Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik "Der Skandal, der keiner war"

Innenpolitik "Der Skandal, der keiner war"

sittingbull
sittingbull
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"Der Skandal, der keiner war"
geschrieben von sittingbull
"Der Spiegel" hatte es zuerst gewusst :

im mai 2013 schrieb er :

" Die DDR habe rund 50.000 Bürger ohne deren Wissen als Versuchskaninchen missbraucht ." Westliche Pharmaunternehmen hätten im Osten gegen Devisen Medikamententests durchgeführt, »viele« Betroffene seien an den Folgen gestorben.

auch hier im ST stürzten sich einige wie die Geier auf diese meldung .

ein forscherteam um Volker Hess , Chef des medizinhistorischen Instituts der Berliner Charité , hat am dienstag nun den abschlussbericht einer im auftrag der Bundesregierung erstellten studie , finanziert von der Bundesregierung , den Ärztekammern mehrerer Länder sowie des Bundes , dem Verband forschender Arzneimittelhersteller (VfA) und dem Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) vorgestellt .

ergebnis :

"DDR-Bürger sind nicht massenhaft als Testpatienten westlicher Pharmafirmen missbraucht worden. Im Kapitel »Der Skandal, der keiner war« heißt es, es gebe keinen Hinweis darauf, dass klinische Studien in der DDR nach anderen Standards als zeitgleiche Tests im Westen erstellt wurden."

ich hätte gerne einen link dazu eingestellt ... doch :

"www.bundesstiftung-aufarbeitung.de hat die Verbindung abgelehnt."

sitting bull
Re: "Der Skandal, der keiner war"
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf sittingbull vom 16.03.2016, 10:28:43
"...es gebe keinen Hinweis darauf, dass klinische Studien in der DDR nach anderen Standards als zeitgleiche Tests im Westen erstellt wurden."


Tests für Medkamentenhersteller gab es schon immer und wird es weiter geben müssen. Ich selbst habe als Student 1961 in den Sommerferien 24 Tage an Tests der DDR- Firma Chemischen Werke Radebeul ( später wurde es im Arzneimittelwerk Dresden integriert)teilgenommen. Es ging um irgend ein Kreislaufmittel. Schadete mir nicht - verbesserte aber die Studentenkasse erheblich.
Ich kann mich erinnern, dass die Auswertung unheimlich penibel war und von mehreren Ärzten und Pharmawissenschaftlern kontrolliert wurde ( Messung Blutdruck,EKG, Blutbild, Urin, Befragungen...).

Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass diese Tests unter anderen Bedingungen abliefen, wie in den Ländern, die diese Medikamente testen ließen.
Die hier genannten BRD-Pharmafirmen führten Tests in der Bundesrepublik, Österreich ... CSSR, Ungarn... und eben auch in der DDR durch.

Einziger Knackpunkt - die Probanden bekamen deutlich weniger Geld dafür, als die in der Bundesrepublik. Der Rest ging in die "Staatskasse".
Noch weniger übrigens bekamen die Probanden in der CSSR.
Veröffentlichungen und damit öffentliche Kritik wurde im "Arbeiter und Bauernstaat" völlig ausgeschaltet.
Viele Probanden wussten nicht, für wen sie testeten und wenn - wurden sie zum Schweigen verpflichtet.
Die Stasi hatte - wie immer - die "Oberaufsicht".
Edita
Edita
Mitglied

Re: "Der Skandal, der keiner war"
geschrieben von Edita
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 16.03.2016, 11:57:34

Tests für Medkamentenhersteller gab es schon immer und wird es weiter geben müssen. Ich selbst habe als Student 1961 in den Sommerferien 24 Tage an Tests der DDR- Firma Chemischen Werke Radebeul ( später wurde es im Arzneimittelwerk Dresden integriert)teilgenommen. Es ging um irgend ein Kreislaufmittel. Schadete mir nicht - verbesserte aber die Studentenkasse erheblich.


Wenn Du Dich freiwillig und gegen einen Obulus zur Verfügung gestellt hast, ist das auch in Ordnung, aber die Pharmaindustrie hat sich auch mit kostenlosen " Versuchskaninchen " bis in die 70-ger Jahre hinein, auch aus Kinderheimen bedient, und da wurde niemand gefragt oder gar bezahlt!
Und wenn ich dran denke, daß meine Tochter 1971 geboren wurde, und die Klinikärzte uns ab Herbst 1972 dauernd in den Ohren lagen daß wir sie besser ins Heim geben sollten, wird mir schlecht, mich packt die Wut, und dann bin ich überglücklich, daß ich diesen Verbrechern nicht auf den Leim gegangen bin, denn diese Fachärzte hatten das damit begründet, " dieses Kind würde die Familie derart beanspruchen, daß sie daran zerbrechen könnte "! Ich bin so froh, daß mein Mann und ich sooooviel Selbstbewußtsein hatten, daß diese Voraussage an uns abgeprallt ist!

Das lange Leiden nach dem Kinderheim

Edita

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Re: "Der Skandal, der keiner war"
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Edita vom 16.03.2016, 12:38:04
Ja - Edita - das was du hier beschreibst und verlinkt hast - ist ein Verbrechen.
Es hat natürlich sehr wenig mit der v. sittingbull eingestellten Thematik zu tun.
Edita
Edita
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Re: "Der Skandal, der keiner war"
geschrieben von Edita
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 16.03.2016, 13:54:02
Ich habe den Link auch nur eingestellt, um zu zeigen daß es auch auf diesem Gebiet genügend bundeseigenen Dreck zu fressen gibt, man muß nicht ständig nur in der ehemaligen DDR rumgraben!

Edita
olga64
olga64
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Re: "Der Skandal, der keiner war"
geschrieben von olga64
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 16.03.2016, 11:57:34
Ich habe den ARtikel heute auch in der SZ gelesen und kann es gut verstehen, wenn damals sich z.B. Studenten ihr Taschengeld mit diesen Tests aufbesserten. Ich erinnere mich meinerseits noch gut daran, dass KOmmilitonen und ich regelmässig zum Blutspenden gingen. Das ging alle 6 Wochen und es gab ca 40.-- DM dafür plus einer Brotzeit.
Dieser Betrag war fest in unserem Budget inkludiert - irgendwann erhielten wir dann sogar Ehrennadeln, weil wir daran teilgenommen hatten.
Einige meiner Freunde nahmen auch an Medikamententests teil - so wie dies schon lange bis heute gemacht wird. Man hört ja meist nur von den Fällen, wo es bedauerlicherweise sehr schief gelaufen ist - der Rest schweigt ja darüber.
In die gleiche Rubrik kann man auch männliche Samenspender einbauen, die dies regelmässig und über viele Jahre machen und zwar auch gegen Bezahlung. Nur, hier kommen halt scharenweise Kinder raus, die dann später Identitätsprobleme haben.
Zum Fall der früheren DDR habe ich allerdings auch gelesen, dass der Staat die Oberaufsicht über die erzielten Testergebnisse sich vorbehalten hatte; dieser staatliche Einfluss auf das Prozedere war also schon intensiver als z.B. bei uns im Westen? Olga

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