Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik Standortabhängige Einkommenssteuer - ein weitere Schritt zur sozialen Ungerechtigkeit?

Innenpolitik Standortabhängige Einkommenssteuer - ein weitere Schritt zur sozialen Ungerechtigkeit?

Karl
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Administrator

Standortabhängige Einkommenssteuer - ein weiterer Schritt zur sozialen Ungerechtigkeit?
geschrieben von Karl
Wie ist der neueste Vorschlag von Schäuble zu bewerten, den Kommunen solle ein von diesen selbst festlegbarer Anteil an der Einkommenssteuer zukommen?

Ich denke, dies wird die soziale Schieflage in diesem Land erhöhen, weil Großverdiener flexibel genug sein werden, sich die Kommune mit dem geringsten Steuersatz auszusuchen, während Geringverdienende seltener in dieser komfortablen Lage und ortsgebunden sind.

Aber wie steht ihr zu einem Wettbewerb der Kommunen um Steuerzahler?

Karl
ehemaligesMitglied27
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Re: Standortabhängige Einkommenssteuer - ein weiterer Schritt zur sozialen Ungerechtigkeit?
geschrieben von ehemaligesMitglied27
als Antwort auf Karl vom 05.11.2010, 16:11:22
Für diesen Schäuble-Vorschlag hagelt es jetzt schon Kritik von vielen Kommunen. Das wird wohl nichts.

Auch die in Köln eingeführte Betten-Steuer entwickelt sich zum Flop, etliche Hotelbesitzer jammern schon über Buchungsrückgänge und einige Städte in NRW haben die Pläne, es Köln nach zu machen erst einmal in die Schublade gesteckt.

Eine uneinheitliche Einkommenssteuer würde sicher auch Anlass geben, das Bundesverfassungsgericht an zu rufen.

Ich persönlich würde mir einen von Grandpa´s Flats als alternativen Hauptwohnsitz aussuchen, den Günstigsten und da kommen immerhin 3 Städte in 3 verschiedenen Bundesländern in frage.
hugo
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Re: Standortabhängige Einkommenssteuer - ein weiterer Schritt zur sozialen Ungerechtigkeit?
geschrieben von hugo
als Antwort auf Karl vom 05.11.2010, 16:11:22
hallo karl, davon abgesehen das es dieses Gezerre um Steuergelder um Fördermittel, um Eigenanteile, Quartiers-Fond, um Industrie-/Gewerbegebiete usw schon seit der Wende hier gibt und zum Teil mit großen Fehlinvestitionen endete, mit Dorfpleiten, Betrügereien, mit den berühmten beleuchteten Schafweiden,,das man sich später auf die Entwicklung von Wachstumskernen konzentrieren wollte ohne die schwache Regionen dennoch nicht vernachlässigen zu wollen (was ja nun gar nicht zusammenpasst),,

Die Investitionszuweisungen stiegen im Jahr 2009 bundesweit leicht um +1,8 Prozent. Dabei steht einem Anstieg im Westen (+8,8 Prozent) ein deutlicher Rückgang im Osten (-10,2 Prozent) gegenüber. (so der Städte und Gemeindebund)

nun hoffen wir das durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz und das Konjunkturpaket II der Abbau der Sonderbedarfsergänzungszuweisungen mit -5,8 Prozent (ost)(-2,1 Prozent West)etwas gemildert wird.

Aber vielleicht meinst Du auch den Kampf der Uni-Städte um gemeldete Hauptwohnsitzbürger um Studiengebühren ja/nein usw,,

man wundert sich sowieso,,,jeden Tag neue Erfolgsmeldungen der Unternehmen, Gewinne noch und nöcher der Dax seit Anfang 2009 tüchtig gestiegen,,aber die Kommunen sehen schwarz, sind Verschuldet, erhöhen die Bräunungssteuer, die Bettensteuer die Nuttensteuer, Windradsteuer, Mobilfunkmastensteuer, Blaulichtsteuer, usw,,fehlt nur noch die Zusatzsteuer auf das Vorrecht der Steuererfindung,,,

