Innenpolitik Immer mehr rechte Gewalt gegen Flüchtlinge in Deutschland - was ist los in diesem Land?

nachdem jahrzehntelang Bildung als Züchten von Abiturienten verstanden wurde und gerade im Bereich der Schlusslichter (Hauptschule nannte man das damals) sträflich vernachlässigt wurde, Grundfähigkeiten gesichert zu vermitteln -
wird jetzt die Ernte eingefahren:
Bildungsferne Eltern vervielfältigen sich mit ebensolchen Kindern.
Unser Schulsystem macht, wie ich höre, nahezu zwingend nötig, dass die Kinder durch das Elternhaus mitgefördert werden. Da beißt sich jetzt die Katze in den Schwanz.
Das Ergebnis ist eben nicht nur "selbst schuld ihr faule Bande, dann habt ihr eben keine Chancen", sondern politischer Sprengstoff mit besorgniserregenden Ausmaßen.

@ Karl,

um deine Überschrift aufzugreifen: meiner Meinung nach betrachtest du das Problem isoliert.

Zwar stimme ich dir zu, dass es immer mehr rechte Gewalt gegen Flüchtlinge gibt, allerdings frage ich nicht: „Was ist los in diesem Land?“ Es wundert mich nämlich nicht.

Fakt ist, dass Gewalt und Gewaltbereitschaft generell zugenommen haben und zwar nicht erst seit dem letzten Jahr, als verstärkt Flüchtlinge zu uns kamen.

Diese Tendenz ist schon lange zu beobachten. Es geht bereits auf dem Schulhof los. Auch früher gab es Prügeleien, aber in aller Regel schlugen und traten die Kinder nicht weiter auf den Besiegten ein, wenn er am Boden lag. Das ist heute leider oft genug anders. Sowohl verbale Gewalt als auch körperliche Aggression haben zugenommen – besonders häufig an Schulen mit weniger gutem Bildungsniveau.

Bullying und Mobbing sind weit verbreitet, sowohl in der Schule als auch am Arbeitsplatz und erst recht in den sozialen Medien, in denen man sich anonym austoben kann.

Wir wohnen nicht weit von einem Spielplatz entfernt, wo es mitunter recht laut wird. Der Krach stört mich kein bisschen, wenn er von Lachen und fröhlichem Jubel begleitet wird. Was mich aber extrem nervt, ist die verbale Auseinandersetzung der „lieben Kleinen“. Manche werfen mit Kraftausdrücken um sich, dass mir die Haare zu Berge stehen – und zwar regelmäßig.

Wir haben uns an Schlagzeilen gewöhnt, in denen über Massenschlägereien bei Fußballspielen berichtet wird, wir nehmen zur Kenntnis, dass rechte oder linke Chaoten am Rande von Demonstrationen eine Schneise der Verwüstung hinterlassen usw. Es ist kein isoliertes rechtsradikales Problem.

Deine Frage: „Was ist los in diesem Land?“ sollte nicht nur im Zusammenhang mit rechter Gewalt, sondern grundsätzlicher gestellt werden. Rechte Gewalt gegen Flüchtlinge ist lediglich ein Teilphänomen einer Gewaltspirale, die sich schon viele Jahre dreht.

Angeblich tragen ja Gewaltvideos und Gewaltspiele nicht zur Verrohung unserer Gesellschaft bei. Ich bezweifle das und bin absolut dagegen. Ich glaube nämlich, dass Jugendliche abstumpfen, wenn sie am laufenden Band virtuelle Menschen umbringen. Sogar Kinder werden bei Star Wars „spielerisch“ mit Grausamkeiten konfrontiert.

Natürlich wird nicht jeder, der Gewaltspiele spielt, zu einem Schläger oder zu jemand, der Flüchtlingsheime ansteckt. Für labile Jugendliche mit entsprechender Disposition sehe ich aber die Gefahr, dass sie dazu animiert werden. Wenn dann noch das Gefühl dazu kommt, dass sie selbst benachteiligt sind und dass die Neuankömmlinge ihnen etwas wegnehmen, ist die Hemmschwelle wahrscheinlich nicht mehr allzu groß.

Wir sollten Gewalt grundsätzlich ächten und mit aller Konsequenz dagegen vorgehen - auf der Spielebene und erst recht im realen Alltag; nur dann haben wir (vielleicht) noch eine Chance.

Lalelu

Angeblich tragen ja Gewaltvideos und Gewaltspiele nicht zur Verrohung unserer Gesellschaft bei. Ich bezweifle das und bin absolut dagegen. Ich glaube nämlich, dass Jugendliche abstumpfen, wenn sie am laufenden Band virtuelle Menschen umbringen. Sogar Kinder werden bei Star Wars „spielerisch“ mit Grausamkeiten konfrontiert.

Das sehe ich wie Du.

