Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik Unter Dresdner Talaren...

Innenpolitik Unter Dresdner Talaren...

wandersmann
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Re: Unter Dresdner Talaren...
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf altberlin vom 13.12.2014, 18:32:09
@ altberlin

Dass es bei der Ostthüringer Tageszeitung "OTZ" eines neuen Chefredakteurs bedurfte, lag in erster Linie daran, dass der bisherige, Herr Ullrich Erzigkeit, in diesem Jahr in Rente ging.
Sitz der Funke-Mediengruppe-Gruppe, zu der die "OTZ" mehrheitlich gehört, ist Essen. Ein von Dir vermutetes wohlwollendes Zusammenarbeiten zwischen Ramelow und dem Hessen Riebartsch, dem neuen Chefredakteur der OTZ, kann ich so nicht erkennen. Auch nicht, wenn man den Tenor seiner Leitartikel betrachtet.

Aufzuarbeiten gibt es genug, muß man nur mal in die ehemaligen Stasigefängnisse gehen und Zeitzeugen hören.


Was die juristische Aufarbeitung des SED-Unrechts betrifft, so sei diese insgesamt gut gelungen, musste selbst Herr Gauck vor wenigen Tagen in einer Rede vor Vertretern der "Bundesstiftung für die Aufarbeitung des SED-Unrechts" einräumen.

Weiter sagte Gauck in dieser Podiumsdiskussion:
"Die Bemühungen des neuen Ministerpräsidenten, Glaubwürdigkeit zu erlangen, respektiere ich. Sie sind mir aufgefallen. Er hat es sehr deutlich gemacht. Nach diesen Worten müsse es aber auch konkrete Schritte geben, etwa bei den Lehrplänen in den Schulen. "

Wenn aber ausgerechnet Gauck hinsichtlich einer glaubwürdigen Aufarbeitung des SED-Unrechts, nach 24 Jahren CDU/FDP/SPD-Bildungspolitik in Thüringen, nun die "Linke" dazu aufruft, die Lehrpläne an den Schulen bzgl. Aufarbeitung neu auszurichten, kann ich das nicht so recht nachvollziehen.
altberlin
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Re: Unter Dresdner Talaren...
geschrieben von altberlin
als Antwort auf wandersmann vom 14.12.2014, 19:50:38
Der Bundespräsident sagt aber auch : Wenn wir uns gegen linke Politikgestaltung wenden, dann weil wir Defizite bei einer aufklärerischen Politik sehen - und weiter sagt er - ich erwarte sehr große Aufmerksamkeit für alle Geschichtswerkstätten, alle Aufarbeitungsinitiativen. Wenn sich wirklich etwas ändert, also der Respekt vor den Opfern wächst, dann haben wir viel erreicht.
In dieser Podiumsdiskussion, auf die Du Dich berufst, wird eine Menge mehr ausgeführt.
Bezüglich der juristischen Aufarbeitung haben ja viele (jedenfalls in meinem Umfeld)das Gefühl, dass manche viel zu gut weggekommen sind und andere einem bischen Gerechtigkeit für sich immer noch hinterherlaufen - auch hierzu wurde in der Podiumsdiskussion ausgeführt.
Es ist nicht alles in Ordnung, auch wenn mancher Satz den Anschein erweckt. So unterscheidlich sind eben die Meinungen, muß man auch akzeptieren.
wandersmann
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Re: Unter Dresdner Talaren...
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf altberlin vom 16.12.2014, 18:38:54
Bezüglich der juristischen Aufarbeitung haben ja viele (jedenfalls in meinem Umfeld)das Gefühl, dass manche viel zu gut weggekommen sind und andere einem bischen Gerechtigkeit für sich immer noch hinterherlaufen


Diesbezüglich gebe ich Dir recht, es ist speziell was die juristische Aufarbeitung in den ersten Jahren nach der Wende so einiges schief gelaufen. Für was wurde Mielke noch mal zu Gefängnishaft von 6 Jahren verurteilt? Für seine Verbrechen als MfS-Chef? Nö! Für einen Polizistenmord aus dem Jahr 1931!

Aber mal davon abgesehen, seit 24 Jahren regierten CDU/FDP/SPD und Grüne in Deutschland und ebenso lange die CDU/FDP/SPD das Land Thüringen. Weshalb nun wird eigentlich die "LINKE", die seit gut einer Woche in Thüringen regiert für eine unvollständige Aufarbeitung verantwortlich gemacht?

