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Internationale Politik Bolivien: Der Putsch der kein Putsch sein darf

dutchweepee
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Bolivien: Der Putsch der kein Putsch sein darf
geschrieben von dutchweepee

Fast alle Medien weigern sich, den Putsch in Bolivien auch so zu nennen. Dadurch verringern sie den Druck auf die Bundesregierung, sich angemessen gegen den Umsturz zu positionieren. Teile der deutschen Medien und Politik gehen dadurch – einmal mehr – eine antidemokratische Symbiose ein.

Der Präsident von Bolivien, Evo Morales, hat auf Druck des bolivianischen Militärs seinen Rücktritt erklärt (Hintergründe auf den NDS in diesem Artikel). Indem man diese Ereignisse kritisiert, nimmt man Morales nicht automatisch und allumfassend inhaltlich in Schutz: Auch eventuell begründete Kritik am Präsidenten oder von ihm begangene politische Fehler rechtfertigen nicht den nun erlebten Umsturz. Dementsprechend gibt es zahlreiche internationale (und auch deutsche) Stimmen, die den Vorgang in Bolivien nun eindeutig einen Putsch nennen. Zu diesen Stimmen gehören unter anderem mehrere lateinamerikanische Staatschefs. Der britische Oppositionsführer Jeremy Corbyn verurteilte den „Putsch gegen das bolivianische Volk“. Und auch die Fraktionschefin der LINKEN, Sahra Wagenknecht, findet deutliche Worte:

„Der Putsch in Bolivien ist ein Anschlag auf Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Unabhängigkeit in Lateinamerika. Alle sozialen Errungenschaften und die kulturellen Rechte der indigenen Bevölkerung, die unter der Präsidentschaft von Evo Morales geschaffen wurden, stehen jetzt auf dem Spiel.“

Quelle: Bolivien in den Medien: Der Putsch, der kein Putsch sein darf
Jakobiner
Jakobiner
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RE: Bolivien: Der Putsch der kein Putsch sein darf
geschrieben von Jakobiner
als Antwort auf dutchweepee vom 12.11.2019, 14:16:41
Sehr gut!
aixois
aixois
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RE: Bolivien: Der Putsch der kein Putsch sein darf
geschrieben von aixois
als Antwort auf dutchweepee vom 12.11.2019, 14:16:41

Schon wieder fange ich an zu grübeln, über zwei  Nachrichten, fast gleichzeitig vor einer Woche erschienen:
 
Lithium ist einer der wichtigsten Rohstoffe für die Elektromobilität und bereits heute ein enorm begehrter Rohstoff. Das hoch gelegene Bolivien sitzt auf einem der größten Vorkommen dieses Rohstoffs und wollte jetzt eigentlich mit der Förderung beginnen. Hierzu ist Bolivien im Dezember 2018 eine strategische Partnerschaft mit Deutschland eingegangen und hat eine gemeinsame Firma für den Abbau von Lithium gegründet. Damit wollte sich Deutschland für viele Jahre einen direkten Zugriff auf den Rohstoff der Zukunft sichern. Doch das Projekt wurde von Beginn an kritisch betrachtet. Denn der Abbau sollte an einem der schönsten Orte Boliviens stattfinden. Anwohner, Umweltschützer und Tourismusexperten waren daher gleichermaßen dagegen und haben nun einen Teilerfolg errungen.“
https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/rohstoffe/deutschland-sichert-sich-wichtigen-zugang-zu-lithium/
 
 
„Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) will die Bundeswehr stärker als bisher im Ausland einsetzen. Deutschland müsse künftig "offen damit umgehen, dass wir – so wie jedes andere Land dieser Welt – eigene strategische Interessen haben", sagte die CDU-Chefin der Süddeutschen Zeitung. Wie kein anderes Land sei Deutschland "darauf angewiesen, dass wir einen freien Handel haben, der auf Regeln basiert" und dass es offene Handelswege gebe.“
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-11/bundeswehr-kramp-karrenbauer-einsaetze-ausland-mission
 
 
Ich will jetzt mal meinem Grübeln ein rasches  Ende bereiten und mir  untersagen, mir weiter irgendetwas vorzustellen oder gar statements verstehen zu wollen , was vielleicht in Zukunft Gegenwart werden könnte, oder aber auch nicht ...
Ich gehe daher schon heute mal „ganz offen“ mit diesen news um, und denke, dass das eine mit dem anderen, nichts,  aber auch gar nichts zu tun hat.
Umweltschutz, bedrohte Völker  … ja, da war mal was, kriege ich jetzt auch nicht auf eine Reihe …

Honni soit qui mal y pense !

