Forum Politik und Gesellschaft Internationale Politik Außenpolitik der Bundesregierung in der Wirtschaftskrise !

Internationale Politik Außenpolitik der Bundesregierung in der Wirtschaftskrise !

Re: Ist Krieg wieder hoffähig?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf hugo vom 04.06.2010, 08:37:04
Ein Urgroßvater erzählte, das sie nur durch die Früchte eines großen Wallnussbaumes zwei harte Winter-Wochen überlebten,,,seitdem steht dieser Baum bei mir unter großer Beachtung und immer und überall wo ich wohnte,,pflanzte ich einen solchen. "
geschrieben von hugo


Interessant, wie sich Erzählungen ähneln.

Meine Oma( Jahrgang 1860) - wurde 96 Jahre alt - erzählte mir immer wieder, wie wichtig es war, dass sie als Kind eines Bäckermeisters aufgewachsen ist und dadurch in dieser Zeit nicht zu sehr hungern musste.
Und trotzdem schlich sie sich öfter in die Bäckerei, um sich die Kuchenränder zu stibitzen, die eigentlich für 8-10 Pfennig pro Tüte verkauft werden sollte.
Diese 10 Pf. waren aber für viele in diesen Jahren schon nicht mehr erschwinglich.

Durch den anschließenden großen wirtschaftlichen Aufschwung gerieten dann aber diese harten Jahre in Vergessenheit und der Sieg 70/71 wurde immer mehr zum Highlight der Erzählungen über diese Jahre.
hugo
hugo
Mitglied

Re: Ist Krieg wieder hoffähig?
geschrieben von hugo
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 04.06.2010, 09:45:54
ja, danke klaus,,,,da kann man doch gelich wieder ins Grübeln kommen bezüglich der Überschrift und den letzten Beiträgen von carlos, hugo und Dir,,

Wem soll/darf/kann ich dafür danken das wir (ich zähl mal auschließlich meine und die nachfolgenden Generationen in Deutschland dazu) im Gegensatz zu unseren Eltern, Großeltern und deren Vorfahren solch ein unbeschwertes Leben leben durften/konnten.

Bezogen und im Vergleich was vor unserer Zeit so alles an Nöten an Unvorhergesehenem, an Schlimmen passierte und ständig über der Bevölkerung als Unheil kreiste, wie Hunger, Krankheiten, Kriege,,,,hatten wir ein Leben im Paradies ja fast wie im Schlaraffenland,,

Von 1945 an -(ok sagen wir von 1949 an, bis dahin hab ich tatsächlich auch noch Hunger, Not, Elend usw teilweise er-, und miterlebt,,)
aber von da an, also nach erfolgter Aussiedelung/Umsiedelung/Vertreibung/Flucht verbunden mit einem absolutem Tiefpunkt,,wie auch immer,,gings ständig unaufhaltsam aufwärts,,jedes Jahr kam etwas hinzu konnten wir uns Neues leisten.

also nochmal zurück zur Suche nach Dem/Den zuständigen Verursacher dieses ungeheuren Glücks,,

-wars der durch die Naziverbrechen absolute Tiefpunkt 1945 der uns Deutsche aus dem Rennen und uns die Möglichkeit nahm, selber kurzfristig wieder mittels Untaten, Schaden über die eigene Bevölkerung zu bringen ?

-waren es die Amis, die den eisernen Vorhang mitinitiierten und den kalten Krieg kalt hielten ?

-warens die Sowjets, die dieses Spiel ausdauernd und massiv mit spielten ??

-ich denk es war die Gesamtsituation die zu einer gewissen Neutralisation in Mitteleuropa führte (Kriege und Konfrontationen gabs ja weltweit trotzdem überreichlich)

also,, auch ohne das ich Jemanden ausfindig machen konnte der meinen Dank berechtigterweise entgegennehmen kann ( die positiven Dinge haben ja bekanntlich viele Väter,,) ich bleib dabei,,,so gut wie wir es 60 Jahre lang hatten und derzeit noch haben,,da werden wohl nur wenige Menschen weltweit mithalten können.

