Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik Ein neuer Fall von Überwachung

Innenpolitik Ein neuer Fall von Überwachung

Mitglied_5ccaf87
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Ein neuer Fall von Überwachung
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Immer wieder erfahren wir auch im ST, wie böse die Geheimdienste und ganz besonders die Stasi war. Einige ehemalige DDR-Bürger wollen noch immer ihre Akten sehen, egal was da auch drin stehen mag. Vor einigen Tagen erhielt der Freiburger Rechtsanwalt Michael Moos seine Akte vom Verfassungsschutz. Mehr als 700 Seiten beinhaltet sie. https://www.kontextwochenzeitung.de - 764 schwarze Seiten

Sie ist zu 80% geschwärzt und unleserlich gemacht. Sie wurde aus operativen Gründen geschlossen. Hoch interessant, was lesbar geblieben ist. Bsw solche bedeutsamen Absätze wie
15:25 Uhr: "Moos geht aus der Kanzlei und zum Pkw. Er stellt das Fahrzeug kurzfristig ab, um eine Anwohnerin einfahren zu lassen. Nachdem er das Fahrzeug zurückgestellt hat, betritt er wieder die Kanzlei."

Ungeschwärzt dürfte diese Akte sein ganzes Leben (beruflich und privat)von der Uni bis zur Freigabe vor wenigen Wochen wieder spiegeln. Erich Mielke hätte seine Freude daran gehabt.
Lindensee
Lindensee
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Re: Ein neuer Fall von Überwachung
geschrieben von Lindensee
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 16.06.2017, 11:11:19
Aber hinterwaeldler,
die 'Erklärungen' die folgen werden, sind doch ganz einfach:
Verfassungsschutz & Co: gut
NSA: gut
Stasi: böse

Achtet mal darauf, wer die Erklärungen gibt.
lupus
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Re: Ein neuer Fall von Überwachung
geschrieben von lupus
als Antwort auf Lindensee vom 16.06.2017, 13:51:29
Und wenn du noch so viel relativierst,sie (die Stasi) war es!
Und zwar unsäglich menschenverachtend!
lupus

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olga64
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Mitglied

Re: Ein neuer Fall von Überwachung
geschrieben von olga64
als Antwort auf Lindensee vom 16.06.2017, 13:51:29
xxxxx
Aber hinterwaeldler,
die 'Erklärungen' die folgen werden, sind doch ganz einfach:
Verfassungsschutz & Co: gut
NSA: gut
Stasi: böse

Achtet mal darauf, wer die Erklärungen gibt.


Ja, ich achte jetzt mal drauf, wer "die Erklärungen gibt" und vor allem, was der Erklärende versäumt, in dieser Liste aufzuführen:
War nun die Gestapo gut oder böse, die ja immerhin in ihren Strukturen eine Vorbildfunktion der Stasi bildete, die dann allerdings alles noch effizienter ausbaute, bis sie vom eigenen Volk der DDR vom Hofe gejagt wurde.
Es scheint aber bei den älteren MitbürgerInnen Überlebende zu geben, die unermüdlich die Ungerechtigkeiten "des Staates", in diesem FAll des demokratischen, anprangern wollen. Olga
Lindensee
Lindensee
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Re: Ein neuer Fall von Überwachung
geschrieben von Lindensee
als Antwort auf olga64 vom 16.06.2017, 17:19:52
...
War nun die Gestapo gut oder böse, die ja immerhin in ihren Strukturen eine Vorbildfunktion der Stasi bildete, ...

Der Versuch, das Thema in die Richtung Gestapo zu lenken ist nicht zielführend. Es geht hier um gegenwärtige Überwachungen. Und derer gibt es viel zu viele.

Dieser unangebrachte Vergleich Stasi-Gestapo zeigt mir ganz klar, dass hier großer Informationsbedarf über die Gründergenerationen und Strukturen der westdeutschen bzw. ostdeutschen Geheimdienste besteht.

Soll ich mal, richtig ausführlich?

Dazu eröffne ich dann jedoch ein neues Thema, damit die gegenwärtigen Überwachungen hier in diesem Thema nicht zu kurz kommen.
olga64
olga64
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Re: Ein neuer Fall von Überwachung
geschrieben von olga64
als Antwort auf Lindensee vom 16.06.2017, 17:35:57
xxxx Der Versuch, das Thema in die Richtung Gestapo zu lenken ist nicht zielführend. Es geht hier um gegenwärtige Überwachungen. Und derer gibt es viel zu viele.



