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Innenpolitik Hilft ein Volksentscheid gegen Populismus ?

Lissy52
Lissy52
Mitglied

Hilft ein Volksentscheid gegen Populismus ?
geschrieben von Lissy52

Ich habe heute in der Morgenpost einen interessanten Artikel gelesen
 Ist mehr Mitbestimmung in politischen Entscheidungen die Lösung, die Politikverdrossenheit zu bekämpfen?
Sind Bürger die  mit entscheiden, was gemacht werden soll, statt die von Parteienquerelen und Lobbyarbeit 
geprägten  Kompromissentscheidungen hinnehmen zu müssen, zufriedener mit der Politik ?

Wenn man sieht wie viel Politik gegen die Wünsche der Bürger durchgesetzt wird, z.B Besuch von Erdogan, Abbau der Polizei, Pflegenotstand und viele Dinge mehr, würde mehr Mitbestimmung das Gefühl der Hilflosigkeit doch sicher verringern und dem Rechtsruck entgegen wirken
Wer demokratische Entscheidungen beeinflussen kann, muss nicht nach dem starken Mann schreien.

Was haltet ihr von der Idee ?

Hier ist der Link :
direkte demokratie


 

olga64
olga64
Mitglied

RE: Hilft ein Volksentscheid gegen Populismus ?
geschrieben von olga64
als Antwort auf Lissy52 vom 01.10.2018, 14:29:44

Lissy, grundsätzlich ist die Idee ja gut, dürfte aber in Deutschland mit dem Föderalismus nicht so einfach durch einen Volksentscheid zu lösen sein:
z.B. Polizei  - ist LÄndersache, ebenso wie Bildung.
Der Staatsbesuch des Herrn Erdogan geschah aufgrund der Einladung des Bundespräsidenten. Dies sollte man ihm auch für solche Fälle als höchster Repräsentant in unserem Land so überlassen, zumal wenn er als Grund angibt, dass der Besuch aus Respekt vor ca 3 Mio hier lebender Türken erfolgt.

Ich denke auch ,dass jeder Mensch gegen den Pflegenotstand ist - aber bisher ist noch keinem dazu eingefallen, wie er behoben werden soll. Ob ein Volksentscheid helfen kann, das nötige Personal hierfür zu finden, bezweifle ich sehr.
Meine Einstellung generell zu Volksentscheidungen ist eher negativ. Entweder gehen die Leute gar nicht hin und dann gewinnt eine Seite, die dann später beim Volk auch nicht die Akzeptanz erreicht. Oder es geschieht so etwas wie der Brexit, wo dann versucht wird, durch ein neuerliches Referendum wieder rauszukommen aus der Sache.
In der Schweiz mit ca 8 Mio Einwohnern und alter Tradition auf diesem Gebiet scheint das ja gut zu klappen. Aber Deutschland hat mehr als 80 Mio Einwohner und da stellt sich schon auch die Frage, ob diese immensen Kosten, die für Volksentscheide aufgewendet werden müssen, wirklich einen Nutzen bringen würden. Muss ja auch einer bezahlen - im Zweifelsfalle der Steuerzahler und auch diese Gelder könnte man sicher für wichtige Projekte verwenden.
Ich gehöre zu den Bürgern in diesem Land, die den gewählten Politikern schon vertrauen (solange, bis mich jemand vom Gegenteil überzeugt); ich mache dies auch nicht abhängig davon, ob meine präferierte Partei gewonnen hat. DAfür bin ich zu demokratisch und erkenne immer Mehrheiten an. Olga

kirk
kirk
Mitglied

RE: Hilft ein Volksentscheid gegen Populismus ?
geschrieben von kirk
als Antwort auf Lissy52 vom 01.10.2018, 14:29:44

Welcher Bürger ist bereit, sich in teilweise sehr komplexe Themen einzuarbeiten um möglichst alle Folgen der Entscheidung zu kennen?
Das beste Beispiel scheint mir der Brexit zu sein. Eine einfache Frage scheint schnell beantwortet zu sein. Welche Folgen die getroffene Entscheidung haben wird, dürfte den wenigsten klar gewesen sein.
Da wird dann oft aus dem Bauch heraus entschieden und das ist nicht immer die beste Wahl.
Im kommunalen Bereich kann sowas funktionieren. Da kennt man sich aus und kann auch die Folgen eher einschätzen.

Kirk


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olga64
olga64
Mitglied

RE: Hilft ein Volksentscheid gegen Populismus ?
geschrieben von olga64
als Antwort auf kirk vom 01.10.2018, 18:39:35

Sehe ich auch so. Wir hatten in Bayern Volksentscheide mit einer Beteiligungsquote von 40%; auch dadurch wird ein Ergebnis stark verwässert.
Was mich auch noch skeptisch macht, ist die "Begeisterung" für Volksentscheide insbesondere der rechten Parteien. Man sieht es an der AfD und auch an der FPÖ in Österreich, die diese in Wahlprogramme aufgenommen haben (auch die 5 Sterne in Italien).
Rechnen die sich etwa durch geringe Beteiligung Vorteile für die Umsetzung der Wahlprogramme aus? Olga

lupus
lupus
Mitglied

RE: Hilft ein Volksentscheid gegen Populismus ?
geschrieben von lupus
als Antwort auf kirk vom 01.10.2018, 18:39:35
Welcher Bürger ist bereit, sich in teilweise sehr komplexe Themen einzuarbeiten um möglichst alle Folgen der Entscheidung zu kennen?
geschrieben von kirk
Das kann man noch ergänzen mit. Wie viele sind in der Lage.