hugo



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Mitglied_5ccaf87
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Re: Standortabhängige Einkommenssteuer - ein weiterer Schritt zur sozialen Ungerechtigkeit?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Karl vom 05.11.2010, 16:11:22
Du hast recht. Aber genau dies ist das Steuermodell der CH. Gugge mal da: http://de.wikipedia.org/wiki/Steuerrecht_%28Schweiz%29 Dort zahlst du nicht nur von Kanton zu Kanton sondern auch von Ort zu Ort unterschiedlich. Das ist aber historisch über mehr als hundert Jahre gewachsen. In DE würde eine schlagartige Einführung zur absoluten sozialen Schräglage führen. Ein solches Gesetzespaket, um diese zu verhindern, traue ich weder der jetzigen noch irgend einer zukünftigen Bundesregierung zu.
Re: Standortabhängige Einkommenssteuer - ein weiterer Schritt zur sozialen Ungerechtigkeit?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Karl vom 05.11.2010, 16:11:22
Wieso Verzerrung?
Karl, das ist doch schon immer (noch) der Fall bei der Gewerbesteuer (Hebesatz).

Allerdings kann ein 'Einzelkämpfer' / Personengesellschaft diese an sich fällige Gewerbesteuer bei der Einkommensteuer gegenrechnen (was nicht immer so war).
Ich mag mich (nicht) an Frankfurt/Main erinnern, die hatten 800%;
eine kleine Gemeinde dagegen nur 160%.

Ich vermute, das ist heutzutage auch noch so.
Hab den 'Laden' zur Rentenzeit zugemacht.

Und in 'Timbuktu' gelten ganz andere Vorschriften;
Software kann man (fast) überall bauen.

Gewerbesteuer
Die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer beruht auf dem Gewinn nach Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerrecht. Mit der Unternehmenssteuerreform 2008 wurde innerhalb dieser Gesetze der Betriebsausgabenabzug für die Gewerbesteuer für Erhebungszeiträume, die nach dem 31. Dezember 2007 enden, abgeschafft. Die Gewerbesteuer ist in den Ertragsteuern keine Betriebsausgabe und somit nicht mehr abzugsfähig.

Allerdings können Einzelunternehmer und Gesellschafter einer Personengesellschaft die Gewerbesteuer seit dem Veranlagungszeitraum (VZ) 2001 auf ihre Einkommensteuer anrechnen (§ 35 EStG). Die Anrechnung erfolgt durch Abzug des 3,8-fachen (bis 2007 des 1,8-fachen) des Gewerbesteuermessbetrags von der tariflichen Einkommensteuer und nur auf den Anteil der tariflichen Einkommensteuer, der auf die Einkünfte aus Gewerbebetrieb entfällt. Als Obergrenze für die steuerliche Anrechnung ist nun aber die Höhe der tatsächlich gezahlten Gewerbesteuer maßgeblich. Zur tatsächlichen Belastung wird die Gewerbesteuer damit für Einzelunternehmer und Personengesellschaften erst ab einem Hebesatz von 380 % (bis 2007 ca. 180 %).


PS: Mir macht Schäuble einen ziemlich kranken Eindruck, man sollte ihm jetzt endlich seine Ruhe lassen.
Karl
Karl
Administrator

Re: Standortabhängige Einkommenssteuer - ein weiterer Schritt zur sozialen Ungerechtigkeit?
geschrieben von Karl
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 05.11.2010, 21:24:33
Hallo Digi,

es geht Schäuble wirklich um die Einkommenssteuer. Ein guter Kommentar ist Stefan Schulzes Kommentar in Spiegel Online. Das würde einen knallharten Wettbewerb zwischen den Kommunen geben und wäre eine Revolution.

Ich kann nicht behaupten, die Konsequenzen einer solchen Systemänderung voll überblicken zu können. Es würden sicher auch positive Entwicklungen geben können und wahrscheinlich ganz unterschiedliche Strategien von den Kommunen verfolgt werden:

Modell 1: Gemeinde versucht sich als Steuerparadies und garantiert allen Bürgern einen sehr niedrigen Steuersatz. Dies könnte zur Ansiedelung von Reichen führen, die trotz des niedrigen Satzes der Kommune hohe Einnahmen verschaffen. Allerdings wird dies keine Kommune beschließen können, die hoch verschuldet ist, denn bis sich eine solche Entscheidung auszahlt, wird es dauern, denn die Verlegungen des Wohnortes benötigen Zeit.

Modell 2: Verschuldete Gemeinden werden versuchen die Schulden durch einen hohen Steuersatz abzubauen. Das führt aber langfristig eher zu einem Wegzug guter Steuerzahler und begünstigt nicht gerade den Zuzug neuer.