Ah ja - da Sie aber selbst die Stasi aufführen (also die Überwachungsbehörde eines kleinen Landes, das vor fast 30 Jahren untergegangen ist) ist das zielführend? Manchmal amüsiert es mich schon sehr, wenn Diskutanten ihre ARgumentationskette versuchen, so zu drehen und zu wenden, dass sie noch irgendwie passend gemacht wird. Sie haben leider das Ziel verfehlt, wie ich finde. Olga

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Mitglied_5ccaf87
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Re: Ein neuer Fall von Überwachung
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Lindensee vom 16.06.2017, 17:35:57
Dazu eröffne ich dann jedoch ein neues Thema, damit die gegenwärtigen Überwachungen hier in diesem Thema nicht zu kurz kommen.

Ok, ich bin dabei. Wird auch Zeit das wir mal grundlegend und speziell darüber diskutieren. Mir ging es in diesem Thread ja auch nur darum zu klären, das man Überwachung nicht auf einen Staat reduzieren darf. Mit ihrem Einwurf hat Olga zweifellos recht, obwohl ihr gedankliche Hintergrund ein anderer ist.

Der neueste und schwerste Fall von Überwachung ist wohl, das es dem CIA gelang, mit einer Software fast jeden modernen Router zu hacken. Das soll er bis vor 3 Jahren mehr als 300.000 Mal getan haben. Dabei wurden die Hacks der letzten drei Jahre noch nicht gezählt. Bitte denkt jedoch nicht, das die Überwachung weniger geworden wäre. golem.de - CHERRY BLOSSOM: Wie die CIA WLAN-Router hackt

Das Schlimme daran ist, das wir uns nicht einmal zur Wehr setzen können. Selbst wenn wir die Firmware der Router regelmäßig updaten bzw. zurück setzen, besitzt das Update nur einen zeitweiligen Charakter. Praktisch bis zum nächsten Angriff. Wir können nur hoffen, das die Flut der Informationen für den CIA so groß ist, das sie daran ersticken.

Ein wichtiges Element ist dabei, wenn jeder seine Möglichkeiten der Verschlüsselung nutzt. Selbst die Benutzung einer vorhandenen HTTPS-Adresse bewirkt schon Wunder, weil sich der Schlüssel ständig ändert und der Datenverkehr neu entschlüsselt werden muss. Das bindet Rechenkapazität bei den Geheimdiensten.

Und da gab es auch hier im Forum Besucher, die Hacken nur mit Putin und Russland in Verbindung gebracht haben. Ausgerechnet das Land mit einem derart geringen Wehretat/Kopf der Bevölkerung, der mir bekannt ist.
carlos1
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Re: Ein neuer Fall von Überwachung
geschrieben von carlos1
als Antwort auf Lindensee vom 16.06.2017, 17:35:57
»Der Versuch, das Thema in die Richtung Gestapo zu lenken ist nicht zielführend. Es geht hier um gegenwärtige Überwachungen. Und derer gibt es viel zu viele.

Dieser unangebrachte Vergleich Stasi-Gestapo zeigt mir ganz klar, dass hier großer Informationsbedarf über die Gründergenerationen und Strukturen der westdeutschen bzw. ostdeutschen Geheimdienste besteht.«
...... .Lindensee

Lindensee, vergleichen darf und kann man sehr wohl, wenn man sich auf begrenzte Themen beschränkt (Methoden der Geheimdienste z. B.). Aber es geht eher nicht mit der Nazizeit, als vielmehr systemimmanent mit anderen Ostblockstaaten, etwa Polen oder Sowjetunion.

Geheimdienste müssen effizient arbeiten, was heißt, dass sie so viel wie möglich Informationen sammeln müssen, die sie der politischen Führung liefern. Je effizienter, also lückenloser, desto mehr (für uns) sinnloses Zeug an Daten wird angehäuft. Auf die Auswertung kommt es eben an und da gilt der Grundsatz: Je misstrauischer die Schnüffler und Politiker, desto mehr Verdachtsmomente. Am besten ist ein Geheimdienst eigentlich dann, wenn jeder jeden überwacht. Mielke hatte sicher auch eine Akte Honecker im Panzerschrank.

