Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik ... zum Paragraph 217 StGB

Innenpolitik ... zum Paragraph 217 StGB

mane
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RE: ... zum Paragraph 217 StGB
geschrieben von mane
als Antwort auf lalelu vom 18.10.2017, 13:20:55

Lalelu:
"Dadurch fördert man meiner Meinung nach bei denen, die noch dazu in der Lage sind, eher den sogenannten Sterbehilfe-Tourismus in Länder, in denen die Gesetze liberaler sind, illegale Sterbehilfe, oder Suizid ohne jeden Beistand. In Deutschland starben in den letzten Jahren im Durchschnitt 10.000 Menschen durch Selbstmord."


Liebe Lalelu,
 
In den Niederlanden, in Belgien und Luxemburg ist die altive Sterbehilfe, soweit ich weiß, erlaubt. Von den Niederlanden weiß ich, dass es für Deutsche dort nicht möglich ist, in dieser Weise den Tod zu finden. Ich nehme an, dass es den beiden anderen Ländern auch nicht erlaubt ist.
In der Schweiz müssen Sterbewillige selbst aktiv werden und das Mittel selbstständig einnehmen. Jemand muss unheilbar krank sein und zugleich noch bei klarem Verstand und handlungsfähig sein - also eigentlich noch relativ fit, um die Strapazen der Reise, der Arztbesuche dort u.a. auf sich nehmen zu können.

Bis gleich,
Mane 



 
mane
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RE: ... zum Paragraph 217 StGB
geschrieben von mane
als Antwort auf lalelu vom 18.10.2017, 13:20:55

Laleu:
"Ich weiß nicht, wie viele von diesen Menschen nicht nur sich selbst das Leben nahmen, sondern beispielsweise bei absichtlich herbeigeführten Verkehrsunfällen oder bei Familiendramen andere mit in den Tod rissen oder nach einem Sprung von der Brücke, vor einen Zug usw. von völlig Unbeteiligten geborgen werden mussten, die danach große psychische Probleme hatten.


Ich frage mich, ob alle den letzten Schritt getan hätten, wenn sie begründete Hoffnung auf Sterbehilfe gehabt hätten".

Ich nehme an, dass bei den von dir aufgeführten Suiziden, die wenigsten Menschen an unheilbaren Erkrankungen litten, die ihnen das Leben unerträglich machten, um Aussicht auf Sterbehilfe zu haben. Sind Menschen so verzweifelt, dass sie nicht mehr leben wollen, kann das viele Gründe haben. Psychische Erkrankungen, wie Depressionen oder Angststörungen, persönliche Krisen, Verlust eines geliebten Menschen u.a.

Lalelu:
"Eine gute Freundin, die an Krebs erkrankt war, ihn aber glücklicherweise besiegt hat, erzählte viele Jahre später, dass sie damals heimlich über einen längeren Zeitraum hinweg so viele hochwirksame Tabletten gesammelt hatte, dass sie sich damit das Leben hätte nehmen können. Diesen Tabletten-Vorrat hat sie nie angerührt, aber er gab ihr die Kraft, die strapaziöse Behandlung zu ertragen, weil sie wusste, dass sie im schlimmsten Fall die Möglichkeit zum Suizid gehabt hätte.

Das kann ich gut verstehen. Eine meiner liebsten Freundinnen hatte vor etwa 30 Jahren einen Schlaganfall und lag einige Zeit im Wachkoma. Niemals wollte sie so etwas noch einmal erleben - sie hat, als sie dort lag, sehr viel von dem Geschehen um sich herum mitbekommen. Das Pflegepersonal war sehr grob mit ihr umgegangen und sie konnte sich nicht wehren und bemerkbar machen. Sie hat damals eine ausführliche Patientenverfügung verfasst und ich habe für sie die Vorsorgevollmacht, auch um ihre niedergelegten Wünsche durchzusetzen, wenn es mal soweit ist. Auch einen Tablettenvorrat hat sich zugelegt.

 

 Liebe Mane, ich schreibe gar nicht fernab vom Geschehen, wenn ich etwas für den ST verfasse, sondern habe immer den Beitrag, auf den ich gerade antworte, in einem separaten Fenster geöffnet, damit ich mit einem Klick hin- und herspringen kann. Mein Beitrags-Nirwana wäre andernfalls ziemlich groß, weil ich relativ häufig unterbrochen werde (Telefon, unerwarteter Besuch usw.).