naja und wenn die DDR-Zeit und die damalige Gesellschaftsordnung, in der es uns ja ebenfalls -bezogen auf unsere Vorfahren,,-nicht sauschlecht ging, wenn man mal von den ideologische-politischen Zwängen absieht,,mit dazu beigetragen hat das wir in ständigem Frieden leben durften ( die behaupteten und echten Gefahren mal ausgeklammert) ok dann will ich sie für mich gerne als Glücksfall der Geschichte hinzuzählen,,,man ist ja nicht übertrieben übermäßig unbescheiden oder ?? *g*

hugo

carlos1
carlos1
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Re: Ist Krieg wieder hoffähig?
geschrieben von carlos1
als Antwort auf hugo vom 04.06.2010, 08:37:04
„Wem soll/darf/kann ich dafür danken das wir (ich zähl mal ausschließlich meine und die nachfolgenden Generationen in Deutschland dazu) im Gegensatz zu unseren Eltern, Großeltern und deren Vorfahren solch ein unbeschwertes Leben leben durften/konnten.“ Hugo


Ich habe das gleiche Empfinden. Wir haben in Mitteleuropa seit vielen Jahrzehnten keinen Krieg mehr erlebt (Ausnahme: Bürgerkrieg im zerfallenden Jugoslawien). Die junge Generation weiß nicht, wie es ist, in einen Krieg zu ziehen. Auslandseinsätze ist nicht ganz dasselbe. Betrifft wenige.

Wem wir die lange Friedensperiode zu danken haben? Es ist wohl der menschlichen Vernunft zu danken, die erkannte, dass ein Krieg mit Kernwaffen sinnlos ist. Dem Bewusstsein, dass der Selbsterhalt entscheidend ist.

Gestern Abend habe ich viel wieder von dem Geschriebenen gelöscht. Vielleicht sollte ich einiges doch nachreichen, weil es zu unserer Geschichte gehört und zur Außenpolitik.

Derselbe Goßvater, der seinerzeit im ersten Weltkrieg im Schützengraben und Trommelfeuer lag, im Grabenkampf mit Bajonett und Spaten auf den Feind einhieb, hatte nach seiner Heimkehr die Nase gestrichen voll vom Krieg und den großen Worten von Heldentod. Als 20 Jahre später 1939 der Hitlerkrieg entfesselt wurde, verbot er seinem Sohn in den Krieg zu ziehen. Dieser hatte sich im vaterländischen Übereifer freiwillig zum Militär gemeldet. Da er noch nicht volljährig war, hatten die Eltern allerdings ein Einspruchsrecht als Landwirte. Als er volljährig war zog er los.

Die Erinnerung an 1871 und die Kaiserproklamation verweist nicht nur auf ein innenpolitisches Ereignis. Es hat sehr viel mit Außenpolitik zu tun. Die Proklamation fand in Versailles statt. Am 18. Januar. Zu diesem Zeitpunkt wurde Paris noch von den Deutschen belagert. Das Königsschloss von Versailles ist Herrschaftsmittelpunkt Frankreichs gewesen. Ein solches Ereignis wie die Proklamation im Spiegelsaal des Versailler Schlosses hat tiefen symbolischen Charakter. Der Vorgang sollte Frankreich demütigen. Rache nehmen an Frankreich für Vergangenes. Wie du richtig schreibst, war kein Zivilist anwesend, kein Abgeordnete, kein Bürger, kein Handwerker, kein Arbeitervertreter und kein Bauer. Nur die Fürstenkollegen des Preußenkönigs (Souveräne) und Militärs. Eine Machtdemonstration, Politik der Stärke. 48 Jahre später war das Kaiserreich am Ende. Was im Krieg und durch den Krieg begann, fand sein Ende durch Krieg. Wie nachhaltig diese Kaiserproklamation wirkte, zeigte sich in den Verhandlungen über den Friedensvertrag 1919. Sie fanden – kein Zufall – im gleichen Spiegelsaal statt, in dem das Kaiserreich proklamiert worden war. Die Wirkung dieser Reichsgründung zeigte deutliche Wirkung in Europa. Der Kaisertitel weist auf den Herrschaftsanspruch hin. Der Kaiser (Caesar) ist mehr als ein König, er ist der König der Könige. Eine Erinnerung an das römische Reich und seinen Nachfolger das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, das erst 1806 sein unrühmliches Ende durch Napoleon gefunden hatte. Der britische Oppositionsführer Disraeli erkannte sofort, was vor sich gegangen war im Haus Europa und drückte es so aus: Das ist die Deutsche Revolution. Das sei eine Revolution, die von größerer Bedeutung ist als die französische. Alle europäischen Staaten seien davon betroffen, besonders aber England. Alle herkömmlichen Vorstellungen der Außenpolitik seien dadurch über den Haufen geworfen worden. Er meinte damit das System des europäischen Gleichgewichts, als dessen Hüter sich Großbritannien sah. Dort, wo sich vorher eine Vielzahl kleiner, mittlerer und größerer Staaten und Herrschaften befunden hatten, war ein Machtgebilde entstanden, das Österreich besiegt hatte und die stärkste kontinentaleuropäische Militärmacht in wenigen Wochen gedemütigt hatte. Paris sollte noch fallen. Das Bild Deutschlands für Europa änderte sich und die Deutschen änderten sich auch. Kein verträumtes verschlafenes Zipfelmützen –Deutschland mehr. Ein dynamisch sich entwickelnder Staat mit Ambitionen.