Es fällt auf, dass bei der Überwachungsdichte durch Geheimdienste die DDR ungleich höher lag als all sozialistischen Bruderstaaten. Das mag an der deutschen Pedanterie liegen oder an der direkten Nähe zum Klassenfeind Bundesrepublik. Auf einen Stasi-Mitarbeiter entfielen in der DDR 183 zu überwachende »Ziele«, in der Sowjetunion (»Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen«) waren es weit über 800, in Polen etwa 1800 (die Zahlen aus der Erinnerung, schlage ich nicht nach).

Als »Schild und Schwert der Partei« sah sich der Staatssicherheitsdienst in der DDR. Die Überreste der Überwachungstätigkeit sind in Hunderten Kilometer Aktenmaterial sichtbar. Direkt brauchbar war vieles nicht, somit ist es Ausdruck einer paranoiden Sammelwut (sogar mit Geruchsproben). Aber je intensiver die Überwachung, je mehr Details, desto mehr Angriffspunkte boten sich den Behörden. Dann konnte es unmittelbar Betroffenen auch sehr weh tun, z. B. wenn es um ideologische Unzuverlässigkeit ging wozu auch die Republikflucht zählte. Verglichen (hier vergleiche ich die Methoden!) mit der Gestapo waren die Stasimethoden subtiler und gezielter, nach außen hin, von den Anfangsjahren der DDR abgesehen weniger brutal als das oft plumpe Vorgehen der Gestapo. Sie ähnelten auch nicht dem offenen Fließband-Terror von Tscheka und NKWD (MWD) der 20er und 30er Jahre in der Sowjetunion. Damals genügte in der SU ein Verdacht, um todgeweiht zu sein. Bereits Lenin hatte bewusst den Terror eingesetzt, um Gegner einzuschüchtern. Um abschreckende Wirkung zu zeigen war es für ihn und Stalin wichtig gezielt vor allem auch Unschuldige umzubringen. Gerade das erhöhte die Angst und damit die Wirksamkeit des Terrors als Abschreckungsmethode und festigte das System. Nicht anders bei Hitler. Beim so gen. Röhm-Putsch (30.6.1934) wurden auch Unschuldige/Unbeteiligte ermordet, aus Versehen ("wo gehobelt wird fallen Späne"). Die Namen der Ermordeten wurden im Radio verlesen. Jeder wusste von da an Bescheid, wie das so laufen konnte. Die Morde wurden nachträglich durch den Reichstag für "rechtens" erklärt.

Effizienz? Trotz intensivster Schnüffelei gewannen - so könnte man meinen - die Parteioberen im Politbüro der SED in Herbst 1989 kein klares Bild von der bedrohlichen Lageentwicklung im Herbst 1989. Oder sie bekamen eine klare Lagebeschreibung und agierten nicht oder fehlerhaft. Die Stasi allein konnte den zwanghaften Drang zur Massenflucht nicht stoppen. Das war Aufgabe der politischen Führung.

Der Vorwurf mangelnder Effizienz trifft auch westliche Geheimdienste, die keinen Zusammenbruch des Systems des Ostblocks auch nur entfernt im Visier hatten. Die DDR galt im Westen als zehntgrößte Wirtschaftsnation der Welt. Die Parteien in der Bundesrepublik hatten sich auf Dauer mit der dt. Teilung abgefunden, insbesondere die SPD, die ausgiebig Gespräche mit der SED führte und im Rahmen der Entspannungspolitik einen Ausbau und die Intensivierung der Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten anstrebte. Man beobachtete die Entwicklung des Reformprozesses im Ostblock (Perestroika, Glasnost) aufmerksam. Ein Scheitern Gorbatschows konnte man sich nicht vorstellen. Dann gab es Anfang November eine Massenkundgebung auf dem Alexanderplatz in Berlin und wenige Tage später tanzten plötzlich Menschen auf der Berliner Mauer. Alle fielen im Westen aus den Wolken. Was tun?

