Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik Gibt es in Deutschland Antisemitismus?

Innenpolitik Gibt es in Deutschland Antisemitismus?

adam
adam
Mitglied

Re: Gibt es in Deutschland Antisemitismus?
geschrieben von adam
als Antwort auf qilin vom 03.07.2017, 15:31:55
Kritik muß immer möglich sein, wenn sie fair ist und Verbesserungen anbietet. Bei Kritik an Israel ist es aber nun mal gegeben, daß der Antisemitismus immer mitschwingt und nicht zugunsten der Kritik in die zweite Reihe gedrängt werden darf.

Wir müssen bei diesen Gelegenheiten immer im Auge behalten, daß der Einsatz gegen Antisemitismus, und Rassismus allgemein, immer andauernd sein muß und diesem Einsatz nicht geschadet werden darf.

--

adam
Karl
Karl
Administrator

Re: Gibt es in Deutschland Antisemitismus?
geschrieben von Karl
als Antwort auf adam vom 03.07.2017, 15:47:12
Bei Kritik an Israel ist es aber nun mal gegeben, daß der Antisemitismus immer mitschwingt und nicht zugunsten der Kritik in die zweite Reihe gedrängt werden darf.
geschrieben von adam

verstehe Dich wer will, aber so kann man doch nicht diskutieren.

Jetzt wurde seitenlang versucht, Dir zu erklären, dass auch Kritik an Israels Politik möglich sein muss, ohne automatisch als antisemitisch verdächtigt werden zu müssen und dann kommt wieder solch ein Satz.

Siehst Du zumindest selbst, falls Du es nicht so meinst, wie ich es verstehe, dass dies extrem missverständlich formuliert ist? Möchtest Du wirklich, dass die Kritik an Israels Politik völlig verstummt, weil sich niemand diesem fürchterlichen Vorwurf, ein Antisemit zu sein, aussetzen möchte?

Wenn man dann aber so einfach Israel die Absolution für jegliches Handeln erteilen würde, wie könnte dann der Schutz für die Palästinenser aussehen? Die Politik deren Führer darf ja weiterhin ungehemmt kritisiert werden, vermute ich. Schafft dies nicht eine total einseitige Situation?

Karl
adam
adam
Mitglied

Re: Gibt es in Deutschland Antisemitismus?
geschrieben von adam
als Antwort auf Karl vom 03.07.2017, 16:08:20
Selbstverständlich kann man so diskutieren Karl.

Allerdings habe ich mit Qilin Meinung ausgetauscht und komme mit dem, was er schreibt oder mit manes Meinung und auch anderen gut zurecht. Die konzentrieren sich vielleicht nicht darauf, Diskutanten das Denkvermögen abzusprechen oder sie sonstwie zu verunglimpfen? Nur du und eine kleine Handvoll Unwidersprechbarer glauben, daß ich keine Kritik an Israel zulasse oder für Israel Absolution für jedes Handeln fordere. Wie kommst du darauf? Was bin ich? Ein monströser Idiot?

Allerdings erteile ich keine Absolution für alternativlose Mußkritiken, die die Lage in Nahost seit Jahr und Tag nicht zur Kenntnis nehmen und für Leute, die allein durch das Wort Antisemitismus meinen, man wolle sie an der Kritik gegen Israel hindern.

--

adam

Anzeige

sammy
sammy
Mitglied

Re: Gibt es in Deutschland Antisemitismus?
geschrieben von sammy
als Antwort auf adam vom 03.07.2017, 16:58:07
Nur du und eine kleine Handvoll Unwidersprechbarer glauben, daß ich keine Kritik an Israel zulasse oder für Israel Absolution für jedes Handeln fordere.
geschrieben von adam

....nun Adam, DEINE Wortwahl lässt aber oftmals diesen Eindruck entstehen.
Beispiele wurden doch schon genannt, wann "gerechtfertigte Kritik" in "Antisemitismus" umschlägt.

sammy
adam
adam
Mitglied

Re: Gibt es in Deutschland Antisemitismus?
geschrieben von adam
als Antwort auf sammy vom 03.07.2017, 17:30:33
Ok sammy,

jetzt habe ich mich natürlich gefragt, wo ich Antisemitismus und gerechtfertigte Kritik gleichgesetzt hätte, wei ich das bestimmt nicht meine. Eine Stelle habe ich gefunden, die mißverständlich ist:

Kritik muß immer möglich sein, wenn sie fair ist und Verbesserungen anbietet. Bei Kritik an Israel ist es aber nun mal gegeben, daß der Antisemitismus immer mitschwingt und nicht zugunsten der Kritik in die zweite Reihe gedrängt werden darf.
geschrieben von selber


Hier meine ich nicht, daß der Kritiker Antisemit ist oder durch die berechtigte Kritik wird, sondern daß der Antisemitismus einfach existent ist, auch bei berechtigter Kritik, die nicht antisemitisch sein kann, der AS aber vorhanden ist, mitschwingt. Meiner Meinung nach kann und soll das auch nicht geändert werden, weil die Verbrechen an den Juden nicht verjähren.

