Forum Politik und Gesellschaft Internationale Politik Geschichtliche Entwicklungen: vom Totalitarismus direkt zur parlamentarischen Demokratie?

Internationale Politik Geschichtliche Entwicklungen: vom Totalitarismus direkt zur parlamentarischen Demokratie?

miriam
miriam
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Re: Geschichtliche Entwicklungen: vom Totalitarismus direkt zur parlamentarischen Demokratie?
geschrieben von miriam
Da ich immer wieder beim Schreiben dieses Beitrags unterbrochen wurde, hinkt er der Entwicklung des Threads etwas hinterher - ich setze meinen Text trotzdem in seiner bestehenden Form hier ein.

Danke Euch allen die Ihr bei diesem Thema mitschreibt – es ist ja m.E. die schwierigere Version betreffend unsere Gedanken über die Entwicklungen in den Arabischen Ländern.

Und gleich am Anfang dieses Beitrags, möchte ich dazu eine persönliche Anmerkung stellen: ich hatte bis jetzt nur wenig Ahnung von den reellen Zuständen in diesen Ländern.

Wahrscheinlich wird es auch noch anderen so gehen – und dies ist ein Teil der Überheblichkeit mit der wir, Westeuropäer – die Geschehnisse dieser Welt betrachten bzw. zur Kenntnis nehmen, das heisst, eher selektiv.
(Auch mich als Zugraste habe ich nun als Westeuropäerin eingeordnet, schließlich lebe ich schon mehr als die Hälfte meines Lebens hier.)

Entschuldigung an diejenigen, die hier schreiben und auf die meine obige Bemerkung über das Fehlen von Kenntnissen der arabischen Ländern nicht zutrifft – ich verzichte darauf sie namentlich zu erwähnen.

Carlos, du erwähnst von Skepsis begleitet die leitende Vernunft in den geschichtlichen Entwicklungen, tendierst aber eher zu einer anderen Auslegung, die ich persönlich hier als menschlicher bezeichnen möchte, damit sind die hungernden Massen gemeint.
Doch trifft dies auch wirklich ganz zu - wenn wir von der heutigen Massenbewegung in Ägypten sprechen?

Viel mehr scheint es mir, dass da zwei treibende Kräfte die Massen leiten: natürlich auch das Fehlen einer existenziellen Basis, aber auch der Wunsch nach einer anderen politischen Form, nach einer Modernisierung – denn in Ägypten, gibt es eine breite Mittelschicht die als leitende Kraft des Aufstandes betrachtet wird.

Inzwischen lese ich, dass Hosni Mubarak das Chaos befürchtet, falls er das Land verlassen würde (!)
Ja – soll es zutreffen, dass er die Lage so sehr verkennt, dass er wirklich denkt seine Präsenz wäre ein Garant gegen die erwähnten chaotischen Zustände?
Es wäre nicht für das erste Mal in der Geschichte, dass diejenigen die ein Land regieren, völlig den Sinn für die Realität verloren haben, so sehr den direkten Kontakt zum Volk nicht als Notwendigkeit betrachten, dass sie auch ihre eigene Rolle oder Bedeutung, völlig falsch einschätzen.

Trifft es aber im Fall Ägyptens nicht eher zu, dass Mubarak in diesem Chaos die willkommene Ausrede findet um noch zu bleiben?

Miriam
olga64
olga64
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Re: Geschichtliche Entwicklungen: vom Totalitarismus direkt zur parlamentarischen Demokratie?
geschrieben von olga64
als Antwort auf miriam vom 04.02.2011, 11:50:12

Trifft es aber im Fall Ägyptens nicht eher zu, dass Mubarak in diesem Chaos die willkommene Ausrede findet um noch zu bleiben?

