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Innenpolitik Hartz4-Empfänger darf Arbeitsangebote ablehnen

Mitglied_5ccaf87
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Hartz4-Empfänger darf Arbeitsangebote ablehnen
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Das Sozialgericht Gotha hält Hartz-IV-Kürzung für Verfassungswidrig. So lesen wir es bei süddeutsche.de: Sozialgericht hält Hartz IV-Kürzung für Verfassungswidrig Das ist schon mal für Arbeitslose mit hoher Berufsausbildung eine gute Nachricht.

Ich erinnere mich daran, das auch ich vom Arbeitsamt eine Ausbildung zum Industriemeister und Betriebswirt erhalten habe und zu keinem Zeitpunkt eine angemessener Arbeitsplatz zugewiesen bekam. Ich wurde immer nur an Leiharbeits- und Konkursunternehmen vermittelt, die bei dieser Qualifikation auch mit den Schultern zuckten.

Ob sich das arbeitsrechtlich durchsetzen lässt, bezweifle ich ernsthaft, es sei denn, man schafft einen bundeseigenen Sektor, so wie damals die VEBs. Damit ließen sich bsw. solche Projekte wie der Bau von Sozialwohnungen, die Sanierung der Autobahn und Eisenbahnstrecken, die Energiewende und ähnliches durchführen.

Ich denke das dieses Urteil einen großen Schreck in der Bundesregierung verursacht hat. Man kann aber auch das Grundgesetz ändern, sie sind ja gerade wieder mal dabei.
DonRWetter
DonRWetter
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Re: Hartz4-Empfänger darf Arbeitsangebote ablehnen
geschrieben von DonRWetter
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 31.05.2015, 09:23:28
Na, warten wir doch mal die entsprechende Entscheidung des BVG ab.

Das hat sich 2010 noch folgendermaßen geäußert:

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die geltenden Sanktionsregelungen (einschließlich der schärferen Sanktionen für unter 25-jährige) in seinem Urteil vom 09.02.2010 (BGBl. I S. 193) nicht als unvereinbar mit dem in diesem Urteil aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG abgeleiteten Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums angesehen. Zwar hat sich das BVerfG in seinem Urteil vom 09.02.2010 zu den Sanktionen nach § 31 SGB II (a. F.) nicht ausdrücklich geäußert; es hat aber festgestellt, dass die (damalige) Höhe der Regelsätze nicht evident unzureichend ist und den Gesetzgeber - anders etwa als in Bezug auf einen unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarf (Härtefallregelung) - nicht zu einer abweichenden Regelung verpflichtet. Das BVerfG hat dadurch die weitere Absenkung der Leistungen durch Sanktionen zugelassen (so auch Davilla, SGb 2010, 557 m. w. N.).

Es betont in diesem Zusammenhang den weiten Gestaltungsspielraum des sozialpolitischen Gesetzgebers (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010, a. a. O.; Beschluss vom 11.07.2006, NJW 2007, 51, 55) und verweist auf den Grundsatz der Selbsthilfe und der Subsidiarität steuerfinanzierter Leistungen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 07.07.2010 - 1 BvR 2556/09 -, juris, Rn. 13).

Allerdings weist das BVerfG in seinem Urteil vom 09.02.2010 auch auf den aus dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminiums abgeleiteten Grundsatz hin, dass der gesetzliche Leistungsanspruch so ausgestaltet sein muss, dass er stets den gesamten existenznotwendigen Bedarf jedes individuellen Grundrechtsträgers deckt (juris Rn. 137). Das heißt, dass Sanktionen nicht dazu führen dürfen, dass Hilfebedürfige etwa hungern müssen oder obdachlos werden (Winkler, in: Gagel, SGB II, § 31 Rn. 162 ff. u. a. unter Hinweis auf die Aussage des früheren Bundesministers für Arbeit und Soziales im Plenarprotokoll 842 des Bundesrats vom 07.07.2006, S. 226). Ob die Sicherung des Existenzminimums durch Geld-, Sach- oder Dienstleistungen erfolgt, überlässt das BVerfG hierbei grundsätzlich dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (juris Rn. 138). Das absolute Existenzminimum siedelt der Gesetzgeber bei 70 % der geltenden Regelleistung (zuzüglich Kosten der Unterkunft und Heizung) an. Auch insoweit erfolgte durch das BVerfG durch das Urteil vom 09.02.2010 keine Beanstandung. Für den Fall einer Minderung der Regelleistung um mehr als 30 % hat der Gesetzgeber die Erbringung ergänzender Sachleistungen oder geldwerter Leistungen in das Ermessen des Leistungsträgers gestellt. Bei dieser Ermessensentscheidung ist das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zu berücksichtigen. Dies führt dazu, dass das Ermessen des Leistungsträgers auf Null reduziert ist, wenn der Hilfeempfänger keine andere Möglichkeit zum Bestreiten seines Existenzminimums - inbesondere keine Reserven - mehr hat (Winkler, a. a. O., Rn. 163). Die vollständige Streichung vom Hilfeempfänger zur Bestreitung seines Existenzminimums benötigter Grundsicherungsleistungen ist vom geltenden Recht daher nicht vorgesehen.

