Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik Ist die so genannte „soziale Gerechtigkeit“ eine Anmaßung von Wissen?

Innenpolitik Ist die so genannte „soziale Gerechtigkeit“ eine Anmaßung von Wissen?

arno
arno
Mitglied

Ist die so genannte „soziale Gerechtigkeit“ eine Anmaßung von Wissen?
geschrieben von arno
Hallo,

Friedrich August von Hayek sprach in seiner Nobelpreisrede über die "Anmaßung von Wissen" und warnte aufgrund präziser Argumente vor einer Selbstüberschätzung der Wissenschaft und geißelte die „Anmaßung von Wissen“ als das größte Risiko moderner Gesellschaften überhaupt!
Alle Politiker sprechen über die "soziale Gerechtigkeit", obwohl sie niemals das Wissen der
Menschen eines Landes kennen können. Die Wünsche, die Vorlieben, die Werteskala haben sich über einen zeitlich langen Prozeß entwickelt. Was meinen die Politiker und die Wissenschaftler nun mit „sozialer Gerechtigkeit“? Kann man so etwas standardisieren oder abschaffen?
Es wird sicherlich unmöglich sein und auch am Geld scheitern, wenn man alle Interessengruppen
zufrieden stellen will. Es werden zwangsläufig immer einige Gruppen bevorzugt werden.
Die Wissensunterschiede und auch die individuellen Werte führen bestimmt zu Verteilungskämpfen und zur Ungerechtigkeit.
Keiner verfügt über das Wissen, die Vorgänge in unserer Gesellschaft und die Ergebnisse gestalten zu können. Die Politik kann doch nur günstige Voraussetzungen schaffen, oder?

Viele Grüße
arno
olga64
olga64
Mitglied

Re: Ist die so genannte „soziale Gerechtigkeit“ eine Anmaßung von Wissen?
geschrieben von olga64
als Antwort auf arno vom 29.04.2010, 14:09:49
[indent][/indent]Keiner verfügt über das Wissen, die Vorgänge in unserer Gesellschaft und die Ergebnisse gestalten zu können. Die Politik kann doch nur günstige Voraussetzungen schaffen, oder?[indent][/ind


Es stimmt nicht, dass "keiner über das Wissen über Vorgänge in unserer Gesellschaft verfügt". Die wissenschaftliche Basis bilden hier die Soziologen, die in vielen verschiedenen Bereichen empirische Forschung betreiben.
Was die praktizierende Gesellschaft anbetrifft, wird es immer Menschen geben, die der Meinung sind, soziale Leistungen "stünden ihnen zu" und dann mit viel Akribie alle Möglichkeiten ausschöpfen, um an diese zu gelangen. Es wird - hoffentlich - aber auch viele Menschen geben, die der Meinung sind, für ihr eigenes Leben und dessen Finanzierung und Ausgestaltung selbst verantwortlich zu sein.
Die vom Sozialetat abhängigen Menschen wird sich eine Nation nur so lange leisten können, wie es andere Menschen gibt, die dies finanzieren. Wird dies anders gemacht, kommen wir in die Situation wie z.B. der ehemaligen DDR - wir gehen pleite, da auch die Finanziers keinen Sinn mehr darin sehen, immer stärker belastet zu werden.
Demzufolge sind auch der Politik in einer Nicht-Diktatur enge Grenzen gesetzt, hier "günstige Voraussetzungen" (für wen günstig?) zu schaffen. Hier entscheidet ja auch die Mehrheit - und dies ist gut so. Olga
benny
benny
Mitglied

Re: Ist die so genannte „soziale Gerechtigkeit“ eine Anmaßung von Wissen?
geschrieben von benny
als Antwort auf olga64 vom 29.04.2010, 14:57:13
Was die praktizierende Gesellschaft anbetrifft, wird es immer Menschen geben, die der Meinung sind, soziale Leistungen "stünden ihnen zu" und dann mit viel Akribie alle Möglichkeiten ausschöpfen, um an diese zu gelangen.


