Innenpolitik "rechts"- staat

yuna
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Re: "rechts"- staat
geschrieben von yuna
als Antwort auf adam vom 16.11.2012, 21:22:02
Wollte ebenso wie Justus zu dem Thema DDR und Ausländerfeindlichkeit nichts mehr schreiben - nach den ganzen Beiträgen hier, auch der Link von Adam, stärke ich ihm nun aber doch den Rücken.
Ich kann immer nur von meinen eigenen Erfahrungen berichten, ebenso wie es Justus tat.
Und diese kollidieren beim Thema Ausländerfeindlichkeit grundsätzlich mit dem, was über die Medien verbreitet wird.
Ich machte ähnliche Erfahrungen wie Justus - wir wurden pro "Fremde" erzogen, auch in der Schule. Ich postete hier im ST auch mal Auszüge aus älteren Schulbüchern, die in unserer Familie noch rumflogen und "Mensch ist Mensch, egal welche Hautfarbe" zog sich durch jedes Fach, jedes Schuljahr, jedes Buch. Wir lasen Texte über das Leben von Kindern aus anderen Ländern. Wir veranstalteten Wohltätigkeitsbasare. Bei uns in der Gegend lebten sehr viele Asiaten, sie gehörten zum Stadtbildbild dazu und niemand feindete sie an oder störte sich an ihnen.

Für mich macht es logisch keinen Sinn, warum die Kinder erst so streng auf Toleranz erzogen wurden anderen Ländern gegenüber, wenn sie später angeblich doch alle kleine Nazis gewesen sein sollen.
Warum erzog man sie dann nicht von der Schule an?

Ich erinnere mich an eine Differenzierung der Freunde - Menschen aus "roten" Ländern, waren engere Freunde (zumindest ich wusste aber, woher das rührte, das lag an meiner Erziehung). Aber Menschen aus allen anderen Ländern, waren dennoch zu respektieren und zu achten - oder wie es in der Schule hieß - alle Kinder der Länder unserer Welt halten sich an den Händen, ob schwarz, ob weiß, ob gelb - sie sind Freunde, halten zusammen und helfen einander.

Gott, wie oft es in Leseübungstexten darum ging den Frieden dieser Welt zu wahren und keinen Krieg zu wollen.
Armut zu bekämpfen. Mehr über andere Kulturen zu erfahren. Wir haben Origami-Kraniche gefaltet um uns den Weltfrieden zu wünschen.

Warum dann dieser ganze Aufwand? Es wurde ja nicht nur nebenbei erwähnt, sondern immer und immer und immer wieder.

Ich versteh's nicht. Warum findet so was nie Erwähnung in den Texten sogenannter DDR-Experten? Warum wird das nicht erklärt, wie trotz dieser Erziehung die Mehrheit am Ende doch rassistisch gewesen sein soll?
Ich las den Text von Adam (allerdings den weiterführenden Link noch nicht) - auch da nur das Übliche. Was vorher über zehn Berichte verteilt war, steht da nun zentriert in einem. Hilft mir nicht weiter. Ganz einfach, weil ich es völlig anders erlebt habe.
Tut mir Leid.

Und seit der Berichterstattung von Rostock Lichtenhagen, die bis heute noch durch und durch verlogen ist (wider besseren Wissens derer, die sie nach wie vor verbreiten), vertraue ich auf die Medien Null und werde dahingehend auch nicht enttäuscht.
Mitglied_5ccaf87
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Re: "rechts"- staat
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf nerida vom 16.11.2012, 12:03:04
Tatsache ist doch, dass nach Kriegsende in der neugegründeten DDR die Methoden der Nazis nahtlos übernommen worden sind.

Ich gehe mal davon aus, das du keine historische Wahrheit ("Tatsache"?) sondern eher deine persönliche Meinung geschrieben hast.