[ fett - kursiv von axois ]
 

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RE: Bolivien: Der Putsch der kein Putsch sein darf
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf dutchweepee vom 12.11.2019, 14:16:41

trauriges Ende des einst erfolgreichsten Präsidenten eines südamerikanischen Landes ...
Es war ein geradezu historisch einmaliges Ereignis, als da endlich einmal ein indigener Präsident an die Macht kam, der das Land nicht nur auf die Erfolgsspur brachte und das Bruttoinlandsprodukt in den Jahren seiner Amtszeit auf fast 5 % pro Jahr steigern konnte sondern - und das ist die grösste Leistung: die Armut der Bevölkerung ganz gewaltig senken konnte , in dem er die Eigentumsverhältnisse besser vertelte und vor allem für Bildung der armen bevölkerung sorgte.

Tatsächlich wurde dieser sozialistische Präsident nicht nur von seinen wählern und weltweit von den Linken gefeiert, sondern auch die Weltbank und sogar der Internationalen Währungsfond (IWF) ihn mehr als einmal lobte.

Aber leider passierte genau das, was mit wirtschaftlichen Aufschwung in armen Ländern oft passiert .. er wurde zunehmend totalitärer und schuf keine Riege kompetemter  Führungskräfte um sich, aus Angst, abgesägt zu werden ..  er ändere die verfassung vor allem zu seinen Gunsten und schuf immer mehr Macht für sich ... das konnte einfach nicht gut gehen und liess viel zu viel Raum für Unterwanderungen aus dem Ausland, das hat Dutch schon scharf umrissen .. die wirtschaftlichen Interessen an Bolivien sind gewaltig und jeder will die Lithiumvorkommnisse an sich reissen, egal zu welchem Preis ... und die immer noch arme Bevölkerung wird wieder in die Röhre gucken und kann froh sein, wenn nicht auch noch ein fingierter Bürgerkrieg angezettelt wird. Wenigstens ist Evo in Sicherheit ... ich würde ihm und dem Land sehr wünschen, dass er sich besinnt und als Kandiat zurückkehrt - ohne seinen Machtwahn und wieder als Präsident des Volkes

teri
teri
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RE: Bolivien: Der Putsch der kein Putsch sein darf
geschrieben von teri

Wieder einmal ist der berüchtigte IWF beteiligt,  Rechtsradikale gegen demokratische und soziale Staaten zu putschen zu finanzieren. Der IWF ist der Inkassotrupp der Hochfinanz  - einer kleinen Finanzelite.
 


"Der IWF ist ein Kriegsinstrument der USA" - Ökonom Peter König zu Protesten in Südamerika

Welche Rolle spielt der Internationale Währungsfonds (IWF) bei den zahlreichen gegenwärtigen Protesten in Südamerika? Eine große, aber keine gute – so das Fazit von Peter König, der über zwanzig Jahre lang als Ökonom für die Weltbank tätig war. Im Interview mit Maria Janssen beleuchtet der Schweizer Wirtschaftswissenschaftler die ökonomischen Hintergründe der Ereignisse in Südamerika und kommt zu dem Schluss, dass die Umsetzung der Konzepte des IWF (auch als IMF – International Monetary Fund – bezeichnet) noch nie zu einem besseren Lebensstandard für die Masse der Bevölkerung geführt hat. Im Gegenteil sei der IWF ein Kriegsinstrument der USA und diene dazu, ressourcenreiche Länder in die Verschuldung zu treiben, um deren Rohstoffe ungehindert ausplündern zu können.

teri
 
olga64
olga64
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RE: Bolivien: Der Putsch der kein Putsch sein darf
geschrieben von olga64

Ist es wirklich zielführend, wenn man die Schuld an den korrupten Politikern in fast allen südamerikanischen (und auch afrikanischen) Staaten nun wieder mal dem IWF, den USA oder wem auch immer (aber nie Russland!) zuschreibt und damit versäumt, die nicht ausrottbaren Verbrechen der Regenten am eigenen Volk zu erwähnen?

