Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik Sarah Wagenknecht will AfD Protestwähler abjagen

Innenpolitik Sarah Wagenknecht will AfD Protestwähler abjagen

olga64
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RE: Sarah Wagenknecht will AfD Protestwähler abjagen
geschrieben von olga64
als Antwort auf Edita vom 27.10.2017, 16:42:03

Afrika ist eine Chancenkontinent - das erkannte das mächtige China schon vor längerer Zeit. Wo die (ein)wirken, vergrössern sich die Chancen und auch der Wohlstand vor Ort.
Die grossen internationalen Konzerne werden Sie nur dann dazu bringen, in Afrika zu investierren, wenn dort einigermassen stabile, politische Strukturen vorherrschen. Also Abbau der Korruption, Aufbau von demokratischen Strukturen, Ausbau des Bildungssystems vor Ort usw.usw. Das sind keine Sachen, die innerhalb weniger Wochen erledigt sein werden, auch dann nicht, wenn sich westliche Politiker in ihren Sonntagsreden darüber auslassen.
Der jetzige Entwicklungsminister engagiert sich sehr; allerdings ist dieses politische Amt nicht damit gesegnet, dass es viel Aufmerksamkeit in der Bevölkerung besitzt, weil auch hier die ketzerischen Stimmen laut werden: dafür ist Geld da und für uns nicht!!!
Ich denke, wir brauchen auch einen sehr engagierten Integrationsminister/IN,der oder die dann eng mit dem Entwicklungsminister/IN zusammenarbeitet. DAs sind Projekte, die sich gegenseitig tangieren. Olga

dutchweepee
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RE: Sarah Wagenknecht will AfD Protestwähler abjagen
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf olga64 vom 27.10.2017, 16:50:47
Wenn Olga nur fünf Minuten den Ausführungen von Hagen Rether zuhören würde, könnte sie begreifen wie arrogant und falsch ihr koloniales "Entwicklungshilfe und Chancen" Geschreibsel ist.
 
Karl
Karl
Administrator

RE: Sarah Wagenknecht will AfD Protestwähler abjagen
geschrieben von Karl
als Antwort auf dutchweepee vom 28.10.2017, 02:47:56

Lieber dutch,

siehst Du das wirklich so? Hagen Rether sagt "Wir bekämpfen Geflüchtete und nicht die Fluchtursachen" und hat Recht damit. Er klagt an, dass wir die Fluchtursachen nicht bekämpfen. Wäre also dafür, wenn man die richtigen Konzepte hätte.

Ich lese jetzt in Olgas Beitrag nicht heraus, dass sie gegen die Bekämpfung der Fluchtursachen sei. Ganz im Gegenteil. Ich sehe keinen Widerspruch. Sie stellt ebenso den Zusammenhang zwischen Flüchtlingsintegration und Entwicklungszusammenarbeit her. Zu genauen Projekten äußert sie sich nicht, was ja auch schwierig ist.

Also ich sehe keinen Grund, hier wieder einmal über Olga zu reden anstatt mit ihr.

Karl


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carlos1
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Mitglied

RE: Sarah Wagenknecht will AfD Protestwähler abjagen
geschrieben von carlos1
als Antwort auf olga64 vom 27.10.2017, 16:50:47

 
Hallo Olga
der AfD Wähler abjagen, die Flüchtlingsursachen in Afrika bekämpfen, sind Positionen, die die Probleme des afrikanischen Kontinents nicht schnell, wenn überhaupt, lösen werden. Ich teile deine Skepsis. Das ist Symbolpolitik. Dabei ist Europa nicht nur einem Zustrom von Elendsflüchtlingen aus Afrika ausgesetzt, sondern auch aus Asien (Afghanistan, Irak etc).

Die Vorstellungen greifen einfach zu hoch, wenn wir bereits an die Ansiedlung von internationalen. Konzernen in Afrika denken, da dies zumindest stabile politische Verhältnisse voraussetzt, um dort zu investieren. Selbst das würde nicht reichen angesichts der Probleme. Geld allein hilft nicht. In den neuen Bundesländern gibt es z. B. seit langem stabile Verhältnisse, 1500 MRD Euro sind dorthin  aus Westdtld geflossen, der Eigenbeitrag der ostdt. Länder liegt bei 500 MRD €. Geld für eine Unmenge so gen. Marshallpläne ist also geflossen. Ergebnis: Kein einziger Dax-Konzern hat seinen Sitz in Ostdtld. Die Arbeitslosigkeit ist hoch im Vergleich mit Tschechien ,das 1990 wesentlich schlechtere Voraussetzungen hatte (heute hat Tschechien Vollbeschäftigung, Arbeitskräftemangel). Geld allein ist nicht die Lösung.

