Forum Politik und Gesellschaft Internationale Politik EU - ein Konstrukt auf wackligen Beinen?

Internationale Politik EU - ein Konstrukt auf wackligen Beinen?

EU - ein Konstrukt auf wackligen Beinen?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
ich bin mir nicht sicher ob Griechenland tatsächlich das Fundament der EU zum Einsturz bringen kann, aber das Fundament fängt an zu bröckeln. Viel zu lange geht nun schon das unwürdige Drama um Griechenland, die EU zeigt sich uneins und dilettantisch und hat sich auch ein Stück weit erpressbar gemacht. Im Rücken des ganzen Griechenland Debakels wächst eine neue Gefahr für die EU heran und diese heißt Podemos in Spanien.
Es wundert mich ohnehin, dass niemand im ST sich für die riesigen Probleme dieses Landes interessiert. Ich sehe eine gewaltige Lawine auf uns zurollen und ich bin mir sicher, dass das Fundament nicht stand halten kann. Dagegen hilft auch kein Demonstrationsverbot. Die Jugend Spaniens wird sich davon nicht einschüchtern lassen.
Und was wird dann geschehen?
Bruny
Lilac
Lilac
Mitglied

Re: EU - ein Konstrukt auf wackligen Beinen?
geschrieben von Lilac
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 04.07.2015, 07:46:12

Es wundert mich ohnehin, dass niemand im ST sich für die riesigen Probleme dieses Landes interessiert.

Es werden sich ganz bestimmt Mitglieder des ST für dieses Thema interessieren, allerdings nicht so wie Du und ich, liebe Bruny. Aus der Ferne sieht halt alles nicht so bedrohlich aus.
Genau wie in Griechenland floss das Geld der EU auch in Spanien (fast) ausschließlich in die Banken. In meinen Augen ein großer Fehler, denn dem "kleinen Mann" wurde nicht geholfen. Die Spanier mussten große Einschnitte z.B. im Gesundheitswesen hinnehmen.
Die nach und nach fast abgeschafften Zeitverträge wurden wieder eingeführt, Entlassungen erleichtert. Niemand hatte mehr Sicherheit in seinem Leben und viele verloren Haus und Hof. Aber Hauptsache die Banken gingen nicht pleite.

Doch ich für meinen Teil halte mich im ST von politischen Diskussionen fern - wie auch immer mehr von allen anderen Themen - da es einfach nicht möglich zu sein scheint, eine sachlich-fachliche Diskussion auf die Beine zu stellen.

Den Spaniern wünsche ich Glück für ihre Zukunft. Sie haben ein langes, dunkles Tal durchschritten und der Stier ist noch lange nicht vom Eis, doch es gibt einen Silberstreif am Horizont.

Hoffentlich geht es weiter vorwärts und das Leid der Bürger war nicht ganz umsonst.

Saludos chiquitita
Karl
Karl
Administrator

Re: EU - ein Konstrukt auf wackligen Beinen?
geschrieben von Karl
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 04.07.2015, 07:46:12
Liebe Bruny,

wir schauen alle gebannt nach Griechenland und dann übersieht man vielleicht die brennenden Probleme anderswo.

M. E. hast Du richtig erkannt, dass etwas Grundlegendes verbessert werden muss, denn sonst stürzt das europäische Kartenhaus zusammen. Diese Sorge teile ich. Ich mache mir sogar sehr große Sorgen, weil ich nämlich ein überzeugter Europäer bin und die Stabilität und den Frieden zwischen den EU-Staaten genossen habe und wertschätze!

Ich fürchte zwar, dass die Griechen am Sonntag "Nein" sagen und damit ihre Mitgliedschaft im Euroraum aufs Spiel setzen, aber ich hoffe doch, dass sie mit "Ja" stimmen. So wie die Sache gelaufen ist, könnte ein "Nein" die Signalwirkung haben, die Du angedeutet hast. Überall könnten extreme (und nicht nur linke!) Parteien, die in der Europafeindlichkeit vereint sind, an Bedeutung gewinnen und an den Ästen des Europabaumes sägen, auf denen wir uns eingerichtet haben. Kein gutes Szenario.

