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Innenpolitik Hungerstreik von Asylbewerbern in der Münchner Innenstadt

olga64
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Hungerstreik von Asylbewerbern in der Münchner Innenstadt
geschrieben von olga64
Unweit des Marienplatzes in München schlugen Asylbewerber ihre Zelte und Planen auf und sind teilweise im Hungerstreik; einige mussten schon in Krankenhäuser transportiert werden.
Sie wollen erzwingen, dass ihre Asylanträge umgehend und positiv bearbeitet werden, damit sie baldmöglichst in Deutschland leben und arbeiten können.
Der Anspruch ist sehr legitim - aber ist es auch legitim, solchen Ansprüche durch Erpressung zu befriedigen? Sollte diesen Asylbewerbern nun nachgegeben werden - wie viele kommen nach, die auf den Plätzen grosser, deutscher Plätze so für ihr Begehr kämpfen werden?
Ist es auch richtig, in einem Gastland, in dem nicht geschossen, gemordet wird - wo man zumindest nicht verhungert, aber leider auch primitiv untergebracht wird - dafür aber medizinsche Betreuung erhält, sich so zu benehmen? Wird hier nicht das Prinzip des Rechtsstaates falsch interpretiert? Olga
qilin
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Re: Hungerstreik von Asylbewerbern in der Münchner Innenstadt
geschrieben von qilin
als Antwort auf olga64 vom 27.06.2013, 17:12:33
Erst vor kurzer Zeit gab's eine ganz ähnliche Aktion in Wien, wo eine Gruppe von Asylwerbern wochenlang eine Kirche besetzt hielt und, als die Verantwortlichen nicht reagierten, auch zum Mittel des Hungerstreiks griffen. Natürlich darf man die Frage stellen - aber man darf auch die Frage stellen, ob diese Verantwortlichen ihrer Verantwortlichkeit gerecht werden, wenn Asylansuchen jahrelang hinausgezogen werden, Familien dadurch auseinandergerissen, dass nur bestimmte Mitglieder Asyl erhalten, Leute, z.T. Jugendliche, ohne nachvollziehbare Begründung in Schubhaft genommen und in Länder zurückgeschickt werden, in denen ihr Leben akut gefährdet ist etc.
Die Gruppe in Wien hat sich schlussendlich breitschlagen lassen, die Kirche zu räumen und sich auf Privatquartiere aufteilen zu lassen - seither hört man von der Causa nichts mehr...

() qilin
olga64
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Re: Hungerstreik von Asylbewerbern in der Münchner Innenstadt
geschrieben von olga64
als Antwort auf qilin vom 27.06.2013, 17:30:58
Es kann gut sein, dass hier ein Verhalten nachgemacht wurde. Meist wird dies ja organisiert von Sympathiegruppen von Nicht-Aslybewerbern. Auch ich finde, dass es unhaltbar ist, Familien zu trennen oder zu lange auf die Entscheide warten zu lassen. Ich finde auch den deutschen BEgriff der Duldung unmenschlich. Hier können oft nach Jahren bereits integrierte Menschen, die arbeiten usw., plötzlich nachts abgeholt und ausgewiesen werden.
Im aktuellen Fall scheint es aber anders zu sein - es wurde jetzt zugesagt, die Anträge innerhalb von 2 Wochen individuell zu bearbeiten, was aber den Demonstranten nicht passt.
Nicht vergessen sollte man aber auch, dass sich diese Menschen sicher gezielt Länder wie Deutschland, Österreich usw. aussuchen - von solchen Demos in Ungarn, Griechenland usw. hörte ich noch nie etwas - obwohl es dort sicher notwendiger wäre, wenn diese Menschen wie GEfängnisinsassen behandelt werden. Olga

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qilin
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Re: Hungerstreik von Asylbewerbern in der Münchner Innenstadt
geschrieben von qilin
als Antwort auf olga64 vom 27.06.2013, 17:39:43
Zum aktuellen Fall kann ich nichts sagen, ich kenne ihn nicht. Die Frage nach den Aufnahmeländern aber ist trickreich - nach der Gesetzeslage müssten Flüchtlinge im ersten 'sicheren Land' um Asyl ansuchen - dann dürfte es in D und A beinah überhaupt keine geben, dafür wären Griechenland, Italien und Spanien von ihnen noch mehr überschwemmt als es tatsächlich der Fall ist - die schreien schon seit Jahren um Hilfe von den anderen EU-Ländern, und bekommen evtl. ein paar Kanonenboote zur Flüchtlingsabwehr...

() qilin
myrja
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Re: Hungerstreik von Asylbewerbern in der Münchner Innenstadt
geschrieben von myrja
Ich halte diesen oeffentlichen Hungerstreik fuer berechtigt. Sonst nimmt ja kaum jemand Notiz von der Not dieser Leute.

Ich habe einige Jahre in der Fluechtlingshilfe mitgearbeitet. Wie mit den Menschen von Behoerdenseite aus umgegangen wird, ist teilweise wirklich unmenschlich. Jahrelang werden sie hingehalten mit immer wieder befristeten Aufenthaltsbewilligungen, die oft alle 3 – 6 Monate erneuert werden muessen.