Es steht ihnen zu, so steht es im Sozialgesetzbuch, auch wenn es dir nicht passt.
Die Sozialversicherung ist auch eine Versicherung und kein Geldsammelpool!

benny

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schorsch
schorsch
Mitglied

Re: Ist die so genannte „soziale Gerechtigkeit“ eine Anmaßung von Wissen?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf arno vom 29.04.2010, 14:09:49
Wissen ist Macht.

Darum versuchen korrupte Menschen, sich so viel Wissen - auch kriminelles - zu eigen zu machen, anderen Menschen aber - ganzen Völkern - das Wissen zu verbieten!

Merke: Sogar der Vatikan weiss um diese Spielregeln!
Re: Ist die so genannte „soziale Gerechtigkeit“ eine Anmaßung von Wissen?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf benny vom 29.04.2010, 15:33:21

Es steht ihnen zu, so steht es im Sozialgesetzbuch, auch wenn es dir nicht passt.
Die Sozialversicherung ist auch eine Versicherung und kein Geldsammelpool!
benny


Moin moin Benny,
Das funktioniert nur solange gut, wie Hilfsbedürftigen geholfen wird.
Sobald sich aber Leute "in die Hängematte" legen,
"harzen" nennen die das, dann kippt der soziale Aspekt.
Ich denke, darin sind wir aber einig.

Dann beginnt nämlich so etwas wie " die Einen haben für die Anderen zu arbeiten".
Früher nannte man das Sklaverei.
Der Begriff paßt hierzu aber nicht ganz.
Von den Auswirkungen wäre es indirekt aber eventuell vergleichbar.

Ich kenne beide Fälle.
Die Menschen, die unverschuldet in die Notlage kamen, Hilfe in Anspruch nahmen,
auch Hilfe zur Qualifizierung und es geschafft haben, wieder auf eigenen Füßen zu stehen.
So ist es gedacht.
Ich kenne aber auch Leute, die es nie nötig hatten, etwas zu lernen und/oder zu arbeiten.
Dafür werden dann aber Kinder in die Welt gesetzt. Wie die dann einmal zurechtkommen werden,
bleibt abzuwarten.
Jedenfalls meine ich, um ein Arbeitsleben zu ersetzen und den Lebensunterhalt abzukassieren,
dafür ist das ganze Sozialwesen nicht gedacht.

Leider kenne ich mehr Leute der zweiten Sorte.
Das mag Zufall sein, stört mich aber gewaltig.
Mit dem Problem Arbeitslosigkeit hängt es in den Fällen nicht zusammen.
Eher mit dem Problem Faulheit.

Es gibt einen Spruch:
Der Kuh, die man melkt, darf man nicht den Kreislauf anmelken.
Oder so ähnlich....

nordstern
schorsch
schorsch
Mitglied

Re: Ist die so genannte „soziale Gerechtigkeit“ eine Anmaßung von Wissen?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 30.04.2010, 09:18:42
Lieber Nordstern, mach doch mal ein Experiment, um deine Aussage zu beweisen: Schaffe 1 Million Arbeitsplätze und biete sie diesen "Faulen" an. Wenn dann mehr als 10 % darauf verzichten, die Stelle anzunehmen, sondern lieber weiter "hartzen", dann hast du gewonnen!

Möchtest du nochmals jung genug sein, von diesem "Faulheits-System" - zwangsweise - profitieren zu können?

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benny
benny
Mitglied

Re: Ist die so genannte „soziale Gerechtigkeit“ eine Anmaßung von Wissen?
geschrieben von benny
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 30.04.2010, 09:18:42
Moin moin Nordstern
Im Prinzip hast du recht, was mir nicht so ganz gefällt daß die 3-5% "faulen" so sehr in den Vordergrund geschoben werden.
Sind es nicht eher die Imigranten die erstmal bevor sie arbeiten dürfen unser Sozialsystem sehr stark belasten?
Sind es nicht Fremdleistungen die den Sozialkassen zweckentfremdet entnommen werden?
Meine ganz ehrliche Meinung, unser Sozialsystem ist ausreichend,eine Fehlerquote von wenigen % gab und wird es immer geben, das muß leider ein Sozialstaat aushalten können.

