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Internationale Politik Der Gewinner der US-Invasion im Irak

carlos1
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Re: Der Gewinner der US-Invasion im Irak
geschrieben von carlos1
als Antwort auf adam vom 01.09.2010, 22:56:13
„…wenn man von einem Gewinner des Irakkrieges reden kann, dann in dem Sinn, daß die Kriegsgegner Recht behalten haben.“ Adam



Werden Krieg geführt, damit am ‚Ende jemand Recht behält,adam? Es geht doch um eine Analyse der Lage nach dem Irakkrieg. Die Frage muss gestellt werden: Ist er denn beendet? Die Instabilität des Landes weist daraufhin.


Der Krieg war unrechtmäßig und falsch.“ Adam



Schlimmer, er war ein Fehler. Aber warum wurde er geführt? Welches waren die Kriegsziele? Ein möglicher Zusammenhang mit dem 9.11. ist zu wenig an Erklärung. Und der Krieg gegen den Terror ist ein vorgeschobener Grund. Welche Beweise gab es denn außer den selbst gefertigten? Bleibt vielleicht nur die Vermutung, dass eine Weltmacht sich einen Terroranschlag wie dem 9.11. nicht bieten lassen darf, dass sie reagieren muss. Was wäre geschehen, wie wäre die Geschichte verlaufen, wenn die USA auf den 9.11. nicht reagiert hätten? Wäre die Welt dadurch besser geworden? Gäbe es mehr Sicherheit, mehr Freiheit, mehr Demokratie, mehr Wohlstand?


„Machtdemonstration als Warnung für alle Staaten, die nicht kooperieren wollten, um weltweit möglichst freie Hand zu haben.“ Adam



Aber warum und wie sollten etwa Brasilien oder Vietnam oder Russland etwa von einem Krieg der USA gegen den Irak derart beeindruckt oder so unter Druck gesetzt sein, dass sie „kooperieren“? Sollte das bei allen Staaten als Botschaft angekommen sein, wäre eher ein weltweites Einvernehmen sich den USA nicht zu beugen die Folge gewesen. Der Versuch Druck weltweit auf Staaten auszuüben, setzt die Fähigkeit der USA voraus mehr als nur zwei Kriege weltweit zu führen. Nur so könnte Druck ausgeübt werden. Das Zitat von Bush zeigt auf welch schwankendem Boden dessen Argumentation steht. Wollte Bush den Geldmittelzufluss für den Terror unterbinden, benötigte er die Mitarbeit anderer Staaten. Gleichzeitig droht er: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Durch Drohung zur Zusammenarbeit etwa? Das ist schlechte Diplomatie. Wie viel Spielraum blieb der Politik der USA nach dem 9.11. um Stimmungen in den USA entgegenzukommen?

„Die Operationen in Afghanistan waren, nach meiner Vermutung, nicht tauglich für den Krieg gegen den Terror, weil sie, als öffentlich erklärtes Ziel, lediglich zur Festnahme von Osama Bin Laden dienten.“ Adam



War die Operation in Afgh. nicht eher dazu geeignet Al Quaeda die Operationsbasis zu nehmen? Allerdings war es relativ einfach Al Quaeda zu vertreiben, die sehr bald anderswo ihre Stützpunkte einrichten konnte. Die Araber waren in Afgh ohnehin nicht beliebt. Die verbündeten Taliban blieben im Lande und besaßen weiter ihren Rückhalt in Pakistan.


Ob die 8 Jahre Präsidentschaft Bushs außenpolitisch eine einzige Lüge sind, wie du schreibst, bezweifle ich. Illusionen und Fehleinschätzungen sind noch keine Lügen. Es wäre nützlich sich eben diese Gründe für die Fehleinschätzungen zu finden. In den Fehleinschätzungen sind sowohl eine falsche Selbstwahrnehmung, eine falsche Selbsteinschätzung der eigenen wirtschaftlichen Kapazitäten und militärischen Fähigkeiten als auch der Fehleinschätzung der Lage im Nahen Osten und fremder Mentalitäten etc. Ich glaube nicht, dass Bush unter der Bezeichnung Krieg gegen den Terror eigentlich "Krieg gegen den Islam" verstand, sondern eher gegen eine radikale Form eines politischen Islam.

