Innenpolitik Streit um Bürgergeld

Der-Waldler
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RE: Streit um Bürgergeld
geschrieben von Der-Waldler
als Antwort auf ingo vom 08.11.2022, 16:32:25

Ja, @ingo, durch Götz Werner (DM) wurde ich darauf aufmerksam, vor vielen Jahren. Er hatte damals mit einer Autorin, deren Namen ich vergessen habe, ein Buch drüber geschrieben, das ich damals las. Wenn es nicht bei unserem großen Umzug durch die Republik verloren gegangen ist, müsste ich es sogar noch irgendwo haben...

Schönen Abend

DW

 

minerva
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RE: Streit um Bürgergeld
geschrieben von minerva
als Antwort auf ingo vom 08.11.2022, 14:08:03

nun, wenn du den leuten, die nicht arbeiten wollen die leistungen kürzen willst, müßtest du auch den vermittlern, die nur das machen, was sie garnicht vermeiden können das gehalt kürzen.

ich hab früher mal eine weile ehrenamtlich in der drogenberatungsstelle mitgearbeitet, weil es da sehr interessante fortbildungen gab.
die dort zu betreuenden klienten waren alle arbeitslos und hätten gern gearbeitet, aber es wurde ihnen beim arbeitsamt nichts passendes angeboten. sie wurden bei den terminen in max. 5 min. abgefertigt, meist gab es noch nicht mal ein jobangebot und umschulungen usw. überhaupt nicht.
also wurde eine inoffizielle jobvermittlung in das programm der beratungsstelle aufgenommen und die leute gingen nur noch zum arbeitsamt um für die zeit bis zum jobantritt das arbeitslosengeld zu bekommen (meist nur kurze zeit).

ob es sie motiviert hat, daß man ihnen gesagt hat, daß die jobs interessant waren oder nur daß sie dann mehr geld haben und sich ein auto usw. leisten können, weiß ich nicht, aber auch andere arbeiten ja oft nur um sich auto usw. leisten zu können.


lg
minerva
olga64
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RE: Streit um Bürgergeld
geschrieben von olga64
als Antwort auf werderanerin vom 08.11.2022, 15:48:26
 

Vielleicht müssen Arbeitsangebote einschl. zielgerichteter Umschulungen oder Fortbildungen noch mehr auf den Einzelnen zugeschnitten werden, was heißen könnte, bei den vielen offenen Stellen noch intensiver mit den entspr. Firmen zusammen zu arbeiten, um Lösungen und Einsatzmöglichkeiten zu finden. 

Dafür werden Expertenkommissionen eingesetzt, um Lösungen zu finden.

Kristine
DAs sollte man trennen. Man kann von den Firmen und deren Mitarbeitern nicht erwarten, dass sie neben der Joberfüllung im Unternehmen auch noch Leute weiterbilden oder umschulen, die teilweise Jahrzehnte nicht mehr gearbeitet haben.
Deshalb finde ich es bei der Gegenrede der CDU/CSU auch nicht gut, wenn hier nun auch noch die flankerenden Massnahmen wie mehr Chancen auf Weiterbildung und bessere Zuverdienstmöglichkeiten im Bundesrat blockiert werden soll.
Um Menschen aus diesem Bereich für die Unternehmen attraktiv zu machen, sollte man sie schleunigst weiterbilden, bzw. umschulen und natürlich auch bei den Empfängern solcher Massnahmen darauf drängen,dass die dabei bleiben und nicht nach kurzer Zeit wieder abspringen, weil sie denken, die H 4-Leistungen allein würden ja auch reichen, evtl. noch mit einem Zusatzverdienst aus Schwarzarbeit.
Auch wir SteuerzahlerInnen sollten genau hinsehen, denn immerhin ist das ja Geld, das wir in diese Steuerkassen zahlen, damit unser Sozialstaat finanziert werden kann.
Olga