Meine Bedenken gegen Volksentscheide widerhole ich mit folgendem konstruierten Beispiel:
Entscheidung über Atomstrom; in meiner Verwandschaft gibt es zwei sehr alte und schon etwas tütelige Damen, diese überstimmen einen Physiker 2 zu 1!?
Weiter:
Es wäre wohl keiner in der Lage ein Steuerproblem so einfach darzustellen dass es von sehr vielen verstanden wird ( so Finanzminister Schäuble).
lupus
Karl
Karl
Administrator

RE: Hilft ein Volksentscheid gegen Populismus ?
geschrieben von Karl
als Antwort auf lupus vom 01.10.2018, 19:11:24

Ich finde Volksentscheide im kommunalen Umfeld gut, aber ansonsten bin ich für die repräsentative Demokratie, wie sie bei uns eingerichtet ist. 

Karl

 


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Bote Asgards
Bote Asgards
Mitglied

RE: Hilft ein Volksentscheid gegen Populismus ?
geschrieben von Bote Asgards

Ich halte Volksentscheide nach Schweizer Vorbild für demokratischer als repräsentative Demokratie, weil nur Volksentscheide den Willen der Mehrheit der (am Entscheid interessierten) Bürger wirklich zum Ausdruck bringen. Staatstragende Entscheidungen wie z.B. über EU-Mitgliedschaft oder EURO-Austritt würde ich von Volksentscheiden ausschließen. Die Rechtschreibreform dagegen wäre z.B. ein Thema für Volksentscheidentscheid gewesen, nicht staatstragend, aber muß vom ganzen Volk ertragen werden.

Monja_moin
Monja_moin
Mitglied

RE: Hilft ein Volksentscheid gegen Populismus ?
geschrieben von Monja_moin

Wie Karl schreibt:
" Volksentscheide im kommunalen Umfeld gut, aber ansonsten bin ich für die repräsentative Demokratie"
finde auch ich gut.
 
Wir haben hier öfters Volksentscheide im kommunalen Umfeld gehabt.
Mit Mühe und Not wurden die erforderlichen Stimmen erreicht um angenommen zu werden.
Ob wohl es Themen betraf die regional den Bürger betrafen.
 
Wie auch Olga geschrieben hat, die Beteiligungsquote lag in Bayern bei 40%.
 
Warum auch immer, die Deutschen sind Wahl müde oder faul.
Es wird zwar immer laut gerufen, wir wollen gefragt werden, wird gefragt,  ist die Mehrheit still. Hinterher werden sie dann laut und beschweren sich.
 
Wenn es um größere, umfassenden Themen geht, reicht es nicht aus  kurz querbeet zu lesen. Da müßte man sich schon intensiver in das Thema einarbeiten.
Wer hat denn dazu Lust, Zeit und den Durchblick wenn fachliche Grundkenntnisse nötig sind um die Tragweite zu verstehen.
Ich zum Beispiel nicht und wenn vielleicht nur bei einzelnen Themen die mich besonders interessieren.
 
Es würde bei überregionalen Volksentscheiden wahrscheinlich von der Mehrheit nur nach Bauchgefühl und Tagesstimmung das Kreuzchen gemacht.
 
Monja.
 

Mareike
Mareike
Mitglied

RE: Hilft ein Volksentscheid gegen Populismus ?
geschrieben von Mareike

Es ist doch denkbar, dass die Verantwortlichen mehr bemüht wären, ihre Programme und Beschlüsse zu begründen, Entscheidungsprozesse transparenter und nachvollziehbarer zu dokumentieren, wenn Volksentscheide anstehen würden.
ZB die fatale Entwicklung in der Sache Hambachforst: Seit ca 30 Jahren bemühen sich sachkundige Bürger mit legalen Mitteln dieses Thema zur Sprache zu bringen. Gutachten und Gegengutachten verschwanden ungeöffnet in Schubladen. Gemeinden wurden mit Zuwendungen von Rheinbraun gefügig gemacht, dafür ganze Dörfer plattgemacht. Der einzelne Bürger hatte in diesen Prozessen keinerlei Einfluss. 

Nun kam von Seite der Polizei der Vorschlag, man möge sich doch um einen Volksentscheid bemühen...

werderanerin
werderanerin
Mitglied

RE: Hilft ein Volksentscheid gegen Populismus ?
geschrieben von werderanerin

"Volksentscheide" hören sich zumindest erstmal gut und demokratisch an..., könnte doch Jeder sein Kreuzchen machen aber das würde ja auch bedeuten, dass man "im Großen" immer auf dem laufenden sein müßte/sollte aber kann man dies denn überhaupt...ich denke eher nein.
Selbst für interessierte Bürger wäre das zumindest schwierig.

Ich denke allerdings, dass auf kommunaler Ebene solche Entscheide wirklich gut wären, weil man viel mehr an den Nöten der Bürger dran wäre und durch Entscheide auch wissen würde, was denn wirklich bewegt oder ggf. anders gemacht werden müßte.

Ich glaube, da würden sich auch viele Bürger dran beteiligen, anders ist es in der Schweiz ja auch nicht.

Kristine
 


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