Die Frage ist doch, wer der „Gewinner“ dieses Krieges im Irak ist. Ist ein Fortschritt hinsichtlich der Kriegsziele – welcher eigentlich? – oder der Lage gegenüber 2003 heute erkennbar? Die Frage können wir nicht beantworten durch ein Beschreibung der Ursachen und der Gründe des Krieges.


c.
hafel
hafel
Mitglied

Re: Der Gewinner der US-Invasion im Irak
geschrieben von hafel
als Antwort auf carlos1 vom 02.09.2010, 23:02:37
@ Carlos: „Welches waren die Kriegsziele“

Richtig, die Frage ob es "das wert war" hängt meines Ermessens von der Definition der Kriegsziele ab. Fasse ich diese einmal zusammen:

Die Warnung vor Irakischen Massenvernichtungswaffen war ein gezielt aufgebauter Popanz. Das war es also nicht.

Das Bush junior das "Werk" seines Vaters vollenden wollte, war nie ein ernst zu nehmender Kriegsgrund.

Dass die USA in der ölreichen Region wirtschaftliche Ziele verfolgen ist offensichtlich. Jedoch angesichts der hohen Kosten des Kriegseinsatzes hätte sich der Krieg höchstens für einzelne US-Firmen gelohnt.

Bleibt noch das Argument: Der Sturz von Saddam und den Menschen im Irak Wohlstand und Demokratie zu bescheren.

Doch hier zeigt die Bilanz mehr Schatten als Licht. Eine Spaltung des Landes ist immer noch nicht ausgeschlossen und das in einer hochexplosiven Region, die von Palästina bis nach Afghanistan reicht.

Der Krieg hat meines Ermessens seine Ziele verfehlt. Er war das massenhafte Sterben niemals wert.

Hafel
adam
adam
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Re: Der Gewinner der US-Invasion im Irak
geschrieben von adam
als Antwort auf carlos1 vom 02.09.2010, 23:02:37
Was wäre geschehen, wie wäre die Geschichte verlaufen, wenn die USA auf den 9.11. nicht reagiert hätten? Wäre die Welt dadurch besser geworden? Gäbe es mehr Sicherheit, mehr Freiheit, mehr Demokratie, mehr Wohlstand?


Carlos,

die Frage darf nicht lauten, was geschehen wäre, hätten die USA nicht reagiert, sondern was wäre geschehen, hätten die USA nicht mit Krieg reagiert.

Ein Bruchteil der Kriegskosten als Aufklärung in der islamischen Welt über Tod und Elend durch Terror, hätte die westliche Argumentation der humanistischen Idee von Menschenrechten und Rechtstaatlichkeit endlich einmal auch humanistisch unterstrichen. Kriege machen diese Argumentation zur Farce.

Eine gewaltlose Reaktion hätte auch islamischen Staaten geholfen, ja sie fast gezwungen, sich weit stärker gegen den internationalen, islamistischen Terror zu engagieren. Die Kriege in Afghanistan und im Irak waren Rachefeldzüge und somit eine Abgeltung der Schuld des Terrors. Niemand brauchte sich veranlasst sehen, auch etwas zu tun. Eine gewaltlose Reaktion hätte in der islamischen Welt Respekt eingefordert, die Kriege dagegen haben Hass geschürt und dem Terror den Boden bereitet.


Ja, ich glaube es gäbe heute mehr Sicherheit auf der Welt und auf jeden Fall mehr Vertändnis und Vertrauen der verschiedenen Kulturkreise für einander.

Aber warum und wie sollten etwa Brasilien oder Vietnam oder Russland etwa von einem Krieg der USA gegen den Irak derart beeindruckt oder so unter Druck gesetzt sein, dass sie „kooperieren“?


Die Demonstration von Macht war m. A. n. nur an islamische Staaten gerichtet: "Seht her, was passiert, wenn von eueren Ländern Gewalt gegen uns ausgeht!"

Ich glaube nicht, dass Bush unter der Bezeichnung Krieg gegen den Terror eigentlich "Krieg gegen den Islam" verstand, sondern eher gegen eine radikale Form eines politischen Islam.


