Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik Die politische "Aschermittwochspredigt" steht bevor

Innenpolitik Die politische "Aschermittwochspredigt" steht bevor

luchs35
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Die politische "Aschermittwochspredigt" steht bevor
geschrieben von luchs35
Seit der Zeit des ehemaligen bayrischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß hat sich ein politischer Brauch eingebürgert: die bayrische "Aschermittwochpredigt" , die in diesem Jahr besonders "feurig" zu werden droht.

"Der politische Aschermittwoch in seiner heutigen Form ist eine Erfindung der CSU - und das christsoziale Modell so erfolgreich, dass es eine Inflation ausgelöst hat. Alljährlich entsenden die Berliner Parteizentralen zum Auftakt der Fastensaison ihre besten Kräfte. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier spricht in Vilshofen, Westerwelle in Straubing, Grünen-Chefin Claudia Roth in Landshut, während Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) fern von Bayern in Mecklenburg-Vorpommern aufzutreten pflegt. Die FDP lädt inzwischen in sechs Bundesländern zum politischen Aschermittwoch, die SPD allein in Bayern zu 56 Kundgebungen."( Stern)

Für dieses Jahr wird wohl der "Guttenberg-Tsunami " im Mittelpunkt stehen , denn der hat die Partei der Mitte, CDU/CSU bis in die Grundfesten erschüttert.
Und nicht zu vergessen: ab Aschermittwoch steht die Schlussphase zu vier sehr wichtigen Bundesländerwahlen an.

Vor allem die CSU bangt seit dem Verlust ihres Zugpferdes Karl Theodor v.u.z. Guttenberg um das zarte Pflänzchen Hoffnung zur Wiedererlangung einer Mehrheit in Bayern. Da wird es wohl ein großes Reinemachen bei der Predigt geben. Vermutlich wird CSU-Chef Horst Seehofer auf die Stärken der bayrischen Politik verweisen : Finanzkraft, Wirtschaftswachstum und niedrige Arbeitslosenzahlen.

Aber auch die neu entbrannte Islamdebatte eine Rolle spielen: "Zu den konservativen Themen gehört natürlich, dass wir eine christlich-abendländische Leitkultur in Deutschland haben und dass der Islam kein Teil der deutschen Leitkultur ist", wie CSU-Generalsekretär Dobrindt schon betonte und damit eine neue Diskusionswelle in Deutschland auslöste.

Sicher ist allerdings, dass es wie gewohnt recht herb zugehen wird. Nach Ende der Faschingszeit wird der Ton direkt und unverblümt wie immer sein, da schenkt man sich nichts. Vielleicht wird sich mancher dabei mit Einsicht auch "Asche aufs Haupt" streuen .

Luchs
olga64
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Re: Die politische "Aschermittwochspredigt" steht bevor
geschrieben von olga64
als Antwort auf luchs35 vom 08.03.2011, 11:15:21
Ihre historische Aufbereitung stimmt nicht. Begonnen hatte alles mit den Viehhändlern in Vilshofen, die nach einem erfolgreichen Markttag in die Zelte gingen, um sich aufzuwärmen, viel Bier zu trinken und Käse zu essen. Dabei wurde ziemlich derb der lokale Politiker beschimpft.
FJS hat dies dann übernommen und mit ihm die CSU.
Seitdem aber Westerwelle zum bayerischen Defiliermarsch in ein Zelt einmarschiert und ebenso der stark übergewichtige Sigmar Gabriel ist dies nichts mehr, was einen richtigen Bayern erfreut. Wir gönnen es aber den Preissn, manifestiert es doch den Ruf von uns Bayern, dass Deutschland ohne uns viel blasser wäre.
Viel witziger finde ich das Politiker Derbleckn auf dem Nockherberg,das während der Fastenzeit stattfindet. Die Schwaben in Stuttgart haben uns dies aufgrund ihres Wahlkampfes schon vorwegnehmen wollen - ein Fass sollte Mappus auch anzapfen - 27 Schläge hat er dafür gebraucht. Bei uns würde ein solcher Politiker abgesetzt werden, der mehr als 3 Schläge braucht. Olga
luchs35
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Re: Die politische "Aschermittwochspredigt" steht bevor
geschrieben von luchs35
als Antwort auf olga64 vom 08.03.2011, 15:53:15
Wie erwartet startete heute die bayrische Aschermittwochspredigt mit der CSU in Passau. Im Mittelpukt die Ansprache des Ministerpräsidenten Horst Seehofer, der die am meisten erwartete Stellungnahme zu K.T.z. Guttenberg bis zum Schluss aufsparte.