Früher war es jedenfalls im ST so, dass bei einer längeren Schreibpause alles verschwunden war. Ich weiß allerdings nicht, ob das noch immer so ist, denn, wie ich schon sagte: ich schreibe schon lange nicht mehr unmittelbar im ST, sondern füge nur noch die Beiträge ein, die ich zuvor in meinem Schreibprogramm verfasst und gespeichert habe (außer wenn es lediglich um zwei/drei Sätzchen geht).

emoji_blushDas mit dem hin- und herspringen habe ich noch nicht so raus. Danke für die Anregung, ich werde es mal testen. Früher habe ich einen verschwundenen Beitrag noch immer wiederfinden können, wenn ich die Rückwärtstaste betätigt hatte, Das klappt nun nicht mehr.
Gruß Mane
Songeur
Songeur
Mitglied

RE: ... zum Paragraph 217 StGB
geschrieben von Songeur
als Antwort auf mane vom 19.10.2017, 17:12:21

Grundsätzlich ist es möglich, dass in Belgien auch Ausländer aktive Sterbehilfe in Anspruch nehmen können, auch wenn sie üblicherweise nicht in Belgien gewohnt haben.

Ein Bespiel auf das ich vor einigen Tagen bereits mal aufmerksam gemacht habe, das noch gar nicht so weit zurück liegt.

Nach meiner Erinnerung hat vor 9 Jahren ein Hospital in Flandern im Falle Chantal Sébire Hilfe angeboten, die diese aber abgelehnt hat, weil sie in Frankreich durch aktive Sterbehilfe sterben wollte. Gestorben ist sie dann auch in Frankreich, keines natürlichen Todes, aber die Helfer/Täter sind nie gefunden worden.
 


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mane
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RE: ... zum Paragraph 217 StGB
geschrieben von mane
als Antwort auf Songeur vom 19.10.2017, 18:31:54

Danke, lieber Songeur, dass du meine Aussage richtig gestellt hast. Ich hatte im Internet nichts darüber  gefunden.

Chantal Sébire hat ein trauriges Lebensende erlitten. Sie wollte zum Sterben nicht nach Belgien gehen, sondern in ihrem eigenen Bett sterben. Trotz unerträglicher Schmerzen ist ihr ein Sterben in Würde verwehrt worden.
Gruß Mane

lalelu
lalelu
Mitglied

RE: ... zum Paragraph 217 StGB
geschrieben von lalelu
als Antwort auf mane vom 19.10.2017, 18:31:05
Zitat von Lalelu:

"Ich frage mich, ob alle den letzten Schritt getan hätten, wenn sie begründete Hoffnung auf Sterbehilfe gehabt hätten".



Antwort von Mane:

Ich nehme an, dass bei den von dir aufgeführten Suiziden, die wenigsten Menschen an unheilbaren Erkrankungen litten, die ihnen das Leben unerträglich machten, um Aussicht auf Sterbehilfe zu haben. Sind Menschen so verzweifelt, dass sie nicht mehr leben wollen, kann das viele Gründe haben. Psychische Erkrankungen, wie Depressionen oder Angststörungen, persönliche Krisen, Verlust eines geliebten Menschen u.a. 

Liebe Mane,

es ist richtig, was du sagst: Von den ca. 10.000 Menschen, welche sich in Deutschland pro Jahr das Leben nehmen, hatten rund 90% psychische Probleme, wobei aus dieser Angabe allerdings nicht hervorgeht, bei wie vielen von ihnen die Probleme durch eine unheilbare Krankheit hervorgerufen wurden.

Quelle

Das bedeutet im Umkehrschluss aber, dass rund 10% für ihren Suizid andere als psychische Gründe hatten; immerhin sind das jährlich 1000 Menschen.


Auch dazu ein Zitat aus einem Text

"Häufig wird die Suizidalität älterer Menschen in enger Beziehung zu psychischen Erkrankungen , insbesondere zur Depression beschrieben. Des Weiteren spielt die Zunahme der somatischen Multimorbidität eine wesentliche Rolle, insbesondere neurologischer Störungen und maligner Erkrankungen, verbunden mit funktionellen Störungen und Einbußen, etwa wie Schmerzsyndromen, Immobilität und Sehbehinderungen"

Ich bin überzeugt davon, dass von den 1000 Menschen, die sich wegen anderer Erkrankungen das Leben nehmen, aber auch von den 9000 psychisch Kranken etliche gar nicht an Suizid gedacht hätten, wenn sie für den Fall, dass es ganz unerträglich wird, die Option Sterbehilfe gehabt hätten.

Wer weiß schon, wie oft ein Mensch sich nur deshalb das Leben nimmt, weil er befürchtet, es später nicht mehr allein zu können und dann ohne Sterbehilfe lange leiden zu müssen. Potentiell mögliche Sterbehilfe könnte daher letztendlich sogar Leben retten.