Quelle:

Auszug aus Stellungnahme des DRB (Bund der Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte) zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages vom 06.06.2011 zu den Anträgen von Abgeordneten der Linken und der Grünen zu Sanktionen bei ALG-II-Empfängern
olga64
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Re: Hartz4-Empfänger darf Arbeitsangebote ablehnen
geschrieben von olga64
als Antwort auf DonRWetter vom 01.06.2015, 20:46:43
Bezogen auf diesen "gefälligen" Titel denke ich, dass der umgekehrte Fall häufiger ist: dass Arbeitgeber sehr viel öfter H 4-Empfänger ablehnen, weil diese entweder nicht geeignet oder nicht richtig davon überzeugt davon sind, dass eigene Arbeit und eigenes Einkommen die persönliche Situation bedeutend zum Positiven verändern könnte. Olga

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ehemaligesMitglied41
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Re: Hartz4-Empfänger darf Arbeitsangebote ablehnen
geschrieben von ehemaligesMitglied41
als Antwort auf olga64 vom 02.06.2015, 17:07:15
dass Arbeitgeber sehr viel öfter H 4-Empfänger ablehnen, weil diese entweder nicht geeignet oder nicht richtig davon überzeugt davon sind, dass eigene Arbeit und eigenes Einkommen die persönliche Situation bedeutend zum Positiven verändern könnte.


Es ist doch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, Hartz IV Empfänger wieder in den Arbeitsprozess zu integrieren.

Wie sollen Hartz IV Empfänger ihre Arbeitskraft unter Beweis stellen, wenn sie von vornherein abgelehnt werden?

Nicht alle, die Arbeitslosengeld II empfangen, sind nicht qualifiziert oder zeigen kein Interesse ihre finanzielle Situation aus eigener Kraft zu verbessern.

Zurzeit ist die gesetzliche Regelung so, dass nur der Arbeitslosengeld I empfängt, der 24 Monate gearbeitet und davon 12 Monate Arbeitslosengeld eingezahlt hat.

Bei der steigenden Anzahl von befristeten Arbeitsverträgen haben im vergangenen Jahr 624 000 Arbeitnehmer keinen Anspruch auf ALG I erworben und sind damit gleich in die Grundsicherung, ALG II, gefallen.

Hier dazu ein Beitrag vom ZDF:


...flexibles Arbeitslosengeld???

Frau Olga,

Sie sollten nicht nur Ratschläge verteilen, sondern auch mal welche annehmen.

Sie stellen die Bezieher von ALGII in ein derart schlechtes Licht und sind auch noch überzeugt von dem, was Sie so schreiben.

Es gibt genügend Menschen in unserem Land, die nur aus den oben genannten Gründen die Grundsicherung erhalten, obwohl sie arbeiten und oftmals notwendige Arbeiten verrichten, für die sich so mancher zu schade ist oder von Ihnen einfach mit minderqualifiziert abgetan werden.
Sie sollten mal überdenken, dass Sie tagtäglich deren Dienstleistungen in Anspruch nehmen und das mit einer Selbstverständlichkeit.

ein_lächeln_
hanspeter65
hanspeter65
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Re: Hartz4-Empfänger darf Arbeitsangebote ablehnen
geschrieben von hanspeter65
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 31.05.2015, 09:23:28
[quote=hinterwaeldler]
Ob sich das arbeitsrechtlich durchsetzen lässt, bezweifle ich ernsthaft, es sei denn, man schafft einen bundeseigenen Sektor, so wie damals die VEBs. Damit ließen sich bsw. solche Projekte wie der Bau von Sozialwohnungen, die Sanierung der Autobahn und Eisenbahnstrecken, die Energiewende und ähnliches durchführen.

Wenn diese so wie in der DDR gehandhabt werden, so sind dann 100 Leute eingestellt wobei Arbeit nur für 25 da ist.
Meinst Du das HW ??

