Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik Wie demokratisch ist noch unsere Demokratie oder wie könnte es besser werden?

Innenpolitik Wie demokratisch ist noch unsere Demokratie oder wie könnte es besser werden?

bukamary
bukamary
Mitglied

Wie demokratisch ist noch unsere Demokratie oder wie könnte es besser werden?
geschrieben von bukamary
In einem anderen Thread schrieb ich sinngemäß, das ich unser demokratisches System ansich nicht in Frage stell, sehr wohl aber den Ist - Zustand.

Zuviel ist in den letzten Jahren hochgekocht, schiefgelaufen und es ist in verschiedenen Bereichen absehbar, dass wir hier noch einiges zu erwarten haben. Um einige "Fehlentwicklungen" zu nennen: das Sozialsystem, die Infrastruktur, Energiepolitik, Liste ist beliebig fortsetzbar, aber ich denke alle haben einen gemeinsamen Nenner. Viele Entscheidungen sind nicht unbedingt im Interesse der Bürger, allenfalls im Interesse einzelner Gruppen.

Ich schrieb u.A. auch dass es mir im Moment schwer für mich zu definieren, wo überhaupt ein Ansatz sein könnte. Letztendlich glaube ich aber, dass die Basis reagieren muss. Hier nimmt aber die Gruppe der Nichtwähler wohl eher noch zu. Ein Stückweit kann ich das auch verstehen. Wer fühlt sich schon noch von Politikern ernst genommen?

Am ehesten funktioniert es noch auf kommunaler Ebene. Funktioniert die Kommunikation zur nächsten(Land) und übernächsten(Bund) Ebene nicht mehr.

Wer bestimmt letztendlich die politischen Entscheidungen. Ich habe erhebliche Zweifel ob es noch die Politiker sind. Sie sind letztendlich von Beratern usw. abhängig. Und hier sehe ich durchaus ein weites Feld was Steuerung und Manipulation anbelangt. Welcher Politiker hat den Mumm und den Einfluß sich hinzustellen und seine ehrliche Meinung zu vertreten und auch mal nein zu sagen. Und wenn er es denn tut wird er abgeschossen oder zuindest von seiner Partei zurückgepfiffen.

Vielleicht geht es anderen ähnlich wie mir. So wie es z.Zt.läuft erscheint es ist es kaum noch erträglich. Was könnte/müsste sich ändern?

bukamary
olga64
olga64
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Re: Wie demokratisch ist noch unsere Demokratie oder wie könnte es besser werden?
geschrieben von olga64
als Antwort auf bukamary vom 21.08.2013, 15:18:10
Um einige "Fehlentwicklungen" zu nennen: das Sozialsystem, die Infrastruktur, Energiepolitik, Liste ist beliebig fortsetzbar, aber ich denke alle haben einen gemeinsamen Nenner. Viele Entscheidungen sind nicht unbedingt im Interesse der Bürger, allenfalls im Interesse einzelner Gruppen.

Hier nimmt aber die Gruppe der Nichtwähler wohl eher noch zu. Ein Stückweit kann ich das auch verstehen. Wer fühlt sich schon noch von Politikern ernst genommen?

Am ehesten funktioniert es noch auf kommunaler Ebene. Funktioniert die Kommunikation zur nächsten(Land) und übernächsten(Bund) Ebene nicht mehr.


