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Innenpolitik Wahlbeben in Großbritannien

carlos1
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Re: Wahlbeben in Großbritannien
geschrieben von carlos1
als Antwort auf olga64 vom 09.06.2017, 17:54:43
"Wir sollten jetzt nicht in unserem verständlichen Unverständnis wieder den Fehler machen, uns einmischen zu wollen." olga
64


Hallo Olga,.
GB ist immer noch Mitglied der EU und trifft für uns und sich selber folgenschwere Anstalten für Veränderungen seines Status in der EU. Unser Interesse als EU-Bürger an den Vorgängen in GB und Kritik an den Wahlen und Akteuren ist deshalb keine Einmischung in innere Angelegenheiten. Die Welt ist so zusammengewachsen, dass Vorgänge in einem Land viele andere Länder oder auch die ganze Welt betreffen. Für Menschen , die seit vielen Jahren in GB leben und jetzt völlig verunsichert sind wegen ihrer Zukunft ist es schwer.
olga64
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Re: Wahlbeben in Großbritannien
geschrieben von olga64
als Antwort auf carlos1 vom 09.06.2017, 18:07:32
Corbyn spricht von einer Minderheitenregierung, weil er sich als den grossen Wahlsieger sieht.
Die Queen hat bereits Madam mit der Regierungsbildung beauftragt. Sollte sie dann doch noch zurücktreten - ich wiederhole mich - steht Boris Johnson im Startloch. Ist so wie in den USA: die Nachfolge ist oft noch schlimmer und überhaupt nicht mehr kalkulierbar.

Ich persönlich weiss schon, weshalb ich noch nie so begeistert von Referenden war: entweder gehen die Leute nicht hin, um ihre Stimme abzugeben und "verwässern" damit das Ergebnis mengentechnisch. Oder sie fallen auf Lügen und/oder abartige Winkelzüge rein und erzielen Effekte, die sie im Nachhinein gar nicht wollten.

Phil: ich denke, unserer Kanzlerin dürfte die Rolle, die ihr jetzt viele zuschreiben wollen, nicht geheuer sein. Sie ist hoffentlich zu klug, um sich als Rettungsanker zur Verfügung zu stellen, wobei man immer einkalkulieren muss, dass viele, die danach rufen, eigentlich ihr Versagen wünschen. Auch in der eigenen Partei und natürlich bei all den anderen, die ihr nie verziehen haben, dass sie so lange Kanzlerin eines so wichtigen Landes ist. Olga
wandersmann
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Re: Wahlbeben in Großbritannien
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf pschroed vom 09.06.2017, 12:51:10
Es ist zwar schwer zu verstehen warum Theresa May nicht ihren Hut nimmt, diese Frau ist wirklich obsessiv
Phil.


Es gibt gar keine Veranlassung für sie, jetzt zurückzutreten.
May hat zwar ihr Ziel mit dieser Wahl nicht erreicht, aber dennoch hat ihre Partei die Wahl gewonnen, und hat dabei im Vergleich zur Wahl 2015 nochmal um 5,5% auf rund 42% zugelegt. Damit ist sie nunmal als Sieger aus dieser Wahl hervorgegangen.
Dass sie 10 Tage vor den Brexit-Verhandlungen NICHT zurücktritt, ist ein Ausdruck der Wahrnehmung von Verantwortung für ihr Land.
Dass die Anberaumung dieser Wahlen törricht war, steht außer Frage.

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carlos1
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Re: Wahlbeben in Großbritannien
geschrieben von carlos1
als Antwort auf olga64 vom 09.06.2017, 18:23:51
"Sollte sie dann doch noch zurücktreten - ich wiederhole mich - steht Boris Johnson im Startloch. Ist so wie in den USA: die Nachfolge ist oft noch schlimmer und überhaupt nicht mehr kalkulierbar." oplag64


Olga64,
zurücktreten kann sie natürlich oder aber sie wird zurückgetreten, später. Bei den Tories scharren schon einige potenzielle Nachfolger mit den Hufen. Johnson wurde von May ins Amt gehievt. Sie selber war eine Notlösung, weil Johnson ablehnte.