Kommt das nun besser rüber? Jedenfalls danke für den Hinweis.

--

adam
Karl
Karl
Administrator

Re: Gibt es in Deutschland Antisemitismus?
geschrieben von Karl
als Antwort auf adam vom 03.07.2017, 17:56:18
Genau auf die Missverständlichkeit dieser Passage hatte ich hingewiesen und meine Wortwahl sorgfältig gewählt, um Dich nicht als Idioten (Deine Wortwahl) hinzustellen und um Dir eine Brücke zu bauen. Du aber musst mich wieder persönlich angreifen "Unwidersprechbarer" - erinnert mich an eine Figur bei Harry Potter

Karl

Anzeige

adam
adam
Mitglied

Re: Gibt es in Deutschland Antisemitismus?
geschrieben von adam
als Antwort auf Karl vom 03.07.2017, 18:47:03
Dann ist das jetzt geklärt?

Bitte versteh meine Dünnhäutigkeit, nachdem ich gerade von dir in den letzten Tagen nur Schuldzuweisungen zu lesen bekam, die ich mir nicht vorzuwerfen habe.

--

adam
Re: Gibt es in Deutschland Antisemitismus?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf adam vom 03.07.2017, 19:07:59
Ich lerne immer recht viel bei diesen politischen Diskussionen.
Schade ,dass man es einfach nicht schafft, die verschiedenen Meinungen zu akzeptieren.Das ist eigentlich legitim,oder?
Müssen wirklich immer die Fetzen fliegen?
Macht mal eine Pause und lüftet den Kopf etwas durch,dann vielleicht... findet ihr wieder einen Konsens.
pschroed
pschroed
Mitglied

Re: Gibt es in Deutschland Antisemitismus?
geschrieben von pschroed
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 03.07.2017, 20:15:41
Ich lerne immer recht viel bei diesen politischen Diskussionen.


Ich kann mich diesem Satz anschliessen, aber es ist auch interessant wie vehement Überzeugungen verteidigt werden
Phil.
Re: Gibt es in Deutschland Antisemitismus?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Das böse Etikett

Sind vierzig Prozent der Deutschen Antisemiten? Diese Zahl legt der Bericht des zweiten Unabhängigen Expertenausschusses Antisemitismus nahe, der jüngst dem Bundestag vorgelegt wurde. Vierzig Prozent der Befragten, heißt es dort, zeigten "Zustimmung zum israelbezogenen Antisemitismus". Der "klassische Antisemitismus" kommt nur auf sechs Prozent Zustimmung.

Diese Diskrepanz zeigt, warum ein differenzierter Umgang mit dem Begriff so wichtig ist. Ist all das, was die Studie Antisemitismus nennt, tatsächlich Antisemitismus? Oder wird bisweilen eine legitime politische Haltung mit diesem Etikett belegt?

Antisemitismus ist ein Vorurteil, eine Haltung, die sich negativ und irrational auf die Gesamtheit der Juden bezieht. Seit Erfindung dieses Begriffs in Deutschland vor 128 Jahren diente er als Ersatz für den religiös konnotierten Begriff Judenfeindschaft. Neben dem klassischen Antisemitismus beschreibt der Expertenbericht einen "sekundären" Antisemitismus. Seine Merkmale sind unter anderem die Forderung nach einem "Schlussstrich" unter die NS-Aufarbeitung und die Leugnung der Schoah. Zusätzlich gibt es eine dritte Variante, den "israelbezogenen Antisemitismus".
Zunächst zum "klassischen" Antisemitismus, der nichts als eine Spezialform des Rassismus ist: Über die sechs Prozent der Deutschen hinaus, die im Jahr 2016 dieser Variante anhingen, waren etwa zwanzig Prozent antisemitischen Aussagen "zumindest nicht ganz abgeneigt". Das Fazit der Berichterstatter: "Im historischen Vergleich mit der Zeit vor 1945, aber auch mit den letzten 60 Jahren in Deutschland (...), war der offene Antisemitismus gesamtgesellschaftlich wohl selten so sehr an den Rand gedrängt wie heute." Die Abneigung gegenüber Juden (5 Prozent) erscheint im Vergleich zur Abneigung gegenüber Osteuropäern (14 Prozent), Muslimen (21 Prozent) oder Asylbewerbern (29 Prozent) sogar eher nebensächlich. So unerfreulich diese Zahlen noch immer sind, der "klassische" Antisemitismus bewohnt immer kleinere politische Nischen. Laut dem Bericht ist der "Hauptträger" der Judenfeindschaft – wenig überraschend – der Rechtsextremismus. Aber, das ist neu, mit der AfD dringt der Antisemitismus weiter in die gesellschaftliche Mitte vor: "Die Zustimmung zu Positionen der AfD und neurechten Positionen ... ist empirisch ebenfalls eindeutig mit Antisemitismus verknüpft."

