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Innenpolitik Was Sippenhaft mit den Menschen macht

Karl
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Administrator

Was Sippenhaft mit den Menschen macht
geschrieben von Karl
Im Spiegel gibt es einen lesenswerten Artikel zu dem hier bereits diskutierten Thema der Sippenhaft.
Wie fühlt es sich an, nur wegen der dunklen Hautfarbe kontrolliert zu werden? Der in Berlin lebende Israeli Zeev Avrahami erzählt, was das allgegenwärtige Misstrauen mit ihm macht.
geschrieben von Spiegel.de


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Karl
Karl
Karl
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Re: Was Sippenhaft mit den Menschen macht
geschrieben von Karl
als Antwort auf Karl vom 05.01.2017, 22:46:59
Vielleicht noch dieses Zitat?
Was macht es mit mir, wenn ich immer wieder kontrolliert oder bewertet werde, nur auf Grund meines Aussehens?

Natürlich fühlt sich das nicht gut an. Ich habe ein sehr ambivalentes Verhältnis zu meiner Hautfarbe. Andere Menschen geben viel Geld für Bräune aus, ich bin von Geburt an dunkel - und das bedeutet Probleme zu bekommen, verdächtigt zu werden. Neulich entdeckte ich eine kleine Hautstelle an meinem Körper, die weiß geworden war. Meine Hautärztin sagte, ich verliere vielleicht Pigmente, und man könne möglicherweise nichts dagegen tun. Ich jubelte instinktiv: 'Juhu, ich werde weiß.' Die Ärztin konnte nicht aufhören zu lachen. Es war ein tragikomischer Moment.
geschrieben von ebd.


Der Artikel ist übrigens nicht scharz-weiß, wie vielleicht jetzt einige denken mögen. Zeev Avrahami hat Verständnis für die Sorgen der Bevölkerung. Er möchte aber als Individuum wahrgenommen werden.

Mein Anliegen ist es zum Nachdenken anzuregen, die Probleme sichtbar zu machen, die durch die pauschalen Verdächtigungen erzeugt werden. Unsere Freiheit ist eine Freiheit der Individuen und dies bedeutet auch, dass der einzelne Mensch zählt und jeder einen Anspruch auf individuelle Bewertung hat.

Karl
sammy
sammy
Mitglied

Re: Was Sippenhaft mit den Menschen macht
geschrieben von sammy
als Antwort auf Karl vom 06.01.2017, 10:42:26
Er möchte aber als Individuum wahrgenommen werden.
geschrieben von karl

....natürlich möchte Jede(r) als Individium wahrgenommen werde, aber es wird wohl immer wieder Situationen geben, in der Menschen in ein "Raster/Profil" geraten. Erst ein Missbrauch bzw. unnötige Verallgemeinerungen bei entsprechenden Amtshandlungen bzw. Äüßerungen wären doch zu beanstanden.

sammy

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Re: Was Sippenhaft mit den Menschen macht
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Karl vom 06.01.2017, 10:42:26
Man muss nicht dunkelhäutig sein um in Sippenhaft genommen zu werden. Manchmal reicht es ganz einfach deutsch zu sein!
Bruny
JuergenS
JuergenS
Mitglied

Re: Was Sippenhaft mit den Menschen macht
geschrieben von JuergenS
Dieses Thema ist ein Dauerbrenner.

Meine Sichtweise dabei ist, dass dort, wo man mit vielen, meist erkennbar etwas anders aussehenden "Ausländern" ständig zusammentrifft, überall, also in großen Städten, die Menschen kaum Probleme haben.

Ich habe mir auch abgewöhnt, Migranten nach ihrer Herkunft zu fragen, denn wenn sie darüber was erzählen wollen, machen sie das schon.

Natürlich ist man vor Vorurteilen nicht gefeit.

Auf dem Dorf stell ich mir das ganze so vor, dass dort meist noch der Lernprozess, den ich durchgemacht habe, auch erfolgen muß.

Aber auch in den USA gibt es ähnliche Probleme, wie mir mein Onkel, der dort lebt, berichtet. Zu Beginn eines Prozesses nach der Immigration scharen sich erst mal gleich und gleich zusammen, erst in Folgegenerationen löst sich das auf, manchmal sehr langsam.

