Internationale Politik Gewaltige Explosion in Beirut (Libanon)
Es gibt auch Leute, die diese Länder noch nie bereist haben und trotzdem ihre Meinung dazu abgeben, auch wenn sie nur aus der SZ ist, gell Olga!
Der Libanon braucht sich doch niemanden ins Land zu holen - die sind ja schon da: die Hisbollah, die vom Iran kontrolliert werden und sogar im Parlament sitzen.
Die letzten grossen Demonstrationen wurden noch von diesen Leute niedergeknüppelt; was passiert, wenn dies nun wieder geschieht?
Und wenn es wirklich zu Neuwahlen kommt - wie wird das konfessionelle Problem mit ca 18 Religionen gelöst? Rein theoretisch möchten auch die Mitglieder dieser Religionen,dass sie im Parlament entsprechend repräsentiert werden.
Der Libanon war mal ein reiches Land und es wird sie immer noch geben, diejenigen,die frühzeitig ihre Vermögen ins Ausland (z.B. die Schweiz) verbracht haben und/oder teure Immobilien in London oder Berlin kauften.
Sie führen hier zusammen die Situationen in Syrien, Jemen und Libyen auf - sie sind nicht vergleichbar. Olga
Luchs35
Kein Land ist mit dem anderen vergleichbar, Olga, aber die Auswüchse scheinen sich in Nahost immer mehr zu ähneln, seitdem der Westen "Frieden" nach seinem Gusto bringen will.
Luchs35SEhen Sie das wirklich so? Vor einigen Tagen glaubte ich noch, ein grosses Lob von Ihnen für Monsieur Macron zu verspüren und machte Sie darauf aufmerksam,dass er nicht in einem anderen Land (auch wenn es mal französische Kolonie war) die Regierung stürzen und eine neue ernennen kann.
Und sehen Sie auch die internationale Geberkonferenz so, dass hier "der Westen Frieden nach seinem Gusto" bringen will?
Wäre es Ihnen lieber, wenn diese Staaten alle nur stumm viele Millionen bezahlen, aber nicht so genau wissen, wem sie das Geld aushändigen sollen?
Oder wäre Ihnen der Frieden, wie ihn Russland in Syrien "praktiziert" wirklich sympathischer?
Wenn ich darauf hinweise, dass Sie den langen Krieg in Syrien, den Stellvertreterkrieg im Jemen und auch die ungeklärten Machtdemonstrationen in Libyien nicht vergleichen können, ist das doch so. Ich hoffe nicht ,dass auch im Libanon nun ein Krieg ausbricht wie in diesen Ländern.
Vieles entwickelte sich nach dem sog. arabischen Frühling. Die Diktatoren wurden aus dem Land gejagt, nur machte sich keiner Gedanken darüber, wer oder was nach den Diktatoren folgen wird. Olga
Wohin wird das Geld der Geberländer wohl fließen? Warum wohl die flehende Bitte eines befragten Libanesen, kein Geld in das Land fließen zu lassen, das lediglich wiederum den sogenannten Eliten zugute kommen wird und die Unterdrückung und Verarmung des libanesischen Volkes weiter fördert.
Der "Arabische Frühling" , der in erster Linie gegen die Diktatoren gerichtet war, hat doch gezeigt, wohin er geführt hat - zu Bürgerkriegen in Syrien, Jemen und Libyen .
Lediglich Tunesien hat seinen Aufstand überlebt und hängt seither am Goodwill Europas und einigen Geldgebern.
Mit der Fremdeinwirkung in die arabischen Länder - nicht nur die der Russen- wurde Tür und Tor geöffnet für den heutigen Zustand.
Luchs35
Nun ist die gesamte libanesische Regierung zurückgetreten und hat die Verantwortung für die Explosionskatastrophe übernommen, wie Ministerpräsident Diab verkündete. Gleichzeitig prangerte er die im Land herrschende Korruption an.
Wie es nun weitergehen wird, werden die nächsten Tage zeigen.
Luchs35
@Luchs35, ich befürchte, dass der Libanon nie zur Ruhe kommen wird, denn die Demonstranten verlangen weitgehende Reformen. Aber wie sollen die Reformen aussehen und wer soll sie vorantreiben können?
Die führenden politischen Blöcke im Parlament müssen sich jetzt auf einen Nachfolger einigen, und das wird nicht schnell geschehen, zumal die Iran treue Hisbollah eine zentrale Rolle spielt. Gegen die Hisbollah kann jedoch kaum eine Regierung gebildet werden.