Aus israelischer Sicht gilt die Aufmerksamkeit vornehmlich dem sogenannten "israelbezogenen Antisemitismus" mit seiner vierzigprozentigen Zustimmungsrate. Schließlich greifen Antisemiten immer wieder zur "Israelkritik", um ihren eigentlich "klassischen Antisemitismus" zu vertuschen. Doch umgekehrt stellt sich die Frage, ob Israelkritik jeder Art tatsächlich der Rubrik Antisemitismus zuzuordnen ist. Ein bekannter isrealischer Fernsehkommentator stellte dieser Tage sogar den jüngsten Eklat während des Besuches von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (der darauf bestand, Vertreter regierungskritischer israelischer NGOs zu treffen) in diesen Zusammenhang.
Nach dem Bericht des Expertenausschusses gehört unter anderem die Zustimmung zu dem Satz "Es ist ungerecht, dass Israel den Palästinensern Land wegnimmt" zur antisemitischen Israelkritik. So gesehen sind sogar friedensbewegte Israelis "antisemitische Israelkritiker". Das ist absurd. Israelbezogene Kritik ist erst dann antisemitisch, wenn nicht die Regierungspolitik, sondern das Existenzrecht des Staates Israel infrage gestellt wird. Oder wenn judenfeindliche Stereotype oder Absichten im Spiel sind. Zu Recht wird an anderer Stelle des Expertenberichts betont, dass sich "Israelkritik" und politischer Antizionismus nur teilweise "unter das Konzept des Antisemitismus subsumieren lassen".

Hat die israelische Regierung vielleicht selbst einen Anteil daran, dass die Kategorien verschwimmen? Da Antisemitismus nichts als Vorurteil ist, kann das Verhalten von Juden eigentlich per se weder Ursache noch Rechtfertigung für antisemitische Argumente sein. Und doch können gewisse Positionen der Regierung des Judenstaates sehr wohl zur Verbreitung des Antisemitismus beitragen. Das kennen wir aus der Geschichte – dort, wo die "Judenfrage" relevant zu sein schien, fanden Antisemiten im öffentlichen Raum mehr Widerhall. Seit Ende des 19. Jahrhunderts wurde Antisemitismus immer wieder als Lösung der "sozialen Frage" angeboten.

Stellen wir eine heikle kontrafaktische Frage: Wie wäre es um den Antisemitismus in Deutschland bestellt, wenn es Israel, wenn es die israelische Palästinapolitik nicht gegeben hätte? Wie judenfeindlich wäre dieses Land, wenn sich der Staat Israel nicht als Alleinvertreter der Juden präsentiert hätte, der palästinensische Gebiete besetzte? Schließlich ist der Verdacht nicht unbegründet, dass die israelische Politik dabei hilft, schlummerndes antisemitisches Potenzial freizusetzen. Eine verantwortliche israelische Regierung müsste dies in Erwägung ziehen – vor allem aus Rücksicht auf die Interessen der Diasporajuden.

Damit soll selbstverständlich nicht an der historischen Verantwortung gerüttelt werden, die auf Deutschland lastet. Mehr Aufklärung, mehr Mut sind insbesondere in Anbetracht der neuen Herausforderungen – der sozialen Medien und des Antisemitismus bei Teilen der muslimischen Minderheit in Europa – nötig.

Aber auch von Israel darf man etwas erwarten, eine Einsicht nämlich: Wer "Antisemitismus" ruft, wo keiner ist, der schadet dem Kampf gegen Antisemitismus.
geschrieben von Shimon Stein und Moshe Zimmermann

Moshe Zimmermann ist ein renommierter israelischer Historiker.
Shimon Stein war von 2001 bis 2007 Botschafter des States Israel in Deutschland.

Eventuelle Kritik daran (von einem Adam garantiert) sind an die israelischen, jüdischen Autoren zu richten, die allerdings mehr von diesen Problemen verstehen als deutsche Senioren. Sogar mehr als Adam.

Anzeige