Im Urlaub ist es eigentlich naturgemäß kein Problem, auf die Menschen der Gastländer zu zugehen, es wird sogar angenehm empfunden, mal was anderes kennen zu lernen.

Sippenhaft hingegen ist ja der Gipfel der Problematik, das ist noch wesentlich komplizierter.
hobbyradler
hobbyradler
Mitglied

Re: Was Sippenhaft mit den Menschen macht
geschrieben von hobbyradler
als Antwort auf Karl vom 05.01.2017, 22:46:59
..Bis zum Zuzug der vielen Flüchtlinge im Jahr 2015 habe ich mich in Berlin willkommen gefühlt. Die Menschen haben mich mit Neugier, nicht mit Misstrauen betrachtet. Das hat sich sehr geändert. ..
geschrieben von spiegel - Zeev Avrahami

@Karl,
jeder liest das was er für richtig oder wichtig hält.

Zeev Avrahami schreibt ganz klar, dass er sich bis zum Zuzug der vielen Flüchtlinge willkommen fühlte.

Warum ist das heute anders? Da weichen vermutlich unsere Meinungen erheblich voneinander ab.

Als Menschen die ihre Ängste artikulierten in die extrem „Rechte Ecke“ geschoben wurden, sah ich den Beginn unserer heutigen Probleme. Das schrieb ich mehrfach im ST.

Natürlich gibt es fremdenfeindlich Menschen, doch ich glaube, dass bis auf extreme Ausnahmen sich niemand der Aufnahme von Kriegsflüchtlingen verweigert hätte, wäre er vernünftig angesprochen worden statt sofort beschimpft zu werden.

Die Kanzlerin mit ihrem „dann ist das nicht mehr mein Land“ reagierte maximal dumm auf die sich abzeichnende Veränderung in der Bevölkerung.

Zeev Avrahami schreibt es völlig richtig – bis zum Zugzug der Flüchtlinge –
ich ergänze – nicht wegen der Flüchtlinge.

Da dieser Zuzug der Flüchtlinge völlig unkontrolliert stattfand, ist das Problem entstanden, dass manche Menschen Flüchtlinge und Terroristen in einen Topf werfen.

Mancher der „Gutmenschen“, ich schreibe den Ausdruck absichtlich nochmals zur Abgrenzung der Gruppe, täte gut daran zumindest heute zu verstehen was er in 2015 falsch machte.

Es freut mich sehr, was Zeev Avrahami über die Willkommenskultur bis 2015 schreibt. Denn so kenne ich Deutschland und so sähe es trotz der Flüchtlinge immer noch aus, hätte die Spitze unseres Staates nicht diese verheerenden Fehler begangen.

Ein leider nie völlig verschwundenes rechtes Spektrum hätte in wesentlich geringerem Maß Zulauf erhalten.

Ich sehe in niemandem einen Terroristen und gehe auch zu einem afghanischen Arzt, mit dem ich viel lachen kann.

Ciao
Hobbyradler

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sammy
sammy
Mitglied

Re: Was Sippenhaft mit den Menschen macht
geschrieben von sammy
als Antwort auf hobbyradler vom 06.01.2017, 13:15:07
Ich sehe in niemandem einen Terroristen und gehe auch zu einem afghanischen Arzt, mit dem ich viel lachen kann.

....nicht nur Hausärzte haben oft einen Migrationshintergrund. Wer heute in eine Klinik geht, wird mit Ärzten unterschiedlicher Herkunft zu tun haben. Aber darum geht es doch garnicht, sondern lediglich um eine Minderheit, die nicht akademischer Herkunft sind und hier eine andere Kultur/Gesellschaft/Wirtschaftsgefüge vorfinden.
Hier gilt es vorrangig die Sprache zu erlernen bzw. Dolmetscher zur Verfügung zu stellen, um den Weg für ein Miteinander zu ebnen.

sammy
Elmos
Elmos
Mitglied

Re: Was Sippenhaft mit den Menschen macht
geschrieben von Elmos
als Antwort auf Karl vom 05.01.2017, 22:46:59
Hallo Karl,

Danke für das Einstellen dieses Artikels. Und ja, ich kann das gut nachvollziehen, was dieser Mann grade mitmacht, glaube ich. Ich habe das schon vor Jahren hier erlebt und als extrem verstörend empfunden, dass mein damaliger Mann (Nordafrikaner übrigens) ständig kontrolliert wurde, während mir das in meinem Leben (ausser beim Autofahren) noch niemals passiert ist.