Meist sind es sozialistische Herrscher, die durch Putsch oder Revolutionen zur Macht gelangten, versprachen alles besser, sozialer usw. zu machen und dann an ihren eigenen Machtansprüchen (die sie oft auf lebenslang definieren) scheitern.
Auch Morales beging Wahlbetrug. Als sich abzeichnete, dass er in die Stichwahl muss, erklärte er die Wahlen für beendet.
Nur die Völker spielen die schmutzigen Spiele nicht mehr mit; sie können sich besser informieren, sich unterneinander vernetzen und gehen auf die Strasse und geben nicht eher Ruhe, bis solche Verbrecher abgesetzt werden.
Es wäre und wird m.E. auch nicht möglich sein, dass sich Morales "zum Besseren wendet" und wieder das Land regiert; er hat ja in den letzten vielen Jahren gezeigt, wie sich Menschen zum Negativen ändern, wenn sie an Macht gewinnen.
Ich wünsche den jungen Menschen, die unter Demokratie logischerweise etwas anderes verstehen, viele Durchhaltevermögen und auch Glück und vor allem, dass es nicht zu vielen Toten und zu noch mehr Blutvergiessen kommt. Olga


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Nick42
Nick42
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RE: Bolivien: Der Putsch der kein Putsch sein darf
geschrieben von Nick42
als Antwort auf dutchweepee vom 12.11.2019, 14:16:41
Fast alle Medien weigern sich, den Putsch in Bolivien auch so zu nennen. ......
Der Präsident von Bolivien, Evo Morales, hat auf Druck des bolivianischen Militärs seinen Rücktritt erklärt............. Der britische Oppositionsführer Jeremy Corbyn verurteilte den „Putsch gegen das bolivianische Volk“. Und auch die Fraktionschefin der LINKEN, Sahra Wagenknecht, findet deutliche Worte: .........
                  Quelle: Bolivien in den Medien: Der Putsch, der kein Putsch sein darf
geschrieben von dutchweepee


 
 
Ich hab noch nicht die Zeit gefunden, mich zu erkundigen, was in Bolivien gerade passiert. Aber ich bin sicher, dass Latein-Amerika nicht mit politischen und moralischen Maßstäben von EU-Europa gemessen werden kann. Und dass Morales für die Indigenen Völker Südamerikas  eine große Hoffnung war und ist und auch vieles schon  erreicht hat.

Und ich weiß, dass in den letzten  Jahrzehnten noch keine Regierung von Links-sozialistisch (Kuba, zeitweilig Venezuela) bis rechts faschistisch (aktuell wieder Brasilien) die Seuche der Korruption und andere brutale Verstöße gegen Menschenrechte abstellen konnte.

Ein konkretes Beispiel: Ich weiß von persönlichen Bekannten, die Südamerika als Tourist mit dem Mietauto bereisten, das das so geht: Du kommst an eine Polizeikontrolle und ein freundlicher Polizist erklärt dir, dass dein Führerschein nicht gültig ist. Und er weiß auch gleich Abhilfe, dort drüben bei der Polizeistadion bekommst du durch eine einfache Fahrprüfung ein gültiges Dokument. Gegen eine Gebühr und alles ist in Ordnung.

Wir empfinden so was als Korruption. Aber wer erfährt, wie wenig ein Polizist dort legal  verdient, nämlich so, dass er noch nicht mal eine Familie ernähren kann, der ist auf diesen „Zusatzverdienst" existenziell angewiesen. Für mich ist das keine Korruptin. Etwas anderes ist es für mich, wenn ganze Wälder jetzt gerade aktuell in Brasilien abgeholzt werden, aber das ist ein anderes Thema. So ist das auf dieser Welt, die eben nicht gerecht ist.

Und ein Wort zu Sahra Wagenknecht. Vor der letzten Bundestagswahl wusste ich mal wieder nicht, wen ich wählen soll. Hab dann unter anderem zwei damals aktuelle Bücher von SW gelesen. Und festgestellt, dass das eine gebildete, belesene und gut informierte Frau ist, die sich glaubwürdig für Frieden, soziale Gerechtigkeit und Menschenwürde einsetzt, in Deutschland und in der Welt. Und Sahra gewählt, obwohl ich Die LINKE oder Vorläufer noch nie gewählt habe.

