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Innenpolitik Einweihung eines Denkmals

margit
margit
Administrator

Einweihung eines Denkmals
geschrieben von margit

Heute las ich in der Badischen Zeitung online von der Einweihung eines Denkmals für Franz Burda in den Rebbergen bei Offenburg.

Als Ehrengäste waren unter anderen Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, der frühere Ministerpräsident und EU-Kommissar Günther Oettinger, Georg Thoma, Olympiasieger von 1960 ... geladen.

Sie haben sicher nicht die Vergangenheit von Franz Burda während des Nationalsozialismus im Auge gehabt, sondern ausschließlich seine unternehmerischen Verdienste nach dem Krieg mit ihrer Anwesenheit gewürdigt. Doch sollte bei aller Feierfreude daran gedacht werden, dass er den Grundstock seiner Unternehmen im Dritten Reich mit dem sehr günstigen Aufkauf der Firma  der jüdischen Brüder Reiss in Mannheim legen konnte. in Wikipedia lässt sich mehr darüber lesen, hier sei nur noch ein Zitat aus Wikipedia erwähnt

"Seine politische Einstellung der 1930er Jahre revidierte Franz Burda nie. Noch 1969 machte er sich als Herausgeber eines Bildbands über die Apollo 11-Mission kritiklos mit dem für seine nationalsozialistische Vergangenheit bekannten Raketenforscher Wernher von Braun gemein."

Ich halte die Teilnahme der politischen Prominenz - selbst wenn sie als Privatpersonen anwesend waren -, für durchaus nachdenkenswert.

Des Weiteren sei hier auch der geweihte Ehrengast, der das Denkmal mit Weihwasser einweihte und segnete, erwähnt.

Seine Exzellenz Georg Gänswein, Erzbischof aus Rom und Privatsekretär des emeritierten Papstes Benedikt XVI., hielt dazu eine erstaunliche Rede, in der er von  modernen Häresien wie Umweltbewegung und Genderideologie sprach.
Quelle: Badische Zeitung: Erzbischof Gänswein weiht und segnet Denkmal für den Verleger Franz Burda

Hoffentlich ruft dies nun nicht die Glaubenskongregation (Congregatio pro doctrina fidei, die frühere Inquisition) auf den Plan und in unser Land, um uns vor solchen Irrlehren mit Nachdruck zu schützen. 

Margit

 
ingo
ingo
Mitglied

RE: Einweihung eines Denkmals
geschrieben von ingo

Ich bin Diskussionen über diese Themen leid und sage auch, warum: Ich weiß nicht, wieviele Mitglieder z.B. der ST hat; aber ich bin mir sicher, dass hunderte von ihnen NS-Leichen im Keller haben. Darunter verstehe ich die Kleinen, wie die Großen. Ich bedauere eigentlich, dass die Nazi-Zeit "erst" rund 80 Jahre her ist, weil ich denke, dass ab 100 Jahren+x diese Debatten aufhören werden. Miterleben werde ich das dann allerdings nicht mehr. Ähnlich sehe ich das auch bei den Kriegsverbrecherprozessen. Von denen lebt ja kaum noch jemand. Gerade haben sie eine Sekretärin ausfindig gemacht, die mit 18/19 für einen Lagerkommandanten gearbeitet hat. Die ist jetzt 96 und hat damals in einer Zeit gelebt, als sie sicher sein konnte, alles richtig zu machen. Dieser kranke Hitler hat für diesen Glauben gesorgt. Wer heute noch meint, dass Burda(übrigens der Schwiegervater von Maria Furtwängler !....Wie gut, dass wir keine Sippenhaftung kennen....)  und diese Sekretärin (nach damaligem Recht noch minderjährig!!!) diese Menschen an den Pranger oder vor Gericht stellen zu müssen, ist unfähig, sich in diese Zeit zurück zu versetzen. Ich meine, dass ich das noch kann; und deshalb ist diese Epoche, mit Ausnahme von Gedenktagen, für mich auch abgeschlossen.