Johnson und Trump haben gewisse Parallelen in ihrer Herkunft. Trumps Eltern waren deutsche Auswanderer (Rheinland-Pfalz). Vater war Bauunternehmer.

Johnson dagegen stammt aus dem Hochadel ab, ist Nachkomme des ersten württembergischen Königs von Napoleons Gnaden (Friedich I.) und seiner Frau Mathilde, einer englischen Prinzessin, mit großer Leibesfülle ausgestattet. Friedich I. war von großer Statur und ebenfalls ungemein korpulent. Die Schreiner mussten seinen Schreibtisch mit einer großen Einbuchtung versehen, in dem die Körperfülle Platz fand. Napoleon, der dies Möbelstück sah, soll bemerkt haben, dass er nicht geahnt habe, dass die menschliche Haut so dehnbar sein kann. Johnson hat m. E. große Ähnlichkeit mit dem Portät des Königs.

Ich muss mich verbessern. Es handelt sich um folgende Verbindung:

"Über seine Urururgroßeltern Adelheid Pauline Karoline von Rottenburg (1805–1872), nichteheliche Tochter von Prinz Paul von Württemberg, und Karl Maximilian Freiherr von Pfeffel (1811–1890) ist er durch das Königshaus Württemberg weitläufig mit Queen Elizabeth und Prinz Charles verwandt" Wikipedia
carlos1
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Re: Wahlbeben in Großbritannien
geschrieben von carlos1
als Antwort auf wandersmann vom 09.06.2017, 19:08:45
"Dass die Anberaumung dieser Wahlen törricht war, steht außer Frage." wandersmann

@wandersmann,
Zustimmung w., die Festlegung auf Neuwahlen war töricht, weil May Neuwahlen ausdrücklich ausgeschlossen hatte. Wir bewerten ihr Vorgehen nach dem Erfolg/Misserfolg und dem Zeitpunkt. Vor der Wahl war offensichtlich, dass sie mit dem Wahlgang eine Legitimierung ihrer Position erreichen wollte und damit eine Stärkung ihrer Stellunggegenüber der eigenen Partei und auch in den Verhandlungen mit Brüssel. Dem Sieger werden nach einer Wahl Kränze geflochten und Respekt gezollt. Der weniger Erfolgreiche muss sich vom Hof schleichen. Der Ausgang der Wahlen ist nach den von May gesetzten Maßstäben zu bewerten (absolute Mehrheit der Sitze). Also voll daneben.

Ihre Stellungnahmen vor der Wahl zeigten eine unentschlossene May. Sie agierte eher als Sachwalterin einer Regierung, als deren Chefin sie emporgehoben wurde, nachdem Johnson und Michael Gove, die eigentlichen Kronprinzen sich zurückzogen, aus guten Gründen.

Wähler spüren aber auch , ob eine politische Persönlichkeit Authentizität aufweist. Ihre harte Haltung im Brexit (Lieber ein harter Brexit - also kein Vertrag - als ein schlechter Vertrag mit Brüssel) ist es, die Beachtung verdient. Nach ihrer vornehmen Zurückhaltung in der Brexitfrage vor dem Referendum 2015 und ihrer extrem harten Haltung, ihrer Law and Order-Politik mit drohungen die Grundrechte zu ändern, das wirkte unglaubwürdig. Der Engländer liebt Kompromisse, das harte Entwder-Oder passte nicht zum Thema und zur Lage des Landes. Sie forderte eher Gefolgschaft und nicht rationales Abwägen.

