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Internationale Politik Ist die Säkularisierung muslimischer Gesellschaften möglich?

Karl
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Administrator

Ist die Säkularisierung muslimischer Gesellschaften möglich?
geschrieben von Karl

Der Islam ist ähnlich wie das Christentum einem gesellschaftlichen Wandel  unterworfen. Unsere westlichen Gesellschaften sind relativ säkular ausgerichtet, auch wenn überall religiöse Fundamentalisten das Rad gerne zurückdrehen würden. An dem gesellschaftlichen Diskurs nehmen bei uns im Westen nicht nur die christlichen Kirchen teil, sondern zunehmend auch muslimische Verbände. Persönlich bin ich zuversichtlich, dass unsere westlichen Gesellschaften säkular orientiert bleiben. 

In den Fokus dieser Diskussion möchte ich aber weniger die Frage stellen, wie es bei uns weiter geht, sondern einmal die muslimischen Staaten in den Blick nehmen und die Frage stellen, ob die Säkularisierung von Gesellschaften, die mehrheitlich muslimisch sind, möglich ist.

Ein Paradebeispiel schien lange Zeit dafür der türkische Staat zu sein. Mustafa Kemal Atatürk war am 29. Oktober 1923  Begründer einer großen Verfassungsänderung, die die Republik Türkei hervorbrachte und er war ihr erster Präsident. Grundsatz war der  Laizismus, d. h. die Trennung von Staat und Religion. Als Erdogan 2003 zum Präsident der Republik Türkei gewählt wurde, schien dies das Ende der Säkularisierung der Türkei zu sein, denn sein Credo und das seiner AK-Partei ist es bis heute, eine fromme Generation von Türken heranzuziehen.

Nun konnte man aber lesen

Die Türkei öffnet sich - Erdogan zum Trotz
"Das Meinungsforschungsinstitut Konda hat 5793 Türken in 36 Provinzen des Landes befragt, in Dörfern wie in Großstädten. Danach ist die Zahl der Bürger, die sich als "religiös" bezeichnen, in den vergangenen zehn Jahren von 54 auf 51 Prozent zurückgegangen, nur noch jeder zehnte Türke betrachtet sich als "tief religiös". Zwei von drei Türken fasten an Ramadan, 2008 waren es noch 77 Prozent. Die Zahl der Atheisten hat sich hingegen verdreifacht."
Das ist interessant, zeigt es doch, dass der Einfluss der politischen Führer auf das Leben der Menschen in einer Welt mit freiem Informationsfluss gar nicht so groß ist, wie angenommen.

Ähnliche Entwicklungen sind im schiitischen Iran zu beobachten. Obwohl es sich offiziell um einen "Gottesstaat" handelt, an dessen Spitze die religiösen Führer, die Ayatollahs stehen, berichten viele Besucher des Irans über eine aufgeklärte und wachsende humanistische Bewegung in diesem Land. 

Das rückständigste muslimische Land von größerer Bedeutung ist das Königreich Saudi-Arabien. Über die für uns schlimmen Zustände - speziell für Frauen - müssen wir uns nicht unterhalten (weil wir vermutlich der gleichen Meinung sein werden), aber selbst dort gibt es genug Druck durch den Informationsfluss von außen, dass Reformen in Richtung Liberalisierung unvermeidbar sind. Ich persönlich hoffe, dass sich solch eine Entwicklung verselbstständigt und unaufhaltsam an Macht gewinnt.

Meine Hoffnung ist also eindeutig. Ich hoffe, dass auch mehrheitlich muslimische Gesellschaften säkularisierbar sind. Auch wenn Religionsvertreter dies verhindern möchten, das "christliche Abendland" hat es bereits vorexerziert, dass eine Trennung von Religion und Staat auch gegen den Willen der Religionsvertreter machbar ist.

In unserer globalen Informationsgesellschaft sind die Religionen m. E. langfristig generell auf dem Rückzug, auch wenn dies durch lautes Geschrei diverser Interessensgruppen anders dargestellt werden soll.

