Forum Politik und Gesellschaft Internationale Politik Ist der Beobachterstatus bei der UNO für die Palästinser ein Schritt zum eigenen Staat?

Internationale Politik Ist der Beobachterstatus bei der UNO für die Palästinser ein Schritt zum eigenen Staat?

eka231246
eka231246
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Re: Ist der Beobachterstatus bei der UNO für die Palästinser ein Schritt zum eigenen Staat?
geschrieben von eka231246
Was da geschieht, verstehen auch viele Israelis nicht.

Das Land ist gespalten. die einen sagen: Wenn ein Palästinensischer Staat ausgerufen werden würde, müsste man sich mit der Teilung Jerusalems anfreunden. Die Palästinenser werden an dieser Stelle nicht nachgeben, aber die Israelis auch nicht. Die anderen sagen: Warum nicht, wenn eine Aufteilung endlich ein friedliches Zusammenleben garantieren würde, dann bitte schnell. Intern diskutiert man darüber ob die Palästinenser für die Bildung eines eigenen Staates schon reif sind. Eines muss jedem, der das Land kennt, klar sein. Man kann sich schlecht unter der aktuellen Aufteilung vorstellen, wie eine solcher Staat überhaupt regierbar wäre. Im West Jordanland und im Norden Israels zwischen Haifa und Nazareth liegen viele kleine und größere arabische Dörfer, umgeben von Israelischem Gebiet. Die Pal.Gebiete sind aufgeteilt in A B u.C Zonen. Diese unterliegen wieder unterschiedlichen Vorschriften, wenn es um territoriale Bestimmungen beim passieren von A nach B durch israelisches Gebiet geht. Hinzu kommt Gaza.

Das alles bedeutet schon jetzt den größten verwaltungstechnischen Aufwand um ein einigermaßen funktionierendes Verwaltungssysthem mit der Anbindung an Ramallah in Gang zu halten. Hinzu kommen Gerichtsbarkeiten, die noch immer nach unterschiedlichen Systhemen geregelt werden. Es wäre viel zu tun und es ist aus meiner Sicht von hier aus sehr schwer zu beurteilen, was richtig und was falsch wäre. Boykott kann aber nicht der richtige Weg sein.

Die BRD und andere EU Staaten unterstützen und helfen sehr engagiert mit ihren vielen NGO's vor Ort. Die Palästineser selbst sind unglaublich motiviert und engagiert mit dem Aufbau einer funktionierenden Zivilgesellschaft beschäftigt. Ich persönlich betrachte die Entscheidung von gestern als 1. Schritt.

Immerhin hatte ich im Frühjahr ein lustiges Erlebnis mit einem Polizisten aus Ramallah. Er wollte mir einen Strafzettel wegen falschem Parken verpassen. Die Unterhaltung mit ihm war sehr freundlich aber bestimmt. Ausgebildet von EUPOL COPS, einer EU Organisation zur professionellen Unterstützung der Polizei im Autonomie Gebiet. Ich musste mit der Begründung zahlen. Nun zahlen sie mal wir brauchen doch Strassen.

Eka
rolf †
rolf †
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Re: Ist der Beobachterstatus bei der UNO für die Palästinser ein Schritt zum eigenen Staat?
geschrieben von rolf †
Natürlich ist es ein Schritt in die richtige Richtung.
Aber wir (die BRD) haben uns mal wieder vornehm zurückgehalten.
Nur nicht festlegen, aber in den Sicherheitsrat wollen.
Eine tolle Volksvertretung haben wir da, mit der hochgelobten Frau Dr. Merkel an der Spitze.
hafel
hafel
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Re: Ist der Beobachterstatus bei der UNO für die Palästinser ein Schritt zum eigenen Staat?
geschrieben von hafel
Der Grünen-Boss Tritin nannte gestern das deutsche Abstimmungsverhalten „peinlich“.
Ich finde jedoch, dass es viel peinlicher ist, dass Europa wieder einmal in einer politischen Frage nicht mit einer Stimme spricht. Frankreich hat sich viel zu früh für ein „ja“ zum Beobachterstatus entschieden. Wieder ist die EU uneins.