Freunde meiner Kinder, die etwas dunkle Hautfarbe haben, aber auch hier geboren und aufgewachsen sind, die erleben dies schon seit Jahren, und nun ist es noch extremer geworden. Für erwachsene Menschen, wie den hier interviewten Herrn Avrahami, mag das erträglich/halbwegs nachvollziehbar sein, vor allem wenn sie einen Einblick in die Probleme der Sicherheit haben. Aber sogar ihn verunsichert das ja so, dass er beginnt sich in seinem alltäglichen Verhalten selbst zu beobachten und zu kontrollieren.

Für Jugendliche/junge Erwachsene ist es mit Sicherheit traumatisierend, so einem "Racial Profiling" ausgesetzt zu sein, nur weil man sich durch seine Hautfarbe von seinen Freunden unterscheidet. Ich muss sagen, ich bin heute froh, dass meine Ehe damals kinderlos blieb - ich weiss nicht, wie ich es als Mutter ertragen könnte, wenn meine Kinder heute so diskriminiert würden, nur weil ihr Vater nicht in Deutschland geboren war...

Liebe Grüße
Andrea
Karl
Karl
Administrator

Re: Was Sippenhaft mit den Menschen macht
geschrieben von Karl
als Antwort auf hobbyradler vom 06.01.2017, 13:15:07
Lieber Hobbyradler,

ich teile nicht Deine Ansicht, dass diejenigen, die Fremdenfeindlichkeit beim Namen nennen, die Verursacher derselben sind.

Ich stimme Dir aber zu, dass dieser massive Zuzug Fremder dieselbige bei vielen offengelegt hat. Dass diese Fremdenfeindlichkeit ihre Ursache in Verunsicherung und Angst hat, wurde gestern im Politbarometer deutlich, in dem berichtet wurde, dass nur unter den AfD-Anhängern diejenigen die Mehrheit haben, die in Deutschland ein unsicheres Land sehen. In allen anderen Parteien und in der Gesamtbevölkerung herrscht die Meinung vor, dass Deutschland relativ sicher ist. Ein Lebensgefühl, das ich teile.

Beste Grüße, Karl
olga64
olga64
Mitglied

Re: Was Sippenhaft mit den Menschen macht
geschrieben von olga64
als Antwort auf Karl vom 06.01.2017, 15:24:54
Karl, noch ist das so; die Mehrheit von uns Deutschen scheint noch gut unterscheiden zu können, wie hier die Zusammenhänge liegen und noch nicht zur Hysterie zu neigen.
Aber mit jedem Terroranschlag in unserem Land kann und wird sich dies ändern. Wir stimmen mittlerweile Überwachungsmechanismen zu (und fordern diese auch), gegen die wir vor nicht allzu langer Zeit noch demonstrierend auf die Strasse gegangen wären.
Wenn wöchentlich ein Terroranschlag auf ein Volk niedergeht und jeweils viele Tote produziert, ändert sich ein Volk, was man derzeit gut in der Türkei beobachten kann. Hier wird dann aber irgendwann auch die politische Führung verantwortlich gemacht werden, die das Volk nicht schützen kann.

Erschreckt hat mich, dass die AfD mittlerweile in Umfragen für den Bundestag bei 15% liegt; die SPD nur noch wenig darüber (20%) und Grüne und Linke sowieso darunter. Die CDU/CSU bei 37%, wobei ich davon ausgehe, dass hier auch der harte Kurs der CSU beiträgt.
Bei der CSU fällt mir sowieso seit längerem auf, dass diese gegen R2G und gegen die Mutterpartei stänkern, aber kein böses Wort über die AfD verlauten lassen, deren programmatische Ausrichtung sie zwar politisch "etwas vornehmer", aber im Sinn ähnlich verachtungsvoll gegen alles Fremde in unserem Land artikulieren. Olga

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