Gruß
Hans-Peter
olga64
olga64
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Re: Hartz4-Empfänger darf Arbeitsangebote ablehnen
geschrieben von olga64
als Antwort auf ehemaligesMitglied41 vom 02.06.2015, 19:00:07
Ich denke, so lange ich weiter meine Steuern fristgerecht bezahle, finanziere ich das H 4-Modell mit, das sich ja aus Steuern speist.
Meine Putzhilfe - keine H 4-Empfängerin - bezahle ich übrigens aus versteuertem Geld und sehr weit über Mindestlohn, da zu letzterem hier in Oberbayern niemand die Finger krumm machen würde in diesem Segment.
Was also fordern Sie von mir in bezug auf berufliche Integration von H 4-Empfängern, das Sie nicht richtigerweise von den Gewerkschaften fordern sollten? Olga

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Re: Hartz4-Empfänger darf Arbeitsangebote ablehnen
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaligesMitglied41 vom 02.06.2015, 19:00:07
Ich denke, je länger jemand arbeitslos ist, desto schlechter stehen seine Chancen, wieder in den Beruf zu kommen. Ist bei Müttern nicht anders! Außerdem habe ich gesehen, dass Arbeitslose zunehmend unsicher werden, was ja sehr verständlich ist. Wenn man Jahre "draußen" ist, x-mal abgelehnt wurde, ja, wer weiß dann noch, wie er sich in einem Bewerbungsgespräch verhalten soll, wie sich kleiden, stylen? Ich stelle mir das sehr, sehr schwierig vor.
olga64
olga64
Mitglied

Re: Hartz4-Empfänger darf Arbeitsangebote ablehnen
geschrieben von olga64
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 03.06.2015, 18:11:09
Schwierig ist es sicher auch, sich einen Tag wieder zu strukturieren - also aufstehen, pünktlich dort erscheinen, den ganzen Tag bleiben und zu arbeiten. Dies wissen natürlich auch die Arbeitgeber - wenn dann noch eine mangelnde Basis hinzukommt (also keine Schul- und Berufsausbildung) werden die skeptisch, was ja verständlich ist. Im nächsten Schritt würden dann die Kollegen murren, wenn sie den "Neuen" mit durchschleppen müssten - das kann Probleme bereiten.
Deshalb fand ich es gar nicht so schlimm und unmenschlich, gerade solche Menschen durch einen sog. 1-Euro-Job wieder einzugewöhnen an den normalen berufstätigen Alltag. Diese Leute bekamen ja immer mehr als 1Euro, weil ja die Zahlungen durch H 4 weiterliefen inkl. der Mietzahlung für die Wohnung. Olga
ehemaligesMitglied41
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Re: Hartz4-Empfänger darf Arbeitsangebote ablehnen
geschrieben von ehemaligesMitglied41
als Antwort auf olga64 vom 03.06.2015, 18:17:26
…(also keine Schul- und Berufsausbildung)….
Deshalb fand ich es gar nicht so schlimm und unmenschlich, gerade solche Menschen durch einen sog. 1-Euro-Job wieder einzugewöhnen an den normalen berufstätigen Alltag. Diese Leute bekamen ja immer mehr als 1Euro, weil ja die Zahlungen durch H 4 weiterliefen inkl. der Mietzahlung für die Wohnung.


..und wer zahlt die Leistungen vom ALG II ?

Die 1 Euro Jobs waren doch nichts anderes, als eine nutzlose Beschäftigung, wo Menschen Tätigkeiten verrichten mussten, wozu die Kommunen verpflichtet waren.

Da gewöhnt man sich nicht an den Berufsalltag, das ist deprimierend und herabwürdigend zugleich.

Diese „Arbeitsbeschaffung“ löst doch das Problem nicht, im Gegenteil, die Menschen sind nach wie vor auf Unterstützung vom Staat angewiesen.

Wenn ich es mir aussuchen könnte, ich würde für solche Maßnahmen keinen Cent Steuern bezahlen.

Frau Olga,
ich fordere nichts von Ihnen, ich dachte, dass Sie mal nachdenken, was aber anscheinend Sie nicht für notwendig erachten.

Mir ist es egal, ob Sie eine Putzfrau beschäftigen, darum geht es nicht in meinem Beitrag.

Auch Menschen ohne Berufsausbildung haben auch ihre Daseinsberechtigung und ihnen gebührt die gleiche Achtung und Anerkennung, was aber in unserem System zunehmend missachtet wird.

Gibt es in unserem Land deutsche Staatsbürger ohne Schulausbildung?

Sie meinen sicher den Schulabschluss, was aber etwas anderes ist als Schulausbildung.

Haben Sie sich den aufgeführten Link überhaupt angesehen, wohl eher nicht, weil Sie sowieso ihre vorgefasste Meinung haben.

ein_lächeln
Re: Hartz4-Empfänger darf Arbeitsangebote ablehnen
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaligesMitglied41 vom 03.06.2015, 18:51:54
den link wird sie natürlich nicht gelesen haben, denn in der zeit
ihrer anwesenheit muss sie ja huschhusch die anderen 22 beiträge
kommentieren.

schon klar, daß sie jetzt mal *urlaub* braucht.

aber wir hier können es jetzt auch genießen.

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