Internationale Politik Einäugige Sichtweisen

sysiphus
sysiphus
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Einäugige Sichtweisen
geschrieben von sysiphus
Dissidenten in China Verschleppt, verhört, geschlagen und gefoltert

Es ist ein Bericht des Schreckens: Amnesty International nennt die Lage der Menschenrechte in China "beschämend". sueddeutsche.de dokumentiert einige Fälle aus dem Reich der Mitte. sueddeutsche zeitung

Dissidenten in China "Nicht einmal grundlegende Rechte werden gewährt" ZEIT-OnLINE

Chinas bedrängte Dissidenten "Kein Gesetz kann sie schützen" SPIEGEL-ONLINE

Uiguren Ohne Zukunft in China

156 Menschen starben bislang bei den Unruhen in der Stadt Ürumqi. Die Uiguren begehren gegen ihre Unterdrücker auf – China wird so nicht mehr lange bestehen. ZEIT-ONLINE

China zeigt in Tibet sein wahres Gesicht

Mit brutaler Gewalt versucht die chinesische Regierung den Unruhen in Tibet Herr zu werden. Selbst vor Frauen und Kindern macht das Militär keinen Halt. WELT-ONLINE

Ja es gibt andere, beklagenswertere Zustände auf diesem Planeten, als den Tod eines spiritus rectors der Gewalt. Die in Guantanamo einsitzenden Gefangenen sind nicht allein, es wird ihnen ein grosses Maß an Aufmerksamkeit gewidmet. Anzunehmen ist, dass die von etlichen Häftlingen in russischen Arbeitslagern oder chinesischen Foltergefägnissen, beneidet werden. Im Gegensatz zu den Guantanamogefangenen, fühlen sich russische, chinesische, nordkoreanische, iranische Gefangene, wahrscheinlich wie tot begraben, von aller Welt verlassen.

Naja, wo Kritik oder Solidarität eben hinfallen.

sysiphus...
ehemaligesMitglied62
ehemaligesMitglied62
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Re: Einäugige Sichtweisen
geschrieben von ehemaligesMitglied62
als Antwort auf sysiphus vom 05.05.2011, 21:03:40
Oh ja, unser (österreichischer) Bundeskanzler ist derzeit auf Staatsbesuch in China. Dort hat er heute "deutlich, in aller Klarheit, sehr energisch" das Thema Menschenrechte angesprochen.
Für China nur der Huster eines Flohs - warum auch nicht? Zahlreiche Regierungschefs sprechen immer wieder mit erhobenem Zeigefinger und ganz vorsichtig dieses Thema an, Konsequenzen folgen nicht. Die meisten Länder wollen mit China & Co. Geschäfte machen, was bedeuten da schon große Menschenrechte?
adam
adam
Mitglied

Re: Einäugige Sichtweisen
geschrieben von adam
als Antwort auf sysiphus vom 05.05.2011, 21:03:40
Sysiphus,

Du klagst die Verletzung der Menschenrechte in China, Russland etc zu Recht an.

Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied zu Guantanamo und auch Abu-Ghuraib: Diese inhumanen Rechtsverletzungen gehen von der westlichen Welt aus. Es berührt uns direkt und wir können wenigstens versuchen, auszuloten, wieviel Ungerechtigkeit zumutbar ist, um eine guten Sache verwirklichen zu können. Können wir Zustände anklagen, wenn die Anklage auf uns zurück fällt?

--

adam


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eleonore
eleonore
Mitglied

Re: Einäugige Sichtweisen
geschrieben von eleonore
als Antwort auf sysiphus vom 05.05.2011, 21:03:40
Hilferuf aus Nordkoreas Horrorknästen

ein artikel zum nachlesen und denken.
Karl
Karl
Administrator

Wichtige Hinweise, ehrlich gemeint?
geschrieben von Karl
als Antwort auf sysiphus vom 05.05.2011, 21:03:40
Hallo Sysiphus,


Deine Hinweise auf Staatsverbrechen in der Welt halte ich für wichtig. Es ist richtig, wir sollten auch diese thematisieren. Aber warum erweckst Du den Eindruck, nur einen Entlastungsangriff fahren zu wollen - nicht zum ersten Mal?

Ich teile die Meinung von Adam, dass wir uns natürlich zunächst an die eigene Brust fassen müssen. Der Westen ist nur dann glaubhaft bei seiner Vertretung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit, wenn er ein Vorbild ist.

Wichtig ist also auch und vor allem unsere Kritik an unseren Regierungen, wenn angebracht. Aber natürlich dürfen und müssen auch andere Themen diskutiert werden und alle, die Du aufzählst wurden auch bereits im ST thematisiert.

