Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik Warum integrieren sich auch nach Jahrzehnten Italiener bei uns nicht?

Innenpolitik Warum integrieren sich auch nach Jahrzehnten Italiener bei uns nicht?

olga64
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Warum integrieren sich auch nach Jahrzehnten Italiener bei uns nicht?
geschrieben von olga64
Es wird seit Wochen viel auf nicht integrationswillige Türken eingedroschen. Warum regt sich niemand über nicht integrationswillige Italiener auf? Es ist doch so,dass diese ihre weltweit sehr beliebten Lokale immer in italienischem Trattoria-Stil führen; in den Restaurants italienische Mineralwasser, Weine, Speisen und Espressi plus Cappucini und nicht zu vergessen Latte offerieren. Die (deutschen) Gäste entblöden sich auch nicht, beim Eintritt in solche Etablissements mit wenigen italienischen Sprachkenntnissen in dieser Sprache zu parlieren (nach mehreren Flaschen Wein denken sie ja, sie würden die Sprache fliessend beherrschen - worüber Italiener immer wieder herzlich lachen können).
Meist sprechen Italiener ja Deutsch - brauchen es aber nicht, weil wir ja unser Italienisch an ihnen erproben wollen.
Ansonsten lebt jeder in seiner Community. Oder werden Italiener häufig zur Kirchweih-Gans zu Deutschen eingeladen und umgekehrt Deutsche zu den Osterfeiern bei Italienern?
Auch z.B. in New York existiert Little Italy wie in vielen anderen Ländern der Erde. Dort leben dann fast ausschliesslich ausgewanderte Italiener mit ihren Bräuchen und Sitten. Sie sind wirtschaftlich erfolgreich bis hin zu mafiösen Strukturen, die ebenfalls weltweit praktiziert werden, bis hin zur Blutrache.
Warum akzeptieren wir Deutsche trotz ohne Widerreden unsere Italiener und lieben sie auch noch? An der Pizza allein kann es doch nicht liegen - die können wir Deutsche mittlerweile sogar (auftauen und in die Mikrowelle legen). Olga
clara
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Re: Warum integrieren sich auch nach Jahrzehnten Italiener bei uns nicht?
geschrieben von clara
als Antwort auf olga64 vom 20.10.2010, 16:43:45
Olga, ich kenne zahlreiche deutsch-italienische Partnerschaften/ Ehen, bin selbst befreundet. Das wichtigste Kriterium, die Beherrschung der Sprache, ist doch erfüllt. In Restaurants wird auch nur von den vom abendlichen Italienischkurs einkehrenden Gästen italienisch gesprochen. Von Lustigmachen habe ich selbst nie etwas bemerkt, habe selbst einige dieser Kurse hinter mir.
Außerdem - warum sollten die Italiener nicht ihre Lokale in der Art führen, wie es "wir" Deutsche mögen? Da wären sie ja schön dumm!
In den USA gibt es auch heute noch Siedlungen mit deutschen Namen, überwiegend deutschstämmiger Bevölkerung, die die alten Sitten und Gebräuche pflegt. Ich meine, diese Menschen sind trotzdem integriert, wie es auch die Italiener bei uns sind.
Die Integration hängt ja auch von (gemeinsamer) Kultur und immer noch von der Religion ab.
Bedenklich sind allerdings mangelhafte Schulleistungen italienischer Kinder, wie ich neulich las.

