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Monja_moin
Monja_moin
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Jüdisches Museum Rendsburg
geschrieben von Monja_moin

Ich war mal wieder unterwegs und zwar in Rendsburg.
Dort besuchte ich das jüdische Museum.
 
Es wird seit einiger Zeit viel über Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit gesprochen und von einigen auch zum Teil geleugnet.
 
So möchte ich durch einige Fotos und vor allem durch die Schautafeln im Museum etwas über die Geschichte des Hauses und über die Geschichte der Juden in Schleswigholstein berichten.
Die Schautafeln habe ich fotografiert und stelle Ausschnittsweise den Text von diesen als Kopie hier ein.
Ich denke, ausführlich brauche ich in eigenen Worten dazu nicht viel zuschreiben.

2018-07-29 13-24-0902.jpgLinks die Tora-Schule, mitte Dr. Bamberger Haus  rechts die ehemalige Synagoge.

1756 wurde neben der ersten Synagoge auf dem Grundstück Prinzessin­straße 7 (früher Nr. 337) ein Lehrhaus der jüdischen Gemeinde für erwach­sene Talmud-Tora-Schüler erbaut.
Die Talmud-Tora-Schule in dem erhalte­nen Nachfolgerbau stammt aus den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts und war eine reine Kinderschule.
Der Stundenplan trug dem Streben der Rendsburger Juden nach Assimilation und Integration Rechnung.
Unter der langjährigen Leitung des Lehrers und Toraschreibers Nehemias Isaacsohn wurden Jungen und Mädchen der Elementarklasse neben Hebräisch und Biblischer Geschichte nun auch in den Fächern Deutsch und Rechnen unterrichtet. In der höheren Klasse kamen außerdem Ritual- und Pflichten­lehre, Bibel- und Gebetübersetzung, Geschichte, Geographie und Naturkunde hinzu.

Nachdem schon in den 1870er Jahren fast alle Kinder die allgemeinen Schulen besuchten, wandelte sich die Talmud-Tora-Schule allmählich in eine Religionsschule, bis das Gebäude in den 1890er Jahren als Wohnhaus vermietet wurde.
Für die wenigen Kinder reichte das Zimmer neben der Frauenempore im Synagogengebäude als Unterrichtsraum.
Ein Jahr nach dem Sprengstoffanschlag auf die Synagoge am 9./10. November 1938 mußte das gesamte Gemeindezentrum an die Fischhandlung Meier und Volistedt verkauft werden, die die Schule weiterhin als Wohnhaus vermietete.
Seit der Restaurierung von 1988 gehört die Schule zum Komplex des jüdischen Museums Rendsburg und Dr. Bamberger-Hauses.
Im Erdgeschoß wird die Geschichte des schleswig-holsteinischen Judentums dokumentiert.
Das Obergeschoß ist den in der Zeit des  Nationalsozialismus als Juden verfolgten Künstlern gewidmet.
 

2018-07-29 13-11-0102.jpg

Bei dem erwähntem Sprengstoffanschlag wurde zum Glück "nur" der Toraschrein und das Gestühl zerstört, die Synagoge selbst blieb erhalten.

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husumer nachrichten-102.jpg

Interessant ist auch das Husumer Tageblatt und Husumer Nachrichten vom 16.9.1935 zu lesen.
Hier ein interessanter Auszug davon:

Schutz des deutschen Blutes

Nürnberg.
Durchdrungen von der Erkenntnis, daß die Reinheit des deutschen Blutes die Voraussetzung für den Fortbestand des deutschen Volkes ist, und beseelt von dem unbeugsamen Willen, die deutsche Nation für alle Zukunft zusichern, hat der Reichstag einstimmig das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:
§1.
1.  Eheschließungen zwischen Juden und Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes sind verboten. Trotzdem geschlossenen Ehen sind nichtig, auch wenn sie zur Umgehung dieses Gesetzes im Auslande geschlossen.
2.  Die Nichtigkeitsklage kann nur der Staatsanwalt erheben.
 
§ 2.
Außerehelicher Verkehr zwischen Juden und Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes sind verboten.
 
§ 3.
Juden dürfen weibliche Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes unter 45 Jahren nicht in ihrem Haushalt beschäftigen.
 
§ 4.
1.  Juden ist das Hissen der Reichs- und Nationalflagge und das Zeigen der Reichsfarben verboten. Dagegen ist ihnen das Zeigen der jüdischen Farben gestattet.
Die Ausübung dieser Befugnis steht unter staatlichem Schutz.
 
§ 5.
1.  Wer dem Verbot des § 1 zuwiderhandelt, wird mit Zuchthaus bestraft.
2.  Der Mann, der dem Verbot des § 2 zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis oder mit Zuchthaus bestraft.
3.  Wer den Bestimmungen der §§ 3 oder 4 zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft.
 
§ 6.
Der Reichsminister des Inneren erläßt im Einvernehmen mit dem Staatsvertreter des Führers und des Reichsminister der Justiz die zur Durchführung und Ergänzung des Gesetzes erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschiften.
 
