Forum Politik und Gesellschaft Internationale Politik Das Auftreten der Griechen entgleist!

Internationale Politik Das Auftreten der Griechen entgleist!

adam
adam
Mitglied

Re: Das Auftreten der Griechen entgleist!
geschrieben von adam
Es ist gerade mal ein halbes Jahrhundert her, daß die Nazis Europa und die Welt mit Terror überzogen haben. Die heutige Generation der Bundesrepublik hat daran sicher keine Schuld, aber wir sollten nicht glauben, daß dieser Teil der Geschichte in anderen Ländern vergeben und vergessen ist.

Die Gründung der Bundesrepublik und ihre Einbindung in das westliche Bündnis mag auch deshalb erfolgt sein, um in Deutschland einen Prellbock gegen die erstarkende, kommunistische Sowjetunion zu haben, andererseits war es auch ein großer Vertrauenvorschuß, besonders der europäischen Länder und da speziell von Frankreich. Wenn man bedenkt, was die Militärmacht Preußens, des kaiserlichen und schließlich des nationalsozialistischen Deutschland in Europa so alles angerichtet hat, muß ich es, aus der Sicht von 1945, als ein idealistisches Wunder ansehen, daß der Schuman-Plan verwirklicht und Deutschland nach dem 2. Weltkrieg nicht wenigstens in ungefährliche Teile zerschlagen wurde. Wer hätte es der Welt verdenken können?

Außenpolitisch nicht souverän und später als Aushängeschild des erfolgreichen, westlichen Systems, konnte sich die Bundesrepublik im beschützenden Schoß des Westens und der Nato prächtig entwickeln. Daß sie heute als Nachfolgestaat des Kriegesverlierers Nazideutschlands in Europa als wohlhabendster Staat dasteht und bei der Eurokrise, zusammen mit Frankreich, den größten Einfluß darauf hat, wie es mit Europa weitergeht, weckt in den anderen europäischen Ländern sicher so manch grimmiges Gefühl. Das ist nachvollziehbar.

Unter diesem Aspekt ist die europäische Krise für die Bundesrepublik auch eine Riesenchance, sich für entgegengebrachtes Vertrauen zu bedanken, vieles aus der Vergangenheit vergessen zu machen und durch ihren Einsatz für ein starkes Europa eine Führungsposition zu rechtfertigen.

Dabei ist dieser Einsatz aus Sicht der Bundesrepublik keinesfalls selbstlos oder gar ein Verlustgeschäft. Wir sind Europäer und unsere Zukunft ist an ein einiges Europa gebunden. Wirtschaftlich und politisch kann Europa zukünftig in der Welt nur eine Rolle spielen, wenn die Europäer mit einer Stimme sprechen. In dem Sinn gehört Griechenland zu Europa und vielleicht sind die Europäer eines Tages froh, dieses kleine Land an ihrer südlichen Grenze zu haben, weil niemand wissen kann, als wie bündnistreu sich die Türkei unter Erdogan und seinen Nachfolgern erweist. Das alles von ein paar Idioten in Griechenland abhängig zu machen, die Angela Merkel als Adolf Nazi verunglimpfen, halte ich nicht für weitsichtig.

--

adam
Medea
Medea
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Re: Das Auftreten der Griechen entgleist!
geschrieben von Medea
als Antwort auf adam vom 03.11.2012, 09:53:17
Ein interessanter Gedanke Adam,
die Griechen möglicherweise eines ferneren Tages
als europäischer Außenposten gegen den Islam ...

Bei den Kretern sind noch sehr wach die Gräueltaten
durch die Jahrhunderte lange Herrschaft der Osmanen
an ihren Vorfahren.

M.
adam
adam
Mitglied

Re: Das Auftreten der Griechen entgleist!
geschrieben von adam
als Antwort auf Medea vom 03.11.2012, 12:20:59
Medea,

der erste Gedanke sollte der der Solidarität in Europa sein und in die Zukunft reichen. Heute mag es um viel Geld gehen, jedenfalls nach momentan geltenden Maßstäben. Was ein geeintes Europa schon für heute bedeutet und für nachfolgende Generationen, ist m.M.n. mit Geld nicht zu beziffern. Deshalb fände ich es angebracht, patriotische Emotionen langsam aber sicher zum europäischen Gedanken zu verlagern, statt nach altem, nationalem Stil zu reagieren.