In Afrika hat  nicht die Industrialisierung Vorrang, sondern der Erhalt gewachsener Sozialstrukturen auf dem Land und im Handwerk. Es geht um fair trade und darum eine Überforderung durch eine Handelspolitikzuu vermeiden, die diese Strukturen zerstört. Freihandel (jetzt) ist nicht die Lösung. Für uns ist es nur das schnelle Geschäft, für die betr. Länder in Afrika ergeben sich nur Strukturprobleme im Verlauf der Globalisierung. Dies Gespür sollten wir entwickeln und nicht geschwätzige Symbolpolitik betreiben. Dtld allein wird außerdem die der Flüchtlingsbewegung zugrunde liegenden Ursachen nicht lösen können. China? China ist eher ein neuer Kolonialherr mit eigenen Wirtschaftsinteressen (s. auch Seidenstraßenprojekt).
 
Schon unser Begriffsapparat ist unzulänglich. Wir verwenden z. B. Migration und Flucht oft synonym. Es gibt aber Unterschiede. Vor allem sind diese Erscheinungen definitiv keine neuen Phänomene in Europa, insbes. nicht in Mitteleuropa. Es gibt auch verschiedene Motive für die Flucht: Die Suche nach einem besseren Leben (Wirtschaftsflüchtlinge, Flucht aus religiösen/politischen Gründen (Verfolgung der Jesiden, oder der Rohingyas) und dann der nationalen Minderheiten in der ersten Hälfte des 19. Jhd. Meine Vorfahren wanderten in den Hungerjahren (Schnee im Hochsommer infolge des Ausbruchs des Tampora auf Java) 1816ff nach Russland aus und siedelten dort auf Einladung der russischen Regierung. Die Armenkassen waren froh, als sie gingen. Ein paar Esser weniger. Dort lebten sie in eigenen Dörfern getrennt neben anderen Ethnien (Rumänen, Russen, Bulgaren, Gagausen). Juden gab es in den dt.Kolonien. Die Gagausen sind die verbliebenen Reste der türkischen Bevölkerung nach der Eroberung durch Russland. Das ist persönlicher Hintergrund, die alte Heimat. Vergangenheit.
 
Niemand wird dem geschäftsführenden Innenminister Thomas de Maizière vorwerfen er sei nicht genügend integriert. Er stammt ab von vertriebenen/geflohenen Hugenotten aus Frkrch Ende des 17. Jhd ab. Sie waren z. T. Kaufleute, Handwerker und als Fachkräfte gesucht. Solche integrationspolitischen „Solidaritätslinien“ (Ph. Ther) erleichterten das Zusammenleben mit protestanischen Glaubensgenossen natürlich. Anfang des 18. Jhda bestand die Einwohnerschaft Berlins zu einem guten Viertel aus eingewanderten Hugenotten. Preußen war ein Einwanderungsstaat (Holländer im Oderbruch, Salzburger Protestanten). Peuplierung wurde es genannt. Der Französische Dom am Gendarmenmarkt erinnert  daran. Menschen waren damals wertvoll. Sind sie es heute etwa nicht? Oder sind nur Fachkräfte wertvoll?
 
Ich nenne diese historischen Bezüge deshalb, weil Flucht, Vertreibung und Integration Dinge sind, die es in Dtld und Europa immer gab (in Spanien z. B. Moringos = muslimische Mauren). Besonders nach dem letzten Krieg. An den genannten Beispielen lässt sich evtl. ein Lösungsansatz für das Problem erkennen, der Suche nach Fachkräften und die Förderung des Wirtschaftslebens. Sofort kommt natürlich der Einwand, dass die aus fremden Kulturkreisen stammenden Migranten nicht einfach zu integrieren sind (fehlende Bildung, steigende Kriminalitätsraten etc).
 