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olga64
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RE: Streit um Bürgergeld
geschrieben von olga64
als Antwort auf ingo vom 08.11.2022, 16:32:25
@Der-Waldler: Der frühere dm-Chef war ja ein Verfechter des "Bedingungslosen Grundeinkommens". Diese Meinung war auch für mich gewöhnungsbedürftig. Angesichts des heutigen Standes der Diskussionen glaube ich aber, dass kein Weg darum herumführen wird.....😞 Gut, dass Du es angesprochen hast.
geschrieben von ingo
Auch andere Unternehmer wie der damalige Chef von Siemens, Joe Kaeser, sprachen sich für ein bedingungsloses Grundeinkommen aus. Wenn solche Empfehlungen aus solchen Kreisen kommen, nehme ich immer an, dass vordringlich der Wunsch sie dazu führt, ihre Produkte auch noch verkaufen zu können, wenn es den Menschen finanziell sehr schlecht gehen sollte.
Ober aber z.B. für Bürgergeld-Bezieher dies eine wirklich gute Lösung wäre, bezweifle ich sehr. Aktuell erhalten Leute im H 4-Bezug inkl. Regelsatz, Miete und Heizung plus Krankenversicherung je nach Familienstand bis zu 1.400 Euro monatlich.
Bei einer diskutierten Höhe von ca 1.000 Euro monatlich für ein Grundeinkommen würden sie bedeutend schlechter vom deutschen Steuerzahler unterstützt werden. Dazu käme dann auch ,dass alles aus H 4 entfällt und sie z.B. ihre monatliche Miete, Krankenversicherung usw. aus diesem Betrag selbstständig überweisen müssten, was sicher bei einigen, die an den behördlichen Automatismus gewöhnt sind, problematisch werden könnte.
Aber mittlerweile sollte man sich auch noch die Frage stellen ,was man den deutschen Steuerzahlern noch alles zumuten kann, zumal wir als Land mittlerweile wieder hoch verschuldet sind und auch die Zinsschulden spürbar ansteigen. Olga
werderanerin
werderanerin
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RE: Streit um Bürgergeld
geschrieben von werderanerin
als Antwort auf ingo vom 08.11.2022, 16:29:02

Ich hatte weder Wünsche noch Träume, lieber ingo...ich wiederhole mich, denke, dass die Experten doch so so viel Erfahrungen haben werden, um das "neue Bürgergeld" dementspr. klug auszugestalten aber vor allem Kritikpunkte zu zulassen, zu durchdenken und Verbesserungen einzuarbeiten.

Wenn die Einführung dann zwei Monate länger dauern könnte, ist es besser als es durchzupeitschen und nach 6 Monaten wieder nachzubessern. Hier geht es um viel mehr als Parteiengeplänkel.


Unsere Gedanken dazu, sind ja nur Ausführungen "unter uns" und werden wohl kaum andere interessieren.

Kristine

ingo
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RE: Streit um Bürgergeld
geschrieben von ingo
als Antwort auf Der-Waldler vom 08.11.2022, 16:36:14

@Der_Waldler: Ich habe Götz Werner in einigen TV-Gesprächen gehört und konnte in einer dm-Filiale hier sogar mal 5 Minuten mit ihm klönen. Ich meine, dass er ein "Überzeugungstäter" war und keinesfalls von dem Wunsch geleitet war, seine "Produkte auch noch verkaufen zu können, wenn es den Menschen finanziell sehr schlecht gehen sollte." Über seine Lohntheorie kann man aber trefflich diskutieren. Das passte auch dazu, dass er ein  seinem Personal zugewandter Arbeitgeber war. Das habe ich vor unserem Klön auch miterleben können.


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Der-Waldler
Der-Waldler
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RE: Streit um Bürgergeld
geschrieben von Der-Waldler
als Antwort auf ingo vom 09.11.2022, 10:50:54

Ich sehe das ähnlich, @ingo In Neuss hatte ich einen Nachbarn, der als "Drogerist" bei DM arbeitete. Die Arbeitsbedingungen müssen wirklich exzellent gewesen sein (immer noch?), Werner lebte, was er sagte und schrieb. Klasse, dass Du ihn mal persönlich erleben konntest...