Was sie noch tun kann, ist Schadensbegrenzung. Verantwortung sieht anders aus. Gelitten hat nicht nur ihr Ruf und der des Establihments, sondern ihr Land. GB. Nichtregierbarkeit heißt Schwächung des Landes. Sie wollte Stärkung. Sie muss sich abhängig machen in einer möglichen Koaliton mit der UDP einer kleinen Partei UA Nordirland, die z. B. gegen das Klimaabkommen von Paris ist und anderen Punkten. Die Tories sind für das Abkommen. Stellt sich UDP quer, dann wackelt der Schwanz mit dem Hund und das wäre GB, das Land, das einer neuen gloreichen Zukunftin Stärke zugeführt werden soll (so die Wahlsuasage der Brexiteers). England degeneriet zu einer tragischen Figur, fast zu einer Lachnummer. Vornehm ausgedrückt: Das Land verliert an Ansehen.

Gruß
c
adam
adam
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Re: Wahlbeben in Großbritannien
geschrieben von adam
als Antwort auf carlos1 vom 09.06.2017, 21:28:57
Sicher kann man den Ausgang der Wahl aus der Sicht des Ansehens für das Land betrachten.

Sie vertritt nicht meine europäische Linie, trotzdem hatte ich von Theresa May immer den Eindruck einer toughen Frau, die im politisch unbequemsten Moment ihres Landes viel Charakter gezeigt hat als alle Großmäuler gekniffen haben. Hut ab. Von der Sorte Politiker/in bräuchte Europa mehr, gleich auf welcher politischen Seite.

--

adam

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Karl
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Administrator

Re: Wahlbeben in Großbritannien
geschrieben von Karl
als Antwort auf adam vom 09.06.2017, 23:41:12
@ adam,

das kann man auch anders sehen. Frau May hat ihre "Meinungen", wenn es denn überhaupt eigene waren, ständig geändert und zwar immer so, wie sie glaubte, dass es für sie persönlich günstiger sei.

Vor dem Brexit-Referendum hat sie Reden gegen den Brexit gehalten. Nach dem Referendum hat sie einen harten Brexit befürwortet. Neuwahlen wollte sie explizit nicht und hatte sie ausgeschlossen. Dann glaubte sie, einen günstigen Moment erwischen zu können, um ihre Mehrheit auszubauen.

Im Wahlkampf ist sie sehr nach rechts gerückt, nur um ihre Macht zu sichern. Sie verstieg sich sogar zu der Aussage, die Menschenrechte im Kampf gegen den Terrorismus einschränken zu wollen. Jetzt kooperiert sie mit einer nordirischen evangelikalen Bürgerkriegspartei, die recht seltsame Personen nach London schicken wird.

Tough bei der Durchsetzung eigener Interessen? Vielleicht. Gut für Groß-Britannien? Nein. Die Tories haben zwei Eigentore nacheinander geschossen, zuerst Cameron, der durch das Brexit-Referendum seine Position stärken wollte, dann durch Theresa May, die eine unnötige Wahl angesetzt hat, die sie - nach ihren eigenen Zielen bewertet - krachend verloren hat.

Karl
adam
adam
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Re: Wahlbeben in Großbritannien
geschrieben von adam
als Antwort auf Karl vom 10.06.2017, 08:56:12
Ja, T.May hat den Wählern "auf`s Maul" geschaut und das sehe ich in einer Demokratie nicht negativ.

Dabei konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, daß sie den Briten auch zeigen wollte, wie falsch es war, für den Brexit zu stimmen, bzw nicht zur Wahl zu gehen, um ihn zu verhindern. Im Grunde genommen ist die jetzige Wahl ein Votum gegen den Brexit, provoziert von T.May. Wie die Wahl ausgehen würde, haben viele zumindest geahnt, nur T.May nicht? In diesem Sinn hat sie, entgegen Carlos Folgerungen, ihrem Land genützt.

Wobei wir alle wissen, daß ein "Brexit" sowieso zu größeren Teilen nicht vom Wählerwillen abhängt, wie es auch keinen solchen Beitritt durch ein Votum geben kann. Das ist einfach gegeben durch Geographie, Handel, politisches System und menschliche Gemeinsamkeiten.