So leicht sollte man es sich nicht machen nur alles auf die "Faulen" zu schieben.

Gruß und schönes Wochenende
benny
Re: Ist die so genannte „soziale Gerechtigkeit“ eine Anmaßung von Wissen?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Hallo Benny und Schorsch,

Damit ich nicht mißverstanden werde.
Ich wollte es gar nicht festlegen, wie viele zu welcher Gruppe gehören.
Das sollten eigentlich die Argen auseinander sortieren.
Ich möchte jeden Fall einzeln abgehandelt wissen.

Wie viele es dann werden in jeder Gruppe, sieht man dann.
Ich kenne eben einige Fälle aus jeder Gruppe.
Leute, die sich fortbilden, bemühen und Arbeit finden oder auch nicht finden, daß meinst Du sicher, Schorsch.

Und Leute, die ihre Schule so eben und eben bewältigen, dann aber weder eine Lehre zu Ende bringen,
noch ein Praktikum, noch sonst irgendeinen Ansatz machen, überhaupt einem Gelderwerb zu erwägen.
Eher mit dem Gesetz in Konflikt kommen und sich ständig gemobbt fühlen,
wenn sie nicht Geld bar in die Hand kriegen.
Leider weiß ich davon auch mehrere Fälle.

Von allen Fällen ist es bei mir je die Hälfte, dazu erhebe ich aber nicht den Anspruch,
es auf die Gesamtheit zu übertragen.
Mir würde es genügen, wenn man an der Stelle etwas mehr Nachdruck erzeugt, denn Sozialhilfe kann doch kein Lebensziel sein.

Die Fälle hatten alle einen Lehrplatz, bzw. eine abgeschlossene Ausbildung, bzw. das Angebot des Arbeitgebers,
vorausschauend in der Firma in eine bessere Stellung aufzusteigen.
Es hätte in allen Fällen gar nicht erst Arbeitslosigkeit gedroht.
Es verlockte wohl, Geld ohne Arbeit zu bekommen.
Originalzitat: "Ich komme damit aus."

Das kann es denn doch nicht sein, bei aller Zustimmung meinerseits zum Sozialgedanken.
Es mögen ja auch nur eine Minderheit der Fälle so gelagert sein.
Die schädigen aber den Sozialgedanken und den Ruf der Anderen.

Zu Ausländern, weil Benny es andeutete:
Wenn sie in der gleichen Not sind, wie Inländer, hier Asyl suchen, weil sie in der Heimat verfolgt werden,
ist es für mich selbstverständlich ok, wenn sie Hilfe bekommen.
Wenn sie zu uns kommen, "weil Deutschland Geld gibt ohne Arbeit (leider Originalzitat)",
finde ich es nicht in Ordnung.

Für alle gemeinsam gilt jedoch, wer Geld nimmt, obwohl er selber für sich sorgen könnte, wenn er wollte und vorhandene Arbeit weiterführen und angebotene Besserstellung nutzen könnte, der verhindert auch,
daß Hilfsbedürftige angemessen versorgt werden können.

nordstern
sarahkatja
sarahkatja
Mitglied

Re: Ist die so genannte „soziale Gerechtigkeit“ eine Anmaßung von Wissen?
geschrieben von sarahkatja
als Antwort auf arno vom 29.04.2010, 14:09:49
Arno,
gelingt es den Regierungen günstige Voraussetzungen zu schaffen, wenn eine nach der anderen die Möglichkeiten dazu zweckentfremdet?