Persönlich glaube ich, dass eine solche Neuregelung das Auseinanderdriften der wirtschaftlichen Entwicklung der Regionen verstärken wird. Wie immer könnte Wettbewerb aber auch Kräfte mobilisieren helfen und sich insgesamt belebend auswirken. Jedenfalls hat es dieser Vorschlag Schäubles in sich.

Karl

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Re: Standortabhängige Einkommenssteuer - ein weiterer Schritt zur sozialen Ungerechtigkeit?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Karl vom 06.11.2010, 01:49:34
"Persönlich glaube ich, dass eine solche Neuregelung das Auseinanderdriften der wirtschaftlichen Entwicklung der Regionen verstärken wird. Wie immer könnte Wettbewerb aber auch Kräfte mobilisieren helfen und sich insgesamt belebend auswirken."
geschrieben von karl



Ich habe gestern mit unserem Bürgermeister über diese Vorschläge gesprochen.
Der sieht das ähnlich wie du.
Auf der einen Seite besteht die Gefahr des weiteren Auseinanderdriftens in finanzieller Hinsicht - auf der anderen Seite aber würde der Wettbewerb angekurbelt werden.
Da aber eine Zweiteilung in diesem Plan vorgesehen ist, könnte bei der Vergabe der Anteile ( Bundesanteil / Kommunenanteil)eine Steuerung erfolgen.

Es sind ja erst mal Vorschläge und die sollten von den Experten möglichst ohne die üblichen vorangestellten "Schuldzuweisungen" diskutiert werden.

Ich kann mir aber auch vorstellen, dass eine "schlagartige" Umstellung in Deutschland zu ernsten Verwerfungen führen könnte - siehe auch Meinung von hinterwaeldler.
Deshalb wären vielleicht Übergangsregelungen angesagt.
Ob das möglich oder nötig ist, sollten Experten des Bundes, der Länder und Kommunen... gemeinsam aushandeln.

schorsch
schorsch
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Re: Standortabhängige Einkommenssteuer - ein weiterer Schritt zur sozialen Ungerechtigkeit?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf Karl vom 05.11.2010, 16:11:22
In der Schweiz läuft im Moment gerade eine Abstimmungskampagne zu einer Initiative, die die SP zur Steuergerechtigkeit lanciert hat. Weil einige Kantone mit Steuerabkommen mit Reichen diese dazu bewegen, in ihren Kanton wohnen zu kommen - resp. ihr Steuerdomizil hierher zu verlegen - was ja nicht immer das gleiche ist. Das führt dazu, dass Gutbetuchte aus ärmeren Kantonen wegziehen, wo naturgemäss auch höhere Steuern zu bezahlen sind um die Aktivitäten des Kantons bezahlen zu können.

Nun laufen natürlich die Superreichen der Schweiz Amok gegen dieses Ansinnen. Denn unter Steuergerechtigkeit verstehen sie ja, dass sie eben ein bisschen gleicher sind als ihre armen Miteidgenossen. Und so geben sie denn bereitwillig lieber ihre Millionen für die Gegenpropaganda aus, als diese den Miteidgenossen in Form von Steuern zu spenden.
ingo
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Re: Standortabhängige Einkommenssteuer - ein weiterer Schritt zur sozialen Ungerechtigkeit?
geschrieben von ingo
als Antwort auf Karl vom 05.11.2010, 16:11:22
Diese Art "Wettbewerb" haben wir leider schon bei der Gewerbesteuer. Jede Kommunekann dafür einen sog. Hebesatz bestimmen. Der liegt beispielsweise bei 150%/200%/250%.....Das führt in Hannover zu dem Kuriosum, dass REAL sein Kaufhaus auf dem Grundstück der "billigeren" Nachbargemeinde und seinen Parkplatz auf dem teureren Gebiet der Stadt Hannover hat. Das ist sicher eine Ausnahme, zeigt aber den Irrsinn solcher Regelungen. So gesehen halte ich Schäubles Vorschlag für Blödsinn und für einen Rückschritt. M.E. ist das auch ausschliesslich ein finanzpolitischer Trick, um den Bundeshaushalt zu entlasten. Sachlich ist der Vorschlag wohl nicht zu begründen.

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