Karl
Re: Wichtige Hinweise, ehrlich gemeint?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Karl vom 06.05.2011, 07:44:44
Hallo Sysiphus,
Ich teile die Meinung von Adam, dass wir uns natürlich zunächst an die eigene Brust fassen müssen. Der Westen ist nur dann glaubhaft bei seiner Vertretung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit, wenn er ein Vorbild ist.
geschrieben von karl


Das sehe ich auch so.
Aber ich sehe auch, daß dieses "Vorbild sein" sich nicht in das Gegenteil verkehren darf,
um plötzlich als "Waffe" verwendet zu werden.
Es gibt Situationen, wo es damit allein nicht (mehr) getan ist, weil sich eben nicht alle Menschen auf der Welt strikt an Menschenrecht halten, nicht alle Staaten sich der Rechtstaatlichkeit anschließen.
Genau an der Stelle sind wir verwundbar.
Man müßte einmal einen Denkansatz verfolgen, der da lautet "Notwehr".
Aber auch der wird zu nichts führen.


Deine Hinweise auf Staatsverbrechen in der Welt halte ich für wichtig. Es ist richtig, wir sollten auch diese thematisieren. Aber warum erweckst Du den Eindruck, nur einen Entlastungsangriff fahren zu wollen - nicht zum ersten Mal?
geschrieben von karl


"Entlastungsangriff" ist mir etwas zu militärisch.
Momentan ist auch mein Eindruck, alles spricht nur von dem Terroristen als Opfer.
Dass er ein Täter ist in einer überdimensionalen Form, fällt mir zu sehr unter den Tisch.
Opfer in einer überdimensionalen Form sind die über 3000 Menschen aus dem WTC.
Ich habe nachgeblättert, aber zu dem Zeitpunkt gab es den ST wohl noch nicht.
Ich wollte sehen, ob sich die Empörung in angemessener Form zu diesem Ereignis
darstellte. Es muß nach meiner Meinung trotz unterschiedlicher Sichtweisen in der Relation stimmen. Daher sehe ich die Einwände von Sysiphus bisher absolut nicht als Ablenkung oder Entlastung, sondern als Mahnung und Erinnerung.

nordstern





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schorsch
schorsch
Mitglied

Re: Einäugige Sichtweisen
geschrieben von schorsch
als Antwort auf sysiphus vom 05.05.2011, 21:03:40
Wo das grosse Geschäft lockt, da fällt ein dicker Vorhang vor die Augen.....und das Gewissen wird im Tresor verstaut!
adam
adam
Mitglied

Re: Wichtige Hinweise, ehrlich gemeint?
geschrieben von adam
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 06.05.2011, 09:00:52
Momentan ist auch mein Eindruck, alles spricht nur von dem Terroristen als Opfer.

Man müßte einmal einen Denkansatz verfolgen, der da lautet "Notwehr"
geschrieben von nordstern


Nordstern,

alle sprechen sicher nicht vom Terroristen als Opfer. Für Bin Laden empfinde ich kein Mitleid, ja ich habe sogar alles Verständnis dafür, wie die USA gehandelt haben. Ähnlich denke ich über die Gefangenen von Guantanamo.

Das hält mich aber nicht davon ab, die Vorgehensweise zu kritisieren. Die Kritik dient dem Schutz des westlichen Systems mit Menschenrechten und Demokratie und daß es uns erhalten bleibt. Keinesfalls möchte ich in die Reihen derer gestellt werden, denen die Kritik dazu dient, um auf den Westen zu schimpfen, die nur das Schlechte betonen und nicht darüber nachdenken, daß die Welt nichts besseres zu bieten hat. Da gebe ich Sysiphus recht, wenn er vergleicht.

Wer diesen Vergleich nicht macht, wie die, bei denen die Kritik in puren Antiamerikanismus ausufert, kann nicht differenzieren. Da fehlt der realistische Bezug auf die Welt wie sie ist. Den Vergleich muß man sogar, bei der Kritik am Vorgehen im Falle Bin Ladens, vor Augen haben, um davor zu warnen, damit wir uns eben nicht den Zuständen wie in China oder Russland annähern. Wer diesen Vergleich nicht macht ist wie jemand, der nackt durch die Gegend rennt und die Nudisten beschimpft.

Was die Notwehr anbelangt, die Du ansprichst, halte ich es mit Carlo Schmidt, der 1949 in einer Rede vor dem Parlamentarischen Rat gesagt hat:

"Es braucht den Mut zur Intoleranz denen gegenüber, die die Demokratie gebrauchen wollen, um sie umzubringen"

Dieser Aussage ordne ich meine Kritik durchaus unter. Ich bin für eine wehrhafte Demokratie, für einen Rechtsstaat, der sich auch so verteidigt, daß es seinen Gegnern richtig weh tut. Aber Demokratie und Rechtsstaatlichkeit leben deshalb und davon, daß sie gelebt werden und dazu gehört die Diskussion und die Kritik. Ich kritisiere innerhalb des Systems, lege Wert auf die Verhältnismäßigkeit der Mittel, weil ich die Vorteile des Systems erhalten möchte, nicht von außen, um es zu zerstören.