bukamary

Ich befürchte, dass Sie hier hauptsächlich Ihre subjektive, sehr pessimistische Sicht der Dinge schildern, die sich aber so in der Wirklichkeit nicht darstellt:
Es ist richtig, dass 1973 nur ca 10% Nichtwähler waren - 2009 waren es schon 30%. Der Anteil bei den Kommunal- und Landtagswahlen ist übrigens sehr viel höher als bei der Bundestagswahl. Das bestätigt also Ihre Sicht nicht, dass dort alles besser sei. Gerade in den Kommunen und auch Landtagen kann viel gemacht werden, was unzulänglich kontrolliert wird - wir in Bayern können hiervon ganze Romane schreiben.
Die Wahlvorhersagen bieten ein recht klares Bild: CDU/'CSU/FDP liegen vorne - die SPD kann machen was sie will, sie kommt nicht nach oben, worunter dann auch die Grünen zu leiden haben.
Die Linke verharrt auf ihren ca 7%; Piraten sind kein Thema mehr.
Dies reflektiert doch gut,dass die Mehrheit der deutschen Bevölkerung keine Änderung der politischen Landschaft will - sie scheint zufrieden zu sein.
Auch wenn Sie anscheinend wieder mal die "grausame Sozialpolitik" anprangern wollen - es gibt auch andere Wähler, die es für übertrieben halten, wie aufgebläht dieser Sozialetat allmählich ist, den immerhin sie (also die Steuerzahler) zu finanzieren haben.
Wäre gut, wenn Sie sich auch mal Gedanken um die andere Seite machten und nicht nur Ihre eigene reflektierten. Olga
wandersmann
wandersmann
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Re: Wie demokratisch ist noch unsere Demokratie oder wie könnte es besser werden?
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf bukamary vom 21.08.2013, 15:18:10
Was könnte/müsste sich ändern?



Ich bin mir gar nicht sicher, ob sich innerhalb eines Systems am System selbst überhaupt etwas ändern lässt, ob unsere schieflastige Demokratie mithilfe von Wahlen, dem allereinzigen Mittel des Bürgers ein wenig teilzunehmen, am Leben erhalten werden kann.
Sollte sich das Gesellschafts-Experiment Demokratie eines Tages als unfähig erweisen, sinnvoll im Interessen der Menschen zu sein, so wird es verschwinden, und die Parteien werden eine bedeutende Mitschuld daran haben.

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dutchweepee
dutchweepee
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Re: Wie demokratisch ist noch unsere Demokratie oder wie könnte es besser werden?
geschrieben von dutchweepee
Die Bilderberger "Margaret Thatcher wurde 1979, zwei Jahre nach ihrer Teilnahme am Bilderberg-Treffen, britische Premierministerin. Bill Clinton war 1991 geladen und zog zwei Jahre später ins Weiße Haus ein. Verblüffend auch der Blick auf die deutschen Gäste: 1973 wurde Helmut Schmidt von den Bilderbergern empfangen – und ein Jahr darauf Bundeskanzler. Helmut Kohl kam 1980 – und wurde 1982 Regierungschef. Angela Merkel zog 2005 kurz nach dem Geheimgipfel ins Kanzleramt, während der Mann, den sie dort ablöste, Gerhard Schröder, beim selben Termin nur ein paar Stunden gelitten war, gerade so, als hätte er sich seine Papiere abgeholt. Wäre der Bilderberg ein Orakel, bekäme Peer Steinbrück den Auftrag zur nächsten Kabinettsbildung: Er war 2011 in St. Moritz, als die Bilderberger dort tagten – und ist jetzt Kanzlerkandidat der SPD. Vielleicht aber hat „das Kartell des Schweigens“, wie der Wissens- und Mediensoziologe Michael Schetsche vom Institut für Grenzgebiete der Psychologie an der Uni Freiburg die geheime Gesellschaft nennt, einfach nur ein Näschen für künftiges politisches Führungspersonal?"

und nochmal:

JuergenS
JuergenS
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Re: Wie demokratisch ist noch unsere Demokratie oder wie könnte es besser werden?
geschrieben von JuergenS
Ich denke, wir selbst sind auch nicht besser als die Politik, der Staat, die Gesellschaft.

Wir beklagen sicher auch hohem Niveau den Zustand unserer Demokratie.
Ich glaube zu Zeiten FJ Strauss war die Schieflage größer als jetzt.
Bestimmte Strukturen darf man nicht als Beweis dafür anführen, dass das ganze System undemokratisch ist.

Sicher, die Reichen werden immer reicher, die sog. Armen immer ärmer.

Genauso gibt es verarmte Rentner.

Aber wir haben trotz alledem genügend politische Gefechte im Land, die stets wieder manches ins Lot bringen, mir gefällt die jetzige Zeit auch unter dem Gesichtspunkt Demokratiezustand besser als in den 50er und 60er Jahren des verlassenen Jahrhunderts.

