Innenpolitik Die Gier

Karl
Karl
Administrator

Re: Die Gier
geschrieben von Karl
als Antwort auf dutchweepee vom 22.04.2017, 02:33:39
Guten Morgen dutch,

nach meiner Meinung enthält Dein Beitrag mindestens zwei grobe Missverständnisse.

1. Zu Recht ist die Öffentlichkeit über den Mordversuch zwecks Bereicherung entsetzt. Die Gleichsetzung dieses Mordversuchs mit Börsengeschäften allgemein ist verfehlt. Sinngemäß zu behaupten, "Alles halb so schlimm, so ist eben der Kapitalismus" ist ideologischer Quark.

2. "Biodeutscher" ist kein faschistischer Sprachgebrauch, sondern ganz im Gegenteil eine spöttisch abwertende Bezeichnung für Menschen, die glauben "rein deutsche" Vorfahren zu haben.

Der Begriff Biodeutsche wurde ursprünglich überwiegend von Personen mit Migrationshintergrund zur Abgrenzung eingesetzt, in der deutsch­stämmigen Bevölkerung war der Begriff so gut wie nicht verankert. Vermutlich wird der Begriff analog zur "Kartoffel"[pp] abwertend verwendet. Quelle.
geschrieben von http://de.wikimannia.org/Biodeutsche


Ich möchte allerdings addieren, dass dieser Begriff zunehmend auch von rechten Kreisen aufgegriffen und umgewertet wird. Das jedoch kannst Du Olga nicht unterstellen.

Karl
sammy
sammy
Mitglied

Re: Die Gier
geschrieben von sammy
als Antwort auf dutchweepee vom 22.04.2017, 02:33:39
In dieser Gesellschaftsordung wollt Ihr doch alle leben und unternehmt nichts dagegen?

....na´was unternimmst DU denn dagegen? Wenn ich richtig informiert bin, sicherst DU doch im Security u.a. diese "Gesellschaftsordnung" .....
Anprangern läßt sich VIELES, aber realistische Vorschläge sind etwas anderes, gell?

sammy
dutchweepee
dutchweepee
Mitglied

Re: Die Gier
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf sammy vom 22.04.2017, 11:55:15
Schmunzelnd gebe ich Dir sogar recht, sammy. Anfang Mai werde ich bei der RWE-Aktionärsversammlung in Essen, als Röntgen-Einlass/Personenkontrolle eingesetzt. Vielleicht entdecke ich ja ein paar versteinerte Spekulanten-Herzen und kann sie unauffällig ausschließen?

:)

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carlos1
carlos1
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Re: Die Gier
geschrieben von carlos1
als Antwort auf JuergenS vom 21.04.2017, 11:56:33
»Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens.« K. Marx

Das ist Politlyrik. »Kühn«, »«lebhaft« werden ...etc kann nur der Mensch. Auch der Kriminelle ist ein Mensch. Sachkapital, Knowhow und Geldkapital sind Dinge, mit denen Macht ausgeübt werden kann. Das wollte Marx sagen, moralisch illegitim sei diese Macht. Das ist richtig.

Marx war eben Philosoph und Moralist, kein Ökonom, sonst hätte er eine Wirtschaftsordnung erdacht. Er redete vom Kommunismus/Sozialismus und hatte nur unklare, dafür aber sehr schöne Vorstellungen davon. Lenin erging es nicht anders. Er putschte die Regierung im Oktober weg und verkündete am Tag darauf dann vor den A- und S-Räten (Sowjets), dass der Aufbau des Sozialismus nun beginne. Im Land herrschte Bürgerkrieg und Chaos, aber er träumte von einer schönen Zukunft. Eine Wirtschaftsordnung, ein Konzept fehlte ihm, Ökonom war er nicht. Eigentlich das Schlimmste, was einem Revolutionär passieren kann: Er musste liefern. Lenin kam auf die Idee an das Modell der deutschen Kriegswirtschaft anzuknüpfen, von den Herren Hindenburg und Ludendorff aus der Taufe gehoben. Er träumte von der Pünktlichkeit der preußischen Eisenbahn und der Effizienz amerikanischer Fabriken. Ulbricht in der DDR träumte auch vom Kommunismus und wenn ihn die Ökonomen in die Realität zurückholen wollten, meinte er, weil es ihm nicht passte, man müsse eben die Arbeiter mobilisieren. In Venezuela träumt heute auch eine sozialistische Regierung vom schönen Leben, während die Massen nach Brot und Milch für die Kinder rufen. Die Regierung aber verkündet, sie habe 15000 Gewehre gekauft, um den Sozialismus zu verteidigen. Derweil beendet das größte Unternehmen im Land (eine Brauerei) seine Produktion. Venezuela besitzt die größten Erdölreserven weltweit. Also ein reiches Land. Schuld an der Misere sind wie immer andere. Der Präsident Kolumbiens, Uribe, ist Intimfeind des venezolanischen Präsident Maduro. Dieser will mit allen Mitteln die »heilige Erde« Venezuelas verteidigen. Der Umschlag in wilden Nationalismus also. Die Zahl der Toten belief sich bei den Protestaktionen auf über 20. Selbst die Armen benehmen sich regelrecht unverschämt.