Miriam
[

ES dürfte noch perfider sein: Mubarak ist ein sehr alter Mann, der seit Jahrzehnten als gefürchteter Autokrat herrschte; in seinem Umfeld werden es sich einige Mutige erst anz langsam getrauen, ihm die Wahrheit zu sagen. Und auch von aussen (Obama, Sarkozy usw.) tut dies ja keiner. Er versucht mit lächerlichen Argumenten "auszusitzen", um sein Lebenswerk nicht innerhalb von 1 Woche abbrechen müssen. Und aussenpolitisch war er ja sehr erfolgreich - nur innenpolitisch machte er die Fehler, wie diese oft von Staatsmännern gemacht werden, die zu lange und als Einzelperson an der Macht sind. Olga
rodaroda
rodaroda
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Re: Geschichtliche Entwicklungen: vom Totalitarismus direkt zur parlamentarischen Demokratie?
geschrieben von rodaroda
als Antwort auf olga64 vom 04.02.2011, 17:31:08

Diese Einschätzung geht an der Tatsache vorbei, dass durch den sofortigen Abtritt Mubarals verfassungsrechtliche Probleme entstehen würden, da eventuelle Neuwahlen dann nach der gegenwärtigen (alten) Verfassung des Mubarak-Regimes stattfänden.

Es ist ohnehin anzunehmen, dass M. z.Zt das Heft gar nicht mehr in der Hand hat und die gegenwärtigen Versuche der Restitution eher von der profitierenden Macht-Clique ausgehen. Gegenwärtig scheint der VP Suleimann Einfluss zu haben, wobei die Rolle des Militärs noch nicht ganz geklärt ist.

Ferner sollte berücksichtigt werden, dass die große Frage entsteht, wer bei einem sofortigen Abtritt von M. im Sinne der Erneuerung die Führung übernehmen soll. Eine Opposition ist faktisch nicht vorhanden und hat keinen annähernd ausreichend charismatischen Führungskopf, der diese Rolle übernimmt. El Baradei will es offensichtlich nicht.

Als einzige existierende und funktionierende Organisation, bliebe daher die Muslimbrüderschaft. Und dass diese die Machtposition/Führung übernimmt, das kann niemand wirklich wollen.

Ferner ist es absolut unrichtig, dass die USA M. weiterhin unterstützten. Im Gegenteil, es scheint nach Berichten der US Sender so zu sein, dass außer der inzwischen erklärten offenen Unterstützung des Demokratisierungsprozesses durch den Präsidenten, Weisung erteilt wurde, dass ranghohe Militärs im Dauerkontakt mit ihren ägyptischen Gegenüber stehen. Anders ist auch die moderate Haltung der Armee wohl nicht zu verstehen.

Ob allerdings eine zeitlich "gestreckter" Rückzug Mubaraks seitens der Demonstranten akzeptiert wird, scheint unwahrscheinlich.

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carlos1
carlos1
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Re: Geschichtliche Entwicklungen: vom Totalitarismus direkt zur parlamentarischen Demokratie?
geschrieben von carlos1
als Antwort auf rodaroda vom 04.02.2011, 10:13:08
„Was in dieser Aussprache zunächst ins Auge fällt, ist dass die Diskutanten (und der Ansatz) von einer westlichen Geschichts-, Religions- und Kulturentwicklung ausgehen, die durch zahlreiche, prägnante Ereignisse und Strömungen über Jahrhunderte wirkten.

Diese sind als zwingend notwendige Voraussetzungen in den bisherigen totalitär regierten Staaten einfach nicht vorhanden. Daher ist ein Vergleich, per se als falscher Ansatz, unzulässig.“rodaroda