--

adam
carlos1
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Re: Wahlbeben in Großbritannien
geschrieben von carlos1
als Antwort auf Karl vom 10.06.2017, 08:56:12
"Sicher kann man den Ausgang der Wahl aus der Sicht des Ansehens für das Land betrachten." adam

Adam, ich betonte vor allem den Mangel an Authentizität bei der Premierministerin. Die Wähler sind nicht so uninformiert, als dass sie nicht wüssten, für welche Ziele zu verschiedenen Themen Politiker stehen. Sie können sehr wohl taktische Schwenks von Überzeugungen unterscheiden. Karl drückt es in seinem Beitrag präziser aus.

Auch der vielbeschworene harte Brexit, angedroht vor den Verhandlungen mit Brüssel, ist Taktik, um die brit. Verhandlungsposition zu stärken und um UKIP Anhänger bei Wahlen zu gewinnen. Deshalb verzichtete UKIP auch auf die Aufstellung von Kandidaten, May übernahm ja die UKIP-LInie. Allerdings ließen sich viele UKIP-Wähler von Corbyn mit sozialen Themen ködern und wählten wieder Labour wie früher auch. Mays Kalkulation, nämlich Fischen am rechten Rand, ging nicht auf. Die Zahl der Brexitbefürworter ist allerdings wohl noch immer größer als die der EU-Anhänger.

Der harte Brexit ist bei Licht betrachtet für GB unsinnig: 40% des britischen Exports gehen in die EU, nur 5% des Exports der EU geht jedoch nach GB. Deutschlabnd allerdings wäre durch einen harten Brexit stärker betroffen. Damit spekuliert GB auf dt. Entgegenkommen. Alle aber würden unter dem harten Brexit leiden, nur GB mehr.

Eine Drohung mit maximaler Selbstschädigung ist letzten Endes unglaubwürdig und dumm, wobei der Brexit an sich schon doof genug ist in einer zusammenwachsenden Welt.

Die unnötigen Neuwahlen wurden May von Brexitminister Davis und Schatzkanzler Hammond eingeredet. In der Wahlnacht war von den beiden nichts zu hören und zu sehen, wir berichtet.

Die nordirische DUP ist nun der Strohhalm, an den die Konservativen sich klammern müssen, um das Land der versprochenen leuchtenden Zukunft in Wohlstand und Stärke auf dem Globus entgegenzuführen. Die Konservativen müssten ein Stillhalteabkoomen mit dieser regionalen Splitterpartei anstreben, damit diese bei Abstimmungen ihre Stimmen zur Verfügung stellt. Eine überzeugende Demonstration von führungsstärke ist das nicht.

Die EU befürchtet ein Chaos, weil niemand so recht weiß, in welche Richtung die Verhandlubngen laufen werden: harte oder weiche landung beim Austritt aus der EU. Natürlic hat sdas Auswirkungen auf die Wirtschaft, die stabile Rahmenbedingungen für Investitionen benötigt. Wirtschaft wird wesentlich durch Psychologie bestimmt.

Labourführer Corbyn hat mich in den Übertragungen aus Unterhausdebatten im Duell mit May und den Konservativen überzeugt. Ruhig, sachlich, auf konkrete Themen bezogen, die den Wählern vertraut sind. Er kann auf dieLeute zugehen, istin Debatten geübter als May, die einem direktes Duell mit Corbyn aus em Weg ging.
Gruß
c

PS: Habe den Beitrag Adam zuordnen wollen.
adam
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Re: Wahlbeben in Großbritannien
geschrieben von adam
als Antwort auf carlos1 vom 10.06.2017, 10:05:29
Ja Carlos, darauf können wir uns einigen. Jetzt fehlt nur noch, Herrn Junkers zu sagen, daß sein ewig beleidigtes Getue mit den Briten so doof ist, wie deren Gerede vom harten Brexit. Im Grunde genommen erleben wir mit dem nicht Funktionieren des Brexit, was auch mit den USA, entgegen dem Willen von D.Trumpt, nicht funktioniert. Wobei natürlich das Gerede darüber allen schadet, auch den Urhebern der Idee.

--

adam

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