Und was hat der Anschlag auf den BVB-Bus damit zu tun? Hat der Bombenleger am 11. April leger aus Habgier gehandelt? Mag sein. Aber es fällt auf, wie schnell er geschnappt wurde. Er war sofort im Visier der Polizei, wurde aber zunächst beobachtet. Ein einfacher Handwerker (Elektriker) ist der Sergej W., aber wie so oft kommt zu der Schlichtheit auch eine Mordseinbildung - ICH und die Börse!! - hinzu. Er hatte keine Ahnung davon, was er falsch machen könnte. Er hätte eigentlich auch gleich seinen Personalausweis im Zimmer liegen lassen.

Seine Fehler: Er orderte vom Hotel aus am 11.4.17 15000 Optionsscheine der BVB-Aktie im Preis von 0,15 EUR das Stück. Zudem hatte er sich ein Dachzimmer mit Blick auf die Straße reservieren lassen, neben der die Sprengladungen gezündet werden sollten. Die Optionen orderte er im Frankfurter Handel, ein schwerer Missgriff, denn dort wurde man sofort auf diesen Vogel aufmerksam, weil seine Order 25% des Tagesvolumens insgesamt (60 000 EUR) ausmachte. Zudem war die Gewinnspanne so hoch angesetzt (Basispreis BVB-Aktie von 5,20EUR gegenüber dem aktuellen Kurs von 5,61EUR , dass von großer Unerfahrenheit beim Käufer und Verkäufer ausgegangen werden musste oder einem enormen Kurssturz. Frankfurt meldete dies der Finanzaufsicht, die den Vorgang an die Bundesanwaltschaft weiter leitete. Der Bombenleger wusste nicht, dass er besser die Euwax, eine Plattform für Privatanleger in Stuttgart hätte nutzen sollen.

Der große Kurssturz nach dem Anschlag blieb aus. Am Tag nach dem Anschlag lag die BVB-Aktie bei 5,71EUR. Die Titel haben seitdem nie weniger gekostet. Das Beispiel zeigt, wie vorsichtig bei Optionen vorgegangen werden muss. Gier darf nicht das Gehirn auffressen. Wer keine Ahnung von diesem Geschäft hat, muss die Finger davon lassen.

Die Börsen sind notwendig, weil der internationale Handel mit Gütern (auch Lebensmittel) nicht wie ein Wochenmarkt funktioniert. Nahrungsmittel z. B. werden an Terminbörsen gehandelt mittels Terminkontrakten lange bevor die Ernte eingefahren ist oder Tiere geschlachtet werden. Das ist im Interesse der Verbraucher und eines kontinuierlichen Ablaufs. Industriexportgüter werden in anderen Währungsgebieten verkauft. Zu diesem Zweck werden auch Terminkontrakte abgeschlossen, um eine exakte Kalkulation bei starken Währungsschwankungen zu ermöglichen. Diese funktionieren wie Optionen, also wie Wetten.

Viele Grüße
c
JuergenS
JuergenS
Mitglied

Re: Die Gier
geschrieben von JuergenS
als Antwort auf carlos1 vom 23.04.2017, 09:59:02
Ich nehme an, du meinst meine Zustimmung zu dem Erkenntnissatz von Karl Marx?

Ich hatte vor vielen Jahren das Kapital gelesen.

Wichtig ist mir jedoch nicht, was jemand erkennt, sondern was draus wird. Und da sieht es bei allem, was sich auf KM beruft, düster aus. Ich studiere M nicht mehr.