Ist ein Übergang von einem totalitären Staat zu einer parlamentarischen Demokratie – am Beispiel arabischer und islamischer Staaten – möglich? Darüber diskutieren wir. Wir unterliegen keinem Eurozentrismus, wenn auf den Ursprung der Demokratie als Staatsform eingegangen wird. Diese Staatsform ist in Europa in der Antike und nirgendwo anders entstanden, hat weitere Ausprägungen als liberale parlamentarische Demokratie und direkter Demokratie erfahren und wird heute als Begriff weltweit instrumentalisiert, gleich ob es sich um Diktaturen, totalitäre Systeme (z. B. germanische Demokratie deutscher Nation unter Hitler) oder etwas Volksdemokratien handelt. Der Begriff Volksdemokratie wiederholt den Namen „Volk“ nochmals und bedeutet Volks-Volksherrschaft, obwohl es die Herrschaft einer Einheitspartei war. Die Frage ist angesichts der Ereignisse in der arabischen Welt, ob „Demokratie“, wie sie in Europa als Idealtyp beschrieben wird, Vorbild sein kann für afrikanische und asiatische Staaten. Die Produkte der europäischen Zivilisation, europäische Wissenschaft und Technik haben die Welt erobert und prägen sie. Modernisierung heißt Übernahme europäischer Errungenschaften. Aber heißt sie auch Übernahme europäischer Normen sozialen Zusammenlebens, Partizipation, Mitbestimmung, Menschenrechten gemäß den in Europa entwickelten Normen? Die USA sehe ich hier als Ableger der europäischen Zivilisation. Technik und Wissenschaft können als Methode für den Modernisierungserfolg übernommen werden.


Bei den arabischen Staaten handelt es sich nicht um totalitäre Staaten, eher um autoritär regierte Staaten mit ausgeprägten Mafiastrukturen, es sei denn man betrachtet den Islamismus als totalitäre Ideologie (Vorsicht!). Die durch den Islam geprägte Kultur durchlief weder eine Renaissance (ein Säkularisierungsprogramm par excellence), weder eine Reformation, hat keine Aufklärung mit der Hinwendung zu einer durch Vernunft (nicht göttlicher Offenbarung) bestimmten Kultur erlebt. Ein Vergleich zwischen den Kulturkreisen ist möglich und zulässig. Die Frage ist doch, ob eine Partizipation wie in einer westlich bestimmten Demokratie möglich ist. Niemand hat hier behauptet, dass jeder Staat einen demokratischen Werdegang analog dem in Europa (England) durchlaufen muss. Solche langfristigen politischen Prozesse prägen aber die Einstellungen und das Kollektivgedächtnis. Die Zweifel, die bei Rodaroda angedeutet werden hinsichtlich einer demokratischen Entwicklung, teile ich:

„Ich denke daher, dass die Chance, dass aus den gegenwärtigen Entwicklungen in den arabischen Staaten in absehbarer Zukunft, gering ist und keine Entwicklung im Sinne der Eingangsfrage entstehen wird, ….“ rodaroda



Demokratie fällt nicht von Himmel. Es ist nicht nur ein System, sondern eine Lebensform, wobei es auf den Einzelnen, auf sehr viele Einzelne, ankommt. Es bedarf eines Transformationsprozesses. Es wäre nicht überraschend, wenn im Ablauf dieser Transformation weitere Revolten folgen. Wir gehen von einer modernen zahlenmäßig starken jungen Generation aus der Mittelschicht aus. Es gibt aber auch einen starken Block von Unterschichtsangehörigen. Es gibt den starken Block der Islamisten. Alle sind religiös orientiert. Alle können und werden ihre Vorstellungen über die Neugestaltung einbringen. Der Islam wiederum sieht keine Trennung von Staat und Religionsgemeinschaft vor. Demokratie in Europa dagegen ist ein säkulares Denkmuster. Es liegt allein bei den Ägyptern selbst, was sie aus ihren „Chancen“ machen. Junge Revolutionäre wollen Würde, sie sind von Stolz erfüllt. Einmischung und weise Ratschläge sind nicht gefragt.


Die Probleme in Land am Nil werden auch nach dem Verschwinden Mubaraks bleiben. Das agrarisch nutzbare Land wächst nicht (es sei denn durch großzügige Bewässerungsanlagen), dafür aber die Bevölkerung jedes Jahr um 1 Mio. Äg. muss industrialisieren, um für seine Massen einen höheren Lebensstandard zu ermöglichen. Von Landwirtschaft, Touristik und Suezkanalgebühren etc.kann das Land nicht leben. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Europa und den südlichen Mittelmeeranrainern könnte ausgebaut werden. Nebenbei bemerkt: Stuttgart ist Partnerstadt von Kairo. In Europa wird diskutiert, ob der Euro überleben wird. Helmut Schmidt sagte vor wenigen Wochen, dass die Argumente gegen den Euro in der Diskussion nicht überzeugen. Europas Bevölkerung wird am Ende des Jahrhunderts 5% der Weltbevölkerung stellen. Was bleibt Europa anderes übrig als der Zusammenschluss?