Clara
olga64
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Re: Warum integrieren sich auch nach Jahrzehnten Italiener bei uns nicht?
geschrieben von olga64
als Antwort auf clara vom 20.10.2010, 17:04:30
Gerade in München gibt es ja viele sog. In-Italiener, die völlig überteuert ihre Speisen und Getränke verkaufen und wo sich deutsche Kunden geadelt fühlen, wenn der Padrone sie italienisch und umarmend begrüsst. Dann versuchen diese Leute, italienisch zu sprechen, weil sie denken, das muss so sein. Und darüber lachen dann die Italiener in der Küche usw. (also nicht öffentlich).
Auch ich bin grosser Italien-Freund - allerdings gehe ich lieber in Italien essen als in Deutschland - Pizza mag ich sowieso nicht.
Und dass es in New York auch ein Deutschen-Viertel mit sehr überteuerter deutscher Wurst und Sauerkraut (von Hengstenberg) gibt, weiss ich aus der Zeit, wo ich dort lebte.
Aber warum verurteilen wir Türken und ihre Lebensformen mehr als andere Ausländer in Deutschland? Religion als "Anker" möchte ich nicht gelten lassen, da wir Deutsche Religion ja auch nicht so intensiv leben, wie dies bei Italienern noch der Fall sein kann.
Und wer öfters in Italien ist, kennt schon die Unterschiede zwischen deutscher und italienischer Kultur.
Ich hätte auch das Beispiel Amerikaner in Deutschland anbringen können: diese geben offen zu,dass es unnötig ist, Deutsch zu lernen, da sie ihre deutschen GEsprächspartner auch nach deren Englisch-Kenntnissen auswählen.
Aber auch diese haben nichts zu befürchten, auch wenn sie sich evtl. als Drogendealer und Rabauken herausstellen.
Ich glaube schon ,dass Türken auch aus uns unbekannten Gründen unbeliebt in Deutschland sind - oft kennen wir ja nicht mal welche. Dabei ist dieses Land mittlerweile so erfolgreich wie kein anderes in Europa (10% Wirtschaftswachstum - Altersdurchschnitt ca 28 - 30 Jahre). DAvon kann Italien und auch USA nur träumen. Olga

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loretta
loretta
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Re: Warum integrieren sich auch nach Jahrzehnten Italiener bei uns nicht?
geschrieben von loretta
als Antwort auf clara vom 20.10.2010, 17:04:30
Heute, liebe Olga, verstehe ich dich aber nicht ganz.

Deine Liste ließe sich beliebig weiter führen.

Es gibt auch diverse, bzw. massig viele französische, chinesiche oder z. B. griechische Restaurants. Und alle alle werden landesüblich mit dort einheimischen Produkten und Gerichten geführt.

Darum gehen wir Deutschen doch in diese Restaurants, nämlich um die Spezialitäten dieser Länder unserem Gaumen näher zu bringen.

Ich finde, hieran die Integartionsunwilligkeit festmachen zu wollen, ziemlich ungerecht.

Es ist nunmal normal und wir würden uns im Ausland auch nicht anders verhalten, nämlich wer Landsleute trifft, freut sich erstmal darüber und bleibt auch mit ihnen in Verbindung.

Vielleicht muss man das auch mal aus der Warte sehen.

Ich habe eine Freundin, die mit einem Indonesier verheiratet ist. Da wird sich regelmäßig mit vielen Indonesiern in Berlin getroffen. Man kennt sich halt und bleibt natürlich gerne in Verbindung und pflegt gemeinsam seine Traditionen. Ein Stückchen Heimat in der Fremde halt.

loretta
olga64
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Re: Warum integrieren sich auch nach Jahrzehnten Italiener bei uns nicht?
geschrieben von olga64
als Antwort auf loretta vom 20.10.2010, 17:19:21
Liebe Loretta, ich finde die auch alles sehr richtig (lebte ja selbst einige Jahre im Ausland und war oft froh, Deutschen zu begegnen, um in meiner Sprache mal wieder reden zu können).
Aber warum fordern wir denn dann von Türken "unbedingte" Integration? Lassen wir doch auch diese ihr Leben mit ihren Bräuchen und Sitten leben - warum machen wir hier die Unterschiede? Der Islam kann es nicht sein - der ist ja z.B. auch bei Indonesiern, Marokkanern usw. anzutreffen? Ich möchte nur dahinterkommen, warum wir Türken grundsätzlich und europaweit mit strengeren Massstäben messen als alle anderen. Sind wir jetzt wieder "dàccord"? Olga
uki
uki
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Re: Warum integrieren sich auch nach Jahrzehnten Italiener bei uns nicht?
geschrieben von uki
Die Frage sollte den Italienern gestellt werden. Vielleicht fühlen sie sich integriert und vielleicht sind sie es auch.
Nun, wenn ich in ein Restaurant gehe, egal ob italienisch oder sonst ein ausländisches, frage ich nicht den Besitzer ob er integriert ist, die deutsche Staatsbürgerschaft hat oder etwas in der Richtung.
Er verdient seinen Unterhalt selbst, zahlt Steuern wie jeder, benimmt sich freundlich den Deutschen gegenüber und so lange er sich an unser GG hält, ist doch alles in Ordnung.