Deutlich zu spüren war eine gewisse Verunsicherung über eine befürchtete Schwächung der CSU bei den Parteigrößen ebenso wie beim Publikum, das mit einem Großaufmarsch sein Interesse bekundete.

Seehofer gab sich kämpferisch und stärkte dem neuen Innenminister Fischer den Rücken nach dessen kritischen Worten zur Zugehörigkeit des Islam zu Deutschland. Er wies auf eine Verfassungsänderung des Landes Bayern hin, das der Integration von Muslime nicht nur ein fördern und ein fordern, sondern auch ein Bekenntnis zu den christlichen Grundwerten Deutschlands und der deutschen Sprache abverlange. Neben Hinweisen auf die bayrischen Erfolge befürwortete Seehofer gesunden Patriotismus, der nicht schädlich sei und nicht nur bei großen Sportveranstaltungen bezeugt werden solle.

Den letzten Teil seiner langen Rede galt dem ehemaligen VM z. Guttenberg , den er unter großem Jubel der Pateianhänger noch einmal besonders würdigte und den Verlust bedauerte. Er hoffe wie so viele auf seine Rückkehr, appellierte jedoch an alle, ihm Abstand und Ruhe zu gewähren.

Minutenlanger Jubel und Standing Ovations belohnten Horst Seehofer für seine sehr temperamentvoll gehaltene Rede, in der natürlich die willkommenen, erwarteten, belachten und jubelnd beklatschten Seitenhiebe nach allen Richtungen nicht fehlten.

Der Auftakt war genau so, wie ihn die Bayern mögen. Es hatte viel Ähnlichkeit mit einem riesengroßen Stammtisch : SPD und FDP ernteten viel Spott, die Linken bekamen Prügel - wie erwartet.


Und während die Bayern ihrem Gutti nachtrauerten, gab es in der Aschermittwochspredigt der Linken für den Ex- VM triefende Häme.

Alle Jahre wieder.....

Luchs

PS. Aufs "Derblecken" freu ich mich auch schon.










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olga64
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Re: Die politische "Aschermittwochspredigt" steht bevor
geschrieben von olga64
als Antwort auf luchs35 vom 09.03.2011, 15:22:44
Der Auftakt war genau so, wie ihn die Bayern mögen.


Luchs


Sie scheinen ja bei diesem schönen WEtter Ihren ganzen Tag in niederbayerischen Bierzelten verbracht zu haben - für mich (geborene Bayerin) wäre dies wirklich vergeudete Zeit. Sie sollten auch vorsichtig sein mit Äusserungen "wie es Bayern mögen". Gerade in Bayern haben sich die Traditionen sehr geändert - das was Sie als so bayerisch herausstellen, ist oft nur noch auf dem Land oder alten Leuten (Bierdimpfln) anzutreffen und vor allem in München nicht mehr weit verbreitet, was ich auch richtig finde. Auch Bayern hat sich ja verändert vom Agratstaat zum sehr erfolgreichen Industriestaat mit exorbitanter Exportrate (wie wir aktuell ja erfahren dürfen). Olga







luchs35
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Re: Die politische "Aschermittwochspredigt" steht bevor
geschrieben von luchs35
als Antwort auf olga64 vom 09.03.2011, 15:31:28
Nein, Madame, da brauch ich keinen ganzen Tag in Bierzelten rumzusitzen, reicht auch, wenn man nebenbei mal in "Phoenix" reinhört und dann mit alter Routine etwas zusammenfasst...reine Übungsarbeit fürs "obere Schmmalz" !

Dass auf dem Land die Bayern anders gestrickt als in der Großstadt Münschen sind, dürfte auch kein weltbewegender Grundsatz sein.
Aber: die Bayern haben schon was, das die andern nicht haben und das man sich auch selbst nicht überziehen kann!

