Internationale Politik Macron "En Marche"

Tina1
Tina1
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RE: Macron "En Marche"
geschrieben von Tina1


http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/en-marche-mitglieder-kritisieren-personenkult-um-macron-15292235.html

"En-Marche-Mitglieder kritisieren Personenkult um Macron
Hundert Mitglieder der Bewegung des französischen Präsidenten haben ihren Austritt angekündigt. In einem offenen Brief beklagen sie nicht nur autoritäre Strukturen in der Partei.

Vor sechs Monaten hat Emmanuel Macron das Amt des französischen Präsidenten übernommen, doch für seine Bewegung La République en Marche (LREM) läuft es gerade nicht rund. Hundert bisherige Mitstreiter haben ihren Rückzug aus LREM angekündigt. In einem am Dienstag vom Rundfunksender Franceinfo veröffentlichten Brief beklagen sie autoritäre Strukturen, die an das „Ancien Régime“ der absolutistischen Herrscher Frankreichs erinnerten.

In dem Brief der „100 Demokraten“ heißt es, Macrons Bewegung habe seit seinem Amtsantritt im Mai ihre Prinzipien verraten. Statt Basisdemokratie habe sich eine „Herrschaft der Eliten“ durchgesetzt. In dem Brief ist von „Arroganz“ der LREM-Verantwortlichen die Rede sowie von „Drohungen“ und „Einschüchterungsversuchen“ gegenüber engagierten Mitgliedern.

Besonders scharf kritisieren die ehemaligen Macron-Mitstreiter das Prozedere zur Wahl des neuen Parteivorsitzenden. Der bisherige Regierungssprecher Christophe Castaner ist einziger Kandidat auf dem Parteitag, eine Urwahl ist nicht vorgesehen. Die Kritiker bemängeln auch, dass Mitglieder ohne Amt nur per Zufallsprinzip ein Stimmrecht auf dem Parteitag bekommen konnten. Die Mehrheit der Stimmberechtigten im sogenannten Nationalrat sind Parlamentarier und andere Mandatsträger.
Damit werde das „Prinzip demokratischer Wahlen negiert, das durch die französische Revolution und die Verfassung geheiligt“ sei, heißt es in dem Brief. Laut Franceinfo gehören zu den Urhebern des Schreibens unter anderem gewählte Kommunalvertreter und Parteiverantwortliche. Sie kritisieren demnach auch den „Personenkult“ um Präsident Macron und wollen am Freitag geschlossen ihren Austritt erklären."

Wenn ich an das Auftreten (den Eimarsch) von Macron vor öffentlichen Reden denke, dann passt das geschriebene voll dazu.  Es war ein inszenierter Einmarsch, der Macht demonstrierte, genauso wie man es bei Putins Auftritten erlebt. Solche Auftritte sieht man bei keinem anderen Präsidenten in der EU.

Er demonstriert die "Herrschaft der Eliten", so wie es hier geschrieben wird. Er hat kein soziales Programm, sondern er wird Politik für die Finanzmärkte, für die Konzerne, für die Reichen machen, denn er selber gehörte immer zu den Eliten. Die neuen Jobs werden auch hauptsächlich  für die gehobene Klasse, für die studierten sein. Die anderen bekommen die Agenda 2010, die er übernehmen will, zu spüren. Dadurch hat Macron weder die Masse der Jugend, noch die Masse der Bevölkerung hinter sich.
Er wurde auch nur von 23 % im ersten Wahlgang gewählt, 3 Prozent mehr wie die Volkspartei.Das zeigt doch, dass er nicht mal die Hälfte der Bevölkerung hinter sich hatte. 77 % haben ihn nicht gewählt. Das ist das wahre Ergebnis. Im 2. Wahlgang hat er nur gewonnen, weil alle Le pen verhindern wollten, nicht weil sie Macron wählen wollten. Das hätte jeder andere Kanditat, sogar ein linker auch gewonnen.
Die Frage wird sein, wie lange werden sich die Franzosen, die nicht von der Politik Macrons profitieren ruhig sein? 
Meine Meinung, die niemand teilen muss.
Tina


 
RE: Macron "En Marche"
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Hallo Tina1.