Das eben glaube ich nicht. G.W. Busch ist "Erweckter Christ", eine fundamentalistische Form des christlichen Glaubens. Aus dieser Position heraus machte er sowenig Differenzierungen zwischen Islam und Islamismus, wie der islamistische Terror bei seiner Beurteilung der westlichen Zivilisation.

Die Frage ist doch, wer der „Gewinner“ dieses Krieges im Irak ist.


Zur Zeit wird noch verloren. Spekuliert über die Gewinner habe ich ja schon in meinem Beitrag von vor drei Jahren, den ich am Anfang des Threads nochmal gebracht habe. Ich denke, der Irak wird auf mittlere Sicht zerfallen.

--

adam




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hugo
hugo
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Re: Der Gewinner der US-Invasion im Irak
geschrieben von hugo
als Antwort auf carlos1 vom 02.09.2010, 23:02:37
Ob die 8 Jahre Präsidentschaft Bushs außenpolitisch eine einzige Lüge sind, wie du schreibst, bezweifle ich. Illusionen und Fehleinschätzungen sind noch keine Lügen (carlos)

oh carlos,,ich will Dir ja nicht unterstellen das Du den Bush bzw die Bushs verteidigen bzw in Schutz nehmen willst, aber so wie es hier steht, kommste da nahe dran.

Wenn man solche Gedanken weiterdenkt, nicht auszudenken wenn die Illussionen und Fehleinschätzungen ein klein wenig größer gewesen (also die sadammsche Gefahr noch höher bewertet worden wäre)und die Reaktionen darauf die Atombombe gewesen wäre ??

Ich will gar nicht soo weit ins Gruselkabinett aller denkbar möglichen Gefahren greifen,, die Version von den Lügen, den absichtlich konstruierten Kriegsgründen (die Gründe, Hintergründe und Antriebskräfte dafür sind ein eigenes Thema wert)
ist wohl entsetzlich genug.

Wer kann mir darauf antworten das -sogar hier im ST- noch vor Beginn dieses Krieges weltweit massenhaft mahnende Stimmen diese Lügen erkannten, an den Pranger stellten und genau das, kurz danach eintretende Überfall-Scenario, vorhersagten.
Es muss doch sehr offensichtlich vorherschaubar und gut erkennbar gewesen sein bei der Masse an Weltweiten Warnungen.

Diese Warnungen (die sich allesamt im Nachhinein immernoch als wahr und richtig herausstellten) beruhten doch offensichtlich auf einer leichten Erkennbarkeit der Situation, der Ausgangslage und/oder auf einer völlig richtigen Wahrnehmung bezüglich des Geisteszustandes der Personen die in an den Hebeln der Militärmacht USA drehten.

Das dann nachher diese dummdreisten Abwiegelungsversuche von wegen die CIA-Experten hätten sich geirrt oder ihre Informationen wurden nicht richtig interpretiert oder es gab so eine Art Gefälligkeit Hinweise und das auch hochangesehene Persönlichkeiten diesen Lügen Glauben schenkten ( Toni BLair, Angela Merkel,,) macht diese LÜgengeschichte nicht besser.

Der Irak treibe ihn noch immer um - ein "Albtraum", den er nicht durchschaute, als er britische Truppen im Gefolge der Amerikaner an den Golf schickte.(Die Abrechnung, Großbritanniens Ex-Premier Tony Blairs Memoiren.)

zusammanfassend: Es gab keinen Casus belli, sodass die Gründe für den Irakkrieg bis heute nicht eindeutig zu bestimmen sind und Raum für Spekulationen bieten. (so ungefähr die vorsichtig und bushfreundlich formulierte Lexikonvariante.

hugo







sysiphus
sysiphus
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Re: Der Gewinner der US-Invasion im Irak
geschrieben von sysiphus
Nicht einer ist Gewinner des Irak-Krieges. Viele Millionen Menschen haben gewonnen. Kurden und Schiiten. Die Nachbarn des Irak. Die einen können endlich angstfrei leben, müssen nicht mehr fürchten von einem wahnsinnigen Diktator brutal hingemordet zu werden, andere sind jetzt sicher vor erneuten Überfällen des Kriegsherrn Saddam Hussein.