Indien wird häufig als „größte Demokratie“ der Welt apostrophiert. Es hat demokratische Strukturen übernommen aus dem englischen Vorbild. Adams Beitrag wies darauf hin, dass es nicht so sehr auf das System ankommt, sondern auf den Einzelnen. Die Menchenrechte sind Rechte, die den Einzelnen schützen. Nur der Einzelnde lernt Demokratie (adam). Ein so riesiges Land mit den großen sozialen Unterschieden (Überreste des überkommenen Kastendenkens) ist nur pro forma eine Demokratie. Demokratie bedeutet wörtlich übersetzt Herrschaft des Volkes. Damit ist das Problem verbunden, wie eine große Zahl von Menschen sich selbst regieren, sich selbst Gesetze geben kann, diese selbst ausführt wobei die Bürger das sicher Gefühl haben, dass sie selbst es sind, die Herrschaft ausüben. Alles Gerede führt nicht an der Tatsache vorbei, dass Herrschaft des Volkes Herrschaft von Menschen über andere bedeutet. Das ist Theorie, der Idealtypus. Aber am Idealtypus lässt sich feststellen, was an der Praxis der Demokratie fehlt. Rousseau, dem ich diese Sätze nachempfunden habe, hatte in seinen Demokratievorstellungen an das antike Modell (attische Polis) gedacht, klein und überschaubar.

c
rodaroda
rodaroda
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Re: Geschichtliche Entwicklungen: vom Totalitarismus direkt zur parlamentarischen Demokratie?
geschrieben von rodaroda
als Antwort auf carlos1 vom 04.02.2011, 19:44:11

Verzeihung carlos!

Eine These sollte eine Antithse erhalten. Jene wiederum, wenn sie verständlich diskutiert (und verstanden) werden soll, müsste klar gegliederte Aussagen haben, die durchaus nachträglich im Einzelnen begründet werden.

Bei Deinem Beitrag vemisse ich dies.

Schon der Satz "In der Demokratie kommt es auf den Einzelnen an, nicht auf das System" ist ein "contradictio in adiecto", ein Oxymoron, ein Widerspruch in sich.

Kannst Du mit wenigen Worten präzisieren, was Du sagen willst?
carlos1
carlos1
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Re: Geschichtliche Entwicklungen: vom Totalitarismus direkt zur parlamentarischen Demokratie?
geschrieben von carlos1
als Antwort auf rodaroda vom 04.02.2011, 19:59:55
"Eine These sollte eine Antithse erhalten. Jene wiederum, wenn sie verständlich diskutiert (und verstanden) werden soll, müsste klar gegliederte Aussagen haben, die durchaus nachträglich im Einzelnen begründet werden."

"Schon der Satz "In der Demokratie kommt es auf den Einzelnen an, nicht auf das System" ist ein "contradictio in adiecto", ein Oxymoron, ein Widerspruch in sich."


Mit wenigen Worten kann ich komplizierte Zusammenhänge nicht darlegen. Ist der Beitrag zu lang kannst du darauf verzichten ihn zu lesen.