Servus, geht alle wählen!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
bukamary
bukamary
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Re: Wie demokratisch ist noch unsere Demokratie oder wie könnte es besser werden?
geschrieben von bukamary
als Antwort auf olga64 vom 21.08.2013, 15:56:04
Olga,
sie haben sicherlich recht wenn sie schreiben, dass es Menschen gibt, die zufrieden sind. Ist ja auch in Ordnung.

Ich bin nicht ganz so zahlen - gläubig. Die Unzufriedenheit kocht auch noch keineswegs an der Oberfläche aber wer genau hinhört, der erkennt sehr wohl dass es zunehmend unterschwellig gärt und keineswegs nur bei sozial schwachen. Symtome dafür werden tagtäglich sichtbar, wenn man sie denn erkennen will.

Auch wenn Sie anscheinend wieder mal die "grausame Sozialpolitik" anprangern wollen - es gibt auch andere Wähler, die es für übertrieben halten, wie aufgebläht dieser Sozialetat allmählich ist, den immerhin sie (also die Steuerzahler) zu finanzieren haben.
Wäre gut, wenn Sie sich auch mal Gedanken um die andere Seite machten und nicht nur Ihre eigene reflektierten. Olga


Es geht mir keineswegs nur um die "grausame Sozialpolitk", dass dies in meiner Aufzählung an erster Stelle, hängt einfach damit zusammen, dass ich in diesem Bereich zu Hause bin, dass dies aber auch durchaus als Sensor für bestimmte Entwicklungen geeignet ist.

Und im übrigen, ich bin keines wegs die Sozialromantikerin, für die sie mich wahrscheinlich halten. Und so grausame, wie sie vermutlich meinen sehe ich die Sozialpolitik nicht. Ich sehe aber sehr wohl, dass sich Entwicklungen bahn brechen, die den Sozialfrieden, mehr wie empfindlich stören können. Ich habe auch nie gefordert, dass noch mehr Geld aufgebracht werden muss. Ich denke eher, dass noch ausreichend Geld zur Verfügung steht, es sind eher Verteilungs- probleme und Probleme die im System liegen. Diese widerum resultieren aber durchaus überwiegend aus politischen Entscheidungen.

Übrigens habe ich lange genug hinter dem Schreibtisch gesessen. Ich weiss aber auch wie kurz der Weg zum Platz vor dem Scheibtisch sein kann.

Für mich ist Artilkel 1 des GG nach wie vor bindend.

bukamary

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bukamary
bukamary
Mitglied

Re: Wie demokratisch ist noch unsere Demokratie oder wie könnte es besser werden?
geschrieben von bukamary
als Antwort auf wandersmann vom 21.08.2013, 22:09:27
wandersmann,

wählen gehen ist das eine. darüberhinaus denke ich hat jeder die Möglichkeit sich zu informieren, sich zu äußern und auch zu handeln.

Und wenn die Demokratie verschwindet: was dann, wandersmann?

bukamary
PeterW
PeterW
Mitglied

Re: Wie demokratisch ist noch unsere Demokratie oder wie könnte es besser werden?
geschrieben von PeterW
Ich wundere mich ein wenig, dass bei dieser interessanten Fragestellung noch niemand auf das Stichwort mehr direkte Demokratie durch Volksbefragungen und Volksentscheide gekommen ist.

Demokratie bedeutet ja Volksherrschaft und das sollte sich nicht nur auf ein paar Kreuze am Wahltag oder auf einige regionale Themen beschränken (wie z.B. S21).

Es hat in den letzten Jahren eine ganze Reihe kommunaler und Bundesländer-Volksentscheide gegeben, bei denen Volkes Meinung aus meiner Sicht kaum falsch lag.

Damit anfangen würde ich mit der im Grundgesetz vorgesehenen Volksabstimmung über eine Verfassung, nachdem die deutsche Wiedervereinigung Realität geworden ist.
bukamary
bukamary
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Re: Wie demokratisch ist noch unsere Demokratie oder wie könnte es besser werden?
geschrieben von bukamary
als Antwort auf PeterW vom 22.08.2013, 11:06:17
ch wundere mich ein wenig, dass bei dieser interessanten Fragestellung noch niemand auf das Stichwort mehr direkte Demokratie durch Volksbefragungen und Volksentscheide gekommen ist.


Wundert Dich das wirklich?