Im Ausland bekamen Deutsche es zu spüren. Beispiel Russland. Die Zarenfamilie war deutscher Herkunft, die Mehrzahl der hohen Militärs waren Deutsche, ebenso die hohen Beamten, Juristen etc In Russland hatten Deutsche sehr viel Einfluss. Etwa 3,5 Mio Deutsche waren Untertanen des Zaren. Nun da ein mächtiger Militärstaat in Zentraleuropa entstanden war, änderte sich das Klima. Die Russen fühlten sich beiseite gedrängt. Die Ideen des Panslawismus fielen auf fruchtbaren Boden. Meine Vorfahren bekamen zu spüren, dass sie Deutsche waren. Sie waren nach den Befreiungskriegen nach Russland ausgewandert (Hungerjahre 1816, 1817 – Ursache Vulkanasche eines indonesischen Vulkans). Sie erhielten von der russischen Regierung 5000 Rubel (Russen erhielten solche Summen nicht) und 60 Desjatinen Land und waren lange vom Militärdienst befreit. In den ersten Jahren starb ein großer Teil der Kolonisten. Das Land war 1812 den Osmanen weggenommen worden, ethnisch gesäubert worden, dann sollte es wirtschaftlich entwickelt werden. Deshalb holte die russische Regierung die Deutschen. Es waren Bauern, Handwerker, Winzer etc. Der Vorfahr mütterlicherseits war Schuster, stammte aus Mühlacker. Der Vorfahr väterlicherseits stammt aus Mecklenburg, hugo. Aber niemand weiß genau woher. Nach wenigen Jahrzehnten waren sie so weit, dass sie zusätzlich Land aufkauften und das in immer größerem Maßstab. Integrieren, so nennt man es heute, das wollten sie sich nicht. Assimilieren schon zweimal nicht. Deutschland blieb das Leuchtfeuer in der Fremde. Sie blieben unter sich. Heirateten unter sich. Gaben ihre Sprache nicht auf. Die Hoffnung der Russen sie würden sich mit den Russen zusammentun und vermischen erfüllte sich nicht. Das Misstrauen entwickelte sich. Am Ende des Ersten Weltkrieges sollten die Deutschen nach Sibirien deportiert werden. Die Oktoberrevolution kam dazwischen und vereitelte den Vollzug. Ein Onkel von mir kämpfte in der russischen Armee im Osten der Türkei, später schloss er sich den Kosaken an. Ich erinnere mich an die Wildheit seiner Erzählungen.


Wir dürfen auch nicht vergessen, dass der westliche Teil Dtlds östlich des Rheins unter Napoleon zum kaiserlichen Empire gehörte (entsprach etwa der alten BRD), als Rheinbund. Den Feldzug Napoleons nach Russland machten 1550 Württemberger mit. 500 kamen zurück. Westlich des Rheins galten b noch Bestimmungen des Nachbarrechts, die auf den Code Napoleons zurückgehen. Die Könige von Württemberg und Bayern waren Könige von Napoleons Gnaden. In mancherlei Hinsicht ist diese French Connection immer virulent gewesen und Ideen aus Frankreich haben im Südwesten immer Anhänger gefunden.

Ich erzähle das alles, weil Innen- und Außenpolitik sich verhalten wie kommunizierende Röhren. Die Bereitschaft mit anderen Völkern friedlich zusammen zu leben, zeigt sich auch im Innern. Hugo, das Zitat, das du gebracht hast (es stammt von den Alldeutschen!), das von der Einheit (auch der völkischen!) spricht, die es herzustellen gilt, ist im Kern ein imperialistisches Programm. Der Dichter des Deutschlandliedes Hoffmann von Fallersleben (40er Jahre 19. Jhd. hatte die sprachliche Einheit vor Augen, sprach das Zusammengehörigkeitsgefühl an: Von der Maas bis andie Memel … Mit der staatlichen Einheit wuchs aber nun das Selbstbewusstsein und die wirtschaftliche Dynamik verstärkte die Unternehmungslust. Auf einmal benötigte man einen „Platz an der Sonne.“