Erst heute las ich einen Artikel auf der Webseite des dem CCC[/url] nahe stehenden FoeBuD e.V., der nachweist, wie nach der Wende auch im Osten Deutschlands extreme rechte und linke Netzwerke aufgebaut wurden: foebud.org: Verfassungsschutz: Das ist doch unsere Aufgabe Ohne die umfassende "staatliche Unterstützung und Förderung" hätte es diesen hohen Grad der Organisation nicht gegeben. In diesem Artikel werden [u]historische Tatsachen genannt und an die sollten wir uns bitte halten. Darin wird auch ein Artikel aus dem Jahr 1994 verlinkt. Dort hieß es damals schon:
[i]Richtig brenzlig wurde die Sache erst, als im Thule-Netz, einem von verschiedenen faschistischen Organisationen der "nationalrevolutionären" Prägung getragenen Netzwerk (unter den gestrengen Augen des Verfassungsschutzes) diese Anleitung von dem Thule-Teilnehmer NPD-BTX-ZEITUNG eingespielt wurde. [Bombenbauanleitung hw.] Wie bei elektronischer Vernetzung üblich, geschah dies von außen, versehen mit dem nationaldemokratischen Zusatzvermerk "Seht mal, was die Linksrassisten [sic!] im ComLink da so machen!". Offenbar hatten die Deutschländerwürstchen mitbekommen, daß die //BIONIC auch im Frieden-, Umwelt- und Menschenrechte-Netzwerk /CL mitarbeitet (neben den GRUNEN, der SPD, der PDS, Greenpeace, dem BUND und von Zeit zu Zeit auch der CDU).[/indent]Es ging also schon in den 90ern nicht um die Aufklärung von Netzwerken radikaler Randgruppen, sondern um ihren Aufbau und deren Radikalisierung. Und nun kommen Leuts daher und behaupten, das wäre das Ergebnis der Politik der DDR. Habt ihr sie noch alle beisammen?

Hinzusetzen möchte ich noch, das dieser Artikel schon damals auf Webseiten veröffentlicht wurde, auf die der Verfassungsschutz keinen Zugriff hat.

Bei blog.zeit.de: Rechtsextreme Parteien Bundestagswahl - Zweitstimmen wurde mal in einer Infografik zusammengestellt, wo in Deutschland 2009 rechts gewählt wurde. Bedauerlicherweise kommt es zu einer fast identischen Übereinstimmung mit dem Grad der Arbeitslosigkeit.

Fehlt blos noch das jemand behauptet, das wir Ossis schuld daran waren.
rolf †
rolf †
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Re: "rechts"- staat
geschrieben von rolf †
Da bekommen die Ausdrücke Rechtsstaat und Unrechtsstaat ja eine ganz neue Bedeutung:
Rechtsstaat: rechtslastig
Unrechtsstaat: linkslastig

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Mitglied_5ccaf87
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Re: "rechts"- staat
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf rolf † vom 17.11.2012, 10:39:25
Das könnte ein Zitat aus der "Titanic" oder dem "Postillon" sein.
clara
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Re: "rechts"- staat
geschrieben von clara
als Antwort auf yuna vom 17.11.2012, 08:38:56
Den Link von Adam habe ich auch gelesen. Als Außenstehende kann ich natürlich nicht beurteilen, welche der beiden Positionen richtig ist oder überwiegt. Also ob die Ursachen von Rechtsextremismus in der DDR-Politik selbst zu finden sind oder ob die heutige Situation in Teilen der neuen Bundesländer daran schuld ist. Beide Ansichten sind ja nicht nur im ST zum Streitobjekt geworden.
Im Abschnitt "Fremde in der DDR" steht Folgendes, Zitat,
"Die Potsdamer Autoren weisen zudem darauf hin, dass es so etwas wie "normale" Ausländer in der DDR nicht gab. Ohne Einladung und Visum konnte man das Land nicht betreten. Die Bevölkerung hatte also so gut wie keinen Kontakt mit Menschen anderer Länder und Kulturen
.....
In den Potsdamer Thesen heißt es dazu: "Ihre rechtliche Lage war jedoch stets prekär. Es gab keinen rechtlich einklagbaren Aufenthaltsanspruch; vielmehr konnten die Behörden mit den Ausländern nach 'Gutsherrenart‘ umspringen. Auch die politischen Emigranten hatten keinen Rechtsanspruch auf Asyl. Ihr Aufenthalt in der DDR blieb an politische Loyalität zur SED gebunden. Zur politischen Ruhigstellung wurden sie über die DDR verstreut und so weitgehend isoliert."

Dies können keine bloßen Behauptungen sein, weil nachprüfbar.

Ein einziges Erlebnis dieser Art hatte ich kurz nach der Wende in einem kleinen Dorf in Thüringen. Natürlich sprach man viel über politische Dinge und mir fiel dabei auf, wie geringschätzig einige Leute über den "Bruderstaat Polen" sprachen. So etwas macht nachdenklich.

Clara
justus39
justus39
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Re: "rechts"- staat
geschrieben von justus39
als Antwort auf yuna vom 17.11.2012, 08:38:56
Hallo yuna,
auch ich bin Adams Link gefolgt und habe zu verstehen versucht, woher die Autoren diese fadenscheinigen Begründungen herleiten, dass sich nach der Wende die Ausländerfeindlichkeit und der Rechtsextremismus so ungehindert entfalten konnten.