Für mich ist das sehr gut erklärbar. Den meisten von uns geht es ja mehr oder weniger gut, oder. Wir leben nicht im Krieg, haben ausreichend zu Essen und Trinken, einen Dach über dem Kopf, jede Menge an Freizeitangeboten, können reisen usw. Na ja, so ein paar Sachen, könnten schon besser sein, weniger Steuern, höherer Verdienst, weniger Ausländer, härtere Bestrafung von Kriminellen, so lang es mich nicht selber tangiert, kann ich ja gut damit leben.

Ich gehe mal davon aus, dass die meisten wissen, was Demokratie heißt. Ist die Bedeutung noch bewußt, außer alle paar Jahre mal irgendwo ein Kreuzchen zu machen? Ich selber erinnere mich während des Schulunterrichts diese Frage gestellt zu haben. Außer einem ellenlangen Vortrag über den Aufbau der Strukturen, erhielt ich keine Antwort, es sei denn ich bewerte den Kommentar des Lehrers, das sei nicht Gegenstand des Unterrichts, als solche.

Volksentscheide sind für mich schon eine wichtige Möglichkeit, Vorausgesetzt, dass im Vorfeld alle Informationen kommuniziert werden. Dass dies keineswegs immer geschieht, dafür ist glaube ich
S 21 ein gutes Beispiel.

bukamary
luchs35
luchs35
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Re: Wie demokratisch ist noch unsere Demokratie oder wie könnte es besser werden?
geschrieben von luchs35
als Antwort auf bukamary vom 23.08.2013, 12:17:18
Volksentscheide sind für mich schon eine wichtige Möglichkeit, Vorausgesetzt, dass im Vorfeld alle Informationen kommuniziert werden. Dass dies keineswegs immer geschieht, dafür ist glaube ich
S 21 ein gutes Beispiel.
geschrieben von bukamary:


Vielleicht noch ein paar Worte zur direkten Demokratie, die auch PeterW angesprochen hat:

Direkte Demokratie ist gelebte Gesellschaft/Politik. Als seit rund 40 jahren als Deutsche in der Schweiz mit der direkten Demokratie lebend, habe ich mich jahrelang damit schwer getan- ich gebe es offen zu. Und dies obwohl in meinem Medienberuf gerade die Politik in mein Ressort fiel und ich mich sehr intensiv damit beschäftigen musste. (Aussenpolitik war wesentlich einfacher)

Direkte Demokratie muss wachsen können. Wenn der Souverän, das Volk, entscheidet, bedeutet dies aber auch intensive Auseinandersetzung jedes Wahlberechtigten mit jedem Thema , über das abgestimmt werden muss. Das kann verflixt lästig sein, denn es ist eine Dauerbeschäftigung mit jedem politischen Detail. Und es gehört auch dazu, dass zu einer Wahlentscheidung des Volkes durch der Mehrheit auch die Akzeptanz der Entscheidung dazugehört, selbst wenn nur eine einzige Stimme die Mehrheit ergibt.
Nur- die Schweizer sind seit früher Jugend schon so erzogen, dass sie sich auch mit Fragen der Gemeinschaft - ob politisch oder gesellschaftlich - auseinandersetzen müssen. Sie sind auf diesen Gebieten wesentlich ausgereifter als ich das von Deutschland her kenne.

Heute ist mein Resümee dazu, dass die direkte Demokratie in der heutigen Situation eher für kleine Staaten geeignet ist, deren Wichtigkeit auf völlig anderen Bereichen liegt als jene von großen Staaten, wo ganz andere Voraussetzungen und Zwänge durch Bündnisse herrschen.
Auch die direkte Demokratie hat ihre Kratzer abbekommen, weil durch Verpflichtungen und Abkommen mit anderen Staaten auch der Bevölkerung Grenzen gesetzt werden, die sie nicht mehr alle durch Volksabstimmungen beeinflussen können, bezw. einen sehr, sehr langen Weg wählen müssten, um das Volksbegehren durchzusetzen.

Negativ (vielleicht?)an der direkten Demokratie ist die Verlangsamung von politischen Prozessen, die eine Entscheidung um viele Jahre durch immer wieder abzustimmende Vorlagen hinauszögern, was auch zu einem Missbrauch führen kann.

Luchs

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