Unmittelbar nach der Vereinigung kursierte hierzulande ein Witz:

"Frage: Wann wird die deutsche Einheit erfolgreich vollzogen sein?
Antwort: Wenn der letzte Ostdeutsche aus dem Grundbuch getilgt ist."

Kann es sein, dass es Leute gibt, die, wenn sie sagen, dass die "LINKE" ihre Geschichte aufarbeiten soll, in Wirklichkeit meinen, dass die sich auflösen, ihr Vermögen Herrn Schäuble übergeben und fortan schweigen sollen?

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Re: Unter Dresdner Talaren...
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf wandersmann vom 16.12.2014, 19:47:13
"Diesbezüglich gebe ich Dir recht, es ist speziell was die juristische Aufarbeitung in den ersten Jahren nach der Wende so einiges schief gelaufen. Für was wurde Mielke noch mal zu Gefängnishaft von 6 Jahren verurteilt? Für seine Verbrechen als MfS-Chef? Nö! Für einen Polizistenmord aus dem Jahr 1931!"


Du machst es dir mit deinen Bemerkungen zu diesem Thema recht einfach.
Ich meine dabei nicht deine abschließenden "witzigen Bemerkungen".

Es ist immer sehr kompliziert, Mitglieder einer Staatsführung und deren "Helfer" für Verbrechen zu verurteilen, da sie natürlich nie jemand persönlich "an den Kragen gingen".
Es beginnt ja schon mit der Frage, nach welchem Recht wird denn eigentlich verhandelt und geurteilt.
In DDR-Gesetzen gab es z.B. über 400 Straftatbestände, die im bundesdeutschen oder internat. Recht nicht bekannt sind.
Würden sie in der BRD eingeführt werden, wärst du sicher der erste, der sich darüber furchtbar aufregen würde. UND - das natürlich mit Recht.
Beispiel: Seit 1968 gab es den Straftatbestand "versuchte Republikflucht".
Allein der Begriff Republikflucht ist schon ein Witz.
Oder - Fluchthilfe wurde als "Staatsfeindlicher Menschenhandel" (§ 105) verfolgt.
Der Versuch, abweichende Meinungen zu äußern, stand als "Staatsfeindliche Hetze" (§ 106) unter Strafe
Ebenfalls strafbar war die Bildung oppositioneller Organisationen oder Parteien gemäß § 107 ("Staatsfeindliche Gruppenbildung")

Das ließe sich seitenlang fortsetzen und machte die Prozesse so schwierig.

Es gab aber einige - z.T. sehr langwierige Prozesse.

Lies mal:

Aus Zeitschrift der Gedenkstätte Museum in der "Runden Ecke" Leipzig ( ehemaligen Sitz der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit in Leipzig)
altberlin
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Re: Unter Dresdner Talaren...
geschrieben von altberlin
als Antwort auf wandersmann vom 16.12.2014, 19:47:13
inzwischen sind wir ja weit vom eigentlichen Thema entfernt, aber wenn es um die Linke, ehemals PDS, ehemals SED geht, wird es wohl immer wieder daraufhinauslaufen.
Wo lebst oder hast Du denn gelebt? In Thüringen? - und hast nichts von der Opposition in Jena und anderswo mitbekommen? Ich habe dort 1 1/2 Jahre gelebt und dort die Vertreibung eines Schriftstellers erlebt. Die Informationen wurden in der allgemeinen Bevölkerung hinter vorgehaltener Hand weitergegeben.
Und wieso erwartest Du die Aufarbeitung von CDU, FDP und sogar SPD?
CDU und LDPD waren doch nun wirklich Parteien ohne jede Bedeutung, in die sich manch DDR-ler begeben hat, um an der SED vorbeizukommen und trotzdem Karriere zu machen.
Solange immer noch Netzwerke (MfS, SED u.ä. )existieren,Peiniger der Stasigefängnisse mit hocherhobenem Kopf an den ehemaligen Inhaftierten vorübergehen,ohne sich je entschuldigt zu haben, hat die Linke jede Menge an Aufarbeitung zu leisten.
Vielleicht können wir uns in einem Jahr zu diesem Thema noch einmal austauschen und dann sehen, ob MP Ramelow irgend etwas angeschoben hat.

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