Ich weiß nicht, ab es nur Schlamperei oder Unfähigkeit der Behörden war die nach der Wende die Kontrolle über die neuen Länder übernahmen oder ob rechtes Gedankengut im Kampf gegen den Kommunismus sogar erwünscht war, aber ein entmachtetes Regime dafür verantwortlich zu machen, finde ich doch sehr vermessen.
Natürlich war auch in der DDR ausländerfeindliches Gedankengut vorhanden, aber dass es sich nach der Wende ungehindert verbreiten konnte, lag nicht an der DDR- Staatsmacht sondern an dem Rechtsvakuum, das nach deren Entmachtung entstanden ist.

Ich habe keinen Grund, die DDR schönzureden oder in Schutz zu nehmen, aber dass sie gerade ihren Erzfeind ein Bett bereitet haben soll, ist sehr weit hergeholt.

Hier habe ich einen Artikel gefunden, der wohl etwas sorgfältiger nach den Ursachen geforscht hat:

Wo sind hier Neonazis?
Anfang der 90er Jahre kümmerte die Behörden der zunehmende Rechtsextremismus in der Ex-DDR nicht. Diese Erfahrung prägte die NSU-Terroristen mehr als alles andere.
geschrieben von ZEIT ONLINE

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yuna
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Re: "rechts"- staat
geschrieben von yuna
als Antwort auf clara vom 17.11.2012, 13:56:24
(...)Dies können keine bloßen Behauptungen sein, weil nachprüfbar.(...)

Richtig, aber in diesen Ausschnitten geht es auch nicht um die Bevölkerung, sondern um die Regierenden, ihre Handlanger und das System.
Wie die Menschen als Bevölkerung damit umgingen, war zumindest in meiner Umgebung etwas völlig anderes.
Und wie gesagt - gegen den angeblich so ausgeprägten Fremdenhass der Menschen stand schon die Erziehung der Kinder, besonders in der Schule, die eben immer wieder zu Freundschaft und Frieden aufrief mit allen Menschen.

Deine Erfahrungen mit den Äußerungen über Polen sind natürlich heikel. Ich bestreite nicht, dass es sicher Menschen gegeben haben mag, die sich mit Ausländern nicht anfreunden konnten, wollten oder was auch immer oder sogar ein Feindbild brauchten.
Zumindest in meiner Umgebung hat es aber auch das nicht gegeben.
Es gab aber das Klischee, dass Polen alles klauen würden, was ihnen in die Finger gerät - allerdings erst nach der Wende und zumindest in meiner Familie hat man sich soweit dazu hinreißen lassen zu sagen: "Die Chance ist offenbar gegeben", nachdem uns in Polen zweimal das Auto und Geld geklaut wurden und Versicherungen auf Diebstahl seltsam reagierten, wenn man in der Nähe der polnischen Grenze unterwegs war oder, schlimmer noch, wohnte (wir nun nicht).
Seit etwa Ende 90er bis 2000 habe ich aber in die Richtung nichts mehr gehört.

Da ja gerne mit NPD-Wahlergebnissen argumentiert wird, nehmen wir einfach mal die Wahlergebnisse von Mecklenburg-Vorpommern aus dem Jahr 1994

NPD: 0,1% ES/0,1 ZS
PDS: 23,7% ES/22,7% ZS
CDU: 39,5% ES/37,7% ZS

Wahlbeteiligung: 72,9%

Das war nach Rostock Lichtenhagen, wo es schon eine Weile in den (westlichen, muss ich leider erwähnen) Medien hieß, die Ossis seien so furchtbar ausländerfeindlich.

Vergleich zu Sachsen, das heute als eine weitere braune Hochburg gilt - angeblich seit DDR-Zeiten:

NPD: 0% (1990: 0,7%)
PDS/LINKE: 16,5%
CDU: 58,1%

Wikipedia zur NPD:
Während sie bei mehreren Landtagswahlen in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre die Fünf-Prozent-Hürde überspringen konnte und für jeweils eine Legislaturperiode mit Mandaten in bis zu sieben bundesdeutschen (westdeutschen) Landesparlamenten vertreten war, wurde sie danach über drei Jahrzehnte hinweg eine parlamentarisch unbedeutende Kleinpartei. Seit der deutschen Wiedervereinigung ab Anfang der 1990er Jahre nahm ihre Verankerung lokal, regional und in einigen wirtschaftlich schlechter gestellten Gebieten, insbesondere im Osten Deutschlands wieder zu. Derzeit ist die NPD in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen im Landtag vertreten.
geschrieben von wikipedia


Man könnte sich jetzt noch die Verbreitung und Entwicklung des Wohlstandes in den einzelnen Ländern ansehen im Hinblick auf die Wahlergebnisse.