Diese Fluechtlinge leben in der staendigen Angst, nach Ablauf der Frist abgeschoben zu werden.

Ich kenne einen Fall, wo die Familie schon 20 Jahre diesen Terror mitgemacht hat und dann ploetzlich die Mitteilung bekam, dass sie in 14 Tagen freiwillig ausreisen sollen oder zwangsweise abgeschoben werden. 2 der 4 Kinder sind hier geboren. Waere die Familie ohne Unterstuetzung des Stadtteils (Schulen, Kita, soz. Einrichtungen u. Bewohner) gewesen, die alle einen riesigen Wirbel gemacht haben (Solidaritaetsfest, Diskussionen mit zustaendigen Politikern etc. und immer wieder Artikel in die Presse gesetzt), die Familie haette nach 20 Jahren in einem inzwischen fremd gewordenen Land ohne Wohnung, Arbeit etc., voellig hilflos dagestanden.

Moechte von uns irgendjemand in staendiger Ungewissheit so lange so leben muessen?

Myrja
lars
lars
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Re: Hungerstreik von Asylbewerbern in der Münchner Innenstadt
geschrieben von lars
als Antwort auf myrja vom 27.06.2013, 19:17:50
Sowas finde ich auch unmenschlich Myria, bei uns dauerte das auch Jahre, aber jetzt sollen die Verfahren auf 100 Tage begrenzt werden, bis zum Bescheid, hoffe das es klappen wird.
Bin der Meinung, dass etwas getan werden müsste in den Herkunftsländern, wo die Menschen herkommen. Ein Pilotprojekt wird nun in Tunesien gestartet von der Schweiz, sicher eine gute Idee?

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myrja
myrja
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Re: Hungerstreik von Asylbewerbern in der Münchner Innenstadt
geschrieben von myrja
als Antwort auf lars vom 27.06.2013, 20:30:39

... Ein Pilotprojekt wird nun in Tunesien gestartet von der Schweiz, sicher eine gute Idee?
geschrieben von lars


Was ist das fuer ein Projekt Lars? Kannst Du da Naeheres zu erzaehlen? Mich interesiert das sehr.

Myrja
Mareike
Mareike
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Re: Hungerstreik von Asylbewerbern in der Münchner Innenstadt
geschrieben von Mareike
Die Erklärung der Hungerstreikenden Asylsuchenden

Hungerstreikende in München treten in den "trockenen" Hungerstreik

Warum leisten wir Widerstand

Mareike
nerida
nerida
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Re: Hungerstreik von Asylbewerbern in der Münchner Innenstadt
geschrieben von nerida
als Antwort auf lars vom 27.06.2013, 20:30:39

Bin der Meinung, dass etwas getan werden müsste in den Herkunftsländern, wo die Menschen herkommen. Ein Pilotprojekt wird nun in Tunesien gestartet von der Schweiz, sicher eine gute Idee?
geschrieben von lars


den TV Bericht über dieses Projekt habe ich gestern gesehen, aber auch hier sind die behördlichen Hürden wohl sehr hoch um an diese Hilfen zu kommen.

Aber diese Hilfsangebote gibt es bei uns ja schon des längeren. Bei Wohlfahrtsorganisationen wie der AWO gibt es schon länger Projekte, die Beihilfe für Existenzgründungen in den Herkunftsländern wie z.
b. Albanien, Afganistan und Bosnien leisten und leisteten. Ich denke, das man das inzwischen auch auf die Krisenländer in Nahost ausgedehnt hat.
qilin
qilin
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Re: Hungerstreik von Asylbewerbern in der Münchner Innenstadt
geschrieben von qilin
als Antwort auf Mareike vom 28.06.2013, 15:39:22
Also nachdem ich die Begründung des Hungerstreiks gelesen habe, hält sich meine Sympathie mit dieser konkreten Unternehmung in Grenzen.
Die Flüchtlinge 'unter anderem aus Bangladesch, Pakistan, Myanmar, Syrien und Afghanistan' sind ja wohl kaum vor dem Kapitalismus geflüchtet, und selbst die Herleitung der Verhältnisse in ihren Heimatländern aus einem vielleicht irgendwann mal existiert habenden Kapitalismus ist eine argumentative Turnübung - ebenso wie die Berufung darauf, dass die Waffen, mit denen sie evtl. bedroht wurden, aus 'unseren Ländern' stammen - da hätten sie wohl eher in Russland Asyl beantragen müssen...
Und, bei der unzweifelhaft dringenden Notwendigkeit von Verbesserungen, die 'zentralen Forderungen' -
Alle Asylsuchenden [d.h. Alle die sich als solche bezeichnen?] sind als politische Flüchtlinge anzuerkennen;
Niemand darf mehr abgeschoben werden;
JedeR Asylsuchende darf jederzeit hingehen wo es ihm beliebt
- sind wohl einigermaßen utopisch...

() qilin

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