Mir geht es wie deiner und meiner Freundin, die sich beide einen Tablettenvorrat für den Ernstfall angespart hatten, bzw. haben: Auch für mich wäre es eine Beruhigung, zu wissen, dass ich bei unheilbarer Krankheit, die mein Leben unerträglich macht, nicht bis zum natürlichen Ende aushalten muss. Leider sind diese Tabletten aber nutzlos, wenn man sie nicht mehr ohne Hilfe einnehmen kann.

Deshalb ärgert und erschreckt mich die Vorstellung schon heute, entgegen meinem eigenen Wunsch als unheilbar kranker und leidender Patient irgendwann keine Sterbehilfe zu erhalten, weil ANDERE das nicht wollen. Meine Furcht vor Missbrauch der Sterbehilfe hält sich hingegen in Grenzen.

Wer kein Vertrauen zu seinen Ärzten und zum Pflegepersonal hat, dürfte streng genommen auch keine Patientenverfügung unterschreiben, in welcher er festlegt, dass bestimmte lebensverlängernde Maßnahmen untersagt sind. Ausgeschlossen ist Missbrauch schließlich auch dabei nicht. Vom Organspenderausweis will ich erst gar nicht reden.

Schon gut – ich weiß, dass besonders die letzte Bemerkung Sarkasmus pur ist. Ich will damit nur ausdrücken, dass man als hilfloser Patient besonders arm dran ist, wenn man zusätzlich zur Angst vor seiner Krankheit in allen möglichen Bereichen Angst vor Missbrauch hat.

Ich bin nicht blauäugig und weiß, dass er vorkommt, habe aber mehr Vertrauen zu meinem Hausarzt als zu einem x-beliebigen Richter, der mich überhaupt nicht kennt und hätte auch bei Legalisierung der Sterbehilfe keine Sekunde Angst davor, vom Arzt meines Vertrauens zu früh ins Jenseits befördert zu werden.

In Holland wird übrigens der Freitod in 84,5 % der Fälle vom Hausarzt begleitet.

Auszug aus einem Text über Sterbehilfe in Holland:

Eine besondere Rolle spielt dabei die persönliche, professionelle Betreuung durch den Hausarzt. 84,5 Prozent der Freitodbegleitungen erfolgen in seiner Anwesenheit – also auch ggf. im Pflegeheim oder Altersheim - der es dann an die Kontrollkommission berichtet“.

@Songeur: Weißt du, wie es in Belgien ist?

Lalelu
 
Songeur
Songeur
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RE: ... zum Paragraph 217 StGB
geschrieben von Songeur
als Antwort auf lalelu vom 20.10.2017, 19:14:35

Im belgischen "Loi relative à l'euthanasie" geht es nur um Euthanasie, nicht um Freitod, also auch nicht um Freitodbegleitung.


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lalelu
lalelu
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RE: ... zum Paragraph 217 StGB
geschrieben von lalelu
als Antwort auf Songeur vom 20.10.2017, 19:28:55

Danke für deine Antwort, Songeur! 

Lalelu

mane
mane
Mitglied

RE: ... zum Paragraph 217 StGB
geschrieben von mane
als Antwort auf lalelu vom 20.10.2017, 19:14:35

Wer kein Vertrauen zu seinen Ärzten und zum Pflegepersonal hat, dürfte streng genommen auch keine Patientenverfügung unterschreiben, in welcher er festlegt, dass bestimmte lebensverlängernde Maßnahmen untersagt sind. Ausgeschlossen ist Missbrauch schließlich auch dabei nicht. Vom Organspenderausweis will ich erst gar nicht reden.

Schon gut – ich weiß, dass besonders die letzte Bemerkung Sarkasmus pur ist. Ich will damit nur ausdrücken, dass man als hilfloser Patient besonders arm dran ist, wenn man zusätzlich zur Angst vor seiner Krankheit in allen möglichen Bereichen Angst vor Missbrauch hat.

Ich bin nicht blauäugig und weiß, dass er vorkommt, habe aber mehr Vertrauen zu meinem Hausarzt als zu einem x-beliebigen Richter, der mich überhaupt nicht kennt und hätte auch bei Legalisierung der Sterbehilfe keine Sekunde Angst davor, vom Arzt meines Vertrauens zu früh ins Jenseits befördert zu werden.

In Holland wird übrigens der Freitod in 84,5 % der Fälle vom Hausarzt begleitet.
ist?

