Forum Politik und Gesellschaft Internationale Politik Ein offener Brief an Henryk Broder: Der Gazastreifen ist nicht das Warschauer Ghetto - Gott sei Dank

Internationale Politik Ein offener Brief an Henryk Broder: Der Gazastreifen ist nicht das Warschauer Ghetto - Gott sei Dank

Re: Ein offener Brief: Der Gazastreifen ist nicht das Warschauer Ghetto - Gott sei Dank
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf luchs35 vom 10.06.2010, 15:25:40
Meinst du mit den „amerikanischen Judenverbänden“ die Jewish Voice for Peace? Das ist, soweit ich weiß, die aktivste jüdische Menschenrechtsbewegung in den USA. Sie beteiligen sich immer an Protesten, wenn es um die Menschenrechtsverletzungen in den besetzten Gebieten geht und setzen sich für die Rechte der Palästinenser ein, auch hier bei der Gazaflotte waren sie beteiligt und haben heftig gegen das Vorgehen des israelischen Militärs protestiert mit Briefen etc., zu denen sie Unterschriften gesammelt haben und noch sammeln. Ich weiß allerdings nicht, ob sie auch finanziell beteiligt waren, vielleicht war das auch eine andere Gruppe.

Hier ein Link, wo man auch noch mit unterschreiben kann:
olga64
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Mitglied

Re: Ein offener Brief: Der Gazastreifen ist nicht das Warschauer Ghetto - Gott sei Dank
geschrieben von olga64
als Antwort auf smokie vom 09.06.2010, 21:07:32
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Was mich persönlich bei den anhaltenden Diskussionen zu diesem Thema an Antisemitismus denken laesst, ist weniger die vollkommene Einseitigkeit mancher Schreiber, sondern es ist eher diese unglaubliche Wut.
Es gibt genug Menschen/Völker in dieser Welt, die unschuldiger leiden als die Palaestinenser. Warum also kochen bei diesem Thema, ausgerechnet in Deutschland, die Gefühle derartig hoch ?

smokie
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Wenn es Teile des Volkes nie geschafft haben - es nie gewollt haben - mit der Schuld ihrer Eltern und Grosseltern einen Aufarbeitungsprozess durchzuführen; wenn diese Menschen als grosses Gegenargument stets sagen "es ist genug - man darf uns nicht s mehr vorhalten - wir haben genug gezahlt" - dann kommt es zu solchen Reaktionen. Sie werden die ganze Problematik immer von einem Standpunkt betrachten -
nie von beiden - sie wollen ja Recht behalten, getrauen sich aber nicht,
dies auszusprechen, sondern hängen sich lieber an Gleichgesinnte
ran. Olga
hugo
hugo
Mitglied

Re: Ein offener Brief: Der Gazastreifen ist nicht das Warschauer Ghetto - Gott sei Dank
geschrieben von hugo
als Antwort auf carlos1 vom 10.06.2010, 12:51:11
lange darüber nachgedacht. Über die Konzentration auf Israel als Zielscheibe der Emotion und des Hasses (carlos)
ja und Du hast ne ganze Menge möglicher und unmöglicher Gründe hervorgezaubert warum diese deutschen Befindlichkeiten gegenüber Israel usw.

Dazu kann ich aus eigener Erfahrung sagen: Meine ersten positiven Empfindungen -also bis zur Suezkrise- galten Israel,,,ich war der Meinung das dieser junge Staat, außer das er durch die UN mitgeboren wurde, doch auf recht einsamen Posten steht, aber großartiges und für die DDR vorbildhaftes, leistet.

Das änderte sich damals schlagartig als feststand, das sich Israel an der Seite der Franzosen und Engländer am Überfall auf Ägypten beteiligte. (Mir war damals nicht bekannt, das vorher durch Nasser der Suezkanal für israelische Schiffe gesperrt wurde, dann hätte ich das eventuell etwas anders eingeordnet)

Naja und als Israel mit dem fürchterlichen Bombardement am Anfang Juni 1967 den 6 Tagekrieg anzettelte,,waren meine letzten Sympathien für diesen Staat futsch,,
das konnte auch durch die Behauptung das es sich um einen nicht zu vermeidenden Präventivschlag handelte nicht geändert werden.
Seitdem betrachte ich Israel nicht mehr so unbefangen, so voller Anerkennung bezüglich der bekannten technischen, landwirtschaftlichen und sonstigen Leistungen, nee

Naja und seit ich die jährlichen materiellen, finanziellen und ideologischen Zuwendungen der USA registriere und weiß wofür die gedacht sind,,,,beobachte ich die Außenpolitik Israels und den Umgang mit den Palästinensern mit ständig wachsender Sorge und zunehmender Wut im Bauche.