Der österreich. Historiker Philipp Ther hat versucht die Flüchtlingspolitik in Europa in einem Buch im Hinblick auf ihren Nutzen zu bewerten: „Die Außenseiter. Flucht, Flüchtlinge und Integration im modernen Europa“ (Suhrkamp-Verlag) so heißt das Werk des Forschers. Es beschreibt kompakt fünf Jahrhunderte Flucht und Vertreibung in Europa – ausgehend von Juden und Muslimen Ende des 15. Jahrhunderts in Spanien bis zur Flüchtlingskrise in unseren Tagen.

„Thers Gesamtfazit mit Blick auf Europas Integrationsgeschichte lautet: "Es geht um Migration und Flucht, dabei gibt es einen utilitaristischen Aspekt zum Nutzen der Aufnahmeländer und einen normativen zum Schutz der Flüchtlinge. Die normativen Aspekte – und des erleben wir gerade in der öffentlichen Debatte – können sich ändern. Aber grundsätzlich lässt sich sagen: Die Zuwanderung von Menschen war in der Bilanz fast immer zum Nutzen der Aufnahmeländer."

Integration ist schwierig. Meine Vorfahren haben übrigens sich nicht integriert, wie es von ihrem Aufnahmeland erwartet wurde. Sie hielten immer Kontakt mit der Heimat, lernten die Sprache der neuen Heimat, aber heirateten nur untereinander. Als nach 1871 die Privilegien (z. B. Befreiung vom Militärdienst) aufgehoben wurden, das gute dt.- russische Verhältnis sich abkühlte (nicht zuletzt auch wegen der wirtschaftlichen Erfolge der Deutschen in Russland und des erwachenden Panslawismus) wanderten viele wieder aus, diesmal in die USA. So kommt es, dass ich viele „Verwandte“ heute in Nord- und Süd-Dakota (USA) habe, die ich noch nie sah.
 
Integration gab es immer und wird es immer geben. Sie war nie einfach. Aber ein Blick zurück kann helfen. Mir widerstrebt es grundsätzlich, andere in Fragen der Migration anzugreifen. Die Rückgewinnung von Wählern von der AfD mit der Flüchtlingsfrage zu verbinden ist m. E. zu kurz gesprungen. Wagenknecht will in der Argumentation sich evtl an die AfD-Position annähern. Sie vergisst, dass es in ihrer Partei Richtungskämpfe gibt und dass Wähler lieber das Original als die Kopie wählen. Es macht auch keinen Sinn den Wähler zu streicheln, d. h. nach dem Mund zu reden, man verliert dabei an Authentizität.
 
Es gibt, wie die Vielzahl von Positionen (Obergrenze von Einwanderern, Mindestzahl, etc) zeigt, immer einen Zielkonflikt zwischen den normativen und den utilitaristischen Forderungen. Eine Diskussion sollte man nicht zähnefletsschend führen.
· 
Philipp Ther: Die Außenseiter. Flucht, Flüchtlinge und Integration im modernen Europa.
(Suhrkamp 2017)

 Link. http://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_82576752/jamaika-sondierung-und-ein-blick-auf-europas-integrationsgeschichte.html
dutchweepee
dutchweepee
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RE: Sarah Wagenknecht will AfD Protestwähler abjagen
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf Karl vom 28.10.2017, 09:15:37
Ach karl - natürlich ist es fantastisch, wenn sich Europa in Afrika engagiert, nur beschreibt olga dies so, als sei dies ein rein neoliberaler, kaufmännischer Prozess. Meiner Meinung nach geht es Dir, Olga, mir und selbst den Hartz IV Empfängern und Clochards in Europa besser als verdient, weil die koloniale Ausbeutung Afrikas seit Jahrhunderten und noch stets reibungslos funktioniert.

Ich habe doch nichts gegen die versuchte Wiedergutmachung, die man "Entwicklungshilfe" nennt. Ich kritisiere allein Olgas gönnerische Art - wir stehen nämlich in milliardenfacher Schuld und beuten diesen Kontinent auch gerade jetzt ganz selbstverständlich aus. Versuch bitte Hagens und meinem Gdanken zu folgen...