Karl
ttrula
ttrula
Mitglied

RE: Ist die Säkularisierung muslimischer Gesellschaften möglich?
geschrieben von ttrula
als Antwort auf Karl vom 11.01.2019, 10:59:01

Die Säkularisierung (von lateinisch saeculum, deutsch ‚Zeit‘, ‚Zeitalter‘; auch: ‚Jahrhundert‘), bedeutet allgemein jede Form von Verweltlichung, im engeren Sinne aber die durch den Humanismus und die Aufklärung ausgelösten Prozesse, welche die Bindungen an die Religion gelockert oder gelöst und die Fragen der Lebensführung dem Bereich der menschlichen Vernunft zugeordnet haben. Soziologisch wird dieser Prozess als „sozialer Bedeutungsverlust von Religion“ interpretiert. Während eine Säkularisierung in der jüngeren Geschichte vor allem in westlichen Gesellschaften zu beobachten gewesen ist („Entchristlichung“), sind säkularisatorische Tendenzen auch in vielen anderen Gesellschaften feststellbar.

Quelle

Ich bin mir zur Zeit noch nicht einmal mehr sicher, ob ich eine Entchristlichung unserer Gesellschaft begrüße. Tendiere zu nein, denn eine Reihe der christlichen Werte verhalfen uns zum Versuch einer Demokratie. Viele dieser Werte werden zunehmend beliebig oder durch ausgesprochen nichtchristliche ersetzt. 

Die Frage, ob in anderen (muslimischen) Ländern eine Säkularisierung möglich ist, betrachte ich direkt mal von hinten. Es gibt, wie vormals im Christentum, verschiedene religiöse Gruppen, mit sehr unterschiedlichen Werten und deren Umsetzung. Hier laufen zur Zeit barbarische Machtkämpfe (liefen auch unter christlichen Gruppierungen). Wer wird zur Macht gelangen, von welchen Interessen gesteuert? 
Was genau ist die Praxis nach einer Säkularisierung, wodurch wird die herrschende religiös begründete Kaste ersetzt?

Karl
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RE: Ist die Säkularisierung muslimischer Gesellschaften möglich?
geschrieben von Karl
als Antwort auf ttrula vom 11.01.2019, 11:32:31
ttrula:
"Was genau ist die Praxis nach einer Säkularisierung, wodurch wird die herrschende religiös begründete Kaste ersetzt?"
Nun, ich denke, da wird jede Entwicklung regional unterschiedlich sein. Das Schlimme an der Zukunft ist, dass niemand Genaues darüber weiß und wir nur in Analogien denken können. Bei uns in Europa war der Prozess der Säkularisierung sehr schmerzhaft und extrem blutig. Trotzdem wünscht sich kein aufgeklärter Mensch in die Zeit des Mittelalters zurück.

Es ist zu hoffen, aber eher unwahrscheinlich, dass dieser Prozess in muslimischen Gesellschaften weniger schmerzvoll verläuft. 

Von Michael Blume habe ich jetzt diesen Artikel zum Thema gefunden: Säkularisierung als Symptom der Krise (des Islams). Interessant zu lesen.
 
Cicero
Entgegen der Angst vor einer Islamisierung ist der Islam weltweit auf dem Rückzug. Immer weniger Muslime leben ihren Glauben aktiv aus. Das belegen Zahlen, die der Religionswissenschaftler Michael Blume für sein aktuelles Buch gesammelt hat
Von Hamed Abdel-Samad gibt es ein sehr interessantes Zitat in obigem Artikel:
„Was den Islam betrifft, mag er in seinem jetzigen Zustand alles Mögliche sein, nur eines ist er meines Erachtens gewiss nicht: Er ist nicht mächtig. Er ist im Gegenteil schwer erkrankt und befindet sich sowohl kulturell als auch gesellschaftlich auf dem Rückzug. Die religiös motivierte Gewalt, die zunehmende Islamisierung des öffentlichen Raums und das krampfhafte Beharren auf der Sichtbarkeit der islamischen Symbole sind nervöse Reaktionen dieses Rückzugs. […] Es handelt sich nur um das verzweifelte Anstreichen eines Hauses, das kurz davorsteht, in sich zusammenzustürzen. Aber auch der Zusammenbruch eines Hauses bleibt gefährlich, und das nicht nur für seine Bewohner."

Karl

P.S.: Das werde ich wohl lesen müssen: Hamed Abdel-Samad "Untergang der islamischen Welt"

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ttrula
ttrula
Mitglied

RE: Ist die Säkularisierung muslimischer Gesellschaften möglich?
geschrieben von ttrula
als Antwort auf Karl vom 11.01.2019, 17:59:39

"Es handelt sich nur um das verzweifelte Anstreichen eines Hauses, das kurz davorsteht, in sich zusammenzustürzen. Aber auch der Zusammenbruch eines Hauses bleibt gefährlich, und das nicht nur für seine Bewohner."