Karl

Diese Tendenz ist schon lange zu beobachten. Es geht bereits auf dem Schulhof los. Auch früher gab es Prügeleien, aber in aller Regel schlugen und traten die Kinder nicht weiter auf den Besiegten ein, wenn er am Boden lag. Das ist heute leider oft genug anders.
Lalelu

Auch in meiner Kindheit gab es nicht nur harmlose Prügelleien unter den Kindern.
Ich kann mich noch gut erinnern als ich etwa 11 Jahre war.
Es klingelte nachmittags an der Tür, ein fremder ca. 13jähriger Junge verkündete meiner Mutter, wenn sie zwei von ihren Söhne noch lebendig sehen will solle sie schnell los rennen. Sie sind auf dem Spielplatz am Marterpfahl und brennen.
Die Beiden waren 8 und 9 Jahre alt.
Meine Mutter und ich rannten los, wir hörten sie von weitem schreien. An einem Mast waren sie fest angebunden und unter ihnen ein Feuer. Ging noch gut, Schuhsohlen waren schwarz und Hosenbeine begannen gerade erst an zu brennen.
Davor prügelten sie sich mit mehreren älteren Jungs, mehr erzählten sie nicht.
So harmlos wie die Erinnerung an früher ist, war es dann doch nicht.

Angeblich tragen ja Gewaltvideos und Gewaltspiele nicht zur Verrohung unserer Gesellschaft bei. Ich bezweifle das und bin absolut dagegen. Ich glaube nämlich, dass Jugendliche abstumpfen, wenn sie am laufenden Band virtuelle Menschen umbringen. Sogar Kinder werden bei Star Wars „spielerisch“ mit Grausamkeiten konfrontiert.

Lalelu

Gewaltvideos und Gewaltspiele ist etwas zu allgemein genannt.
Da gibt es erhebliche Unterschiede, nun kommt es darauf an, welche Du genau meinst.

Star Wars würde ich nicht dazu zählen.
Die vielen verschiedenen Wildwestfilme, wie auch Karl May (Winnetou), aber auch die Filme mit Bud Spencer haben wir in unserer Jugend auch gerne gesehen oder gelesen.
Hätte man die auch verbieten sollen? Da ging es auch oft ziemlich grausam und gewalttätig.

Monja.

Guten Morgen,

ich habe viele Jahre in diversen Jobs zusammen mit diesen bösen "bildungsfernen" Menschen gearbeitet. Mein Vater war übrigens, strenggenommen, auch "bildungsfern" (er musste die Schule nach der 8. Klasse ohne Abschluss verlassen). Und habe dabei festgestellt, dass auch bei diesen Menschen, es mag für "uns Intellektuelle" unvorstellbar sein, es solche und solche Menschen gibt.

Ich glaube, da sollte man sehr vorsichtig sein nicht in die gleichen Stereotypen zu verfallen wie die "Fremdenhasser". Ich glaube nämlich auch, dass man in dieser Gesellschaft nur dann etwas positiv wird verändern können wenn man genau das durchbricht, was hier grade passieren soll - dass Teile der Bevölkerung gegeneinander aufgerechnet und ausgespielt werden. Nur dadurch, dass niemand niemandem traut ist es möglich dass dieses 1%,,,(denke ich jedenfalls).

Liebe Grüße
Andrea

Monja ich tendiere in Deine Richtung, ich denke auch, daß die politisch motivierte Gewalt mit der ganz allgemeinen verstärkten Bereitschaft zur Gewalt nichts oder zumindest nicht viel zu tun hat, ebensowenig das Anschauen oder Abspielen von Gewaltvideos, oder gar die Bildungsferne!
Seit wann beobachten wir denn die Gewalt der Ellbogengesellschafgt, doch erst nachdem "man" registriert hat, daß es wieder rücksichtslose Verteilungskämpfe braucht, um nicht auf der Strecke bleiben zu müssen, nicht umsonst wurde der Begriff " Ellbogengesellschaft " geprägt!
Rechte oder Linke Gewaltattacken gehen meist gegen Menschen, die man überhaupt nicht kennt, die einem noch nie was getan haben, während 13- jährige Kinder imstande sind, mal eben den besten 11- jährigen Freund zu erschlagen!
Kinder die so etwas tun, deren Hemmschwelle schon so tief gesunken ist, die haben in ihrem jungen Leben auch nichts weiter als Gewalt erlebt, und irgendwann, das kann auch nur eine Kleinigkeit sein, ist das Maß des Ertragen könnens voll und das Ventil explodiert!
Wenn Eltern in Angst und Sorge um ihre eigene und die Zukunft der Kinder sich ständig im Erstickungskampf befinden, dann haben sie keine Geduld und Ausdauer mehr bei der Erziehung der Kinder, sie sind ständig erschöpft von der Bewältigung der eigenen Sorgen und Ängste, und wenn sie genervt sind schlagen, treten, boxen sie eben auch ihre Kinder, und diese Kinder werden eines Tages jemanden finden, meistens im eigenen Bekanntenkreis, an dem sie sich für ihr eigenes Leid rächen können oder werden!
Ich denke Gewaltvideos können sich sowieso nur Leute anschaun, die eine Vorstellung des Schmerzes von Gewalt haben, wir sagen
" aua- das tut aber weh ", einer der Gewalt selber erfahren hat sagt " ach was ein Arschtritt ist doch nicht schlimm, so richtich in die Fresse treten, das ist cool ", also hat der schon sein Leben lang was auf die Fresse bekommen, kann das auch selber anschauen oder gar tun!
Eltern quälen schon ihre allerkleinsten Kinder, mit Schlagen, Treten, raufsetzen, Kopf irgendwo gegenschlagen, Zigarette auf Haut ausdrücken usw., solche Kinder sind gegen Gewalt in hohem Maße abgehärtet, um überleben zu können, mußten sie sich abhärten und abstumpfen!