Eine These für eine zukünftige Entwicklung habe ich nicht formuliert. Schließlich bin ich kein Prophet. Eine These wäre ein knapper Entwurf für ein bestimmtes Szenario. Reine Spekulation. Wer hat denn eine genaue Vorstellung davon, ob eine parlamentarische Demokratie in Äg. in Zukunft überhaupt und wenn, dann in welcher Variante möglich sein wird? Falls du besser in die Zukunft sehen kannst, dann teile dich bitte mit. Du stellst selber jedoch fest, dass die Lage in Äg. momentan unübersichtlich ist. Sie bleibt in naher und fernerer Zukunft unübersichtlich. Zukunft ist immer „unübersichtlich“. Aufgrund welcher Prämissen können wir denn urteilen? Was wissen wir denn über die äg. Gesellschaft? Fast nichts. Wir sehen Bilder und hören Fachleute etwas sagen. Thesen über die Zukunft stelle ich nicht auf, weil es unsinnig wäre. Mittelfristige Wettervorhersagen sind genauer. Vermutungen etwa über Hungerrevolten können in Geschichtsbüchern nachgelesen werden. Die Welternähungssituation erklärt auch die FAO (Welternährungsorganisation). Im Wirtschaftssteil jedes Provinzblättchens war über die möglichen Folgen schon vor Monaten geschrieben worden.

Wenn ich über meinen Schatten springe und spekulieren würde, könnte ich sagen:
Das westliche liberale parlamentarische System der Demokratie ist als Staatsform in islamischen Staaten nicht ohne weiteres möglich.


Dagegen wäre festzustellen:
Eine islamische Demokratie könnte möglich sein.


Wie diese islamische Demokratie gestaltet sein könnte, weiß niemand. Es gibt eine Vielzahl von Demokratiemodellen. Demokratie ist in der Praxis ein breit gefächerter Begriff.


„Adam wies darauf hin, dass es nicht so sehr auf das System ankommt, sondern auf den Einzelnen („Demokratie lernt der einzelne Mensch, nie eine ganze Gesellschaft“ adam). Ich meine je mehr Toleranz bei vielen Einzelnen vorhanden ist und praktiziert wird, desto besser für die Gesellschaft. Wäre niemand tolerant, wäre es schlecht um die Demokratie bestellt. Die Menschenrechte sind Rechte, die auch den Einzelnen schützen. „Nur der Einzelne lernt Demokratie (adam). So habe ich geschrieben. Ich bezog mich auf adams Anwort auf hugo. Hier liegt kein Widerspruch in sich selbst vor, auch kein Oxymoron (scheinbar sich widersprechende, sich gegenseitig ausschließende Begriffe). Auf jeden Fall leben in einer Demokratie immer viele Menschen.


Demokratie ist eine gelebte Staatsform vieler Menschen. Sie verlangt Kompromissbereitschaft, Konsensdenken, Toleranz Andersdenkenden gegenüber. Demokratie bedeutet auch Herrschaft der Mehrheit über die Minderheit. Diese genießt Minderheitenschutz durch die Menschenrechte. Die Lage der Minderheit koptischen Christen in Ägypten (10% der Bevölkerung), die ständigen Benachteiligungen, Anfeindungen und Verfolgungen und Mordanschlägen ausgesetzt sind, lässt mich zweifeln, dass Toleranz gegenüber Andersdenkenden sich rasch in den Köpfen mancher Muslime in Äg. als Voraussetzung einer gelebten Demokratie festsetzen wird.

Religiöse Intoleranz ist in Europa bis ins 17. Und 18. Jahrhundert die Regel gewesen. Im Zeitalter des Absolutismus und des Rationalismus trat ein Wandel ein. Die Trennung von Kirche und Staat bahnte sich an. Die Machtansprüche der Kirche wurden zurückgedrängt.

Der Islam wird einen solchen Wandel wahrscheinlich auch erleben. Ich nehme es an, da es nicht auszuschließen ist. Beweisen kann ich es aber nicht, weil niemand weiß, wann diese Veränderungen eintreten werden und wodurch dieser Wandel ausgelöst werden wird. Es kann noch lange dauern. In Europa waren es die Reformation und die Opfer sowie die Zerstörungen im Zeitalter der Religionskriege. Der Schluss von sind nicht auszuschließen. Europa und dem Christentum auf den Islam ist gewagt. Aber wie gesagt: Veränderungen sind immer möglich.

Das Thema endet mit einem Fragezeichen.