Problematisch wird es dann, wenn bei den ausl. Bürgern kein selbständig erarbeitetes Einkommen vorhanden ist, sie sich den deutschen Mitbürgern gegenüber -dennoch- machohaft verhalten, sie beschimpfen, was bei Jugendlichen im Schulbetrieb zu beobachten ist.
Eltern nicht darauf bedacht sind ihren Kindern eine gute Schulbildung zukommen zu lassen und diese dann wiederum keine Chance haben, eine Ausbildung zu bekommen,ihre Deutschkenntnisse sehr zu wünschen übrig lassen.
So viel ich weiß, ist dieses Verhalten bei Italienern nicht so auffällig.

Außerdem darf nicht übersehen werden, dass ein Großteil der aus dem Ausland eingewanderten Bürger sehr wohl integriert ist.

-uki-

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myrja
myrja
Mitglied

Re: Warum integrieren sich auch nach Jahrzehnten Italiener bei uns nicht?
geschrieben von myrja
Die Italiener sind doch integriert. Sie verdienen mit ihren Restaurants (oder anderen Jobs) ihr eigenes Geld, zahlen Steuern, anerkennen unsere Lebensweise und sprechen Deutsch.

Genau so ist es auch bei den meisten anderen MigrantInnen. Einige wollen dies nur einfach nicht wahrhaben.

Nicht wahrhaben wollen auch viele, dass gerade MigrantInnen aus dem arabischen Raum leider viel schlechtere Chancen haben einen Arbeitsplatz zu bekommen. Allerdings ist doch auch zu bemerken, dass sie sich sehr oft selbständig machen mit Imbiss, Obst- und Gemüsemarkt oder Restaurant.

Es geht doch bei allen MigrantInnen um Integration und nicht um Assimilation.

Myrja

lalelu
lalelu
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Re: Warum integrieren sich auch nach Jahrzehnten Italiener bei uns nicht?
geschrieben von lalelu
als Antwort auf olga64 vom 20.10.2010, 17:24:18
Aber warum fordern wir denn dann von Türken "unbedingte" Integration? Lassen wir doch auch diese ihr Leben mit ihren Bräuchen und Sitten leben - warum machen wir hier die Unterschiede? Der Islam kann es nicht sein - der ist ja z.B. auch bei Indonesiern, Marokkanern usw. anzutreffen? Ich möchte nur dahinterkommen, warum wir Türken grundsätzlich und europaweit mit strengeren Massstäben messen als alle anderen. Sind wir jetzt wieder "dàccord"? Olga
geschrieben von olga

Olga, wir messen Türken nicht mit strengeren Maßstäben, sondern wir möchten sie mit den gleichen Maßstäben messen dürfen wie alle anderen hier lebenden Ausländer auch. Das wird uns aber gelegentlich von türkischer Seite sehr schwer gemacht. Oft wird von uns mehr Entgegenkommen erwartet als uns entgegengebracht wird. Integration kann aber nur gelingen, wenn sie von BEIDEN Seiten gewünscht und gefördert wird.

Es liegt in der Natur der Sache, dass die Schwierigkeiten proportional zur Verschiedenheit des kulturellen Hintergrundes zu- bzw. abnehmen. Unsere gesamte Kultur hat ihre Wurzeln in der Tradition des christlichen Abendlandes. Darin unterscheiden wir uns nur im Detail von den übrigen Mitteleuropäern, weshalb wir mit diesen in der Regel sehr leicht einen gemeinsamen Nenner finden können.

