Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik Oskar Lafontaine hat der Politik in Deutschland seinen Stempel aufgedrückt

Innenpolitik Oskar Lafontaine hat der Politik in Deutschland seinen Stempel aufgedrückt

Karl
Karl
Administrator

Oskar Lafontaine hat der Politik in Deutschland seinen Stempel aufgedrückt
geschrieben von Karl
Eigentlich hatte ich gedacht, dass jemand anderes diesen Thread eröffnet. Lafontaines Abschied vom Bundesvorsitz der Linken hier nicht zu kommentieren, fände ich jedoch schade, weshalb ich also seine politische Arbeit kommentiere.

Als Lafontaine kurz nach Beginn der Rot-Grünen Regierungskoalition unter Schröder und Fischer 1999 das Handtuch warf und der Regierung den Rücken zukehrte, habe ich auch geschimpft. Inzwischen habe ich aber verstanden, dass Lafontaine sich selbst treu geblieben ist und nur die Wandlung der SPD nicht mitmachen wollte. Der Aufbau der Linkspartei ist das Lebenswerk von Lafontaine geworden, dies muss anerkannt werden, völlig unabhängig davon, wie man selbst zu seiner neuen Partei steht. Gegründet am 16. Juni 2007 durch die Vereinigung der PDS und der WASG, am 27. Januar 2008 erstmals in ein Landesparlament eingezogen und inzwischen in 13 Landesparlamenten sitzend, ist Die Linke eine bedeutsame politische Kraft geworden. Ähnlich wie die Grünen in ihren ersten Jahren zwingt Die Linke durch ihre pure Existenz die anderen Parteien zum Aufgreifen ihrer Fragen, diesmal - Zeitalter der Wirtschaftskrise - ist es die soziale Frage.

Mit dem Rücktritt von Lafontaine aus der aktiven Politik aus gesundheitlichen Gründen verliert Deutschland einen gradlinigen Politiker, von dem man wusste wofür er stand.

Karl
moldau
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Re: Oskar Lafontaine hat der Politik in Deutschland seinen Stempel aufgedrückt
geschrieben von moldau
als Antwort auf Karl vom 16.05.2010, 17:25:06
Ja Karl Du sprichst hier meine Sprache...
Ich zähle O.Lafontaine zu einem der wohl intelligentesten Politiker in Deutschland, nebst H.Geißler...
Da ich die Hintergründe seines plötzlichen Rücktritts aus der SPD nicht kenne( wer kennt sie schon?!), kann ich mir darüber auch kein Urteil bilden, bzw. will mir keins erlauben...
Die Linken mit in die Regierungsverantwortung hineinnehmen und nicht nur in NRW, ist das Gebot der Stunde, und ich bin sicher, sie werden dort konstruktive und zukunftsorientierte Politik abliefern...
ingo
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Mitglied

Re: Oskar Lafontaine hat der Politik in Deutschland seinen Stempel aufgedrückt
geschrieben von ingo
als Antwort auf Karl vom 16.05.2010, 17:25:06
Ich denke, wie Du, Karl, hätte das Thema aber nicht eröffnen mögen, weil ich mir nach früheren Erlebnissen sicher gewesen wäre, dass ich dafür zerpflückt worden wäre. Zu L. Gradlinigkeit kommt eine bewundernswerte gelassene Beharrlichkeit hinzu. Es gehört was dazu, lächelnd zu ertragen, dass man immer wieder als sowas, wie ein Fahnenflüchtling und als Linksextremist bezeichnet wird. Ich glaube übrigens, dass es ein Glücksfall für die Linke war, dass Lafontaine und Bisky zusammengetroffen sind. Deutschland wird sich, m.E. spätestens wenn die letzten "Altvorderen" die Partei verlassen oder drüber weggestorben sind, mit der Linken ebenso zurechtgefunden haben, wie wir es mit den Grünen getan haben. Ungeachtet dessen, dass L. krank ist, finde ich es beachtlich, dass er und Bisky im richtigen Moment aufgehört haben und dass eine geordnete Übergabe stattgefunden hat. Wann hat es sowas schon mal bei einer Partei gegeben?

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luchs35
luchs35
Mitglied

Re: Oskar Lafontaine hat der Politik in Deutschland seinen Stempel aufgedrückt
geschrieben von luchs35
als Antwort auf ingo vom 17.05.2010, 09:15:44
Kreuzkampus, so wie dir wird es noch einigen gehen. Aber für die meisten wäre es ja auch geheuchelt, zum Abschied von Oskar Lafontaine noch etwas Positves zu sagen, war er doch für viele eher der Buhmann der Nation und seine Linke eine Horde, die das Land in den Abgrund führten würde - sofern man sie liesse.