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eko
eko
Mitglied

Re: Geschichtliche Entwicklungen: vom Totalitarismus direkt zur parlamentarischen Demokratie?
geschrieben von eko
als Antwort auf carlos1 vom 05.02.2011, 00:00:44
@ carlos:

Lang anhaltender Beifall meinerseits

Mir können Deine Beiträge nie lang genug sein, ich lese sie mit großem Interesse.

e k o
miriam
miriam
Mitglied

Re: Geschichtliche Entwicklungen: vom Totalitarismus direkt zur parlamentarischen Demokratie?
geschrieben von miriam
als Antwort auf carlos1 vom 05.02.2011, 00:00:44


Wie diese islamische Demokratie gestaltet sein könnte, weiß niemand. Es gibt eine Vielzahl von Demokratiemodellen. Demokratie ist in der Praxis ein breit gefächerter Begriff.[--]

Das Thema endet mit einem Fragezeichen.


Carlos - Bezug nemend auf deinem letzten Satz, stelle ich fest, dass du mir gegenüber wirklich im Vorteil bist - was mir ja keineswegs erstaunlich erscheint.
Denn bei mir vermehren sich die Fragezeichen.

Zugegeben - als ich dieses Thema eröffnet habe, wusste ich, dass es weiterhin mit Fragezeichen versehen sein wird.
In erster Linie, weil unser Demokratieverständnis, mit allen Rückschlägen welches es erlitten hat im Laufe der Zeit, trotzdem ein gewachsenes System ist.
Natürlich verdanken wir dies in erster Linie manchen Philosophen der Aufklärung, die den Menschen als von Natur aus frei betrachteten.

Wer mich hier schon ein wenig kennt, weiß dass nun der Hinweis auf Denis Diderot folgen müsste. Und in der Tat, wenn Diderot schreibt:


"Alle Menschen sind sich einig in dem Wunsch nach Glück"
dann ist auch der Gedanke an Demokratie, nahe liegend.

Weiter ist in der Enzyklopädie zu lesen:


"Kein Mensch hat von der Natur das Recht erhalten, den anderen Menschen zu gebieten. Die Freiheit ist ein Geschenk des Himmels, und jedes Individuum derselben Art hat das Recht, sie zu genießen, sobald es Vernunft besitzt."

Weiterhin auf der Suche nach Spuren des Anfangs eines demokratischen Prozesses, fand ich heute Abend bei John Locke folgendes:

"Um die politische Autorität richtig zu verstehen und sie aus ihrem Ursprung abzuleiten, müssen wir berücksichtigen, in welchem Zustand sich alle Menschen von Natur aus befinden, und das ist ein Zustand völliger Freiheit, ihre Handlungen zu steuern und über ihre Besitztümer und Personen zu verfügen, wie sie es für richtig halten, innerhalb der Grenzen des Naturrechts."

Nun folgt meine Frage: ist dieser Gedanke des ursprünglichen Zustandes der völligen Freiheit des Menschen auch in der Arabischen Weltanschauung zu finden?

Ich weiß es wirklich nicht – und mir scheint dies maßgebend für den Wunsch nach einem demokratischen System.

Euch allen Gute Nacht

Miriam
rodaroda
rodaroda
Mitglied

Re: Geschichtliche Entwicklungen: vom Totalitarismus direkt zur parlamentarischen Demokratie?
geschrieben von rodaroda
als Antwort auf carlos1 vom 05.02.2011, 00:00:44
Nochmals Bitte um Entschuldigung Carlos.

(Zitat)„Mit wenigen Worten kann ich komplizierte Zusammenhänge nicht darlegen. Ist der Beitrag zu lang kannst du darauf verzichten ihn zu lesen“

Aber wer die Grundelemente seiner Überlegungen nicht in präzisen und verständlichen Grundsätzen umreißen kann, die die einzelnen Bereiche zusammenfassen, der kann schwerlich Verständnis erwarten, wenn die begleitenden Hinweise nur allgemein definiert und relativ ambivalent begründet werden. Das hat mit politischen Aussagen nichts zu tun. Ebenso wenig wie die Aufforderung auf Leseverzicht „wenn es zu lang ist“. Das ist mir eigentlich in einer sachlichen Diskussion noch selten untergekommen, das ändert oder verbessert auch ein lang anhaltender Beifall nicht!