Lalelu
 
Liebe Lalelu,

unsere Meinungen gehen nicht weit auseinander - auch ich bin der Meinung, dass aktive Sterbehilfe für leidende und unheilbar kranke Menschen, die nicht mehr in der Lage sind, selbst ihren Tod herbeiführen zu können, möglich sein sollte. Dabei gehen mir, wie ich bereits geschrieben habe, die Bestimmungen in den Niederlanden zu weit.
2012 öffnete dort die erste Lebensende-Klinik, dessen Personal von der Durchführung der Tötung von Menschen ihr Einkommen bestreitet. Diese Klinik wurde für Patienten eingerichtet, deren Ärzte ihren Wunsch nach Sterbehilfe nicht erfüllen wollten. Zusätzlich leisten von dort mobile Teams aktive Sterbehilfe bei den Menschen zu Hause.
Bedenklich finde ich auch, dass manche niederländische Bürger eine "Credo Card" in ihrer Geldbörse haben, auf der ihr Lebenswunsch eingestanzt ist: "Maak mij neet dood, Dokter".

Leider kann man sich nicht darauf verlassen, dass sich Verantwortliche wirklich an Patientenverfügungen halten. Bei Stichproben, die von dem ARD-Magazin MONITOR mit verdeckter Kamera dokumentiert wurden (und einer Umfrage des Palliativmediziners Matthias Thöns),  zeigten fünf von sechs ambulanten Pflegediensten Interesse, einen unheilbaren Patienten aufzunehmen und zu beatmen. Und das, obwohl ihnen bekannt war, dass eine Patientenverfügung vorlag, die das unmissverständlich ausschloss.
 

Gruß Mane

 
lalelu
lalelu
Mitglied

RE: ... zum Paragraph 217 StGB
geschrieben von lalelu
als Antwort auf mane vom 21.10.2017, 10:42:43

Liebe Mane,

du hast recht, unsere Meinungen gehen nicht weit auseinander. Sie unterscheiden sich aber in einigen Details, auf die ich eingehen möchte:

Zitat von Mane

 Dabei gehen mir, wie ich bereits geschrieben habe, die Bestimmungen in den Niederlanden zu weit. 2012 öffnete dort die erste 
Lebensende-Klinik, dessen Personal von der Durchführung der Tötung von Menschen ihr Einkommen bestreitet. Diese Klinik wurde für Patienten eingerichtet, deren Ärzte ihren Wunsch nach Sterbehilfe nicht erfüllen wollten. Zusätzlich leisten von dort mobile Teams aktive Sterbehilfe bei den Menschen zu Hause.


Es hört sich sehr negativ an, wenn du schreibst: dessen Personal von der Durchführung der Tötung von Menschen ihr Einkommen bestreitet.

Anders ist es aber doch gar nicht möglich. Natürlich müssen die Ärzte und das Pflegepersonal ein Einkommen haben. Gerade bei Sterbehilfe ist es mir wichtig, dass qualifizierte und für diese sensible Aufgabe besonders geschulte Menschen damit betraut werden. Das sollte doch niemand ehrenamtlich nach Feierabend übernehmen.

Ich habe deinen Link zur Lebensende-Klinik angeklickt und in dem Text nichts gefunden, was ich verwerflich finde oder beanstande, ganz im Gegenteil. Der folgende Auszug entspricht genau meiner Meinung:

In den Niederlanden ist die aktive Sterbehilfe unter bestimmten Voraussetzungen legal. Dazu muss ein Patient aussichtslos krank sein, unerträglich leiden und selbst den Wunsch geäußert haben sterben zu wollen. Außerdem muss jeder Fall gemeldet werden“.

Das unterschreibe ich ohne Abstriche.

Du schreibst weiter: Bedenklich finde ich auch, dass manche niederländische Bürger eine "Credo Card" in ihrer Geldbörse haben, auf der ihr Lebenswunsch eingestanzt ist: "Maak mij neet dood, Dokter".

Ich finde diese Karte nicht bedenklich; für mich sorgt sie für Klarheit und erspart - ähnlich wie der Organspenderausweis - verantwortungsvollen Ärzten und Pflegern bei diesem in jeder Hinsicht schwierigen Thema das Rätselraten, was der Betreffende will.

Bedenklich fände ich es, wenn dieser klar geäußerte Wille nicht respektiert würde!!

Liebe Mane, ich möchte auch noch zum zweiten Teil deiner Mail etwas sagen, aber erst morgen. Der Rest des heutigen Tages gehört bis zum sehr späten Abend meiner Familie.

Liebe Grüße, Lalelu
 
mane
mane
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RE: ... zum Paragraph 217 StGB
geschrieben von mane
als Antwort auf lalelu vom 21.10.2017, 12:34:09

Liebe Mane, ich möchte auch noch zum zweiten Teil deiner Mail etwas sagen, aber erst morgen. Der Rest des heutigen Tages gehört bis zum sehr späten Abend meiner Familie.

Liebe Grüße, Lalelu

Die Familie geht natürlich vor, liebe Lalelu. Ich wünsche dir viel Freude im Kreise deiner Lieben.
Mane

 


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