Was die Türkei anbelangt, wird zu viel auf wirtschaftliche Belange, wie Wachstum gesetzt, statt auf die rechtsstaatliche Entwicklung. Erdogan halte ich nicht für einen zuverlässigen Partner. Gestern noch gut Freund mit Syrien und dem Iran, hängt er mir sein Fähnchen zu sehr in den nationalen Wind der Türkei, besonders wenn er sich Vorteile im Kampf gegen die Kurden verspricht. Heute steht die Türkei unter Erdogan kurz vor einem Krieg gegen Syrien. Dabei darf nicht vergessen werde, daß die Türkei Mitglied der Nato ist und es Erdogan sicher sehr recht wäre, würde die Nato in Syrien gegen Assad eingreifen.

Was Erdogans Ziele als Führer der islamischen Welt betrifft, weswegen er ja die guten Beziehungen zu Israel abgebrochen hat, wird er sich wohl irren. Auch die arabischen Staaten haben alte Zeiten nicht vergessen und werden der Türkei den Finger zeigen. Auf jeden Fall sollte man in Griechenland auch einen Partner innerhalb Europas für die Zukunft und diese Zukunft nicht nur durch die Eurobrille sehen.

--

adam

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nerida
nerida
Mitglied

Re: Das Auftreten der Griechen entgleist!
geschrieben von nerida
als Antwort auf adam vom 03.11.2012, 23:57:57
Auf jeden Fall sollte man in Griechenland auch einen Partner innerhalb Europas für die Zukunft und diese Zukunft nicht nur durch die Eurobrille sehen.
--
adam
geschrieben von adam


Natürlich beruhte das alles auf einer Idee oder besser gesagt auf einem Traum vom "vereinigten Europa".
Da durfte Griechenland als "Wiege Europas" nicht fehlen obwohl Griechenland fast keines der geforderten Kriterien erfüllte.

Die Skandale, die durch die sehr orientalische Auffassung von Vertragstreue entstanden, die sind in Brüssel inzwischen Legende.

Charlotte Kerr, die inzwischen verstorbene Ehefrau von Dürrenmatt, interviewte einmal Melina Mercuri als die Kultusministerin Griechenland war. Ch. Kerr war entsetzt und resümierte ziemlich gallig darüber, was von der vielbeschriebenen Kultur Griechenland noch über ist und das steht in Museen.

Aber man muss sich die Geschichte dieses kleinen durchaus liebenswerten Landes mal ansehen.
Nachdem die Griechen dem Joch der Türken entronnen sind, wurden ihnen Regenten bzw. Könige aus ganz anderen Kulturkreisen vor die Nase gesetzt. Dann die Besetzungen im zweiten weltkrieg als sie wieder zum Spielball der Großmächte wurden. Dann der Bürgerkrieg der bis in die Fünfziger Jahre dauerte und ein Massenelend hinterlies, als wir schon unser erstes Wirtschaftswunder feierten und Schußendlich das entsetzliche Regime der Junta.

Die Mentalität "jeder ist sich selbst am nächsten" ist wohl zwangsläufig und fast schon zu verstehen.

Wir sollten hier nicht ganz so kritisch sein und einem Volk zumindest die Möglichkeit geben seine Identität wieder zu finden.
Skorpion49
Skorpion49
Mitglied

Re: Das Auftreten der Griechen entgleist!
geschrieben von Skorpion49
als Antwort auf nerida vom 04.11.2012, 01:04:30
....
Wir sollten hier nicht ganz so kritisch sein und einem Volk zumindest die Möglichkeit geben seine Identität wieder zu finden.

Richtig. Doch seine Indentität kann das Volk nur mit seiner Drachme und nicht mit dem künstlich geschaffenen Euro wiedergewinnen. Eine Währung, welche nur den Banken und dem Großkapital dient, da es keinerlei Gemeinsamkeiten, weder in der Produktivität noch in sozialer Absicherung und im Steuerrecht gibt.
Re: Das Auftreten der Griechen entgleist!
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Skorpion49 vom 04.11.2012, 11:02:10
... seit wann gewinnt ein Volk seine Identität mit der Währung?
Ist denn Geld wirklich ein Mittel, mit dem man sich identifizieren kann?
Da bin ich ausgesprochen skeptisch.

Im übrigen ist jede Währung einmal "künstlich" erschaffen worden. Nur ist das bei den meisten Ländern schon so früh geschehen, daß sich heute Lebende daran ganz bestimmt nicht erinnern (können), weil zur Erschaffungszeit nicht existent.

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Skorpion49
Skorpion49
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Re: Das Auftreten der Griechen entgleist!
geschrieben von Skorpion49
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 05.11.2012, 05:23:07
Mit der Wegnahme der eigenen Währung und dem Aufzwingen der Fremdwährung wurde dem griechischem Volk seine ökonomische Selbstbestimmung genommen. Ich hoffe nun nicht das "Argument" zu lesen, daß es dem griechischem Volk mit Einführung des EURO besser ging. Dies war eine Augenwischerei. Der Schein trog. Wirklich besser ging es denen, die schon genug hatten und haben.
Alle Hilfspakete, welche bisher nach Griechenland gingen, kamen nie beim einfachen Mann aus dem Volke an. Warum wohl geht denn das Volk in Griechenland auf die Straße? Weil für die Zeche der Pleite, für die Mißwirtschaft und Korruption die Verursacher zahlen muß? Nein der kleine Mann muß dafür zahlen. Dem werden Löhne und Renten gekürzt.

