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Innenpolitik vielleicht letzter Auschwitzprozess

karl-hagen
karl-hagen
Mitglied

vielleicht letzter Auschwitzprozess
geschrieben von karl-hagen
Eine 91-Jährige hat in Auschwitz für die SS gearbeitet und wird angeklagt.

Bisher konnte sie nicht belangt werden, da die deutschen Gerichte erst dann verurteilen konnten, wenn eine tatsächliche Tatbeteiligung nachzuweisen war.
Das hat sich mit den Prozess gegen Oskar Gröning grundlegend geändert. Er, der offensichtlich persönlich gegen keinen Häftling in Auschwitz etwas getan hat, ist als Mitglied der Todesmaschinerie angesehen worden und konnte so verurteilt werden.
Damit hat sich im deutschen Recht etwas fundamental verändert.
Könnten heute die Zugbegleiter und Lokführer, die die Züge von Berlin nach Auschwitz gefahren haben auch verurteil werden. Könnte jetzt, da fast alle gestorben sind, die vielen Helfer und Helferhelfer ebenfalls vor Gericht geladen werden.
Welche Auswirkungen hat diese neue Rechtsauffassung auf heutige Verfahren. Ich denke da an das Anhängige Verfahren loveparade in Duisburg. Bis heute sind nur die "kleinen Sachbearbeiter" angeklagt nicht aber der damals amtierende Oberbürgermeister und der Chef der Veranstaltungsfirma.
Ich bin kein Jurist. Mich interessiert dieses Thema nur, weil immer wieder die Rechtsauffassung geändert wird und ich mich manchmal frage wem nutzt das.
olga64
olga64
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Re: vielleicht letzter Auschwitzprozess
geschrieben von olga64
als Antwort auf karl-hagen vom 22.09.2015, 13:31:32
Bitte werden Sie nicht geschmacklos und vergleichen Sie in irgendeiner Form die dramatische Love Parade und ihr Ende mit Auschwitz. Eine simple Erklärung: zur Love Parade gingen alle freiwillig hin (und fanden teilweise den Tod) - nach Auschwitz in die Gaskammern ging m.W. keiner freiwillig. Sie wurden deportiert, obwohl sie seit vielen Jahren auch deutsche Staatsbürger waren.
So lange noch Opfer leben, muss dies juristisch verfolgt werden. Ich bewundere die standhaften, deutschen Juristen sehr, die hier nicht müde werden, noch Lebende Naziverbrecher anzuklagen.
Es ist erstaunlich, wie alt diese Leute werden - es kommt ja keiner von denen in den Knast, sie hatten Jahrzehnte, wo sie völlig ruhig ihr Leben lebten. Hoffentlich erschwerte das persönliche Gewissen dies doch ein wenig und sie hatten viele, viele Albträume.
Deutschland ist es sich schuldig, diese Leute juristisch zu verfolgen, so lange sie noch leben. Eile ist geboten, damit dies noch klappt. Olga
karl-hagen
karl-hagen
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Re: vielleicht letzter Auschwitzprozess
geschrieben von karl-hagen
als Antwort auf olga64 vom 22.09.2015, 17:31:27
Liebe Olga, es geht mir überhaupt nicht um den Vergleich von Auschwitz und dem Geschehen in Duisburg. Klar kann man das nicht vergleichen. Mir geht es um eine neue juristische Bewertung.
Nochmal für dich. Früher wurde nur der verurteil, der selber Hand angelegt hat. Deshalb konnten viele Leute nicht verurteil werden.
Die neue Rechtsprechung sieht das anders. Wer Teil eines System war oder ist, kann auch zur Rechenschaft gezogen werden.

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DonRWetter
DonRWetter
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Re: vielleicht letzter Auschwitzprozess
geschrieben von DonRWetter
Ohne Kenntnis des Urteils mit Begründung ist alles nur Spekulation. Vor allen Dingen das Gefühl, daß sich in der Rechtsauffassung in Deutschland grundsätzlich was geändert hat.

Das wird, wenn, eine Geisterdiskussion.
Karl
Karl
Administrator

Re: vielleicht letzter Auschwitzprozess
geschrieben von Karl
als Antwort auf karl-hagen vom 22.09.2015, 20:16:35
Wer Teil eines System war oder ist, kann auch zur Rechenschaft gezogen werden.
Du hast diese Änderung in der Rechtsprechung richtig interpretiert. Ich finde das gut, denn nun kann sich niemand mehr auf "Befehlsnotstand" berufen. Ein Mensch ist verantwortlich, für das, was er tut.