Klar jeder soll seine Meinung sagen.

Was Du im ersten Teil Deines Beitrags schreibst, betrifft die fehlende Parteiendemokratie bei En Marche. Sicher spielt Macron (und einige seiner engsten Mitstreiter) hier noch eine sehr, vielleicht zu beherrschende Rolle. Allerdings muss man wohl berücksichtigen, dass es bei En Marche bis jetzt überhaupt noch keine gewachsenen Parteistrukturen gibt; keine Flügel, keine über das Wahlprogramm hinausgehende wirkliche Programmatik. (Ob das wirklich noch kommt, weiß ich nicht. Fakt ist, dass die französischen Parteien insgesamt eher durch personale, weniger durch programmatisch-ideologische Stukturen – wie in Deutschland – getragen werden). Außerdem, um mal die Proportionen aufzuzeigen: Die Zahl der Mitglieder von En Marche (übrigens überwiegend jüngere Leute) beträgt um die 400.000, hier geht es um 100 Unterzeichner. Da könnte man sagen: Unzufriedene gibt es immer.

Was das „Auftreten“ Macrons angeht, so muss man erst mal sehen, dass diese sehr auf Symbolik aufgebauten Inszenierungen französischer Präsidenten nach gewonnenen Wahlen zu den üblichen Zeremonien gehören. Jeder erinnert sich noch an den langen Gang des sozialistischen Präsidenten Mitterand im Jahre 1981, der ihn ins Panthéon führte. Dort legte er u.a. eine rote Rose am Grab des von den Nazis ermordeten Widerstandskämpfers Jean Moulin nieder. Seine Nachfolger taten ähnliches. Ich finde, dagegen ist der „Auftritt“ Macrons vergleichsweise bescheiden ausgefallen, v.a. wenn man berücksichtigt, dass er die gesamte europäische Hymne (!!!) abspielen ließ. Was auch in Frankreich teilweise kritisiert wurde. Wir dürfen nicht vergessen: diese Veranstaltungen (ich könnte noch hinzufügen: der 14. Juli, die zahlreichen Gedenktage zu den vergangenen Kriegen mit Deutschland und zum Holocaust usw.) gehören zur politischen Kultur in Frankreich und sie gefallen der Mehrheit der Franzosen. Wir wollen doch nicht, dass die Franzosen ihre Traditionen aufgeben und beispielsweise deutsche Gepflogenheiten übernehmen sollen?

Deine Berechnungen zu den Wahlen und dem prozentualen Anteil seiner Unterstützer ist keineswegs überraschend. Diese Situation ergibt sich weitgehend aus dem französischen Wahlsystem (Mehrheitswahlrecht), auf das ich jetzt nicht weiter eingehen möchte. Wenn ich Dir aber insoweit folgen möchte, dass das Wahlergebnis Macrons durchaus kein komfortables Ergebnis war (was er selbst mehrfach eingeräumt hat), so muss man aber ehrlicherweise zugeben, dass bei der Beurteilung des Rückhalts Macrons in der französischen Bevölkerung die heutigen Zustimmungswerte berücksichtigt werden müssen. Und die sind gut. Besser als die seiner beiden Vorgänger.
Das Ergebnis war jedenfalls der Sieg Macrons und nicht Le Pens. Und das war gut so, für uns alle. Meine Meinung.
schorsch
schorsch
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RE: Macron "En Marche"
geschrieben von schorsch
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 22.01.2018, 14:59:57

Ich denke, so lange Macron die Hoffnung halten kann, das französische Volk werde ihn wie Napoleon regieren lassen, hat er überhaupt kein Bedürfnis, die Von-unten-her-Demokratie herbeizusehnen.