Ein erfolgreiches mächtiges Israel mit einem starken Rückhalt in der amerikanischen Politik (carlos) ja Du hast es erfasst, aber Du wertest das etwas anders.

und: "Die Araber als Opfer der jüdischen Staatsbildung und Expansion sind eine idelae Projektionsfläche für Proteste und Ressentiments." (carlos)
nicht nur Projektionsfläche sondern bezüglich des Umgangens mit Menschen ist dies auch eine latente Sauerei, eine Aneinanderreihung von Menschenrechtsverletzungen gegenüber Schwachen und in Gemeinschaftshaft in Ghettos gezwängten Unschuldigen.

aber Jeder hat nun mal eine andere Sicht, eine andere Herangehensweise, andere Vorvorstellungen, andere eigene Erfahrungen usw,,und deshalb wohl auch die teilweise undifferenziert wirkende Duiskussion.

hugo

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luchs35
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Mitglied

Re: Ein offener Brief: Der Gazastreifen ist nicht das Warschauer Ghetto - Gott sei Dank
geschrieben von luchs35
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 10.06.2010, 15:47:50
Marina, die Namen der einzelnen amerikanischen Judenverbände wurden nicht genannt. Es ging nur darum, dass dieses von israelischem Militär angegriffene Schiff nicht allein von den europäischen Friedensaktivisten finanziert und auf die Reise geschickt worden war.

Das war nur interessant in dem Zusammenhang, dass die türkischen Aktivisten das Schiff von der Hamas finanziert bekommen haben sollen.
Irgendwie passt vieles nicht zusammen, und ich fürchte, die Wahrheit werden wir nicht so schnell erfahren, wenn überhaupt, denn alles, was die Aktivisten an Handys, Laptops, Kameras etc. wurde beschlagnahmt und ist bis heute nicht zurückgegeben worden, so dass Informationen einseitig von Israel gesteuert werden können.

Personen, die auf dem Schiff waren, sprechen von gefälschten Aufnahmen, da Details - z.Bsp. hoher Seegang, ein sichtbares Signet etc. - nicht mit der Realität übereinstimmen.

Ich wiederhole hier nur , was es an Aussagen gab - ohne Gewähr, dass alles so auch stimmt, es ist ja nichts wirklich überprüfbar.

Luchs

PS.: Ich verlasse mich lieber auf meine eigenen Wahrnehmungen 1996, als ich sowohl Israel wie auch das Westjordanland das 4.Mal bereiste und auf beiden Seiten Vorkommnisse erlebte, die mich tief erschütterten und bis heute nicht los liessen.



carlos1
carlos1
Mitglied

Re: Ein offener Brief: Der Gazastreifen ist nicht das Warschauer Ghetto - Gott sei Dank
geschrieben von carlos1
als Antwort auf luchs35 vom 10.06.2010, 15:25:40
„Die Probleme in Israel und den palästinensischen Gebieten sind sukzessive vor allem in den letzten 10 Jahren "entmenschlicht" worden. Beide Seiten sehen die anderen als "geschlossene Blöcke" und nicht mehr als Menschen, die auf beiden Seiten leiden.“ Luchs



Hallo luchs,
Viele Israelis stellen fest, dass der Konflikt mit den Palästinensern sie und ihren Staat nicht nur zunehmend von ihren moralischen Fähigkeiten trennt, sondern auch von ihrem Realitätssinn. Das Grundmuster sieht wie folgt aus: Immer mehr Menschen werden in kürzeren Zeitabständen getötet und sie kümmern sich immer weniger darum. Die Gleichgültigkeit wächst. Luchs, du verweist auf die letzten zehn Jahre. Du kannst weiter zurückgehen, dann wird das Phänomen der humanitären Distanz deutlicher.

In den ersten fünf Jahren der ersten Intifada 1987-1993 kamen etwa 1100 Menschen um. Dieselbe Zahl kam 2008/09 beim Gaza Raid zustande. Die Zahlen von 87-93 sind wiederum die höchsten seit 1949 im Zusammenleben der beiden Volksgruppen. Die Verhärtung im Denken und Fühlen wird deutlich. Die Zahl der internen Untersuchungen bei der ersten Intifada entsprach der Zahl der Vorfälle. Im letzten Jahrzehnt wurden nur wenige interne polizeiliche Untersuchungen geführt. Ein zunehmendes Fehlen von Empathie.

Zeev Jabotinski, einer der zionistischen Gründungsväter anerkannte 1923 in einem Artikel die Gründe des palästinensischen n Widerstandes gegenüber den Zionisten. Es sei natürlich, dass die Araber das Land als das ihre betrachten, als Heimat, und dass sie sich nicht neuen Herren unterwerfen würden. Ehud Barak schrieb in den 80er Jahren, dass er sich – wäre er Araber - einer Terrorgruppe anschließen würde. Dies Hineinversetzen in die Köpfe andere fehlt heute.