§ 7
 
Das Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung,  § 3 jedoch erst am 1. Januar 1936, in Kraft.
Nürnberg, 15. September 1935.
Der Führer und Reichskanzler.
Der Reichsminister des Inneren.
Der Reichsminister der Justiz.
Der Stellvertreter des Führers.

 


Hier noch zwei interessante Infos von den Schautafeln.

Frankreich war das erste europäische Land, das im Zuge der Revolution die Juden als gleichbe­rechtigte Bürger anerkannte. Die Niederlande und Dänemark folgten. In Schleswig-Holstein setzten sich neben einzelnen jüdischen Gemeinden vor allem Gabriel Riesser und Ludwig Salomon Stein­heim für die Gleichstellung der Juden ein. Die Bemühungen scheiterten zunächst am Widerstand der Geistlichkeit und Ritterschaft in den Stände­versammlungen. Danach war es schließlich dem Druck der dänischen Regierung zu verdanken, daß 1854 im Herzogtum Schleswig und 1863 in Holstein die ersten Gleichstellungsgesetze erlas­sen wurden.

Im Oktober 1941 begannen die systematischen Massendeportationen in die Ghettos
und Konzentrationslager im besetzten Europa. Die erste große Deportation von
Schleswig-Holstein nach Lettland fand am 6. Dezember 1941 statt. Auch aus den
besetzten Ländern wurde die jüdische Bevölkerung deportiert. Sechs Millionen
europäischer Juden wurden in den Lagern ermordet.
 


Ich denke diese Texte können zum nachdenken anregen.
Damals waren es die Juden.
Heute sind es die Ausländer (Flüchtlinge, Asylanten, Migranten), Muslime, Menschen mit anderer Kultur und äußerem Erscheinungsbild.
 
Es hat damals auch klein angefangen mit Ausgrenzung, Hetze, welche geschürt würde mit Unsicherheit und Ängste verbreiten.
Ängste wie , sie nehmen uns die Arbeitsplätze, Wohnungen weg, treiben dadurch die Kosten hoch würden unsere Kultur zerstören und bald wären Deutsche nur noch in der Minderheit.
Ähnlich fing es damals auch an.
Siehe Husumer Nachrichten.
 
Ich hoffe immer noch, daß nur eine kleine Minderheit auf diese Parolen herein fällt und die Masse bereit ist aus der Geschichte zu lernen.
 
Monja.

wandersmann
wandersmann
Mitglied

RE: Jüdisches Museum Rendsburg
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf Monja_moin vom 05.08.2018, 18:48:05

Ich denke diese Texte können zum nachdenken anregen.
Damals waren es die Juden.
Heute sind es die Ausländer (Flüchtlinge, Asylanten, Migranten), Muslime, Menschen mit anderer Kultur und äußerem Erscheinungsbild.
 
 
Danke für den reichlich bebilderten Beitrag zur jüdischen Geschichte, für die ich von jeher großes Interesse hege.

Leider zeigst Du mit oben zitiertem Abschnitt, dass Du aus der Geschichte die falschen Ableitungen ziehst. Denn wenn Du die damalige Situation der Juden in Analogie setzt mit der der heutigen Migranten, so ist das nicht richtig.

Welches Gesetz hat denn Deiner Ansicht nach der Bundestag beschlossen, um Migranten auszugrenzen, ihnen, zum "Schutz des deutschen Blutes", den Verkehr und die Heirat mit Deutschen zu verbieten?
Wann hat die Bundesregierung ein Gesetz erlassen, dass nun die "Endlösung" der Migrantenfrage zu erfolgen hat?
Wann hat sie beschlossen, zur Durchsetzung dieses Zieles mehrere Millionen Migranten in KZ's einzupferchen und umzubringen?
Das nämlich wäre die Analogie der Ereignisse, die Du hier feststellst.


"Ängste wie , sie nehmen uns die Arbeitsplätze, Wohnungen weg, treiben dadurch die Kosten hoch würden unsere Kultur zerstören und bald wären Deutsche nur noch in der Minderheit.
Ähnlich fing es damals auch an."


Auch dieses Argument hält keinem ernsthaften Vergleich stand.
Jüdische Mitbürger waren seit Jahrhunderten in die Gesellschaft integriert, und genossen innerhalb der Bevölkerung eine hohe Reputation in ihrem Wirken als Wissenschaftler, als Künstler, Schauspieler, Intellektuelle, als Ärzte. Sie nahmen Niemanden Wohnung oder Arbeitsplatz weg. 

Judenhasser innerhalb der deutschen Bevölkerung gab es damals, wie heute, keine Frage.
Damals sicher noch mehr, als heute.
Der Schwerpunkt des Antisemitismus verschiebt sich seit einiger Zeit allerdings in Richtung der muslimischen Migranten. Ihren Hass auf Juden und deren Kultur gipfelt oftmals in purer Gewalt.
Und das ist insofern kurios, und steht Deinen Schlussfolgerungen entgegen, da sich fanatische Muslime im Jahr 2018 ganz genauso den Juden gegenüber verhalten, wie fanatische Nazis im Hitlerdeutschland der Jahre 33-45.




 
qilin
qilin
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RE: Jüdisches Museum Rendsburg
geschrieben von qilin
als Antwort auf Monja_moin vom 05.08.2018, 18:48:05
Damals waren es die Juden.
Heute sind es die Ausländer (Flüchtlinge, Asylanten, Migranten), Muslime, Menschen mit anderer Kultur und äußerem Erscheinungsbild.
 