Oder meint jemand es wär zu erwarten gewesen, dass dieses kriegstreiberische, Foltersystem des Saddam sich hin zu Menschlichkeit verändert hätte? Oder wäre es doch zu weiteren Mordorgien an der eigenen Bevölkerung und wieder Überfälle auf Nachbarstaaten gekommen?

sysiphus...
carlos1
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Re: Der Gewinner der US-Invasion im Irak
geschrieben von carlos1
als Antwort auf adam vom 03.09.2010, 00:05:24
Hallo adam,
es ist gut, dass du daran erinnerst, dass Kriege niemals oder nur in den allerseltensten Fällen Probleme lösen. Sie schaffen nur neue. Und kosten viel. Insofern war die Präsidentschaft Bushs nicht glücklich. Zu sagen, dass zur Zeit "noch verloren wird", ist zu wenig. Der Glaube, dass der Irak zerfallen könnte (du bist dir da sicher, ich argwöhne aber auch in dieser Richtung), wirft aber doch weitere Fragenproblem auf. Wie wird die Türkei reagieren, wenn das Kurdenproblem virulent wird und wie der Iran? Der Nahe Osten und Zentralasien bestehen nur aus ethnisch gemischten Staaten (eurasischer Balkan) und diese sind alle instabil. Saddam hat mit harter Hand den Irak zusammengehalten. Die anderen werden auch nicht mit Sanftmut regiert.


"G.W. Busch ist "Erweckter Christ", eine fundamentalistische Form des christlichen Glaubens. Aus dieser Position heraus machte er sowenig Differenzierungen zwischen Islam und Islamismus, wie der islamistische Terror bei seiner Beurteilung der westlichen Zivilisation." adam


Du bist der Meinung, dass Bush die Außenpolitk gemacht hat. Dieser Meinung bin ich nicht. Bush war von seiner Vorbildung und seinem geistigen Habitus nicht geeignet in außenpolitischen Fragen zu denken oder zu entscheiden. Das sind die wenigsten Präsidenten. Denke doch mal an Reagan. Der hatte dafür seine Frau Nancy (die gesunden Menschenverstand besaß und Mut) und seine Berater. Was Bush entscheiden konnte und musste. waren ausgeasrbeitete Vorlagen der vielen Stäbe. die las er nicht mal vollständig. Man erklärt sie ihm. verstand er sie dann oder was verstand er überhaupt? So wird regiert, auch hier in Deutschland. Eine Vielzahl von Regierungsstellen mit Experten sind an den Vorlagen beteiligt gewesen, die im Weißen Haus von den Sicherheitsberatern gefiltert wurden. Die Klischeevorstellungen vom "erweckten Christen" wird in Zeitungen kolportiert. In Wirklichkeit verbirgt sich dahinter eher einfaches Schwarz-Weiß-Denken und eine dichotomische Weltsicht von Gut und Böse. Der Mann war einfach simpel gestrickt. Ein erweckter Christ redet nicht davon, dass man die Handlanger des 9.11. suchen würde, "dead or alive". Dead or alive ist nicht gerade typisch für das Neue Testament und die Wiedergeburt im Geist der Liebe. Eher für das harte Gesetz des Wilden Westens, der "frontier". Die amerikanische Politik hat sehr wohl differenziert zwischen gemäßigtem Islam und Islamismus. Sie hat nicht immer Geduld aufgebracht, will immer, wie wir auch, ganz schnelle perfekte Lösungen. In Amerika gibt es übrigens eine starke Strömung des gemäßigten Islam.