Ganz unabhängig davon, wie morgen die Wahl ausgehen wird. Europa muss sich erneuern und bürgernäher werden. Nur ein sich wandelndes Europa kann beständig und nachhaltig sein. Wir brauchen einen Bundesstaat und diese Kleinstaaterei muss beendet werden. Wir brauchen die Solidarität zwischen den europäischen (Bundes)Staaten sowie wir die Solidarität zwischen den Bundesländern in Deutschland haben. Ich weiß, dass es noch ein langer Weg dorthin sein wird, aber ich hoffe, dass die Wegstrecke nicht so schmerzlich wie diejenige im 20. Jahrhundert wird.

Karl

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JuergenS
JuergenS
Mitglied

Re: EU - ein Konstrukt auf wackligen Beinen?
geschrieben von JuergenS
wacklig ist ja nicht einsturzgefährdet.

Die EU hat viele Krisen schon überstanden, so schlecht hat sie sich nicht gezeigt, Wachsamkeit ist aber geboten.

Wenn man die letzten Jahre Revue passieren lässt, so war kaum was voraussehbar. Hatte man mit einem Linksrutsch und einer Traumtänzer-Regierung in Gr.gerechnet, nein.

Hatte man mit Forderungen seitens Griechenlands gerechnet, dass wir deren Krise mit Reparationen reparieren sollten, nein.

Hatte Zypras vor, so ein komisches Referendum zu machen, nein oder ja.

Hatte die EU geglaubt, dass Putin Zypras nicht helfen würde. nein

Hatte man sich vorstellen können, dass Putin die Krim klaut und keiner regt sich auf, nein.

Das zeigt, dass auch unserer Prognose-Spielchen zwar zeitfüllend sind, aber nur mehr oder weniger absurde oder sinnvolle Ansichten sein können.
Es wird alles ganz anders kommen, als man sich vorstellen kann.
Holzauge sei wachsam, mehr geht nicht.
dutchweepee
dutchweepee
Mitglied

Gregor Gysi: Der Prophet
geschrieben von dutchweepee
Gregor Gysi am 23. April 1998 im Bundestag:

"Wie kommt man zu einer europäischen Integration? Kommt man tatsächlich zu einer europäischen Integration, indem man ein Europa der Banken schafft? Oder käme man nicht viel eher zu einer europäischen Integration, wenn man über den Weg der Kultur, wenn man über den Weg der Chancengleichheit in den Gesellschaften, wenn man über den Weg der Angleichungsprozesse und das Ziel der sozialen Gerechtigkeit ein solches Europa integriert?

Das ist unsere grundsätzliche Kritik an dem Vorhaben, über das es heute zu beschließen gilt. Man kann einen Kontinent nicht über Geld einen. Das hat in der Geschichte noch niemals funktioniert, und das wird auch hier nicht funktionieren. Sie, Herr Genscher, haben vor allem davor gewarnt, daß es schlimme Folgen hätte, wenn die Europäische Währungsunion scheiterte. Ich behaupte, sie kann auch scheitern, wenn man sie einführt, nämlich dann, wenn die Voraussetzungen nicht stimmen.

Darüber müßte nachgedacht und, wie ich finde, auch länger diskutiert werden. Ich sage: Im Augenblick wird das ein Europa für erfolgreiche Rüstungs- und Exportkonzerne, für Banken, vielleicht noch für große Versicherungen. Es wird kein Europa für kleine und mittelständische Unternehmen, kein Europa für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, kein Europa für Gewerkschaftsbewegungen und auch kein Europa für die sozial Schwächsten in den Gesellschaften der Teilnehmerländer..."

Felide1
Felide1
Mitglied

Re: Gregor Gysi: Der Prophet
geschrieben von Felide1
als Antwort auf dutchweepee vom 04.07.2015, 10:37:03
Das ist auch meine Meinung, solange man nicht auch darüber nachdenkt und nur für Banken, Lobbyisten etc. arbeitet wird es eben diesbezüglich Gegner geben. Gemeinschaftlichkeit bezieht Alle ein, nicht nur eine bestimmte Gruppe.