Deutschlands Enthaltung kann ich in dieser speziellen Situation nachempfinden. Und zeigt sogar politische Klugheit. Denn es ist unumstritten, dass Deutschland eine „Zwei-Staaten-Lösung“ unterstützt. ABER eine Voraussetzung muss die beidseitige Akzeptanz sein. Beide Staaten müssen den anderen Staat voll anerkennen und akzeptieren. Dieses Bekenntnis fehlt eben.
Hier die beiden deutschen Staaten zu vergleichen, zeigt historische Unkenntnis. Denn "Ein Ausdruck dafür war am 18. September 1973 die Aufnahme beider deutscher Staaten in die UNO. Damit wurde die DDR als Völkerrechtssubjekt auch international bestätigt, da jede andere Politik an der Realität vorbei gegangen wäre – sie blieb jedoch aus Sicht der Bundesrepublik weiterhin lediglich ein Teil Deutschlands und wurde nicht völkerrechtlich, sondern nur staatsrechtlich anerkannt"

Ein dauerhafter Frieden kann nicht durch internationale Diplomatie errungen werden, sondern nur alleine durch die Menschen vor Ort.

Der jüngste Schlagabtausch hat ja wieder einmal gezeigt, dass das „Auge –um - Auge- Prinzip“ keinen Vorteil verschafft, sondern nur unschuldige Opfer hervor gerufen hat.

Spätestens nach den Wahlen im Januar in Israel steht die neue Regierung unter Zugzwang. Eine Änderung der Siedlungspolitik muss folgen, sonst droht dem jüdischen Staat internationale Isolation.

Hafel

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justus39
justus39
Mitglied

Re: Ist der Beobachterstatus bei der UNO für die Palästinser ein Schritt zum eigenen Staat?
geschrieben von justus39
als Antwort auf hafel vom 30.11.2012, 14:06:31
Denn es ist unumstritten, dass Deutschland eine „Zwei-Staaten-Lösung“ unterstützt. ABER eine Voraussetzung muss die beidseitige Akzeptanz sein. Beide Staaten müssen den anderen Staat voll anerkennen und akzeptieren. Dieses Bekenntnis fehlt eben.

Hafel


Hier habe ich Probleme, die Logik zu erkennen.

Die beiden Staaten sollen sich untereinander anerkennen, aber die Vereinten Nationen sollen weiter den einen Staat keinerlei Anerkennung gönnen während der andere Staat mit allen Rechten sogar als vollwertiges Mitglied integriert ist.
Es ist richtig, dass für Europa eine gemeinsame Meinung gut wäre, und ich finde es schade, dass Deutschland sich wieder einmal nicht traut, den USA und Israel zu widersprechen.

justus
nerida
nerida
Mitglied

Re: Ist der Beobachterstatus bei der UNO für die Palästinser ein Schritt zum eigenen Staat?
geschrieben von nerida
als Antwort auf justus39 vom 30.11.2012, 14:39:52

Hier habe ich Probleme, die Logik zu erkennen.

Die beiden Staaten sollen sich untereinander anerkennen, aber die Vereinten Nationen sollen weiter den einen Staat keinerlei Anerkennung gönnen während der andere Staat mit allen Rechten sogar als vollwertiges Mitglied integriert ist.
Es ist richtig, dass für Europa eine gemeinsame Meinung gut wäre, und ich finde es schade, dass Deutschland sich wieder einmal nicht traut, den USA und Israel zu widersprechen.

justus

eine Stimmenthaltung heisst nicht, dass man gegen eine Sache ist. Aber eine Parteinahme möglicherweise bedeutet, dass die Gräben noch tiefer werden.

Ich habe diese Poltik ganz besonders bei Libyen begrüßt und ich hoffe sehr, dass man bei Syrien auf dieser Linie bleibt.

Ich hoffe, dass wir trotz EU unsere Souveränität beibehalten können.
hafel
hafel
Mitglied

Re: Ist der Beobachterstatus bei der UNO für die Palästinser ein Schritt zum eigenen Staat?
geschrieben von hafel
als Antwort auf justus39 vom 30.11.2012, 14:39:52
Justus:

Ich kann ebenso in Deinem Beitrag keine Logik erkennen. Du hast es vielleicht nicht mitbekommen, aber Israel wird immer noch der Staat aberkannt.