Als christliche Milizen 1982 hunderte von palästinensischen Flüchtlingen in den Flüchtlingslagern Sabra und Shatila im Libanon ermordeten, gingen 10% der gesamten Bevölkerung Israels auf die Staße und protestierten. Ein Bekenntnis zur Verantwortung Israels. Während des Gazakonflikts 2008/09 wurden über 1000 Tote gezählt: Der zahlenmäßige Protest belief sich auf einige Dutzend Menschen.

Schlimmer als ein moralisch nicht gerechtfertigte Politik sind politische Fehler. Ziele und Mittel müssen in der Politik in Übereinstimmung gebracht werden. Geschieht das nicht, droht langfristig Gefahr. 130 Jahre seit der Einwanderung der ersten Zionisten ist es nicht gelungen eine sichere Heimstatt für die Juden zu schaffen. Seit 1945 sind mehr Juden in der sicheren neuen Heimstatt ums Leben gekommen als sonst irgendwo und Juden müssen heute immer noch ihr Dasein in Israel mit der Waffe verteidigen.


Israel benötigt die Hilfe des Auslandes, wenn es eine Einigung mit den Pal. anstreben will. Die Tötung von 10 Türken bei der Inbesitznahme der Blockadeschiffe, war nicht hilfreich in dieser Hinsicht. Die Türkei, bisher enger Verbündeter, ist von der Fahne gegangen. Die Palästinenser sind die Gruppe, durch deren Behandlung und Eibindung in ein gemeinsames Staatswesen oder zwei Staaten, wie auch immer Israel eine Anerkennung (Legitimierung) seiner Existenz finden kann. Hugo hat, glaube ich bereits darauf hingewiesen. Zum Frieden gehören zwei Seiten.
Die Seeblockade des Gaza-Gebietes seit 2007 führt nicht nur zu Härten für die Zivilbevölkerung, sondern zu sozialen Verwerfungen in Gaza, die keinesfalls im Interesse Israels sein können. Die Unternehmer-Mittelschicht hat keine Chance etwas zu erwirtschaften, ist arbeitslos, beschäftigt niemand. Sie können keine Rohstoffe einführen. Die Regale ihrer Werkstätten und Läden sind leer. Verdienen tun Schmuggler, die über etwa 1 000 Tunnels Waren nach Gaza schmuggeln und auch die Waffen, die I. zur See abblocken will. Die Hamas verdient mittlerweile gut an den Lizenzen für den Tunnelbau, die Kassen sind gefüllt. Die Waren werden auch noch besteuert. Die Zusatzeinkünfte haben es der Hamas ermöglicht mehr Gefolgsleute in ihre Dienste zu nehmen. Damit werden die Radikalen gestärkt auf Kosten der gemäßigten Fatah-Gruppe und der pal. Autonomiebehörde. Die Rechnung mit der Blockade geht so nicht auf.

Viele Grüße
c.
hugo
hugo
Mitglied

Re: Ein offener Brief: Der Gazastreifen ist nicht das Warschauer Ghetto - Gott sei Dank
geschrieben von hugo
als Antwort auf carlos1 vom 10.06.2010, 18:21:47

hm, ??

wenn durch die Art diese Blockade (mit vielen Schmuggeltunneln usw.)die Wut der gedemütigten und verarmten Palästinser verstärkt und gegen Israel kanalisiert wird (und die Hamas wird einen Dreck tun daran etwas zu ändern)...

wenn durch "Zolleinnahmen und Anderes" die Hamas über steigende Einnahmen verfügt und diese gezielt einsetzt um die Bevölkerung an sich zu ketten...

also wenn wir das hier so herausstellen,,frag ich mich warum Israel das nicht beachtet, nicht bedenkt und entsprechend handelt?

da muss es doch wohl nach andere Überlegungen bei den zuständigen Politgremien geben, die wir hier gegenwärtig nicht überblicken, nicht in unsere Überlegungen mit einbeziehen.

Also wenn sich Israel scheinbar nicht gedrängt, bemüßigt oder veranlasst sieht, oder trotz Drängen usw beim alten bisherigen (und uns unverständlichem) Stil bleibt,,
wolln wir mal raten ?? lieber nicht, hugo gerät dann sofort wieder ins Schwärmen und seine Denkrichtung naja, die ist wohl mittlerweile bekannt.

Für Hinweise, Tipps, Erkenntnisse, Erfahrungen, Erklärungsversuche bin ich natürlich trotzdem sehr aufgeschlossen,,

hugo

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