Karl
justus39
justus39
Mitglied

Re: vielleicht letzter Auschwitzprozess
geschrieben von justus39
als Antwort auf Karl vom 22.09.2015, 22:03:47
Wer Teil eines System war oder ist, kann auch zur Rechenschaft gezogen werden.
geschrieben von karl
Du hast diese Änderung in der Rechtsprechung richtig interpretiert. Ich finde das gut, denn nun kann sich niemand mehr auf "Befehlsnotstand" berufen. Ein Mensch ist verantwortlich, für das, was er tut.

Karl

Diesen Satz sollte sich jeder Rekrut über das Bett hängen, bevor er freiwillig einer Armee beitritt.
Ich würde es auch begrüßen wenn er gleich ein Teil des Fahneneides wäre.
justus

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Karl
Karl
Administrator

Re: vielleicht letzter Auschwitzprozess
geschrieben von Karl
als Antwort auf justus39 vom 23.09.2015, 09:17:22
Das ist eine sehr gute Idee!

Karl
olga64
olga64
Mitglied

Re: vielleicht letzter Auschwitzprozess
geschrieben von olga64
als Antwort auf karl-hagen vom 22.09.2015, 20:16:35
"Früher" - also in den 50er und frühen 60er Jahren war unsere politische Landschaft, auch die Richterschaft, noch sehr vom Nazitum geprägt, d.h., die Nazis, die sich gut verkaufen konnten, kamen bald wieder in Amt und Würden und fällten auch die Urteile, bzw. liesen Anklagen gar nicht zu. Es herrschte ja die Prämisse "war nicht dabei", "hab von nichts gewusst" usw.
Nach den 68er Jahren, wo wir damals junge Leute mit dem Nazitum, in das unsere Eltern und Grosseltern involviert waren, gut aufräumten, hat sich vieles geändert. Z.B. sind heute genau diese Leute auch in der Richterschaft, bzw. schon pensioniert - verfolgen aber diese noch lebenden Nazi-Menschen mit Vehemenz. Das ist gut und richtig.
Es wurde früher viel versäumt und es kann gar nicht mehr vollständig aufgearbeitet werden - aber jeder alte Nazi, der heute noch zur Verantwortung gezogen wird, ist schon ein Erfolg, wie ich finde. Olga
berry902
berry902
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Re: vielleicht letzter Auschwitzprozess
geschrieben von berry902
als Antwort auf olga64 vom 22.09.2015, 17:31:27
hallo olga

dir ist doch bekannt das nach dem strafgesegtzbuch fast alles verjährt ist ausser mord den muss man demjenigen aber erst nachweisen so einfach ist das dafür das die "staatselite" das nichtverfolgen wollte daas liegt ja in der natur der sache
aber jetzt nochmal alles aufrollen ....??jetzt hat irgendso ein hansel von denen mal das glück alt zu werdenivch will um gottes willen will den nazis nicht das wort reden..aber 70 jahre später das noch so akribisch zu verfolgen nach dem Stgb mag das ja alles korrekt sein also formaljuristisch meine ich
... da sollte man aber wirklich mal die kirche im dorf lassen !

berry902
olga64
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Re: vielleicht letzter Auschwitzprozess
geschrieben von olga64
als Antwort auf berry902 vom 01.10.2015, 12:04:18
Ich bewundere mein gesamtes Erwachsenenleben Herr Fritz Bauer, der sein Leben dafür verwendete, die ersten Auschwitz-Prozesse trotz grösster Widerstände aus der damaligen noch Nazi-verseuchten Politik zu installieren. Dazu gibt es jetzt einen Film im Kino - dargestellt wird Herr Bauer von dem ebenso bewunderungswürdigen Burghart Klaussner.
Herr Fritz Bauer wurde mir ein Begriff als ich eine TV-Dokumentation über ihn sah. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass auch seine grossen Bemühungen und die heute lebender, engagierter Juristen in diesem Genre so lange weitergeführt werden müssen, so lange noch einer der Nazis lebt, die damals viel Unheil anrichteten und dann das grosse Glück hatten, ihr Leben unbeschadet und oft auch angesehen weiterzuleben. Die Opfer - die noch leben - hatten dieses Glück nie und mit ihnen auch nicht die Nachkommen, die in diesen Sog gezogen wurden. Olga

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