Es hat damals auch klein angefangen mit Ausgrenzung, Hetze, welche geschürt würde mit Unsicherheit und Ängste verbreiten.
Ängste wie , sie nehmen uns die Arbeitsplätze, Wohnungen weg, treiben dadurch die Kosten hoch würden unsere Kultur zerstören und bald wären Deutsche nur noch in der Minderheit.
Ähnlich fing es damals auch an.
 
Eine Ähnlichkeit sehe ich da durchaus - dass sich die Geschichte 1:1 wiederholt ist ja wohl nicht anzunehmen... Die Ängste wegen 'Überfremdung' gab es damals genauso, wegen der einwandernden und meist armen 'Ostjuden' - aber auch wegen des großen jüdischen Anteils an Ärzten, Juristen, Bankern, Künstlern etc. - wenn ich so manche Texte aus den 30er Jahren lese, dann sehe ich wenig Unterschied zu einer Hetze wie etwa hier. Dass manche Muslime einen ähnlichen Judenhass verbreiten wie damals die Nazi, ist unbestritten, das ist aber wohl kaum der Grund für die mit ihnen verbundenen Ängste, denke ich mal.

() qilin
Monja_moin
Monja_moin
Mitglied

RE: Jüdisches Museum Rendsburg
geschrieben von Monja_moin
als Antwort auf wandersmann vom 05.08.2018, 19:52:53
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Leider zeigst Du mit oben zitiertem Abschnitt, dass Du aus der Geschichte die falschen Ableitungen ziehst. Denn wenn Du die damalige Situation der Juden in Analogie setzt mit der der heutigen Migranten, so ist das nicht richtig.

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Ich sehe da allerding doch viele Parallelen.
 
Hier einige Zitate aus folgenden Links:
Juden im Deutschen Reich vor der nationalsozialistischen Machtübernahme
Eine feindselige Stimmung gegen die Juden hatte in vielen europäischen Ländern eine lange Tradition. Ursache waren sowohl religiöse und wirtschaftliche Motive als auch eine emotionale Fremdenfeindlichkeit. Mit zunehmender Assimilation der Juden im Laufe des 19. Jahrhunderts gewann der Antisemitismus an Gewicht. Das Verhältnis zu den Juden wurde in wachsendem Maße als Rassenfrage verstanden. Die Juden wurden für die Schattenseiten der Modernisierung und des Kapitalismus verantwortlich gemacht. Es wurde ihnen außerdem vorgeworfen, dass sie die europäischen Völker kulturell überfremden würden.

"Kulturelle Überfremdung " auch heute oft, wie damals den Juden, den Flüchtlingen und Asylsuchenden angelastet und vorgeworfen.

Was ist Antisemitismus? - Faktenfinder Tagesschau.de
Heftig diskutiert wird in Europa, ob Einwanderer aus islamischen Staaten einen neuen Antisemitismus mitbringen. Anetta Kahane von der Amadeu Antonio Stiftung betont bei tagesschau24, es seien längst nicht nur Muslime, die in Deutschland antisemitische Einstellungen hätten. Das gebe es auch in anderen Teilen der Gesellschaft. Es sei selbstgefällig, beim Thema Antisemitismus nur auf Muslime zu zeigen. Antisemitische Einstellungen seien in allen Teilen der Gesellschaft zu finden.
Rechte Kampagnen damals und heute

Wer der Pegida-Mär glaubt, die Bewegung sei ein Wiedergänger des für die Demokratie demonstrierenden Volkes im Herbst 1989, der unterliegt einem fatalen Irrtum.
Die Parolen des Hauptstroms der „Patrioten gegen die Islamisierung des Abendlandes“ in Dresden zielen wie die Parolen der völkischen und deutschnationalen Patrioten gegen die Judaisierung des „Abendlandes“ zu Zeiten der „Ostjudenkampagne“ in München Anfang der 1920er Jahre gegen Liberalismus und Demokratie.

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Die Hetze gegen Zuwanderer, damals Juden, heute Muslime, gegen „Volksverräter“ in Regierung und Parlament und die „Lügenpresse“ gleichen sich. Allerdings war Anfang der 1920er Jahre der inhaltsgleich verwendete Begriff „Judenpresse“ beliebter, um Zeitungen zu diffamieren, die sich für die Demokratie und eine humane Behandlung der Zugewanderten aussprachen. Damals wie heute vermischen sich beim Protest gegen die Zuwanderung die Stimmen „besorgter“ rechtskonservativer Bürger und deutschnationaler wie völkischer Extremisten.

Ich empfehle diesen Link ganz zu lesen.

Monja.

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