Edita

auch dir einen guten Morgen

Es geht nach meiner Einschätzung nicht um die Behauptung, dass alle bildungsfernen Menschen "böse" sind (Formulierung von dir aufgegriffen), sondern um dies:

"Natürlich gibt es auch gebildete und intelligente Menschen, die fremdenfeindlich sind. Geniale Strategen rechter Parteien, die Massen begeistern können. Aber sie sind die Ausnahme. Nur 6,8 Prozent der Deutschen mit Abitur sind laut einer Studie der Universität Leipzig ausländerfeindlich. Bei den Deutschen ohne Abitur sind es 20,8 Prozent.

Diese 20 Prozent sind gefährlich. Sie hören nicht auf die Vernunft, nicht auf Fakten und Argumente. Sie lassen sich von ihren Gefühlen beherrschen - und ihre stärkste Emotion ist die Angst. Wenn sie auf Unwissen trifft, ist das eine explosive Mischung."

aus dem Link von Allegra, dessen Inhalt von Karl später ausführlich zitiert wird (Zwischenfrage: ist das in diesem Umfang denn überhaupt erlaubt?):

Zum Thema hier ein Artikel aus der Huffington Post, worin z.B. Sarrazin ad absurdum geführt wird
Huffington Post.

Allegra

Ich selbst beurteile Bildungsferne nicht nach dem Schulabschluss, sondern anhand von Grundkompetenzen wie Leseverständnis.

Die Schreibkompetenzen bei Hassposts fallen mir aber ebenfalls auf, deshalb sehe ich da einen Zusammenhang mit dem Bildungsniveau.

Dass in dem Artikel aus 6,8% ausländerfeindlichen Menschen mit Abitur + 20,8 % ausländerfeindlichen ohne Abitur dann gemacht wird: "Diese 20 Prozent sind gefährlich. Sie hören nicht auf die Vernunft, nicht auf Fakten und Argumente" ist typisch für die Huffington Post. Die 6,8% mit Abitur sind also nicht so gefährlich ausländerfeindlich, weil sie auf Vernunft, Fakten und Argumente hören könnten und werden deshalb in der Gesamtzahl der ausländerfeindlichen nicht als gefährlich eingerechnet??
Mich nerven diese Zahlenspiele ungeheuer. Mal abgesehen davon, dass nicht hervorgeht, wie diese Zahlen erhoben wurden.

Kann ja sein, dass der Redakteur zwar schreiben aber nicht rechnen kann. Mir fiel das gestern auch auf. 6,8 + 20,8 ergibt für mich über den Daumen gepeilt so ungefähr 27,6 - Aber sicher bin ich mir da nicht, vielleicht ist meine Rechenmethode veraltet?

Ciao
Hobbyradler

@ ttrula
Trotz Deiner Quellenkritik, die Du mehrfach bekundest und die Dir unbenommen ist, halte ich den Artikel zum Thema für lesenswert, sonst hätte ich ihn nicht verlinkt.

@ ttrula @ Hobbyradler:

Es heißt dort explizit:
"Nur 6,8 Prozent der Deutschen mit Abitur sind laut einer Studie der Universität Leipzig ausländerfeindlich. Bei den Deutschen ohne Abitur sind es 20,8 Prozent.
Diese 20 Prozent sind gefährlich...."

Was gibt's denn da zu rechnen?

Allegra

Es heißt dort explizit:
"Nur 6,8 Prozent der Deutschen mit Abitur sind laut einer Studie der Universität Leipzig ausländerfeindlich. Bei den Deutschen ohne Abitur sind es 20,8 Prozent.
Diese 20 Prozent sind gefährlich...."

Was gibt's denn da zu rechnen?

Allegra

Wir können nun gerne eine Diskussion darüber beginnen, welche Ausländerfeinde gefährlich sind und welche nicht.
Dann könnten wir uns darüber unterhalten, was davon zu halten ist, die Bevölkerung zu teilen in a) mit Abitur und b) ohne Abitur. Dann könnten wir besprechen, ob alle 20,8 Prozent Ausländerfeinde ohne Abitur keinerlei Zugang zu Argumenten hat oder wie hoch da der tatsächliche Anteil ist. Und zum Schluss könnten wir noch beleuchten was der ganze Quatsch überhaupt soll.

Meinen Standpunkt oute ich gerne vor dieser Diskussion:
Ausländerfeinde sind gefährlich und solange Gegenargumenten gegenüber unzugänglich, wie sie dies sind. Weil sie den Argumenten gegenüber zugänglich sind, die ihre Ausländerfeindlichkeit zum Ergebnis haben. Egal mit welcher Schulbildung. Und das wären dann ohne das Zahlenspiel der HuffingtonPost 27,8%