Innenpolitik Sekundarschule = Null-Bock-Schule?

Heute unterhielt ich mich mit einer Lehrerin der Sekundarschule. Sie hat eine Klasse, die innerhalb der Sekundarschule zur Hauptschule gerechnet wird, wenn ich das richtig verstanden habe, d.h. ziemlich hoffnungslose Fälle. Manche Schüler haben weder Stifte noch Bücher dabei, bekommen im Unterricht den Mund nicht auf, sind aber sonst super im Rumschreien - ganz erschreckend, mindestens dreimal täglich muss sie sich alle drei Strophen des Deutschlandliedes anhören! Es sind keine Migranten in der Klasse, nur 'anständige' deutsche Schüler - sehr deutsche! Nachwuchs für die Rechten. Es bleibt ihr nichts anderes übrig, als den Unterrichtsstoff durchzuziehen, was die Schüler daraus machen, ist deren Sache. Von den Eltern gibt es natürlich keinen Rückhalt!

Wenn ich das nun vergleiche mit dem Unterricht in den fünfziger Jahren - bei uns gab es ganz wenige 'auffällige' Kinder aus bildungsfernem Elternhaus. In der Nachkriegszeit gab es kaum Wohlstand, ein guter Hauptschulabschluss genügte, um einen guten Beruf erlernen zu können, Eltern waren hinterher, dass aus den Kindern was wurde. Der übertriebenen Strenge dieser Zeit weine ich nicht nach. Aber musste es so weit kommen, dass ein ganzer Schulzweig verrufen ist?

Wie sieht man im ST diese Sache? Einige Lehrkräfte in der Familie bzw. ehemalige Lehrkräfte an Hauptschulen finden sich hier wohl auch?

Bin neugierig -
LG barbarakary

Diesen Zustand habe ich Gott sei Dank nur in den letzten Jahren meines Dienstes erleben müssen.
Da heißt es: Augen zu und durch.
Das hängt mit der Zusammensetzung der Klassen zusammen; wenn man alle Problemschüler in 1 Klasse setzt, dann kommt sowas dabei raus; vor allem dann, wenn man die Klassengröße so lässt, wie bei den anderen Klassen.
Aber dafür haben die Bildungsministerien keine Ohren offen.
Das würde sich nur ändern, wenn man die zuständigen Leute mal 1 Woche lang in einer solchen Klasse unterrichten ließe.

ff

Danke ff! Diese Lehrerin ist noch unverbraucht, hatte sich zeitweise beurlauben lassen bzw. Aushilfslehrerjobs (Mann verdient gut!) Nun mit 50 hat sie sich auf diese Stelle beworben und meint, 10 Jahre will sie evtl. durchhalten auch nach dem Motto 'Augen zu und durch'! Eigentlich war sie Lehrerin geworden, um Kindern etwas beizubringen...

Ich verstehe auch nicht, dass man blind ist für diese Probleme in den Ministerien! Doch glaube ich, dass sich verantwortungsbewusste Eltern bemühen, ihre Kinder soweit zu motivieren, dass sie zumindest die Realschule schaffen - und so bleibt eben der klägliche Rest in der Hauptschule...

LG barbarakary

Ich habe jahrzehntelang an einer Hauptschule unterrichtet. Da war es nicht so schlimm.
Das Problem entstand bei uns erst mit der Schaffung der Sekundarschulen, als Realschüler und Hauptschüler direkt aufeinander trafen, und man dann auch noch den Fehler machte, reine Hauptschulklassen zu bilden, anstatt zu mischen.
Da entstanden dann schon in den Pausen auf dem Schulhof die Konflikte, weil die Realschüler sich für etwas Besseres hielten, Hauptschüler diffamiert wurden.
Erschwerend kam hinzu, dass Lehrpersonen mit Realschullehrerprüfung sich weigerten, reine Hauptschulklassen zu unterrichten.
So war das natürlich nicht gedacht, wurde aber so praktiziert. Das musste ja schief gehen.
Geändert wird das allerdings nicht, auch nicht an den jetzt entstandenen Gesamtschulen.

ff

Da hast du völlig recht.Wenn man eine gemischte Klasse hat mit überwiegend guten Schülern dann wird das Niveau der Klasse angehoben.Sind die schlechteren in der Überzahl sinkt es ab...bei beiden Gruppen. Weil die guten sich sagen...na sogut wie die schlechten bin ich allemal und nachlassen...und die schlechten sehen das die guten auch nicht viel besser sind.
Reine Hauptschulklassen sollte man abschaffen, sie sind nicht mehr zeitgemäss, finde ich.Und man sollte sich Sanktionen überlegen für notorische Schulverweiger, Störenfriede oder Faulpelze.
Wenn in Berlin (Beispiel) manche Schüler kaum in die Schule gehen, dann sollte man ihnen Arrest verpassen. Denn diese werden nicht verstehen, daß man später in der Lehre (so sie eine antreten) oder in ner Firma (so sie eine finden) jeden Tag pünktlich zur Arbeit erscheinen muss und dann auch was leisten muss.
Es gibt in Deutschland die Schulpflicht und man sollte sie durchsetzen.
Lehrer in solchen Chaotenklassen werden wirklich meist allein gelassen und resignieren....das ist schade, aber nicht Schuld der Lehrer.