Es ist gut sich an die Vergangenheit zu erinnern, weil dadurch mit heute verglichen werden kann. Wenn ich das Wort Armut heute höre und Hartz IV mit der Armut von früher vergleiche, dann wird deutlich wie überzogen unsere Ansprüche heute sind. Meine Schwiegermutter erzählte mir von einem Verwandten der vor über 100 Jahren täglich einen Fußweg von 20 km zur Arbeitsstelle in der Fabrik in G. zurückzulegen hatte, bei Wind und Wetter, sommers wie winters. Lange Arbeitszeit, dann der Fußmarsch heim. Im Walde sang er immer laut. Es gab es keine Zeit zur Selbstverwirklichung. Arbeiten, Essen, Schlafen bestimmten allein den Lebensrhythmus. Am Sonnabend wurde ebenfalls gearbeitet. Die Beispiele, die du und Klaus bringen machen deutlich, dass von dem gelebt wurde, was das Feld und der Garten hergaben. Den Rest kaufte man. Wir vergessen ganz, dass schlechte Ernten früher über Leben und Tod entscheiden konnten. Die Lebenserwartung stieg erst im ausgehenden 19. Jhd an und erreichte im ausgehenden 20. Jhd Höchstwerte.

Einen schönen Abend noch
c

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hugo
hugo
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Re: Ist Krieg wieder hoffähig?
geschrieben von hugo
als Antwort auf carlos1 vom 04.06.2010, 21:59:03
danke carlos,
hm nun haste mich aber in die Bredouille gebracht,,,,beim Lesen Deines Beitrages kamen tiefe Erinnerungen an früher Gelesenes auf,,ergo ran an den Bücherschrank und,,ok nun bin ich bei Dr August Sachs "Deutsche Heimat" und bei den sächsischem Pestalozzi Vereinen hängen geblieben die in ihren "Bunten Bildern" aus dem Sachsenlande in ähnlicher Manier wie Du hier,,von interessanten wichtigen und wegweisenden Dingen/Begebenheiten berichten.

z.B wußte ich nicht, das damals Napoleon eine Festlandsperre für englische Waren einführte und als man nach solchen Waren -z.B in Leipzig zur Messe- suchte, wurde man so umfangreich fündig, das durch deren Vernichtung bedeutende Summen verloren gingen (erinnert an heutigen Umgang mit chiesischen Waren)

es ist gut, schreibst Du, sich an die Vergangenheit zu erinnern, weil dadurch mit heute verglichen werden kann,,,
vielleicht wird diese Möglichkeit viel zu wenige genutzt,,wer liest heute noch so wie wir früher,,?

aber in Sachen Harz IV will ich Dir gerne auch widersprechen,,
Du vergleichst die jetzige Armut mit jener in früheren Zeiten,,ok das darfst Du gerne tun, aber Du vergisst das im gleichen Atmezuge der Reichtum auch mit verglichen werden müßte--der Gerechtigkeit halber, oder ?

heute aus meiner Tageszeitung: Problem Wohngeldanträge von Harz IV Leuten

meine Nachbarn warten seit 8 Wochen auf ihren Wohngeldbescheid
( derzeit müssen in unserer Kleinstadt ca 1700 solcher Fälle bearbeitet werden, monatlich kommen 150 hinzu, das Personal wurde nicht aufgestockt,,)

,,und da neuerdings ein Teil des Pflegegeldes und des Kindergeldes dieser Familie auf das Arbeitslosengeld II der Frau, angerechnet wird,,fiel der ursprüngliche Mietzuschuss weg, und stattdessen sollte die Familie eben diesen Wohngeldantrag stellen,,ud nun wartet sie, kann ihre Miete nicht mehr voll bezahlen und ?? bekommt beträchtliche -nicht selbstgemachte- Probleme.

Das erstemal in Ihrem Leben machen sie Schulden, sie sind verzweifelt,,nun bleibt als Hoffnungsträger der Ombutsmann,,
und das passiert hier parallel zu der ständig zunehmenden Anhäufung von Netto-Gewinnen bei den Reichen, die haben nicht nur ein Guthaben von 1,7 Billionen € beim Steuerzahler,,

aber zurück zu unserem Wohlergehen,,,,im Prinzip meckern wir (wie sagte noch olle Kohl?) auf hohem Niveau,,ja das kann ich - unter ausklammern der vielen Millionen, in prekären Verhältnissen lebenden- bestätigen *g*

hugo

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