Durch leichtsinnige Fehlentscheidungen wurden seit Jahrzehnten Gelder vergeudet. Die Plünderungen der vollen Rentenkassen, die Millionen, die damals den Staaten in den Hintern gesteckt wurden, damit sie die DDR nicht als Staat anerkennen sollten, trotzdem nur durch dieses Erkennen der Tatsachen eine festgefahrene Situation zu entschärfen war. Ob frei gewählt oder nicht, die Tatsache bestand mit dem starken östlichen Bruder an der Seite.

Damals, waren wir nur nach Westen orientiert. Handel wurde mit dem Osten immer getrieben und da war es den Wissenden nicht möglich, rechtzeitig und mit Verstand zu erkennen, wie die Lage dort war?

Was nach der Wende alles verkehrt gemacht wurde, weil alles zu schnell ging
und vieles den Bach hinunter ging, was hätte erhalten werden können, davon will ich gar nicht erst reden.

Wie vieles wurde in den Sand gesetzt.
Was nützten neueste Maschinen, wenn das Wissen fehlte, sie zu bedienen?
Was nützten die großen Einkaufszentren auf der Wiese, wenn einheimische Produkte und Firmen auf der Strecke blieben?

Was nützen, um auf die hier und heutige Problematik einzugehen, die Milliardenkredite für Griechenland?
Weitere Milliarden werden folgen müssen. Gefolgt von Spanien und Portugal. Es wird ein Faß ohne Boden werden.

Die deutsche Regierung, laut Frau Merkel, übernimmt die Bürgschaft, bei nicht Zurückzahlungsfähigkeit.
Mit anderen Worten, der deutsche Steuerzahler zahlt versäumte Erkenntnisse.

Sind das die günstigen Voraussetzungen, die die deutsche Politik schaffen will?

Glaubst Du, dass Dr. Ackermann Geld von der Industrie und den Banken einsammelt um günstige Bedingungen für den deutschen Normalverbraucher zu schaffen?

Wenn ein Land, auf Grund eigener schlechter, korrupter Finanzverwaltung, ins „Aus“ gerät, muß auch die Möglichkeit bestehen, ihre Zugehörigkeit zur Europäischen Union in Frage zu stellen.

Gruß von Sarahkatja
arno
arno
Mitglied

Re: Ist die so genannte „soziale Gerechtigkeit“ eine Anmaßung von Wissen?
geschrieben von arno
als Antwort auf sarahkatja vom 30.04.2010, 20:46:30
Hallo, Sarahkatja,


Wenn ein Land, auf Grund eigener schlechter, korrupter Finanzverwaltung, ins „Aus“ gerät, muß auch die Möglichkeit bestehen, ihre Zugehörigkeit zur Europäischen Union in Frage zu stellen.


diese Möglichkeit halte ich für eine politische Bankrotterklärung der EU!

Die Idee, die europäischen Staaten nur als eine Wirtschaftsgemeinschaft zu verstehen und als solche zu organisieren, ist eine sehr große politische Fehlleistung, die im Lissabonvertrag auch noch festgeschrieben worden ist! Soziale Unterschiede zwischen den Mitgliedsländern werden in einer solchen
Wirtschaftsgemeinschaft über die Kräfte des Marktes
geregelt und nicht über einheitliche sozialpolitische Beschlüsse und Gesetze organisiert.

Die griechische Wirtschaftstragödie ist eine Folge der
fehlerhaften Organisation der EU.

Eine auf Wettkampf/ Wettbewerb beruhende Wirtschaftsgemeinschaft ist erstmal keine soziale Gemeinschaft! Wenn eine solche Wirtschaftsgemeinschaft
das Soziale ausgleichen soll, geht die Solidarität
zwischen den Mitgliedsländern den Bach hinunter!
Ein solcher Staatenbund hat bestimmt keinen Bestand!

Die griechische Wirtschaftstragödie hat den großen Vorteil, dass sie die Politiker wachrüttelt und über
Verbesserungen und Reformen nachdenken läßt, damit aus
der Wirtschaftsgemeinschaft der EU ein sozialer Staatenbund entstehen kann.

Die Politiker müssen ihre Hausaufgaben machen.

Viele Grüße
arno

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