Oskar Lafontaine hat sicher auch Fehler gemacht, aber er ist sich immer treu geblieben - auch als unter der Regierung Schröder "hingeschmissen" hat, weil er viele jener Beschlüsse nicht mitragen wollte und kein Gehör fand. Wer erinnert sich noch seiner Mahnungen zu den Hedgefonds, zu dem Kurs der Banken, der Gier der Spekulanten, die er damals schon an die Kandare nehmen wollte? Auch von Hartz 4 war er ein Gegner.
Vieles, was er vorausgesagt hatte, ist längst eingetreten.

Lafontaine ist eher eine tragische Figur, verkannt, verspottet und in eine Ecke gestellt, die er nicht verdient hat.

Luchs

ingo
ingo
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Re: Oskar Lafontaine hat der Politik in Deutschland seinen Stempel aufgedrückt
geschrieben von ingo
Aufgrund von moldaus Beitrag habe ich mal geblättert und für Interessierte diese Chronik des Rücktritts von L. gefunden:
(Anm: nicht weiterblättern, sondern runterscrollen)
Re: Oskar Lafontaine hat der Politik in Deutschland seinen Stempel aufgedrückt
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf luchs35 vom 17.05.2010, 10:15:41
Dass ich Karls "Hommage" für Lafontaine in Gänze zustimmen kann, möchte ich wenigstens bekunden, nachdem das Fähnchenwinken aus der roten Ecke des ST-Stadions bisher ziemlich dürftig ausgefallen ist (aus mir begreiflichen Gründen).

Auch nutze ich die Gelegenheit, um moldau beizupflichten, wenn er Lofontaine und Geißler in einem Atemzug nennt und sie als geradlinige Politiker mit Sachverstand bezeichnet.

Was man vordergründig Lafontaine nachredet mit "Fahnenflucht", das trifft auch bei Gysi zu. Wer führt von seinen Schmähern schon an, dass der seinerseits ein ernstes gesundheitliches Problem hatte und sich nach dem Ausscheiden aus dem Berliner Senat einer OP am Kopf unterziehen musste? Ich möchte damit seine DDR-Vorgeschichte nicht in´s Spiel gebracht sehen. Da kann und will ich mir kein Urteil bilden.



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olga64
olga64
Mitglied

Re: Oskar Lafontaine hat der Politik in Deutschland seinen Stempel aufgedrückt
geschrieben von olga64
als Antwort auf Karl vom 16.05.2010, 17:25:06
Ich sehe dies wir Karl: wir haben gegenwärtig (und werden es lange nicht haben) keinen Politiker, der ähnlich intelligent, rhetorisch hoch begabt usw. ist, wie Herr Lafontaine.
Und dass er mal "zurücktrat" - dies taten viele: z.B. auch Münteferring, Schröder usw.
Lafontaine führte zwei Parteien sehr erfolgreich - bei den Linken schaffte er ein gutes Gegengewicht zu den etablierten Parteien, die er letztendlich alle vor sich hertrieb.
Ob er sich aber wirklich aus der Politik "für immer" verabschiedet - ich glaube dies noch nicht - da steckt noch viel Kraft in ihm.
Ich möchte ihn aber nicht mit dem 15-Jahre ältern Geissler vergleichen; letzterer ist ja praktisch nur noch als Talk-Show-Kraft zu bewundert und erzählt permanent die gleichen Dinge, erklärt aber nie, weshalb er zu seinen aktiven Zeiten nicht die Gelegenheit beim Schopfe ergriff und alles "besser" machte. Er macht es sich zu leicht - hinterher ist ja jeder klüger, sogar Herr Geissler. Olga
Re: Oskar Lafontaine hat der Politik in Deutschland seinen Stempel aufgedrückt
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf olga64 vom 17.05.2010, 15:16:54
...Und, Frau Olga, erzählen die anderen jedes Mal andere Dinge, oder muss man sie nicht mit derselben "Geißel" schlagen?
dutchweepee
dutchweepee
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[off topic]
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 17.05.2010, 15:41:48
@ramires

Wechseln wir schon wieder ins persönliche Gelaber?
ingo
ingo
Mitglied

Re: Oskar Lafontaine hat der Politik in Deutschland seinen Stempel aufgedrückt
geschrieben von ingo
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 17.05.2010, 15:41:48
Ich denke, Leute, wie Geißler, Biedenkopf, Dressler u.a. sind "alteresweise" geworden; zumal sie keinen wirklichen Parteizwängen mehr unterworfen sind. Übrigens: Dressler hatte vor 1-2 Jahren auch schon mal mit dem Gedanken gespielt, zu "Linke" zu wechseln. Man sollte auch nie ausser Acht lassen, dass in der Linken etliche ehemalige SPD-Genossen sind. Auch Klaus Ernst gehört dazu. Er wurde allerdings aus der SPD ausgeschlossen.
Um nochmal auf L. zurückzukommen: Meine Hoffnung ist, dass die SPD sich mittelfristig wieder auf das "S" in ihrem Namen besinnt. Wenn das gelänge, hätte L. durch seine Beharrlichkeit einen grossen Anteil daran.

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