Schönen Tag noch

DW

 

ingo
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RE: Streit um Bürgergeld
geschrieben von ingo
als Antwort auf werderanerin vom 09.11.2022, 10:42:19

@werderanerin: Mit den Experten sprichst Du einen ganz wunden Punkt an. Man sollt wirklich glauben, dass die so ein Gesetz gut ausgestalten können. Das haben meine Leute und ich auch bei Hartz 4 gesagt. Dem war ja sogar kurzzeitig Hartz 3 vorausgegangen, was kaum noch jemand weiß. Nach Hartz 4 haben wir damals ganz selbstüberzeugt gesagt: Hätte der Minister uns mal gefragt, dann wäre was Gescheites dabei rausgekommen. Die Ministerialbürokraten, die jetzt das Bürgergeld verzapft haben, haben nie in einem Jobcenter gesessen, wissen, was formaljuristisch zu beachten ist und werden von Politkern (jetzt zu allem Elend auch noch von drei Parteien) fremdgesteuert. Die würden m.E. auch mit zwei Monaten mehr nichts besseres formuliert kriegen😖 Als Vergleich verweise ich mal auf die X Gesundheitsreformen, die wir schon erlitten haben......

ingo
ingo
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RE: Streit um Bürgergeld
geschrieben von ingo
als Antwort auf minerva vom 08.11.2022, 16:43:47

@minerva: """ nun, wenn du den leuten, die nicht arbeiten wollen die leistungen kürzen willst, müßtest du auch den vermittlern, die nur das machen, was sie garnicht vermeiden können das gehalt kürzen. """

Das ist leider kein kluger Satz😏 Die Vermittler haben sich übrigens lange den Hintern aufgerissen, haben sich die Zähne am System ausgebissen und irgendwann mehr oder weniger resigniert. Ich spreche da zumindest für meine Leute, die ich damals aus dem Sozialamt in die Jobcenter "mitgebracht" habe.

Rispe
Rispe
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RE: Streit um Bürgergeld
geschrieben von Rispe

Was mir an dieser ganzen Diskussion hier nicht erst jetzt aufstößt, ist, dass man nun so tut, als seien alle Arbeitslosen selber schuld an ihrem Schicksal.
Nicht jeder ist seines Glückes Schmid, der Spruch hat noch nie gestimmt.
Jede/r weiß, dass in den letzten Jahren bei großen Konzernen das Hire and Fire zum Alltag gehörte, und dass es gerade älteren Leuten dann oft schwer fällt, eine neue Arbeitsstelle zu finden.
Auch wenn es viele freie Stellen geben mag, so sind sie nicht immer für jeden und jede zugeschnitten. Was nützt es einem Elektrobetrieb, wenn sich ein Bürokaufmann hier bewirbt? Ist nur ein Beispiel, der Arbeitslose muss ja auch zu den angebotenen Stellen passen.

Bei den Langzeitarbeitslosen handelt es sich dann auch oft um psychisch Kranke oder Alkoholiker (auch eine anerkannte Krankheit) oder Leute, die aus anderen Gründen einfach nicht arbeiten können. Die will auch kein Betrieb haben, da würde nicht einmal ein Bemühen des Arbeitslosen viel nützen.
Das sollte ein Arbeitsvermittler, der mal in einem Jobcenter gearbeitet hat, eigentlich wissen.

Ich glaube einfach nicht, dass die Mehrheit nicht arbeiten will. Es gibt welche, die sich auf Hartz 4 ausruhen, natürlich. Aber es ist garantiert nicht die Mehrheit, die meisten Menschen leiden nämlich unter dem Nichtstun und wollen lieber arbeiten, als sich ständig einem Jobcenter vorzustellen mit unmotivierten Vermittlern, vor denen sie ständig ihre gesamten Einkünfte oder Nichteinkünfte offenlegen müssen. Denn das ist auch ziemlich demütigend für viele.

Diese fast schon Hetze gegenüber Arbeitslosen stößt mich ziemlich ab, das muss ich schon sagen.


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