Und daß jede Währung künstlich ist, mag sei. Nur ist sie in den meißten Fällen geschichtlich gewachsen. Wie sollte den sonst der Handel funktionieren? Tauschhandel, wie zur Steinzeit oder sollte mit Steinen bezahlt werden?
Marija
Marija
Mitglied

Re: Das Auftreten der Griechen entgleist!
geschrieben von Marija
als Antwort auf Skorpion49 vom 06.11.2012, 05:55:35
Die Einführung des Euro war für jedes beteiligte Land eine Herausforderung.
Die Griechen haben sich unter Zuhilfenahme falscher "Zeugnisse" zum Euro "hingemogelt". Und einige haben dabei abgesahnt und die gewonnenen Euronen auf Inseln und in der Schweiz in Sicherheit gebracht.

Dass nun gerade dem ganz einfachen Volk dieser "Betrug" zum sozialen Fallstrick gemacht wird, das ist mehr als ungerecht, das ist , in meinen Augen, ein Verbrechen.

Ich habe Verständnis für die Wut, die sich immer wieder Bahn bricht.

Frau Merkel soll einmal auf die Frage : "Was machen Sie anders, wenn es 60% Jugendarbeitslosigkeit in der EU gibt ?" geantwortet haben :
" Nichts. Es ist mir egal. Das Projekt Europa wird durchgezogen!"

Ob sich "das Projekt Europa" erzwingen lässt, das wird die Zukunft zeigen.
schorsch
schorsch
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Re: Das Auftreten der Griechen entgleist!
geschrieben von schorsch
als Antwort auf Skorpion49 vom 06.11.2012, 05:55:35
Mit der Wegnahme der eigenen Währung und dem Aufzwingen der Fremdwährung wurde dem griechischem Volk seine ökonomische Selbstbestimmung genommen. I...........


Nun soll mir aber bitte niemand kommen und behaupten, diese Fremdwährung sei den Griechen von aussen aufgezwungen worden. Es ist doch eher so, dass sie sich um jeden Preis in dieses Wagnis stürzen wollten - sogar mit getürkten Bilanzen.

Und noch eine Bemerkung zu den Fluchtgeldern: Diese kamen nicht erst bei der Währungsreform in die Schweiz und die übrigen Fluchtorte. Sie kamen bereits als Drachmen. Und sie sollten eigentlich dem griechischen Staat übergeben werden - in der alten Währung - Drachmen!
nerida
nerida
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Re: Das Auftreten der Griechen entgleist!
geschrieben von nerida
als Antwort auf Marija vom 06.11.2012, 09:03:10


Dass nun gerade dem ganz einfachen Volk dieser "Betrug" zum sozialen Fallstrick gemacht wird, das ist mehr als ungerecht, das ist , in meinen Augen, ein Verbrechen.

Ich habe Verständnis für die Wut, die sich immer wieder Bahn bricht.

Griechenland hat sich in der Vergangenheit sehr wohl aus den vielen Geldtöpfen der EU reichlich bedient und sich einen fast schon absurden Verwaltungsapparat geleistet. Man hat durch fehlgeleitete Subventionen sichere Einkommen z.B. in der Landwirtschaft , die Familien sehr gut ernährten, kaputtgemacht, da lockte auch den kleinen Mann das leicht verdiente Geld.

Die Griechen haben, da sie keinerlei industrielle Infrastruktur haben, ihr Geld traditionell schon immer in der Diaspora verdient und wir haben hier auch in unserem Land einen großen griechischen Bevölkerungsanteil.
Hierzuland leisten sich die Griechen sogar eigene Schulen, die vom griechischen Staat finanziert werden. Ob dafür Fördergelder von der EU freigemacht werden, weiss ich nicht.

Frau Merkel soll einmal auf die Frage : "Was machen Sie anders, wenn es 60% Jugendarbeitslosigkeit in der EU gibt ?" geantwortet haben :
" Nichts. Es ist mir egal. Das Projekt Europa wird durchgezogen!"

Das halte ich für ein dummes Gerücht, zu so einer Aussage würde sich die Bundeskanzlerin nicht hinreissen lassen.

Ob sich "das Projekt Europa" erzwingen lässt, das wird die Zukunft zeigen.

Wir haben keine andere Wahl mehr

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