Das klingt für mich in keiner Weise beruhigend und ich wäre froh, wenn das Anstreichen des Hauses nicht in meinem Umfeld stattfinden würde.

Religion kann nie als abgeschlossenes Gebäude betrachtet werden, das durch Säkularisierung verschwindet. 
(Bevor jetzt wieder mit Schaum vor dem Mund jemand über mich herfällt: ich betrachte es nicht als erstrebenswert, dem Islam zum Verschwinden zu verhelfen).

Religion bedeutet vor allem tief verwurzelte Sozialisierung. Das Fühlen einer Identität.

Die bei uns in der Substanz noch geltenden Werte, wie z.B. du sollst nicht stehlen (obwohl du der Stärkere bist), du darfst nicht töten (außer dein legitimierter Herrscher verlangt es von dir) kommen aus christlicher Vorstellung. 
Sie sind nicht selbstverständlich, man sieht zum Beispiel, dass es andere Religionen/Sozialisationen gibt, die das Töten  zum Zweck der Ehrerhaltung oder als Strafe für Gesetzesübertretungen legitimieren.

Was also erhoffst du von einer Säkularisierung? Denkst du, dass damit automatisch unsere Werte übernommen werden? Oder werden stattdessen die Sieger (nenne mir bitte eine unblutige Säkularisierung) nach ihren Interessen ein Wertesystem mit Gewalt aufbauen?
Ich denke gerade an die von den Chinesen zwangsweise durchgeführte Säkularsierung in vereinnahmten Nachbarstaaten. Oder wie es in afrikanischen Staaten abläuft.
Das gewaltsame Unterdrücken der Religion dient vor allem der Identitätsvernichtung.

Wird es die Enkelinnen meiner tunesischen Freundinnen trösten - wenn sie weinend berichten, in der Schule als ungläubige Schlampen angespuckt zu werden - wenn wir ihnen sagen, dass es sich rein statistisch nur noch um ein überschätztes Restphänomen handelt?


 

adam
adam
Mitglied

RE: Ist die Säkularisierung muslimischer Gesellschaften möglich?
geschrieben von adam
als Antwort auf Karl vom 11.01.2019, 17:59:39

Natürlich ist eine Säkularisierung der muslimischen Gesellschaften möglich, weil ja dann alle Muslime in Europa sind. Wir werden das dann schon hinkriegen. Neu Schwanstein drängt sich förmlich als Moschee auf. Wir müssen dort nur die Zen-Buddhisten (Japaner) raus schmeißen und die Salafisten kümmern sich um die Grünanlagen. Sie können den Rasen sprengen und grün ist die Farbe Mohammeds. Die Bayern sagen dann nicht mehr "Mia san mia!", sondern "Mir san akbar!" Klingt fast genau so, die Aussage ist die gleiche und es merkt eh keiner. Sunna und Schia werden befriedet indem wir zwei Biere nicht mehr Löwenbräu und Hofbräu nennen, sondern Sunna- und Schiabräu. Dann heißt es nicht mehr "Gehen wir ein Bier trinken?", sondern "Kimmst mit auf a Sunna?"

Das Dschungelcam heißt dann Wahabistencamp, der Hilferuf ist"Holt mich hier raus, ich bin Schiit!" und die Rausgewählten gehen nicht einfach nach Hause, sondern werden vom arbeitslos migrierten saudischen Scharfrichter geköpft. Die Zuschauerquoten werden bei Muslims, Christen und Atheisten durch die Decke schießen.

Einen salam Feierabend wünsche ich. Im Fernsehen kommt das Karawanenmovie "Auf der Autobahn ist der Scheitan los!". In den Hauptrollen Osama bin Müller und Alfred Fuschunna neben Aische Schmidt.

Verzeihung, aber das mußte raus, sonst wäre ich geplatzt.Unschuldig

--

adam

 

Karl
Karl
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RE: Ist die Säkularisierung muslimischer Gesellschaften möglich?
geschrieben von Karl
als Antwort auf adam vom 11.01.2019, 18:54:54

@adam,

bitte bleibe gesund. Platzen ist ungesund. Eine Säkularisierung außer in Europa würdest Du also ausschließen. Oder gestattest Du Ausnahmen?