Im Nachhinein wird bei sorgfältiger Analyse das durchaus erkennbare Gefährdungspotenzial für den real existierenden Sozialismus deutlich. Er lag im ideologischen Bereich, im Versagen der Planwirtschaft, im Unvermögen auch einfache Bedürfnisse zu befriedigen, dem Widerspruch zwischen dem fehlendem ökonomischen Erfolg und den großen Verheißungen einer goldenen Zukunft, einem ungelösten Reformstau und damit zusammenhängend die anhaltende wirtschaftliche Stagnation. Damit ging es in einer Diktatur letztlich um die Legitimation der Herrschaft der kommunistischen Parteien. Die Infos waren vermutlich vorhanden, aber die Signale von unten wurden in den Köpfen ganz oben falsch interpretiert, schön geredet oder man weigerte sich Realitäten wahrzunehmen, weil man versagt hatte, wo man doch die Gesetze der politischen und ökonomischen Entwicklung kannte und anwandte. Die eigenen politischen Prophezeiungen durften unter keinen Umständen in Frage gestellt werden. Zudem war der militärische Komplex und Überwachungsapparat übermächtig.

Überwachung gibt es heute dank der modernen Technik mehr als genug. In jeder Gesellschaft gibt es auch eine soziale Kontrolle, der wir im privaten Bereich ständig ausgesetzt sind. Die meisten unserer persönlichen Daten sind Behörden zugänglich. Die politische Kontrolle der Geheimdienste in einer westlichen Demokratie ist real, es gibt auch eine Kontrolle durch die Öffentlichkeit (Medien). Genau diese Kontrolle fehlt in einem totalitären Staat. Es gibt kein System der« checks and balances« eine Gewaltenverschränkung und gegenseitige Kontrolle. Ob diese Kontrolle ausreicht, ist eine ganz andere Frage.

» .... zeigt mir ganz klar, dass hier großer Informationsbedarf über die Gründergenerationen und Strukturen der westdeutschen bzw. ostdeutschen Geheimdienste besteht.

Soll ich mal, richtig ausführlich?« Lindensee


Du versuchst die Stasimethoden zu relativieren. Deine Drohung, Lindensee, etwas über die Geheimdienste in Ost und West und deren Entstehung zu erzählen, empfinde ich eher als eine Drohung mit Langeweile. Erspare dir und uns diesen Ausflug. Die USA wussten nach 1945 sehr wenig über die Sowjetunion und bedienten sich bei der dt. Aufklärung des Generals Gehlen (Fremde Heere Ost), der mit seiner Aufklärung während des Krieges eher wenig Wirkung zeigte. Oft war diese militärische Aufklärung so blind wie eine neugeborene Kirchenmaus. Wenn er mal richtig lag, fand er auch kein Gehör bei Hitler, weil dieser seine eigene Weltsicht pflegte. Hitler steuerte den Krieg nach eigenen paranoiden Vorstellungen. Immerhin hatte diese Gruppe unter dem General Gehlen so etwas wie Russlanderfahrung. Die Amerikaner hatten null Ahnung von Russland. Später entwickelte sich aus dieser Organisation Gehlen der Auslandsgeheimdienst BND, nicht der Verfassungsschutz.
carlos1
carlos1
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Re: Ein neuer Fall von Überwachung
geschrieben von carlos1
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 17.06.2017, 21:11:04
" ... Wir können nur hoffen, das die Flut der Informationen für den CIA so groß ist, das sie daran ersticken." hnterwaeldler


Hw, es wird viel gesammelt, aber das Problem ist nicht das Sammeln, sondern die Auswertung.

Ersticken würden die Dienste dann, wenn alles ausgewert werden müsste. Es genügt, wenn Signalwörter auftauchen oder bekannte Verdächtige in Netzwerken kontrolliert werden. Das geht automatisch. Alles lesen, was anfällt ist unmöglich.

In Zeiten des Terrors wird der Staat ohne Überwachung nicht auskommen. Es macht wenig Sinn jede Form von Überwachung, die vor Anschlägen schützen kann zu verdächtigen.

Die CiA-Trojaner sind jedenfalls echt.
c.
lupus
lupus
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Re: Ein neuer Fall von Überwachung
geschrieben von lupus
als Antwort auf carlos1 vom 17.06.2017, 22:12:10
Ein "Bravo" für diese Darstellung!

Es hätte vielleicht noch ein Satz über den auf Dauer aussichtslosen Kampf eines armen Staates gegen ökonomisch übermächtige Gegner eingefügt werden.

lupus

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