"Eine gewaltlose Reaktion hätte auch islamischen Staaten geholfen, ja sie fast gezwungen, sich weit stärker gegen den internationalen, islamistischen Terror zu engagieren. Die Kriege in Afghanistan und im Irak waren Rachefeldzüge und somit eine Abgeltung der Schuld des Terrors. Niemand brauchte sich veranlasst sehen, auch etwas zu tun. Eine gewaltlose Reaktion hätte in der islamischen Welt Respekt eingefordert, die Kriege dagegen haben Hass geschürt und dem Terror den Boden bereitet." adam


Ob eine gewaltlose Reaktion Respekt in der islamischen Welt eingebracht hätte? Eingefordert hätte? Ausgerechnet in einem Kulturkreis, der auf das Prinzip Auge um Auge setzt? Wo die Hackordnung als oberstes Prinzip gilt. Bedenken muss man: Eine Supermacht, die auf eine beispiellose Herausforderung nicht reagiert, ist keine Supermacht mehr. Die amerikanische Hegemonie beruht nicht auf direkter Herrschaft mit Panzern, ist also nicht tief verankert. Es sind außenpolitische und innenpolitische indirekte Zwänge, die andere Staaten an die USA binden. Eine gemäßigte Politik ist heute eher möglich nach den vielen Opfern (traurig aber wahr). Wie hätte Bush den Übergang zu einer Politik der Gewaltlosigkeit nach innen wenige Tage nach dem 9.11. rechtfertigen sollen? Politik ist immer von Stimmungen des Publikus abhängig. Stimmungen kommen aus dem Bauch. Es gibt Situationen, in denen Rationalität nicht gefragt ist.


Um kurz abzuschweifen sei erwähnt, dass der Iran ein wichtiger Ordnungsfaktor im Nahen Osten ist (Brzezinski). Beseitigst du Stabilitätsfaktoren, bekommst du Instabilität. Das ist wie beim Hausbau auch. Es wäre gut sich daran zu erinnern, wenn über den Iran gesprochen wird. Die Rhetorik und die tatsächliche Politik gehen nicht immer konform, auch weil das Bauchdenken dazwischen kommt. Die großen Sprüche in der Außempolitik richten sich nicht selten an das eigene Publikum. Das gilt für jede Außenpolitik, jedenfalls für Akteure auf der großen Bühne, auf der wir aber nicht erscheinen.

c.






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carlos1
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Re: Der Gewinner der US-Invasion im Irak
geschrieben von carlos1
als Antwort auf sysiphus vom 03.09.2010, 10:17:30
"icht einer ist Gewinner des Irak-Krieges. Viele Millionen Menschen haben gewonnen. Kurden und Schiiten. Die Nachbarn des Irak. Die einen können endlich angstfrei leben, müssen nicht mehr fürchten von einem wahnsinnigen Diktator brutal hingemordet zu werden, andere sind jetzt sicher vor erneuten Überfällen des Kriegsherrn Saddam Hussein." sysiphus


@ sysiphus,
dem ist als erstes nicht viel hinzuzufügen. Aber bitte weiterdenken. Wenn man Krieg führt, um dem Irak und den bedrohten Menschen die FReiheit zu bringen ("Operation Freedom"), sie von einem schrecklichen Dikator befreien will, läuft man Gefahr neue Probleme zu schaffen, wenn das eine Problem gelöst ist. Ist dem Irak oder gesamten Nahen und Mittleren Osten gedient, wenn eine Ehnie im Namen der Freiheit und Selbstbestimmung Amok gegen die andere läuft? Staaten wie der Iran, der Irak, Syrien, die Türkei, Libanon ....etc sind Staaten mit ethnischen Minderheiten, instabil, nur durch Gewalt zusammengehaltene Staaten. In Zentralasien ist es nicht anders.

Große Ideen wie Freiheit, Menschenwürde, Selbstbestimmung sind uns viel als Rhetorik viel wert. Aber sie sind in Europa erst zur Geltung gekommen, nachdem Ströme von Blut geflossen sind. Deshalb sind wir heute ein ganz kein wenig klüger und können mit guten Ratschlägen die Welt beglücken. Dabei wären viele bereit, die EU und den Euro so schnell wie möglich über Bord zu kippen, weil sie zu teuer sind.

c.
carlos1
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Re: Der Gewinner der US-Invasion im Irak
geschrieben von carlos1
als Antwort auf hugo vom 03.09.2010, 08:13:16
" .... oh carlos,,ich will Dir ja nicht unterstellen das Du den Bush bzw die Bushs verteidigen bzw in Schutz nehmen willst, aber so wie es hier steht, kommste da nahe dran." hugo


Hallo hugo,
ich sprach ja von selbstgefertigten Beweisen sowie von Illusionen und Selbsttäuschungen. Über die Lüge in der Politik will ich mich nicht dauernd auslassen. Keine Politik ohne Lüge. In anderem Zusammenhang habe ich das unlängst abgehandelt.