Der Haifisch-Kapitalismus bedient das Naturell des Menschen, KM träumt.

Viele Modelle, die dazwischen liegen, sind in der Praxis nicht gut geworden.

Ich fühle mich in dem Modell Bundesrepublik wohl, wissend, dass es auch eine dunkle Seite gibt, daran muß gearbeitet werden, mit Streit und demokratischer Macht. Das Paradies hingegen, auch das von KM beschriebene, wird in der Welt nie erreicht werden.

Servus
wandersmann
wandersmann
Mitglied

Re: Die Gier
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf carlos1 vom 23.04.2017, 09:59:02
@ carlos1

Ich weiß ja nicht, welche Bände von Marx Du gelesen hast, ich hab sie damals alle lesen und konspektieren müssen (die MEGA steht bei mir noch im Schrank), Lyrik oder gar Sozialromantik waren da jedenfalls nicht dabei. Mir ist das "Kapital", auf welches Du Deine Bewertung ja beziehst, als sehr klare Analyse der Wirkmechanismen der Ökonomie des Kapitalismus' in Erinnerung, die ihre Alggemeingültigkeit auch noch heute besitzen (Oder meintest Du das "Manifest der kommunistischen Partei"?). Die "Analysten" weltweit bräuchten nicht umständlich im Kaffeesatz zu rühren, um Wirtschaftsentwicklungen zu analysieren, steht alles schon geschrieben. Ebenso die negativen Auswirkungen der Konzentration und Akkumukation des Kapitals auf die Menschen, dann erübrigen sich auch die Krokodilstränen über bspw. die Gier.

Die Passage mit den Prozenten stammt auch nicht von Marx, er hatte dies in seinem Buch nur zitiert.

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justus39
justus39
Mitglied

Re: Die Gier
geschrieben von justus39
als Antwort auf wandersmann vom 23.04.2017, 10:38:40

Die Passage mit den Prozenten stammt auch nicht von Marx, er hatte dies in seinem Buch nur zitiert.

Richtig, das hätte ich ordnungshalber hinzufügen müssen:
Karl Marx zitierte in „Das Kapital“, Band 1 den englischen Gewerkschaftsfunktionär Thomas Joseph Dunning (1799-1873)

Man hat den Einfluß des Kapitals auf die Moral also schon sehr früh erkannt, will es aber immer noch nicht so recht glauben.

justus
olga64
olga64
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Re: Die Gier
geschrieben von olga64
als Antwort auf carlos1 vom 23.04.2017, 09:59:02
Massgeblich zur Aufklärung bei dem mutmasslichen BVB Attentäter beigetragen hat eine (böse, böse) Bank, nämlich die Commerzbank. Dieser fielen der ERwerb der Optionen auf und sie verständigten die polizeilichen Ermittler.
So trug ein Steinchen zum anderen zum schönen Mosaik bei und der deutsch-russische Elektriker konnte an seinem Arbeitsplatz in Tübingen festgenommen werden.
Mich würde nun interessieren, wie dies finanziell bei dem Mann weitergeht: er hat m.W. einen Kredit zum Erwerb der Optionen über 40.000. Euro aufgenommen. Kann er (er ist ja noch nicht verurteilt) für diese Optionen nun Aktien erwerben und wenn diese dann unter dem Preis liegen, der am Tage des Erwerbs gültig war, hat er einen kleinen "Gewinn". Ansonsten dürfte er den Grundstock für hohe Schulden gelegt haben: Kredit, Anwalts- und Gerichtskosten, die in staatlicher Höhe auf ihn zukommen werden und evtl. noch Schulden aus seinem früheren Leben.
Es wird mit einer Höchststrafe von 15 Jahren gerechnet werden können, wenn das Gericht ihm seine Schuld nachweisen kann. Ich bin schon heute dafür, dass er im Falle einer frühzeitigen Entlassung z.B. nach 10 Jahren umgehend nach Russland abgeschoben wird.
Man sieht hier übrigens auch gut, dass nicht nur Türken Inhaber von Doppelpässen sind oder sein können - auch bei Russen scheint dies eine willkommene Sache zu sein. Vermutlich auch, um trotzdem noch Putin wählen zu dürfen, auch wenn sie bei uns demokratische Regeln erlernt und gelebt haben. Olga

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