Mein Fazit:
Wären die ehemaligen DDR-Bürger von Anfang an alle so furchtbar rechts/ausländerfeindlich gewesen, wie es gerne behauptet wird, hätten sie auch von Anfang an entsprechend gewählt. Das haben sie nicht. Selbst als sie, in dem Falle die Mecklenburger, medial so unverschämt verrissen wurden als Menschen, die angeblich nie Kontakt zu Ausländern hatten, durch die DDR fremdenfeindlich geprägt waren und deshalb wegen der Asylbewerber nun so austickten, wählten sie zwei Jahre später trotzdem nicht auffallend häufiger die NPD, als in vergleichbaren alten Bundesländern, die so viel aufgeklärter und erfahrener waren.

Edit: Justus, unsere Beiträge haben sich überschnitten - ich tippe meine Texte mitunter recht langsam (obwohl ich durchaus schnell tippen kann ). Stimme dir auch hier wieder zu. Link werde ich lesen, danke. :)
hugo
hugo
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Re: "rechts"- staat
geschrieben von hugo
als Antwort auf yuna vom 17.11.2012, 15:36:47
die Vergesslichkeit unter den Diskutanten scheint unermeßlich,,,

als im Osten die ersten Nachwendewahlen anstanden, öffneten sich alle Schleusen, brachen alle Dämme und eine ungeheure Flut Wahlhelfer, technische Mittel, Plakate ,,,kamen ungebremst über uns,,,

ich erinnere mich u.a noch an die vielen Wahlkampfauftrtte westdeutscher Politiker und Vertreter aller Parteien,,,und, natürlich eine Unmenge brauner Müll hing an allen Bäumen und Laternen am Stassenrand,,wir wurden zum dümmlichen Wahlvolk des Westen degradiert,,,das Ergebnis -die totale Selbstaufgabe- war dann ja auch entsetzlich und brachte die allseits bekannten Folgen bis hin zu einer unermeßlichen Statsverschuldung einereits und Milliardenvermögen in Privathand.

daraus entsteht nun weiterer Nährboden für die braune Flut,,je größer die Verarmung und Verelendung, je geringer die soziale Sicherheit desto leichter haben es diese Verführer,,,naja und die derzeitigen Politiker und die führenden Medien tun ja vieles um die Verunsicherung der Massen jeden Tag aufs neue anzukurbeln.

hugo
yuna
yuna
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Re: "rechts"- staat
geschrieben von yuna
als Antwort auf hugo vom 17.11.2012, 17:54:37
Richtig.

Interessant dabei ist, dass die Saat (in Form von Wählerstimmen für die NPD, denn daran wird ja offenbar deutschlandweit festgemacht, wie braun eine Region ist) erst nach 2002 aufging - also mit Umstellung auf den Euro, als es für die neuen Bundesländer endgültig bergab ging. Bis dahin dümpelten die Wählerstimmen für die NPD im gleichen Bereich, wie in den alten Bundesländern - und schossen dann in Sachsen 2004 in die Höhe (+7,8).
Wie kommt da jetzt einer auf die Idee, das habe alles so rein gar nichts mit der Nachwendezeit und somit mit ganz Deutschland und der Regierung/Politik zu tun?
So einfach lässt sich die Verantwortung nicht abschütteln oder von sich ablenken.
Da können die Medien noch so wettern.
Mitglied_5ccaf87
Mitglied_5ccaf87
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Re: "rechts"- staat
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 17.11.2012, 10:24:53
FoeBuD e.V., der nachweist, wie nach der Wende auch im Osten Deutschlands extreme rechte und linke Netzwerke aufgebaut wurden: foebud.org: Verfassungsschutz: Das ist doch unsere Aufgabe Ohne die umfassende "staatliche Unterstützung und Förderung" hätte es diesen hohen Grad der Organisation nicht gegeben.

Gestern schrieb ich noch, das der Verfassungschutz und damit der Staat ganz erheblich zur Organisation dieser braunen Netzwerke beigetragen hat und ohne der Hilfe des Staates auch nicht hätten entstehen können. In dem dort verlinkten Artikel wird konkret zum Netzwerk "Thule" berichtet und heute lese ich die Bestätigung in der Süddeutsche.de: NSU Ausschuss im bayerischen Landtag - Das staatliche Neonazi-Netz Dort lesen wir schon im Untertitel:
[i]Bayerns Verfassungsschutz hat sich laut Informationen der "Süddeutschen Zeitung" in den neunziger Jahren aktiv am Aufbau des rechtsextremen Thule-Netzes beteiligt - eigentlich, um die Neonazi-Szene zu kontrollieren. Doch der gut entlohnte V-Mann wurde selbst zur treibenden Kraft.[/indent]

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