Nick42

 
olga64
olga64
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RE: Bolivien: Der Putsch der kein Putsch sein darf
geschrieben von olga64
als Antwort auf Nick42 vom 12.11.2019, 18:57:30

DAs ERlebnis, das Ihre Bekannten in Südamerika als Touristen hatten, ist natürlich auch auf diese Klientel ausgelegt. Damit machen diese teilweise armen LÄnder gute Geschäfte,denn die einheimische Bevölkerung dürfte sich diese Kosten korrupter Polizeidienststellen nicht leisten können.
Wir Europäer, aber insbesondere wir Deutsche sind anders sozialisiert. Auch bei uns dürfte Korruption auf vielen Gebieten an der Tagesordnung sein. Aber sie wird geahndet, wenn jemand auffliegt und die Strafen dafür sind nicht zu knapp. Das hindert dann doch die meisten Leute, zB. Polizisten bestechen zu wollen - denke ich mal.
Auch, was Sie über Sarah Wagenknecht schreiben, ist richtig. Letztendlich blieb sie aber immer mit ihren hohen Ansprüchen an sich und die Gesellschaft recht erfolglos, weil sie durch die Partei, der sie angehört, keine grosse Umsetzungskraft hat und ihre Standpunkte hauptsächlich als Dauergast bei Talkshows unter die Leute bringen kann (denn nicht jeder liest ihre Bücher,denke ich).
WAs sie wirklich in die Tat umsetzen würde und könnte - den Beweis wird sie immer schuldig bleiben müssen ,was natürlich auch die GEstellung von Forderungen immer leichter macht.
Das ist nun auch ein wenig vorbei; sie zieht sich aus dem Fraktionsvorstand zurück. WAs ich aber etwas unehrlich finde, ist, dass sie Abgeordnete bleibt und diese Bezüge weiterhin kassiert. Das störte mich auch, als sie diese obskure Bewegung gründete, die dann kurz darauf sang- und klanglos unterging.
Wenn ich mir vorstelle, ein CDU-Abgeordneter würde auch auf Staatskosten seinen Lebensunterhalt bestreiten, dann aber parteienschädlich solche SChritte gehen? Der Aufschrei wäre gross.
Eines rechne ich Frau Wagenknecht aber an: Herr Merz versucht ja aufgrund seiner "politischen Erfahrung" als Fraktionsvorsitzender der CDU, was sehr lange her ist, nun das Kanzleramt zu erobern.
Soweit ging es bei Frau Wagenknecht nie - da scheint sie doch realistischer zu sein, bzw. in ihrem Polit-Profi-Ehemann einen guten Berater zu haben. Olga

aixois
aixois
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RE: Bolivien: Der Putsch der kein Putsch sein darf
geschrieben von aixois
als Antwort auf olga64 vom 12.11.2019, 18:34:28

Zu  dem Beitrag gäbe es einiges zu sagen. Nur soviel: über Beiträge , die auf politischen Überzeugungen beruhen, lässt sich schlecht sinnhaft diskutieren. Jeder kann seine politischen Ansichten haben und wo auch immer zum Besten geben.

Es wird allerdings, milde gesagt, "delikat" , wenn man "korrupte Politiker" -  in Staaten des globalen Südens (Lateinamerika /Afrika) rundweg als "Verbrecher" bezeichnet. Wie dies hier  (versehentlich ?) geschieht. Dass dabei unterstellt wird, dass es sich dabei "meist um sozialistische Herrscher" handelt, ist eher sekundär und könnte Gegenstand einer Debatte sein, ob 'zielführend', kann bezweifelt werden.

Verstösse gegen das Völkerrecht (Menschlichkeit) gehören vor den Internationalen Gerichtshof. Potentaten, egal ob als korrupt, undemokratisch,diktatorisch, verbrecherisch,  etc. angesehen sind solange keine "Verbrecher" nach normalem Sprachgebrauch, wie sie nicht vor einem ordentlichen Gericht als solche verurteilt wurden.
Regenten können "Verbrecher" genannt werden von ihren unmittelbaren politischen Gegnern, wie dies sicherlich von den Putschenden (Putsch als gewaltsame Aktion die Gewalt im Staat zu übernehmen) in Bolivien gerade der Fall ist.

aixois
aixois
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RE: Bolivien: Der Putsch der kein Putsch sein darf
geschrieben von aixois
als Antwort auf olga64 vom 12.11.2019, 19:53:28

" Wir Europäer, aber insbesondere wir Deutsche sind anders sozialisiert ".

NEIN ! 

Es gibt höchstens andere Formen der Vorteilsteilhabe, abhängig von den Möglichkeiten die die  jeweilige soziale  Schichtenzugehörigkeit bietet, meist nicht beweisbar und oft auch strafrechtlich noch gar nicht erfasst. Es muss eben nicht immer das kleine "Bakschisch" sein.

Inzwischen gilt ja das das "gut vernetzt-Sein" als karriereförderndes Merkmal. Damit ist nicht nur gemeint, dass der Herr Müller die Frau Mayer kennt und ihre Telefonnummer hat ...

Es gibt also keinen Grund, sich über andere so zu erheben.


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