pippa
pippa
Mitglied

RE: Einweihung eines Denkmals
geschrieben von pippa
als Antwort auf margit vom 23.07.2021, 11:09:49

Allzu viel musste ich über die ausgewählten Ehrengäste und auch nicht über den Einweiher und Segner nachdenken, denn mich beschlich beim Lesen deines Beitrages sofort das Gefühl, „DAS PASST“.
Pippa


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margit
margit
Administrator

RE: Einweihung eines Denkmals
geschrieben von margit
als Antwort auf ingo vom 23.07.2021, 11:34:34

@ingo,

Wenn wir aufhören uns zu erinnern und über die Erfahrungen zu sprechen, machen wir die Ereignisse nicht ungeschehen, nehmen uns und vor allem den nachfolgenden Generationen die Chance, etwas aus der Vergangenheit zu lernen. Dieses Lernen aus Geschehenem ist nicht nur bei Naturkatastrophen wichtig, sondern auch bei sozialen und politischen.

Wie Du bei meinem Beitrag auf Sippenhaftung oder auf aktuelle Prozesse kommst, ist mir unerklärlich - oder willst Du damit nur vom Inhalt ablenken?

Ich habe nirgends geschrieben, Franz Burda vor Gericht zu stellen, allerdings sehe ich die Errichtung eines Denkmals mit einer gewissen Skepsis, die Beteiligung von hohen staatlichen und kirchlichen Würdenträgern halte ich für bedenklich, zumal Burda auch in der Nachkriegszeit keine klare Distanzierung z.B. zum Antisemitismus erkennen ließ. Du kannst gern unter Wikipedia zum Fall des Offenburger Studienrats Zind nachlesen.

Zitat Wikipedia:
Andererseits hatte Burda im Zusammenhang mit der Affäre um Ludwig Zind noch Ende der 1950er Jahre sein „Unverständnis“ darüber geäußert, dass die antisemitischen Äußerungen des Studienrats Zind in der Presse behandelt wurden, und Zind nach dessen Ausschluss aus dem Schuldienst in seinem Unternehmen beschäftigt.


Ich stelle auch Franz Burda nicht an den Pranger, es macht mich aber durchaus nachdenklich, wenn ihm im Beisein solcher Prominenz heute ein Denkmal errichtet wird.

Und was meinst Du denn dazu, dass Gänswein von neuen Häresien in Bezug auf "Umweltbewegung" und "Genderideologie" spricht? Haben denn nicht bereits mehr als genug Menschen unter dem Häresievorwurf der katholischen Kirche gelitten und sogar ihr Leben gelassen? Ich empfinde diesen Häresievorwurf Gänsweins als anmaßend und anachronistisch.

Margit
pschroed
pschroed
Mitglied

RE: Einweihung eines Denkmals
geschrieben von pschroed
als Antwort auf margit vom 23.07.2021, 12:15:21


Wenn wir aufhören uns zu erinnern und über die Erfahrungen zu sprechen, machen wir die Ereignisse nicht ungeschehen, nehmen uns und vor allem den nachfolgenden Generationen die Chance, etwas aus der Vergangenheit zu lernen. Dieses Lernen aus Geschehenem ist nicht nur bei Naturkatastrophen wichtig, sondern auch bei sozialen und politischen.
Margit
Danke liebe Margit, so ist es, wo besonders heute die Rechten EU weit sich wieder ausbreiten. Phil.

bolted von mir
Bias
Bias
Mitglied

RE: Einweihung eines Denkmals
geschrieben von Bias
als Antwort auf ingo vom 23.07.2021, 11:34:34
. . . diese Menschen an den Pranger oder vor Gericht stellen zu müssen, ist unfähig, sich in diese Zeit zurück zu versetzen. Ich meine, dass ich das noch kann; und deshalb ist diese Epoche, mit Ausnahme von Gedenktagen, für mich auch abgeschlossen.
geschrieben von ingo
Es soll Gerechtigkeit geschehen und ginge die Welt darüber zugrunde, werden sich die Ankläger denken. Und die Richter walten ihres Amtes, tragen Sorge dafür, dass der Grundsatz befolgt wird;
jetzt, da kaum mehr damit zu rechnen sein wird, dass wer aus der juristischen Zunft noch vor Gericht "gezerrt" werden könnte.