Vielleicht kann ich das nicht richtig vermitteln, was ich meine und versuche es mal so: Als Präsident der USA hätte ich wahrscheinlich gehandelt wie Obama, aber als Bürger einer demokratischen, rechtstaatlichen Welt muß ich das Vorgehen kritisieren. Es hat zu tun mit dem Blickwinkel der Institution, in der ich mich befinde. Als Mensch ist mir eine amerikanisch beeinflußte Welt am Bürzel lieber als eine chinesische im Gesicht. Meine Kritik ist nicht antiamerikanisch.

--

adam


Re: Wichtige Hinweise, ehrlich gemeint?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf adam vom 06.05.2011, 10:07:00
Momentan ist auch mein Eindruck, alles spricht nur von dem Terroristen als Opfer.
Man müßte einmal einen Denkansatz verfolgen, der da lautet "Notwehr"
geschrieben von adam


Nordstern,

alle sprechen sicher nicht vom Terroristen als Opfer.

Das hält mich aber nicht davon ab, die Vorgehensweise zu kritisieren. Die Kritik dient dem Schutz des westlichen Systems mit Menschenrechten und Demokratie und daß es uns erhalten bleibt.

Wer diesen Vergleich nicht macht, wie die, bei denen die Kritik in puren Antiamerikanismus ausufert, kann nicht differenzieren. Da fehlt der realistische Bezug auf die Welt wie sie ist. Den Vergleich muß man sogar, bei der Kritik am Vorgehen im Falle Bin Ladens, vor Augen haben, um davor zu warnen, damit wir uns eben nicht den Zuständen wie in China oder Russland annähern.

Was die Notwehr anbelangt, die Du ansprichst, halte ich es mit Carlo Schmidt, der 1949 in einer Rede vor dem Parlamentarischen Rat gesagt hat:

"Es braucht den Mut zur Intoleranz denen gegenüber, die die Demokratie gebrauchen wollen, um sie umzubringen"

Dieser Aussage ordne ich meine Kritik durchaus unter.

Ich kritisiere innerhalb des Systems, lege Wert auf die Verhältnismäßigkeit der Mittel, weil ich die Vorteile des Systems erhalten möchte, nicht von außen, um es zu zerstören.

Vielleicht kann ich das nicht richtig vermitteln, was ich meine und versuche es mal so: Als Präsident der USA hätte ich wahrscheinlich gehandelt wie Obama, aber als Bürger einer demokratischen, rechtstaatlichen Welt muß ich das Vorgehen kritisieren.
adam
geschrieben von nordstern


Nun, ich hätte vielleicht besser geschrieben "viele", nicht "alle".

Es ist eben eine Gratwanderung.
Einerseits dem Rechtsstaat verpflichtet, andererseits der Wehrhaftigkeit, diesen zu verteidigen und möglichst alle Staaten der Welt von den Vorzügen zu überzeugen.
Der Weg wird noch lang sein.

Ich betrachte die Debatte über dieses Thema auch nur insgesamt, nicht die einzelnen Meinungen.
Aber die Relationen dürfen nicht verdreht werden.
Ich tanze nicht auf der Straße, weder, wenn mal wieder ein Attentat geglückt ist, noch, wenn ein Terrorist
gefaßt oder getötet wurde.
Wir müßten bei Adam (Tschuldigung) und Eva beginnen, wenn wir die Kerbhölzer schnitzen und vergleichen wollten.
Aber eines ist sicher, das Pendel schwingt und es gibt mehr Menschen, die es anschubsen als solche,
die es bremsen.

nordstern
hafel
hafel
Mitglied

Re: Wichtige Hinweise, ehrlich gemeint?
geschrieben von hafel
als Antwort auf adam vom 06.05.2011, 10:07:00
Lieber Adam, natürlich muss die Demokratie wachsam und auch wehrhaft sein. Wir haben ja aus der Weimarer Republik ein klassisches Beispiel, wo die Demokratie geschlafen hat. In der Reichstagsrede (1928) sagte Goebbels folgendes:

"Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns im Waffenarsenal der Demokratie mit deren eigenen Waffen zu versorgen. Wir werden Reichstagsabgeordnete, um die Weimarer Gesinnung mit ihrer eigenen Unterstützung lahm zu legen. Wenn die Demokratie so dumm ist, uns für diesen Bärendienst Freifahrkarten und Diäten zu geben, so ist das ihre Sache… Uns ist jedes gesetzliche Mittel recht, den Zustand von heute zu revolutionieren. Wenn es uns gelingt, bei diesen Wahlen sechzig bis siebzig Agitatoren und Organisatoren unserer Partei in die verschiedenen Parlamente hineinzustecken, so wird der Staat selbst in Zukunft unseren Kampfapparat ausstatten und besolden… Wir kommen als Feinde! Wie der Wolf in die Schafherde einbricht, so kommen wir."

Solchen Demagogen darf Deutschland und die Demokratie nie wieder "auf den Leim" gehen.

Hafel

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