Ich gehe nicht wirklich davon aus, dass vorgezogene Neuwahlen des Parlaments die Lage beruhigen wird. Und die Demonstranten werden sich nicht geduldig zurückziehen und abwarten, sie werden weiterhin auf die Straße gehen. Dabei ist nebenbei bemerkt die Korruption auch bei den Demonstranten verbreitet, sie zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten.
Bruny
Das befürchte ich leider auch, Bruny. Es sind zu viele Parteien, die sich einigen müssen, und auch die anderen arabischen Länder werden dabei ein Rolle spielen wollen, auch wenn sie ihre Macht überwiegend verloren haben. Vor allem fehlt den Politikern der Wille zu einer gesellschaftlichen Gestaltung und vor allem mangelt es ihnen an Bewusstsein für das öffentliche Wohl.
Das war nicht immer so, denn gerade der Libanon war einmal das Land der Gegensätze, aber auch des Gestaltungswillens für Wohlstand und Gemeinwesen, die "Schweiz des Nahen Ostens".
Wenn man den jungen Menschen zuhört, ist davon auch noch etwas vorhanden, aber inzwischen ist das Land so zerrissen, dass die verheerende Explosion fast als ein gesamthaftes Symbol des staatlichen Versagens betrachtet werden kann. Die herrschende Klasse - nicht nur in der Politik - hat sich in einer unvorstellbaren Weise bereichert, während die Bürger immer mehr verarmten.
Viele gut ausgebildete Menschen haben längst das Land verlassen, um sich in einem sicheren Land eine neue Existenz aufzubauen. Und nach dem, was sich nun in dem Land abspielt, werden vor allem die Jüngeren die Chance ergreifen, den Libanon zu verlassen, bevor sie sich Aufständen anschließen, die letzten Endes doch scheitern werden.
Luchs35
Ich kann Ihren Ausführungen in vollem Umfange zustimmen.
Ergänzen möchte ich nur um das mir unlösbar erscheinende Problem (auch bei Neuwahlen) dieses gigantischen konfessionellen Proporzes, der nicht nur die ca 18 verschiedenen Religionen mit einschliesst, sondern auch die Vormachtsstellungen der Warlords und Clans.
Ich nehme an,die zurückgetretenen REgierungsmitglieder werden jetzt versuchen, das Land geheim zu verlassen, um nicht auf den Strassen gelyncht zu werden; sich dann irgendwo ins Exil begeben und von ihren VErmögen leben, die sie vermutlich in weiser Voraussicht längst in der SChweiz deponiert haben.
Und wer "im Volk" noch Geld und Beziehungen z.B. nach Frankreich o.ä. hat, wird ebenfalls versuchen, das Land schnellstens zu verlassen, womit sich ein weiteres, ungelöstes Problem in dieser brandgefährlichen Region weiter ausbauen wird. Olga
Trotz Rücktrittsankündigung des Premier von Libanon, Hassan Diab, werden er und seine Minister ihre Ressorts nun kommissarisch weiterführen, bis eine neue Regierung bestellt ist - und das kann im Libanon lange dauern.
Diab selbst wurde erst viele Monate nach dem Rücktritt seines Vorgängers vereidigt; Präsident Aoun zog 2016 gar erst nach 2 1/2 Jahren in den Präsidentenpalast ein.
Er wird nun die Schlüsselrolle für ein neues Kabinett haben.
Er hatte einen Pakt mit den schiitischen Hisbollah geschlossen. Zahlenmässig machen die Sunniten die grösste der 17 anerkannten libanesischen Konfessionen aus und stellen auch den Ministerpräsidenten, zuletzt in Hassan Diab, der allerdings ausgesprochen Hisbollah freundlich ist.
Dass die Iran-nahe Hisbollah ihre dominierende Rolle im Staat freiwillig räumen wird (bzw. von den nach regionaler Dominanz strebenden Mullahs im Iran dazu eine Zustimmung bekäme) ist nicht vorstellbar.
Wie dies alles mit den Wünschen der Demonstranten vereinbar ist, die einen kompletten Austausch der Regierung fordern und vor allen Dingen wann, wird noch spannend. Man sieht auch ,dass z.B. die Forderung des Monsieur Macron nach neuen politischen Fakten für den Libanon zwar zum richigen Zeitpunkt vorgebracht wurde, sich aber doch nicht immer der durchsetzt, der am lautesten ruft. Olga