Ich finde, es war eine kluge Entscheidung der deutschen Außenpolitik, sich der Stimme zu enthalten.

hafel

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olga64
olga64
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Re: Ist der Beobachterstatus bei der UNO für die Palästinser ein Schritt zum eigenen Staat?
geschrieben von olga64
als Antwort auf hafel vom 30.11.2012, 15:43:29
Ich finde, es war eine kluge Entscheidung der deutschen Außenpolitik, sich der Stimme zu enthalten.

hafel


Ich finde diese Haltung auch sehr gut. Sie gibt die Chance,dass sich Deutschland weiterhin auf diplomatischem Wege in Krisensituationen vermitteln einschalten kann, darf und soll. Ein eindeutiges JA können wir uns als Deutschland aufgrund unserer historischen Verantwortung für Israel nicht erlauben.
Mutig fand ich in der Argumentation die mit Frau Dr. Merkel abgestimmte Haltung zu der israelischen Siedlungspolitik; es wird die Beziehungen zwischen Israel und explizit Frau Dr. Merkel ein wenig eintrüben, aber wie ich annehme und hoffe, nicht auf Dauer nachhaltig kaputtmachen. Olga
carlos1
carlos1
Mitglied

Was ist bisher falsch gelaufen - eine Bestandsaufnahme
geschrieben von carlos1
als Antwort auf eka231246 vom 30.11.2012, 13:22:50
"Was da geschieht, verstehen auch viele Israelis nicht.

Das Land ist gespalten.......
Boykott kann aber nicht der richtige Weg sein." eka


eka, ich nehme auf, was du schreibst.

Die Spaltung innerhalb Israels findet ihre Parallele in der Spaltung bei den Palästinensern. Hamas und die Fatah mit Abbas als Premier der Pal. behörde. Selbst im Gazastreifen - dem kleinen Landfetzen mit 1.6 Mio Bewohnern - gibt es kein Einheitsregime mit einer Einheitsmeinung. Die Hamas rivalisiert mit Salafisten und Dschihadisten, die maßgeblich an der Initiierung des Raketenbschusses auf Israel in den letzten Wochen beteiligt waren.

Boykott kann nicht der richtige Weg sein. Richtig. Politik, soll sie erfolgreich sein, braucht Bewegung. Boykott aber ist eher Stillstand. Intellektuell, Ökonomisch, sozial,... in jeder Hinsicht.

Von Moshe Dayan, dem Helden des 7-Tage-Krieges stammt der Satz: Wenn du Frieden schaffen willst, solltest nicht du mit deinen Freunden sprechen. Sprich mit deinen Feinden.

Was heißt das? In der Palästinafrage benötigen Israel und die USA eine neue politische Strategie. Eine neue Strategie muss zunächst aber einmal eine Bestandaufnahme vornehmen (assessment).

Was läuft also nicht gut?
2006 gewann Hamas die Wahlen in den pal. Gebieten. 2007 wurde ein Fatah Coup unterdrückt. Israel antwortete mit Repressionen gegen die Hamas: Teilblockade. Hamas wurde als Terrororganisation eingestuft. Die USA nannten für Hamas drei Kriterien, nach denen eine Zusammenarbeit möglich wäre.
1. Anerkennung Israels als Staat.
2. Gewaltverzicht.
3. Akzeptanz der Friedensabkommen mit Israel.

Die Idee, die dahinter steckt: Wenn Hamas die internationale Anerkennung versagt wird, wird Hamas weniger aggressiv sein. Ein Irrtum.

Hamas gelang es die Teilblockade (Verbot von Exporten aus Gaza nach Israel, der West Bank, Ägypten etc.) aber geschickt zu umgehen. Tunnelbauten unter der Grenze zu Ägypten und die Kontrolle der Schmuggelware brachten der Hamas beträchtliche Einnahmen durch ein gut organisiertes Export-Importsystem. Zu leiden haben unter dieser Blockade vor allem die vielen Geschäftsleute und Handwerker mit Kleinbetrieben, die am ehesten eine Opposition zur Hamas hätten bilden können. Schlimmer noch: Gaza wurde von der Außenwelt abgeschnitten. Diese Isolation führte zur Stärkung gerade der konservativsten Elemente. Die Opposition kommt nicht so sehr von den PLO-Leuten, die für die Zweistaatentheorie eintreten, sondern, wie erwähnt von den Salafisten und Dschihadisten, die Hamas dafür kritisieren, dass zu wenig Gewalt angewendet würde.