Die zehn Länder mit dem größten Anteil an der muslimischen Weltbevölkerung sind Indonesien (12,9 %), Pakistan (11,1 %), Indien (10,3 %), Bangladesch (9,3 %), Ägypten und Nigeria (jeweils 5 %), Iran und Türkei (jeweils 4,7 %) sowie Algerien (2,2 %) und Marokko (ca. 2 %).

Aber Indien ist trotzdem nicht mehrheitlich muslimisch. Mehrheitlich muslimisch sind:

Marokko Marokko99,9 %31.930.000Sunnitische Mehrheit
Somalia Somalia99,8 %9.310.000Sunnitische Mehrheit
Afghanistan Afghanistan99,7 %31.330.000Sunnitische Mehrheit ca. 85–89 %, Schiiten ca. 10–15 % (Stand: 2009)
Iran Iran99,5 %73.570.000Schiitische Mehrheit ca. 90–95 %, Sunniten ca. 5–10 % (Stand: 2011)
Tunesien Tunesien99,5 %10.430.000Sunnitische Mehrheit
Mauretanien Mauretanien99,1 %3.430.000Sunnitische Mehrheit
Jemen Jemen99,1 %23.830.000Sunnitische Mehrheit ca. 65 %, Schiiten ca. 35 % (Stand: 2010)
Irak Irak99,0 %31.340.000Schiitische Mehrheit ca. 64–69 %, Sunniten ca. 29–34 % (Stand: 2015)
Malediven Malediven98,4 %310.000Sunnitische Mehrheit
Niger Niger98,4 %15.270.000Sunnitische Mehrheit
Komoren Komoren98,3 %720.000Sunnitische Mehrheit
Türkei Türkei98,0 %71.330.000Sunnitische Mehrheit, schiitische und alevitische Minderheiten
Algerien Algerien97,9 %34.730.000Sunnitische Mehrheit
Palästinensische Autonomiegebiete Palästinensische Autonomiegebiete97,6 %3.940.000Sunnitische Mehrheit
Jordanien Jordanien97,2 %6.010.000Sunnitische Mehrheit
Aserbaidschan Aserbaidschan96,9 %8.900.000Schiitische Mehrheit ca. 80–85 %, Sunniten ca. 15–20 %
Dschibuti Dschibuti96,9 %860.000Sunnitische Mehrheit
Tadschikistan Tadschikistan96,7 %6.650.000Sunnitische Mehrheit ca. 96–97 %, Schiiten ca. 3–4 %
Usbekistan Usbekistan96,7 %26.550.000Sunnitische Mehrheit
Libyen Libyen96,6 %6.140.000Sunnitische Mehrheit
Pakistan Pakistan96,4 %167.410.000Sunnitische Mehrheit ca. 80–85 %, Schiiten ca. 10–15 %, Ahmadiyya ca. 1–5 % (Stand 2010)
Senegal Senegal96,4 %11.980.000Sunnitische Mehrheit
Gambia Gambia95,1 %1.640.000Sunnitische Mehrheit
Ägypten Ägypten94,9 %76.990.000Sunnitische Mehrheit
Mali Mali94,4 %14.510.000Sunnitische Mehrheit
Kosovo Kosovo93,8 %1.660.000Sunnitische Mehrheit
Saudi-Arabien Saudi-Arabien93,0 %25.520.000Sunnitische Mehrheit ca. 85–90 %, Schiiten ca. 10–15 % (Stand: 2012)
Turkmenistan Turkmenistan93,0 %4.690.000Sunnitische Mehrheit, Schiitische Minderheit
Syrien Syrien92,8 %18.930.000Sunnitische Mehrheit ca. 80 %, Schiiten und Alawiten ca. 20 %
Sudan Sudan90,7 %30.490.000Sunnitische Mehrheit
Bangladesch Bangladesch90,4 %134.430.000Sunnitische Mehrheit ca. 96 %, Schiiten ca. 2 %, Sonstige ca. 2 %
Kirgisistan Kirgisistan88,0 %4.690.000Sunnitische Mehrheit
Indonesien Indonesien87,2 %209.120.000Sunnitische Mehrheit
Oman Oman85,9 %2.390.000Ibaditische Mehrheit ca. 75 %, sunnitische und schiitische Minderheiten
Guinea Guinea84,4 %8.430.000Sunnitische Mehrheit
Albanien Albanien80,3 %2.570.000Sunnitische Mehrheit, Alevitische Minderheit
Sierra Leone Sierra Leone78,0 %4.580.000Sunnitische Mehrheit ca. 90 %, Ahmadiyya ca. 10 %
Vereinigte Arabische Emirate Vereinigte Arabische Emirate76,9 %5.780.000Sunnitische Mehrheit ca. 80–85 %, Schiiten ca. 15–20 %
Brunei Brunei75,1 %300.000Sunnitische Mehrheit
Kuwait Kuwait74,1 %2.030.000Sunnitische Mehrheit ca. 60–70 %, Schiiten ca. 30–40 %
Kasachstan Kasachstan70,4 %11.290.000Sunnitische Mehrheit
Bahrain Bahrain70,3 %890.000Schiitische Mehrheit ca. 70–75 %, Sunniten ca. 25–30 %
Katar Katar67,7 %1.190.000Sunnitische Mehrheit ca. 90 %, Schiiten ca. 10 %
Burkina Faso Burkina Faso61,6 %10.150.000Sunnitische Mehrheit
Malaysia Malaysia61,3 %18.100.000Sunnitische Mehrheit
Libanon Libanon61,3 %2.590.000Schiiten und Sunniten jeweils ca. 50 %, keine verlässlichen Angaben
Tschad Tschad55,3 %6.210.000Sunnitische Mehrheit