Warum sollte sich jemand über Italiener aufregen, wie Sie am Anfang Ihres Beitrages gefragt haben? Diese benehmen sich kaum anders der deutsche Michel und Lieschen Müller. Dass sie lieber Pasta als Kartoffeln essen, ist doch weiß Gott kein Zeichen dafür, dass sie nicht integriert sind. Mit dem gleichen Recht müsste man dann die meisten deutschen Kinder auch als nicht integriert bezeichnen, weil die nämlich in der Regel auch lieber Nudeln als Kartoffeln essen. Das ist wahrlich nicht das Problem.

Wer aber aus einem völlig anderen Kulturkreis zu uns kommt, hat es hier von vorneherein schwerer als jemand, der zwar ebenfalls eine andere Nationalität, aber eine vergleichbare Grundüberzeugung wie wir hat. Wenn er dann nicht gewillt ist, sich im Alltag den Regeln unserer Gesellschaft anzupassen und sie zu respektieren, darf er sich nicht wundern, wenn er als Außenseiter behandelt wird.

Olga, anders als Sie bin ich aber nicht der Meinung, dass man europaweit Türken generell mit strengeren Maßstäben misst als Angehörige anderer islamischer Minderheiten. Sehen Sie nach Frankreich. Dort sind die Probleme sogar massiver als in Deutschland und zwar nicht mit Türken, sondern mit Nordafrikanern. Begünstigt werden diese Probleme durch Ghettobildung, weil der einzelne alles findet, was er zum Leben braucht, ohne das Ghetto verlassen zu müssen. Die Notwendigkeit, sich einzugliedern, wird nicht gesehen. Es ist ein Teufelskreis: Abschottung auf der einen, Ablehnung auf der anderen Seite. Wo Einwanderer – ganz gleich, woher sie kommen – besser "verteilt" werden, entstehen solche Parallelgesellschaften erst gar nicht, was die Integration zumindest erleichtert. Dass man sich freut, wenn man Menschen aus seiner Heimat treffen und mit ihnen schöne gemeinsame Stunden verbringen kann, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Um noch auf Ihre eingangs gestellte Frage einzugehen: wenn die Italiener ihre Lokale weltweit im beliebten Trattoria-Stil führen, dann doch wohl deshalb, weil es den Leuten gefällt und weil sie Erfolg damit haben. Sie wären ja dumm, das zu ändern. Das hat Clara schon gesagt, und wie loretta weiter ausführte, lieben Deutsche es offensichtlich, "ausländisch" essen zu gehen. Es hat nicht das Geringste mit Integrationsunwilligkeit zu tun, wenn die Restaurantbesitzer auf die Wünsche ihrer Gäste eingehen, sondern es zeugt von einem gesunden Geschäftssinn. Wer dort nicht essen möchte, kann von der Würstchenbude bis hin zum Nobelrestaurant das Passende für sich finden.

Lalelu
loretta
loretta
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Re: Warum integrieren sich auch nach Jahrzehnten Italiener bei uns nicht?
geschrieben von loretta
als Antwort auf lalelu vom 20.10.2010, 20:38:11
Liebe Lalelu,

wieder mal ein fabelhafter Beitrag,
dem ich mich in allen Punkten gerne anschließe.

Auf diesem Wege einen schönen Abend für dich
loretta
lars
lars
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Re: Warum integrieren sich auch nach Jahrzehnten Italiener bei uns nicht?
geschrieben von lars
als Antwort auf loretta vom 20.10.2010, 21:06:58
Mit unseren Nachbarn haben wir kein Problem mit der Integration, sind zum Teil schon in der 3. Generation bei uns, leben mit ihnen gut zusammen!
Haben nur Probleme mit Menschen, die sich abschotten, betreffend Religion, mit Kopftücher tragen usw.

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