Felide

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pschroed
pschroed
Mitglied

Re: EU - ein Konstrukt auf wackligen Beinen?
geschrieben von pschroed
als Antwort auf Karl vom 04.07.2015, 09:08:43
Liebe Bruny,

Ich fürchte zwar, dass die Griechen am Sonntag "Nein" sagen und damit ihre Mitgliedschaft im Euroraum aufs Spiel setzen, aber ich hoffe doch, dass sie mit "Ja" stimmen. So wie die Sache gelaufen ist, könnte ein "Nein" die Signalwirkung haben, die Du angedeutet hast. Überall könnten extreme (und nicht nur linke!) Parteien, die in der Europafeindlichkeit vereint sind, an Bedeutung gewinnen und an den Ästen des Europabaumes sägen, auf denen wir uns eingerichtet haben. Kein gutes Szenario.

Karl
geschrieben von karl


Bolted von mir,

Da hast du Recht Karl, ein gutes Beispiel ist die Koalition der LINKE Partei Tsipras mit der RECHTE in Griechenland. Solche Koalitionen sind auch in andern Länder möglich,.
Ein Vorteil hat das ganze, die EU Bürger verstehen was alles möglich ist, learning by doing.

Phil.
JuergenS
JuergenS
Mitglied

Re: EU - ein Konstrukt auf wackligen Beinen?
geschrieben von JuergenS
dutch, Gysi schreckt mich nicht wegen seiner Analysen ab, sondern wegen der Maßnahmen, die er immer vorschlägt, das wäre der Ruin für D.
Re: Gregor Gysi: Der Prophet
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf dutchweepee vom 04.07.2015, 10:37:03
Ich würde die Äußerung von Herrn Gysi gerne ergänzen wollen und zugleich auch Heigl's Gedanken aufgreifen.
Ja, man hätte voraussehen können, dass das Konstrukt Europa so nicht funktionieren kann, es sei denn durch einen fortwährenden finanziellen Zuschuss zugunsten der schwachen Länder. Die Misere in Griechenland hat gezeigt, wo das ungleich besetzte Schiff hinsteuert. Und Spanien ist viel schlimmer betroffen als zugegeben wird. Ich habe schon zig mal darüber geschrieben, dass ein Land sich nicht erholen kann wenn die Arbeitslosigkeit der Menschen unverändert hoch ist. Das einzige was wieder zu "blühen" scheint ist die Bauwirtschaft mancherorts. Aber, bei der Bauwirtschaft blüht einzig und allein die kolossale Korruption und die Schwarzarbeit.
In Andalusien werden die Kommunisten stärker, was ja per se nicht schlecht wäre, wäre dieser "Kommunismus" nicht durch und durch korrupt, Herr Rajoy wird nicht müde zu predigen, dass sein Land eine wirtschaftliche Steigerung von 4% aufweist, gleichzeitig jedoch wird er von Brüssel gerügt, dass er endlich die Arbeitslosenquote von 26%, die Arbeitslosenquote bei den Jugendlichen liegt nach wie vor bei 26%, obwohl bereits tausende junger Menschen in andere EU Länder abgewandert sind.
Geld ist ein denkbar schlechtes Mittel und ungeeignet um mehrere Länder zu vereinen. Und mehrere Länder sind ungeeignet um sie unter einen Hut zu bringen, dafür ist die Bevölkerung viel zu nationalistisch. Der Franzose ist zunächst Franzose, der Spanier wird immer der Spanier und der Italiener eben Italiener sein. Und gerade die Südländer haben enorme Probleme mit der Fremdbestimmung. Die Identität mit Europa ist zweitrangig.
Eine gemeinsame Wirtschaftspolitik hätte das Grundfundament sein müssen statt einer Währung die Gift für südliche Länder ist.
Aber die Kuh ist aus dem Stall und sie wird nicht freiwillig zurück gehen, trotzdem sage ich, man hätte vorhersehen können, dass das Gebäude auf Sand gebaut wurde.
Bruny
Re: Gregor Gysi: Der Prophet
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 04.07.2015, 11:44:33
Uuuups sorry, da hat sich der Fehlerteufel eingeschlichen. Die Arbeitslosenquote bei Jugendlichen liegt bei 55%.
Bruny

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