Ich finde carlos´ Beitrag ausrordentlich bemerkenswert. Darüber sollten wir alle lange nachdenken.
arno
arno
Mitglied

RE: Sarah Wagenknecht will AfD Protestwähler abjagen
geschrieben von arno
als Antwort auf dutchweepee vom 29.10.2017, 02:20:26

Moin, dutchweepee,

in mehreren Fernsehberichten wurde mitgeteilt, das sich in den Ländern Afrikas in den nächsten Jahren 
die Bevölkerungszunahme drastisch erhöhen wird!
Diese Entwicklung zerstört in sehr kurzer Zeit viel mehr als die Jahrhunderte dauernde  koloniale Ausbeutung.
Afrikas Probleme steigen proportional mit der Bevölkerungszunahme.

Gruß arno


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wandersmann
wandersmann
Mitglied

RE: Sarah Wagenknecht will AfD Protestwähler abjagen
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf arno vom 29.10.2017, 08:57:19

Vermutlich tragen die Europäer selbst für die erhöhte Fertilitätsrate in Afrika eine individuelle Schuld.

RE: Sarah Wagenknecht will AfD Protestwähler abjagen
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf wandersmann vom 29.10.2017, 09:14:26
Vermutlich tragen die Europäer selbst für die erhöhte Fertilitätsrate in Afrika eine individuelle Schuld.
Womit begründest du deine Vermutung?
wandersmann
wandersmann
Mitglied

RE: Sarah Wagenknecht will AfD Protestwähler abjagen
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 29.10.2017, 09:50:45

@ klaus

Aufgrund solcher weit verbreiteter Fehleinschätzungen bspw.:

dutchweepee schrieb:

" Meiner Meinung nach geht es Dir, Olga, mir und selbst den Hartz IV Empfängern und Clochards in Europa besser als verdient, weil die koloniale Ausbeutung Afrikas seit Jahrhunderten und noch stets reibungslos funktioniert."

 

Karl
Karl
Administrator

RE: Sarah Wagenknecht will AfD Protestwähler abjagen
geschrieben von Karl
als Antwort auf carlos1 vom 28.10.2017, 23:51:39

Lieber Carlos,


es macht mir Freude, deine inhaltsreichen und nicht polemischen Diskussionsbeiträge zu lesen und ich kann dabei viel lernen.

Leider ist gerade bei Themen, die Afrika betreffen, immer sehr viel Unwissenheit im Spiel, die Vorurteilen Vorschub leistet. Auch ist der aus den Zeiten des Kolonialismus stammende Rassismus und das Überlegenheitsgefühl der europäischen Weißen latent noch immer vorhanden.

Ich möchte deshalb eine ZDF-Sendung mit dem kürzlich verstorbenen schwedischen Statistiker Hans Rosling, den ich hoch schätze, verlinken:
 



Afrika hinkt Asien allerdings noch nach und jüngste Korrekturen an den Diagnosen lassen Zweifel an zu optimistischen Prognosen zu. Die Erfolge in Asien können aber vielleicht doch auch Wege aufzeigen, wie sich afrikanische Staaten helfen könnten.

Afrika ist jedoch der heterogenste Kontinent, den wir kennen: "Eine afrikanische Rasse gibt es nicht". Auch haben Menschen auch nirgendwo mehr unter Kolonialismus und Ausbeutung gelitten wie in Afrika. Wir wissen, das Traumata über Generationen nachwirken.

Entwicklungshilfe heißt inzwischen aus gutem Grund "Entwicklungszusammenarbeit". @Carlos1, Du hast vollkommen Recht, dass es nicht um die Interessen der Großkonzerne gehen darf, sondern um die Interessen der afrikanischen Menschen. Es darf nicht darum gehen, dass Afrikaner europäische Produkte kaufen und z. B. Agrarprodukte aus Europa die Existenzen afrikanischer Bauern vernichten. Diese Art von wirtschaftlichem Kolonialismus würde uns heftig auf die Füße fallen.

Verständnis ist aber dafür gewachsen, dass es um Hilfe zur Selbsthilfe gehen muss. Ich finde die Aktionen der Bill und Melinda Gates Stiftung vorbildlich "ALLE LEBEN HABEN DEN GLEICHEN WERT".

Ich bin eigentlich davon überzeugt, dass alle Diskutanten hier, aus allen politischen Lagern, es begrüßen würden, wenn die Armut erfolgreich weltweit besiegt würde, denn dies hätte u. a. die Konsequenz, dass niemand gezwungen wäre sein Heimatland zu verlassen.

Es gibt also Ziele, auf die sich alle einigen könnten, wenn sie in Ruhe und sachbezogen argumentieren würden.

Karl

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