Quelle


Du gehst also davon aus, dass Säkularisierung dort nirgends eine Chance hat?

Karl


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adam
adam
Mitglied

RE: Ist die Säkularisierung muslimischer Gesellschaften möglich?
geschrieben von adam
als Antwort auf Karl vom 11.01.2019, 20:00:23

Ich wäre nicht vor Zorn geplatzt Karl. Kann man vor Überdruss platzen? Schon wieder Islam? Für uns Europäer gibt es wichtigere Themen, denn wenn die Idee des politisch vereinten Europas scheitert, werden wir so unbedeutend, daß es uninteressant sein wird, ob wir säkular oder gläubig, wie auch immer, unter gehen.

Seit Frühjahr 2007 diskutiere ich in diesem Forum mit, ununterbrochen auch über den arabischen bis mittelöstlichen Islam. Du weißt, daß ich den Islam nicht mag, nie mochte und weil sich diese Abneigung in den Jahren verstärkt hat, werde ich ihn nie mögen. Dieses Gefühl ist wichtig, denn ohne Gefühl kann man einer Religion oder dem, was einem als Religion vorgehalten wird, nicht einschätzend begegnen. Und warum überträgt sich die Abneigung des Islam nicht automatisch auf seine Menschen?

Jetzt könnte ich es mir leicht machen und sagen, ja, ich bin der Meinung von Hamed Abdel-Samad. Aber so einfach ist das nicht, denn ich möchte auf deine Frage eingehen, ob die Säkularisierung islamischer Gesellschaften möglich ist.

Nein, ich glaube nicht, daß eine Säkularisierung des Islam, wie er sich darbietet und herrscht, möglich ist. Oder noch deutlicher: Dieser Islam, wie er über die Gläubigen herrscht, ist bereits so weit säkularisiert wie möglich. Mehr Weltlichkeit, in der Gier seiner Anhänger nach Macht, geht nicht. Dieser Islam ist in seinem Fanatismus, seiner Unmenschlichkeit, seiner zynischen Verachtung für das Leben, fast ein Abziehbild des Nationalsozialismus. Bis auf das wichtigste Segment: Der Führer des Nationalsozialismus ist tot, weltlich und im Gefühl seiner Gläubigen gescheitert, der Führer des Islam ritt in den Himmel, unbesiegt im Dieseits, nicht verantwortlich zu machen für die Taten seiner Jünger. Besiegt werden können nur seine Jünger mit weltlicher Gewalt und da ist es schwer bis unmögich zu entscheiden, wer bekämpft werden muß. Wie mein muslimischer Nachbar aus Marokko, der seit 35 Jahren Jahren in Deutschland lebt. Ich meine, daß er in seinem muslimischen Glauben so naiv unschuldig ist, wie es meine Omas in ihrem christlichen Glauben waren. Solchen Glauben muß man nicht säkularisieren, darf man nicht abschaffen, weil er wertvoll für eine Gesellschaft ist. Der bereits für die Erringung von Macht säkularisierte islamisch Glauben, definiert durch Feindschaft, Gewalt und Zwang, eben wie der Nationalsozialismus, kann nur weltlich bekämpft werden, ihn kann eine muslimische Gesellschaft nicht allein aus dem Glauben heraus abschaffen und man darf bei der Sicht von Außen nicht meinen, daß sich plötzlich Gläubige selbst säkularisieren. Das ist auch gar nicht nötig, siehe oben.