Ich muss korrigieren, eine These ist keine Prophezeiung, sondern kann auch aus der Beobachtung von bestehenden Entwicklungen und deren Randbedingungen als Möglichkeit entwickelt werden. Thesen sind immer mit zukünftigen Entwicklungen verhaftet, sonst wären sie historische Berichte.

Schon die Frage nach welchen Prämissen zu urteilen (wie soll eigentlich von „urteilen“ bei einer These ausgegangen werden?) wäre, ist wieder eine Merkwürdigkeit. Natürlich von den vorhandenen, verfügbaren und möglichst exakt recherchierten Informationen! Darauf kann man sich stützen, nicht urteilen.

Die folgende Aussage „Das westliche liberale parlamentarische System der Demokratie ist als Staatsform in islamischen Staaten nicht ohne weiteres möglich“ kommt mir als meine eigene gemachte Vermutung bekannt vor. Wie eine „islamische“ Demokratie allerdings aussehen soll, die Du für möglich hältst, weiß ich nicht. Wobei mir die Unterteilung der Demokratie in verschiedene Kategorien, unter Beibehaltung des Begriffes,(nach dem Motto "ein bisschen schwanger?") grundsätzlich fragwürdig erscheint.

Zu der Aussage, dass Demokratie vom Einzelnen abhänge, mal die Frage: was kann der Einzelne, demokratisch denkende Mensch, in einem totalitären Staat/Gesellschaftsform bewirken? Daher das Oxymoron. Darin sind nämlich die zu schaffenden Voraussetzungen und Möglichkeiten des Systems Voraussetzung. Die Diskussion nach der Henne und dem Ei jedoch nicht sehr sinnvoll.

Also hinsichtlich des Themas verlierst Du Dich, wie nachzulesen, in Nebenschauplätzen. Aber vielleicht haben wir auch nur verschiedene Auffassungen von der Durchführung und Aufbau einer Diskussion.


hugo
hugo
Mitglied

Re: Geschichtliche Entwicklungen: vom Totalitarismus direkt zur parlamentarischen Demokratie?
geschrieben von hugo

eko schreibt: "Mir können Deine Beiträge nie lang genug sein, ich lese sie mit großem Interesse."
das empfinde ich auch so und will das gerne auf andere Beiträge zum Thema ausweiten.

Das sich nun die Experten -ehe sie sich dem eigentlichen Thema nähern und zur Sache schreiben- noch ein wenig über die Formalitäten, Wünsche und Ihre unterschiedlichen Vorstellungen zur Herangehensweise an eine Diskussion im Allgemeinen und zu dieser im Besonderen hakeln, würzt noch zusätzlich und ist ertragbar, solange dies nicht all zu arg ausufert bzw zu einer Art persönlichen gegenseitigen Benotungen führt. *g*

Ob es in Äg überhaupt zu einer Demokratie kommt und falls ja dann auch gleich noch zu einer parlamentarischen wie bei uns und/oder einer Präsidialdemokratie wie in den USA oder unseren westlichen Nachbarn oder gar mal zur direkten Demokratie wie nebenan im Alpenland Schweiz bleibt abzuwarten.

Da wird wohl ein langjähriges Zusammenraufen erfolgen mit Hoch und Tiefs, eventuell sogar mit religiösen Ausuferungen, monarchistischen Begleiterscheinungen oder anderen diktatorischen Zwischenstationen.
Die nachbarlichen Interessen werden sicher auch einfließen bis hin zu Wünschen der gegenwärtigen "Weltmächte" (was sich gerade im Unter-, und Hintergrund geheimdienstlicher und diplomatischer Aktivitäten abspielt,,,da möcht ich gerne Mäuschen spielen *g*)

hugo

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