldienst übernommen zu werden.

Linta

Urego
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Re: Chancengleichheit im Schulsystem?
geschrieben von Urego
als Antwort auf ehemaligesMitglied27 vom 15.09.2010, 11:07:32
Lieber Boris,

Es geht mir hier nicht um die gezielte Lenkung von Studenten in eine bestimmte Studienrichtung oder gar um ein Zwangsstudium. Es geht auch nicht um um die Schnellausbildung von geeigneten Personen zu Hilfslehrkräften.

Es geht darum, wie sich Eltern oder sonstige verantwortliche Personen bei offensichtlich ungerechter Lehrerverteilung verhalten sollten.

Beispiel anhand der Anzahl der Abc-Schützen und der Anzahl der eingesetzten Lehrer in einem Ortsteil im Vergleich zur Anzahl der Abc-Schützen und der Lehrer im anderen Ortsteil.

Ortsteil A: 29 Schüler - 1 Lehrer - 1 Klasse - Klassenstärke 29 Schüler
Ortsteil B: 27 Schüler - 2 Lehrer - 2 Klassen- Klassenstärke 14 Schüler


Die Problemstellung läßt sich in meinem Startbeitrag vom 07.09.2010 um 20:47 Uhr nachlesen

Urego.[left][/left]
olga64
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Re: Chancengleichheit im Schulsystem?
geschrieben von olga64
als Antwort auf Linta vom 15.09.2010, 13:19:26
Zumindest hier in Bayern scheint es ja so zu sein,dass es genügend Grund- oder Hauptschul-Lehrer gäbe,diese Schulform jedoch dem Ende zugeht. Was hier gesucht wird (vermutlich ist dies bundesweit so) sind Mathematik- und Physiklehrer. Bis diese Lehreraspiranten die Universitäten verlassen (es kann sich sicher nicht anders regeln lassen), wird Zeit vergehen,da diese Studienfächer ja auch recht langwierig sind und meist noch mit der Promotion abgeschlossen werden müssen. Olga

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clara
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Re: Chancengleichheit im Schulsystem?
geschrieben von clara
als Antwort auf Urego vom 15.09.2010, 14:48:41
Hallo Urego,

Versuche, Deine spezielle Frage zu beantworten, wurden auf Seite 3 dieses Threads schon unternommen (von Karl und Klaus), jedenfalls Erklärungsmöglichkeiten.
Habe ich es überlesen? Aber es bestünde doch die Möglichkeit, das Schulamt selbst nach den Gründen der ungleichen Behandlung zu fragen. Ich habe bei einem anderen Problem an einer hiesigen Schule erlebt, dass sich die Schulrätin einschaltete und besorgten Eltern Rede und Antwort stand. Aber die Eltern sollten schon die Initiative ergreifen.

Clara
clara
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Re: Chancengleichheit im Schulsystem?
geschrieben von clara
als Antwort auf olga64 vom 15.09.2010, 15:07:25
@ Olga: Gesucht werden auch Religionslehrer, zunehmend islamische!

Bei Lehrern macht eine Promotion wenig Sinn (abgesehen vom persönlichen Wunsch), auch nicht in den Naturwissenschaften. Es gibt allerdings einige promovierte Lehrer darunter, die aber meistens ursprünglich eine Hochschullaufbahn geplant hatten, doch mangels Erfolgs in den Schuldienst gingen. Auch für eine Tätigkeit in der Wirtschaft ist ein Doktortitel nützlich.

Egal, welches Lehramtstudium, die Länge ist geregelt, zwischen 7 bis 9 Semestern, je nach Abschluss.

Clara
Urego
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Re: Chancengleichheit im Schulsystem?
geschrieben von Urego
als Antwort auf clara vom 15.09.2010, 18:14:41
Hallo Clara,

meiner Meinung nach handelt es sich hier nicht um eine spezielle Frage, denn dieses Beispiel ist nicht einmalig. Es wurde nur an diesem konkreten Beispiel aufgemacht.

Natürlich sollten die Eltern die Initiative ergreifen, sie taten es aber nicht. Natürlich sollte der betreffende Schulrat geeignete Maßnahmen treffen, um diesen Mißstand zu beseitigen, oder die Schulleiter, oder die Bezirksregierung, oder,...
Es wurden sogar zwei Leserbriefe geschrieben. Es geschah nichts.

Meine Meinung ist, man müßte die Eltern sensibilisieren. Aber wie macht man so etwas?

Urego
Medea
Medea
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Re: Chancengleichheit im Schulsystem?
geschrieben von Medea
als Antwort auf Urego vom 15.09.2010, 18:58:03
Ortsteil A: 27 Schüler, 1 Lehrer

Hallo Urego,
wenn 27 Elternpaare, einige werden auch Alleinerziehende sein, nicht in der Lage oder willens sind, für ihre Kinder einzustehen und sich an die Schulbehörde zu wenden, um in Gespräche einzutreten, nützen auch zwei Leserbriefe nichts, die in bester Absicht geschrieben wurden.

Es muß aus der Elternschaft heraus Klage geführt werden, dazu gehört erst einmal ein wenig Mut und auch organisatorischer Aufwand, diese Leute zu motivieren.
Offenbar ist aber dort niemand zum "Revolutionär" geboren worden ..... .

Medea.




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