Luchs
schorsch
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Re: Die politische "Aschermittwochspredigt" steht bevor
geschrieben von schorsch
als Antwort auf luchs35 vom 09.03.2011, 15:22:44
Ich habe mir Teile aus Seehofers Rede angesehen und angehört. Dabei ist mir seine veränderte Mimik aufgefallen, als er das Thema Guttenberg anschnitt. Irre ich mich wohl, wenn ich annehme, dass da Worte und Gedanken nicht übereinstimmten? Meine Meinung: Mit den Worten sagte er, dass er sich den Guttenberg zurück wünsche. Mit der Mimik (ein leichtes Grinsen auf den Stockzähnen) aber sagte er: "Gut, dass der arrogante Kerl endlich draussen ist!"

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luchs35
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Re: Die politische "Aschermittwochspredigt" steht bevor
geschrieben von luchs35
als Antwort auf schorsch vom 10.03.2011, 10:29:34
Da magst du sogar Recht haben, Schorsch. Bei der Nennung des Namen Guttenberg brach ein frenetischer Jubelsturm aus, da mochte es Seehofer vielleicht bewusst geworden sein, wie stark ihm dieser Konkurrent im Nacken saß.

Luchs
olga64
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Re: Die politische "Aschermittwochspredigt" steht bevor
geschrieben von olga64
als Antwort auf luchs35 vom 10.03.2011, 15:29:08
Seehofer sagte bereits vor einigen Tagen, er könne sich zu Guttenberg gut als seinen Nachfolger vorstellen. Von der Mimik des Herrn S. auf seine Befindlichkeiten schliessen zu wollen (und dies am Fernseher) gehört in das Reich der Küchenpsychologie.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich zu Guttenberg z.B. aus USA weg von einem best-dotierten Job zurück nach Bayern locken lassen würde, um dann MP zu werden, wohlwissend, dass noch kein bayerischer MP jemals Kanzler wurde.
Herrn Seehofer wäre jedoch zu wünschen, dass er sich intensiver um seine Patchwork-Familie kümmern kann und dass er täglich aus Dankbarkeit dafür betet, dass seine Berliner Verfehlungen keinen spürbaren Knick in seiner politischen Karriere verursachten. Olga
senhora
senhora
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Re: Die politische "Aschermittwochspredigt" steht bevor
geschrieben von senhora
Hier lese ich,Seehofer wurde nach seiner Aschermittwochrede wegen Volksverhetzung angezeigt.
Finde ich stark, auch wenn es sich keine großen Folgen haben wird.

Senhora
Re: Die politische "Aschermittwochspredigt" steht bevor
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf senhora vom 10.03.2011, 19:28:12
Das ist stark, danke für den Link. Ich stelle mal einen Auszug ein:

Was hat er gesagt? Er hat sich „gegen Zuwanderung aus fremden Kulturkreisen“ ausgesprochen. Und er hat folgendes weiter ausgeführt: er wolle in der Berliner Koalition „bis zur letzten Patrone“ dafür kämpfen (Hervorhebung von Marina), daß Zuwanderer „nicht in deutsche Sozialsysteme einwandern“.
Nach meiner Auffassung ist das die Herabwürdigung eines Bevölkerungsteils nach §130 StGB und gehört in die Kategorie Volksverhetzung. Deshalb habe ich ihn angezeigt, um gegebenenfalls gerichtlich überprüfen zu lassen, ob sich nach bundesdeutschem Recht die Sache so verhält, wie ich sie sehe.
Nun ist es so: ich habe bislang in meinem Leben noch nie jemanden bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Und das will was heißen nach einem langen Leben in der Zweiten deutschen Diktatur bis 1989.
Nun aber ist nach meiner Auffassung die rote Linie überschritten, die ein Demokrat niemals überschreiten darf.
Weshalb Widerspruch anzumelden ist. Ich kann nicht mehr länger zusehen und schweigen. Das Schreiben von Texten genügt nicht mehr.“


Gut so, bravo, der Mann hat meine volle Zustimmung. Was für eine martialische Sprache, die die kriegerische Denke von Seehofer verrät.
Ich habe mich mal schlau gemacht über Ulrich Kasparick, offenbar ein sehr interessanter Mann, von dem ich noch nie etwas gehört hatte bisher. Er war ja ein paar Jahre par­la­men­ta­ri­scher Staats­se­kretär und trat bei der Bun­des­tags­wahl 2009 nicht mehr an mit der Begründung eines "Po­li­tik­be­triebs, den Tempo, übe­reilte Ent­schei­dungen, sinnent­leerte Kom­mu­ni­ka­tion und Miss­trauen be­stimmen.“ Respekt!

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