Die zweite unzutreffende Annahme in der seitherigen Außenpolitik war, dass die Sanktionen gegen Hamas, verbunden mit raschen militärische Gegenschlägen, zur Schwächung des möglichen Partners Abbas führte. Einige Checkpoints in der West Bank wurden aufgelöst, es gibt sogar ökonomisches Wachstum, aber die Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen mit Israel hat sich für Abbas nicht ausbezahlt: Weder in der Frage der Siedlungen noch in der Zweistaatenlösung. Jede neue Siedlung knabbert wieder einige Hektar vom Land eines theoretisch angedachten Palästinenserstaates weg.

Abbas wird auch als jemand gesehen, der mit Israel eher gemeinsame Sache macht. Gehen bei Bombenangriffen auf Gaza die Leute auf der West Bank auf die Straße, werden sie von den Leuten Abbas´ vertrieben. Das Elend Gazas wirkt nicht als warnendes abschreckendes Beispiel, sondern eher als Mutmacher. Abbas fehlt auch die demokratische Legitimation, weil weder Israel noch die USA Neuwahlen wünschen. Die Amtszeit von Abbas ist vor vier Jahren abgelaufen, auch er selbst wünscht keinen neuen Wahlgang. Alles aus Furcht Hamas könnte bei den Wahlen siegen. Eine Kluft trennen Volk und Regierende, die doch das Volk repräsentieren sollten. Im Endergebnis ist festzustellen, dass Israels Politik Politik zwar Hamas verurteilt und schwächt, weil es Israels Existenzrecht nicht anerkennt, aber dadurch nur den Politiker schwächt, der mit Israel zusammen zu arbeiten bereit ist.

So gesehen wäre die Entscheidung in New York in der UNO-Vollversammlung auch eine Chance für Israel die Politik zu modifizieren. Für Abbas ist es ein Erfolg.

Deutschlands Entscheidung sich der Stimme zu enthalten ist konsequent. Auch in der Siedlungsfrage hat die deutsche Regierung deutliche Kritik an Israel geübt. Zweistaatengtheorie und ungehemmter Siedlungsfortschritt stehen im Widerspruch zueinander.

Der Waffenstillstand scheint zu halten. Eine wichtige Voraussetzung weiter zu denken. Der Frieden wird nicht von einem Tag auf den anderen geschaffen. Aber manches lässt sich anders machen, wenn die Fehler gesehen werden.
eka231246
eka231246
Mitglied

Re: Was ist bisher falsch gelaufen - eine Bestandsaufnahme
geschrieben von eka231246
als Antwort auf carlos1 vom 30.11.2012, 20:09:11
Vielen Dank Carlos, Du hast es auf den Punkt gebracht! Deine Sichtweise stimmt im übrigen fast wortgleich mit vielen der E-Mails die mich heute aus Israel erreichten überein.

Eka
Karl
Karl
Administrator

Re: Was ist bisher falsch gelaufen - eine Bestandsaufnahme
geschrieben von Karl
als Antwort auf carlos1 vom 30.11.2012, 20:09:11
Lieber carlos,

danke für Deine Analyse, der ich folgen kann. Leider wird heute gemeldet, dass Israel als Reaktion auf den UNO-Beschluss weitere 3000 Wohnungen im Westjordanland bauen wird. Eine schlimme Reaktion.

Israel fordert seine eigene Anerkennung, aber es negiert das Existenzrecht des Palästinensischen Volkes ganz real. Natürlich wird gesagt werden, die Anerkennung des Existenzrechtes des Palästinensichen Volkes habe nichts mit der Anerkennung des palästinensischen Staates zu tun, aber im umgekehrten Fall wird diese Unterscheidung ja auch geflissentlich übersehen.

Die Politik der israelischen Regierung steuert m. E. ganz klar auf den nächsten Krieg zu.

Karl

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