Hallo,

auch dies ist in meinen Augen ein Auswuchs unsere derzeitigen "Bildungspolitik", der Aufbau unseres Schulsystems ist in meinen Augen vollkommen unzeitgemäss, und das Zusammenpferchen von Kindern, die anders lernen als die Norm in grosse Klassen, die dann ja eigentlich nichts mehr zu lernen brauchen: das ist die Konsequenz auf dieser Seite.

Sehr Schade, ich würde mir etwas anderes wünschen für die Lernenden und ebenfalls für die Lehrenden.
Kleine Klassen, vollends unaufgeteilt nach "Leistungsstärke" (wie auch immer die heute so definiert werden mag), eventuell sogar altersgemischter als heute, individuelle Förderung, freiwillige Teilnahme an den Unterrichtsstunden je nach Interessenslage etc...

Der Zustand den ihr hier beschreibt, der ist schlimm und vor allem eine traurige Zeitverschwendung für alle Beteiligten...

Liebe Grüße
Andrea

Jaja...du würdest dir kleine Klassen wünschen mit mehr Lehrern und dann eventuell altersgemischt und in Leistungsstufen aufgeteilt.
Gut das ich mit dir wenigstens einig bin, daß das Schulsystem schlecht ist.
Also kleine Klassen brauchen mehr Lehrer die müssen bezahlt werden und das ist in unserem armen Land grad kaum möglich(ja ich weiss fast alle Länder stellen nun mehr Lehrer ein, oder wollen das wenigstens vor der Wahl).
Die Einteilung in Leistungsklassen oder auch altersgemischt halte ich für nicht sooo gut.
Ich will das mal versuchen ideologiefrei zu artikulieren.Wenn du in einer Klasse bist, wo die "schlechten" sind, dann bist du abgehängt.Du wirst es immer sein.Kennst du sicher von früher...wenn einer mal in der 5.Klasse schlecht war dann haben ihn alle Lehrer auch dann noch schlecht benotet wenn er besser wurde.
Es ist sinnvoller gemischte (ja gern kleine )Klassen zu machen, in denen die starken überwiegen...
So und die Geschichte mit den altersübergreifenden Klassen wurde zum Glück abgeschafft...hat sich nicht wirklich bewährt.
Schau aber einfach nach Finnland.Dort lernen alle Schüler einer bestimmten Klasse, egal ob sie am Polarkreis oder in Helsinki wohnen den gleichen Stoff zur gleichen Zeit.Sie haben dort einheitliche Lehrpläne und trotzdem gewisse Freiheiten die sie in Europa zu Pisasiegern machen.
Ja sie lernen in Einheitsschulen....und es hat sich bewährt.Diese Eliteförderung nach deutschem Vorbild ist dort verpönt.
Ich weiss, daß das Schulwesen in Deutschland nicht reformiert werden wird...wie anderes ebenso.Dieses Land erstarrt im Lobbyismus.
Wenn schon ein G8 nicht durchsetzbar ist....dann sollte man am besten gar nix ändern.In einem Staat reichen ca. 15 Menschen aus mit höherer Bildung.Früher waren das die Adligen heut können diese Stelle die besser Betuchten Kinder ausfüllen...für die andern reichen locker 7 Jahre Grundschule Rechnen, Schreiben und vor allem Religion.

Hallo Dion,

du hast mein Posting nicht aufmerksam genug gelesen. Ich schrieb:
"...Kleine Klassen, vollends unaufgeteilt nach "Leistungsstärke"... "
das Fettgedruckte nun einmal gegen frühmorgendliche Blindheit.

Was das finnische Schulsystem angeht. Ich hab mal ne Katze an eine finnische Lehrerin verkauft, und als ich sie dorthin brachte (also die Katze, nicht die Lehrerin) hat sie mir eine "Exclusivführung" durch ihre Schule (in Oulu) gegeben. Das war sehr, sehr spannend.
Dort werden beispielsweise Schüler, die Probleme haben den Stoff auf herkömmliche Art und Weise zu lernen in kleinen Gruppen aus den Klassen stundenweise herausgenommen und speziell gefördert. Das ist eine Art kleine Klassen zu machen ohne unendlich viel mehr Lehrer zu benötigen und die auch nicht unendlich viel Geld kostet.

Aber das bedeutet in erster Linie dass man das den politischen Willen hat alle Schüler "mitzunehmen"...

Was die altersgemischten Gruppen angeht: die hat man hier abgeschafft, das weiss ich. Weil sie nicht in UNSER Schulsystem passen. Aber ich könnte mir durchaus eins vorstellen, in dem das passen würde.

Liebe Grüße
Andrea

Oh entschuldige....ja da hast du recht...ich war abgelenkt, weil ich "nebenbei" versuchte in einer O2 Hotline hinter den Grund zu kommen, warum ein Anschluss seit 3 Monaten nicht geschaltet werden kann...
So du warst also in Oulu...schade das wir uns da nicht getroffen haben....ja du hast mit deinem Beispiel recht,stunden oder tageweise...sowas wäre ok...wenn man es denn wollte.