„Und der Krieg gegen den Terror ist ein vorgeschobener Grund. Welche Beweise gab es denn außer den selbst gefertigten? Bleibt vielleicht nur die Vermutung, dass eine Weltmacht sich einen Terroranschlag wie dem 9.11. nicht bieten lassen darf, dass sie reagieren muss.“ Carlos1



„Es gab keinen Casus belli, so dass die Gründe für den Irakkrieg bis heute nicht eindeutig zu bestimmen sind und Raum für Spekulationen bieten. (so ungefähr die vorsichtig und bushfreundlich formulierte Lexikonvariante.“ Hugo


Einen echten casus belli (Kriegsgrund) gab es m. E. nicht. Es gab vorher den unvollendeten ersten Golfkrieg Anfang der 90er Jahre und den Versuch der USA den Irak einzudämmen (Flugverbotszonen), wirtschaftliche Sanktionen (mangelnde Versorgung der irakischen Bevölkerung etc.). Die Spannungen um den Irak waren eine ständige Erinnerung an ausgelassene Möglichkeiten. Die USA sahen sich um den Sieg im ersten Golfkrieg durch das Wiedererstarken Saddams betrogen (Niederschlagung des Aufstandes der Schiiten im Süden um Basra durch die Republikanische Garde, Repressionen gegen Kurden). Der Wille zur Ausschaltung Saddams erwuchs aus diesen ständigen Spannungen. Bei der Darstellung der Gefahr Saddams wurde zu unerlaubten Mitteln gegriffen. Die USA sahen in Saddam eine Bedrohung des nahöstlichen Gleichgewichts. Der Irak sollte demokratisiert werden und damit für alle regionalen Diktaturen (Iran, Syrien) eine Bedrohung werden. Letztlich sollte Lösung des Palästinaproblems erleichtert werden. Die soziokulturelle, politische Situation der Region, die ethnischen Besonderheiten wurden nicht beachtet. Dazu gab es genügend Warnungen. Deine von dir als „vorsichtig und bushfreundlich formulierte Lexikonvariante“ als Erklärung für Vorbereitung und Durchführung des Irakkrieges sehe ich als vernichtendes Urteil an.

c.
hugo
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Re: Der Gewinner der US-Invasion im Irak
geschrieben von hugo
als Antwort auf carlos1 vom 03.09.2010, 22:05:04
Die soziokulturelle, politische Situation der Region, die ethnischen Besonderheiten wurden nicht beachtet. Dazu gab es genügend Warnungen. (carlos)

ja, das darfst Du ruhig ganz laut sagen,,,das sollten die Amis (und nicht nur die) endlich mal begreifen und auch auf andere Schwerpunkte (wo sie derzeit dabei sind ihre Standardfehler zu wiederholen) übertragen.

Es ist eben nicht immer und bei jeder Gelegenheit -und schon gar nicht durch Schaffen einer behaupteten Gelegenheit mittels Lügen- zu erwarten, das sich ein Unrechtssystem durch Unrechtsaktionen von außen in eine Demokratie wandeln läßt,

,wurde sowas denn überhaupt schon mal geschafft ??
haben die Amis in den letzten 50 Jahren überhaupt schon mal mittels militärischer Eingriffe eine Demokratie installieren können ?

Sowas gelingt doch zumeist über Umwälzungen von innen bis hin zum Bürgerkrieg.



hugo
adam
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Re: Der Gewinner der US-Invasion im Irak
geschrieben von adam
als Antwort auf carlos1 vom 03.09.2010, 10:22:27
@carlos,

einige Anmerkungen zu Deinem Posting:


Du bist der Meinung, dass Bush die Außenpolitk gemacht hat......