Eine Inquisition konnte bis heute so wenig säkularisiert werden, wie es heute Islamisten als Herrscher durch den Islam werden können. So erklärt sich ja auch die Tatsache, daß die Islamisten unter den Muslimen, wo sie herrschen wollen, den eigentlichen Terror anrichten. Und nun sind wir bei Hamed Abdel-Samad. Les ruhig das Buch. Es ist nicht giftig.Zwinkern Man sollte eigentlich immer die Bücher lesen, von denen man weiß, daß sie nicht die eigene Meinung enthalten.

--

adam
freddy-2015
freddy-2015
Mitglied

RE: Ist die Säkularisierung muslimischer Gesellschaften möglich?
geschrieben von freddy-2015
als Antwort auf Karl vom 11.01.2019, 20:00:23
Hallo Karl,
irgend wie kann ich adam und alexs verstehen, die es leid sind 2 Themen in immer neuen
Variationen vorgesetzt zu bekommen.


Nebenbei bemerkt sind die Kommentare alle lesenswert,
nur es ist alles etwas viel.
Vom Thema gut, mal sehen was draus wird.


Ich wollte schon dem Vorschlag von Alexs nachgehen, GsD das ich keinen neuen Thread erstellt habe.
Hier gibt es zwei Themenkreise im ST und die wiederholen sich immer.........



 
Karl
Karl
Administrator

RE: Ist die Säkularisierung muslimischer Gesellschaften möglich?
geschrieben von Karl
als Antwort auf freddy-2015 vom 11.01.2019, 23:15:40

@freddy-2015

das sehe ich anders. Dieses Thema z. B.  hier hatten wir so noch nicht. Man sollte halt genau lesen. 

@adam

Adam:
„Nein, ich glaube nicht, daß eine Säkularisierung des Islam, wie er sich darbietet und herrscht, möglich ist.“
Die Frage nach dem Islam habe ich nicht gestellt, sondern die Frage war, ob sich muslimische Gesellschaften säkularisieren können und ich habe eine Quelle angeführt, die behauptet, dass dies in der Türkei sogar während der Präsidentschaft Erdogans fortgeschritten ist. 

Auch die katholische Kirche ist ja nicht säkularisiert worden, sondern die Säkularisierung hat sie in der Gesellschaft marginalisiert. 

Karl
adam
adam
Mitglied

RE: Ist die Säkularisierung muslimischer Gesellschaften möglich?
geschrieben von adam
als Antwort auf Karl vom 11.01.2019, 23:45:38

Ich bin sehr deutlich auf die isalmischen Gesellschaften eingegangen. Mein Ergebnis: Der herrschende Islam ist so wenig zu säkularisieren wie die Kath. Kirche in Form der Inquisition (heute die Glaubenskongregation). Der naive Glaube muß nicht säkularisiert werden.
Ihr Atheisten solltet die Gläubigen, gleich welchen Glaubens, einfach mal in Ruhe lassen und nicht versuchen, sie einerseits als Minderheit (1,5 Milliarden Muslime!!!!) zu beschützen und andererseits ihren Glauben weg zu intellektualisieren. Säkularisier mal den Papst! Mein Gott: "marginalisiert"!

Versuch es doch mal mit meiner Methode: Seit 10 Jahren schreibe ich davon, daß wir "unsere" Muslime vor dem Islamismus beschützen müssen. Das heißt, die Islamisten mit dem StGB zu verfolgen und die Salafisten/Wahabiten raus zu schmeißen. Dann erlebst du auch deine Integration.

Wenn sich jemand die Mühe macht, seine Meinung darzulegen, solltest du das wenigstens lesen.

--

adam


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