Herrn Franz Burdas Laudatoren werden die Öffentlichkeit wissen lassen weshalb er in einer Zeit in der Straßen aus moralischen Aspekten umbenannt und Denkmäler entfernt werden, diese Ehrung erfährt.

Der Vorgang und was darum herum wahrnehmbar ist passt in die Zeit, finde ich.

Heute scheint die Sonne. Der Tag verspricht schön zu werden.
​​​​​​

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lupus
lupus
Mitglied

RE: Einweihung eines Denkmals
geschrieben von lupus
als Antwort auf margit vom 23.07.2021, 12:15:21


Wenn wir aufhören uns zu erinnern und über die Erfahrungen zu sprechen, machen wir die Ereignisse nicht ungeschehen, nehmen uns und vor allem den nachfolgenden Generationen die Chance, etwas aus der Vergangenheit zu lernen. Dieses Lernen aus Geschehenem ist nicht nur bei Naturkatastrophen wichtig, sondern auch bei sozialen und politischen.

Wie Du bei meinem Beitrag auf Sippenhaftung oder auf aktuelle Prozesse kommst, ist mir unerklärlich - oder willst Du damit nur vom Inhalt ablenken?

 
Natürlich ist das Erinnern und Erfahrung sammeln notwendig und richtig. Es wird jedoch auch Zeitschwellen geben nach denen das Ereignis so verblasst das es in der Erinnerung kaum noch eine Rolle spielt.
Beispiele: Der 30jährige Krieg, die Pest oder die Bauernkriege.

Noch eine Nebensache:
Darf Ingo nicht Sippenhaftung in Verbindung mit der Beziehung zur Furtwängler schreiben weil es ihn im Zusammenhang gerade einfällt weil du so etwas nicht erwähnt hast?

lupus

PS.: Häresie für das Gendern ist wohl zu hoch gegriffen aber albern ist es schon.
Karl
Karl
Administrator

RE: Einweihung eines Denkmals
geschrieben von Karl
als Antwort auf ingo vom 23.07.2021, 11:34:34

@ingo,

den eigentlichen Skandal scheinst Du gar nicht erkannt zu haben. Wenn ein so hoher Kirchenvertreter den Umweltschutz als neu Häresie bezeichnet, dann hat das was. Dass er so nebenbei auch noch "Gendern" so bezeichnet, ist bei der Frauenphobie der Kirchenvertreter schon eher erwartbar gewesen.

Karl

ingo
ingo
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RE: Einweihung eines Denkmals
geschrieben von ingo
als Antwort auf margit vom 23.07.2021, 12:15:21

@margit: """ Wenn wir aufhören uns zu erinnern und über die Erfahrungen zu sprechen """

Ich fasse mich kurz: Wir sind die letzte Generation, die sich erinnern kann. Unsere Nachfolger kennen Fälle, wie Burda nicht mal mehr aus den Geschichtsbüchern. Bei Wiki und Googel werden sie allerdings noch was finden.....wenn sie es wollen. Aber 99% werden gar  nichts mehr finden wollen. Damit müssen wir uns abfinden. Die englische Jugend weiß auch nichts mehr über die Buren-Kriege.

Mit "Sippenhaftung" meine ich, dass die heutigen Generationen nichts mehr mit (symbolisch) Burda oder der Sekretärin zu tun haben.
Zu dem Burda-Denkmal darfst Du selbstverständlich Deine Meinung haben. Mir ist das Denkmal egal. Das interessiert so gut wie niemanden mehr.
Das war's zum Thema für mich. Ich habe meine Meinung gesagt, und gut ist es.,

ingo
ingo
Mitglied

RE: Einweihung eines Denkmals
geschrieben von ingo
als Antwort auf Karl vom 23.07.2021, 13:37:11

@karl: Ich habe über Burda geschrieben (s. meine Antwort an margit) . Ich verstehe Dich also gerade nicht.


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