Ein erweckter Christ redet nicht davon, dass man die Handlanger des 9.11. suchen würde, "dead or alive". Dead or alive ist nicht gerade typisch für das Neue Testament und die Wiedergeburt im Geist der Liebe.


Ich bin ganz und gar nicht der Meinung, daß Bush die Außenpolitik gemacht hat. Er war die Marionette der Macht, die hinter Cheney und Bush sen. stand.

Seit wann halten sich religiöse Menschen an das, was ihre Religion predigt, wenn etwas gegen ihr Selbstwertgefühl geht? Selbst Jesus hat Tische umgeschmissen.

Ob eine gewaltlose Reaktion Respekt in der islamischen Welt eingebracht hätte? Eingefordert hätte? Ausgerechnet in einem Kulturkreis, der auf das Prinzip Auge um Auge setzt? Wo die Hackordnung als oberstes Prinzip gilt. Bedenken muss man: Eine Supermacht, die auf eine beispiellose Herausforderung nicht reagiert, ist keine Supermacht mehr.


Die USA wären ganz sicher auch dann Supermacht geblieben, wenn sie nicht mit Gewalt reagiert hätten. Welcher Staat sonst? Es kommt immer darauf an, wie Macht ausgeübt, in solch einem Fall nicht ausgeübt wird, z.B. in Verbindung mit einer Art Abmahnung.

Der psychologischen Effekt darf nicht unterschätzt werden, daß kontrollierte, nicht ausgeübte Macht zu einem späteren Zeitpunkt höhere Akzeptanz hat, wenn sie denn überhaupt ausgeübt werden muß.
Wer wäre besser geeignet als eine Supermacht, zuerst einen gewaltlosen Weg zu wählen? Macht, die nicht mit Gewalt erhalten wird, kann zu akzeptierter Authorität werden. Dies gilt besonders für die islamische Welt, deren Ordnung zum großen Teil auf traditionellen Werten aufgebaut ist, die wiederum aus subjektivem, emotionalem Gerechtigkeitsgefühl wurzeln. Emotionen sind die Ansatzpunkte der Psychologie.

Um zu sehen, wer den Irakkrieg gewonnen hat, muß man nur die Nachrichten verfolgen. Alle Spitzbuben dieser Region, die mit der gewaltsamen Cowboymanier der Bush-Cheney-Clique gegen die USA und damit auch gegen den Westen argumentieren können, haben gewonnen.

Die Spitzbuben des Iran, die sich Mullahs nennen, samt dem Spitzbuben Ahmadinedschad haben gewonnen, die sich mit dem türkischen Spitzbuben Erdogan zusammengetan haben und sich eine Scheibe vom Irak abschneiden wollen. Der Islamismus hat gewonnen, samt den Spitzbuben der Hamas und Hisbollah, die aus der Gewalt gegen Israel ihre Existenzberechtigung ziehen. Ebenso die Spitzbuben in der israelischen Regierung, die gewählt werden, solange mit Israels Vernichtung gedroht wird.

Die gesamte westliche Welt hat verloren, weil die USA durch die Kriege im Irak und Afghanistan ihre Wirtschaftsmacht eingebüßt und die Welt finanziell an den Abgrund gebracht haben. Die ungeheueren Geldmitteln, die der Krieg vernichtet hat, wären besser in der Sanierung der verotteten Infrastruktur der USA angelegt gewesen, um die (Welt)Wirtschaft zu stützen.

Ein Gewinner könnte die EU sein, die in die Bresche springen müßte, die durch den Machtverlußt der USA entstanden ist, wenn sie sich endlich dazu durchringen könnte, eine gemeinsame Wirtschaft- und die damit verbundene gemeinsame Außenpolitikspolitik zu betreiben. Es zeugt von immenser Kurzsichtigkeit, daß die Merkelregierung sich dagegen sträubt, aus Angst, die Exportstärke der Bundesrepublik könnte behindert werden. Wenn die EU ihren stärksten Nettozahler behalten will, wird sie dies nicht tun.

Natürlich begreifen sich auch diejenigen als Gewinner, die nicht verstehen wollen, daß die Freiheiten, die der Westen seinen Bürgern bietet, abhängig sind von der Stärke der USA.

--

adam







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