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RE: Macron "En Marche"
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf schorsch vom 22.01.2018, 16:01:24

Die "Von-unten-her-Demokratie" funktioniert in Frankreich sehr gut, wenn Du Dich mal mit französischer Geschichte beschäftigst. Das letzte Mal unter De Gaulle... Lächeln

rehse
rehse
Mitglied

RE: Macron "En Marche"
geschrieben von rehse
als Antwort auf luchs35 vom 21.01.2018, 19:07:58

@ luchs
Danke für den Kommentar. Könntest du bitte den Budgetplan von  Macron etwas erläutern wie z.B.Aussicht auf Erfüllung? Ich kann mir auch gut vorstellen, dass Macron in diesem Punkt einfacher mit Schulz als mit Merkel zusammenarbeiten könnte.
Danke im Voraus,Lächeln

Edita
Edita
Mitglied

RE: Macron "En Marche"
geschrieben von Edita
als Antwort auf Tina1 vom 22.01.2018, 13:35:40

Warum machst Du Dir sorgen über Macron? Er ist in Frankreich der unumstrittene Chef, ist kurz vor Weihnachten wie die Schwaben sagen "gscheit" geworden, ( hat seinen 40.Geb. gefeiert ) und  konnte sich mittlerweile, dank ausgiebigster Sondierungsgespräche deutscherPolitiker von Frau Merkel abnabeln, er ist nicht mehr nur das Anhängsel!
Seine ersten Reformen hat er fast aus der la main durchgeboxt und in den Beliebtheitsumfragen hat er wieder einen steilen Aufstieg gemacht, was natürlich auch auf's Ausland abfärbt, er hat die so oft zitierte Augenhöhe mühelos erreicht!
An seiner Energie sollten sich andere Politiker a Scheiberl abschneiden!

Edita


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Mitglied_dc2d221
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RE: Macron "En Marche"
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Edita vom 22.01.2018, 16:54:40

Klingt ja wunderbar, wie du ih lobst. Er hat ja  heute (hinter verschlossenen Türen) auch 100 Wirtschaftsbosse empfangen und die von seiner bisherigen Politik profitieren (die oberen 5 Prozent der Bevölkerung). Aber auch die werden zur Kasse gebeten....wenn sie rauchen. Denn eine Schachtel Zigaretten wird wohl bis 2020 ca. 10 Euro kosten.
Nein war ein Spass...er ist sooo jung und brauchte das Geld..ach nein, das ist ein doofer Spruch. Er ist ein Populist feinster Sorte...das hätte Deutschland mit Lindner auch haben können.
Mal sehen, wie sich die französischen Gewerkschaften positionieren. Die sind nicht so leicht zu kaufen, wie die deutschen. Achnein....auch das wird nix. Die Rechter der Arbeiter und Gewerkschaften werden ja grad  beschnitten...klingt irgendwie nach Agenda2018...na dann wird ja alles gut.
Lang lebe Macron ....Amen.

olga64
olga64
Mitglied

RE: Macron "En Marche"
geschrieben von olga64
als Antwort auf luchs35 vom 22.01.2018, 13:22:02
 
 Das Einwanderungsproblem in Frankreich hat zusätzlich noch ganz andere Gründe, denn seit den 60er Jahren strömen aus den ehemaligen französischen Kolonien vor allem Einwanderer in die Pariser Vorstädte und leben dort seit Jahrzehnten in "arabischen Vierteln", ohne jemals irgendwo gemeldet zu sein. Nicht einmal die Polizei wagt sich in diese Gebiete, die sich immer mehr ausdehnen. Mit der Zuwanderung nach Deutschland ist dieser Zustand nicht zu vergleichen. 

Luchs35
 
Einwanderer aus den früheren, französischen Kolonien bekommen relativ schnell den französischen Pass; auch Sprachprobleme haben sie meist nicht,das auch in den Kolonien Französisch die "Lingua franca" war.
Das ist vergleichbar mit den sog. Russland-Deutschen, die auch bei uns schnell deutsche Pässe erhalten und auch in einer Art Ghetto in unseren Städten leben. Oft machen dies Menschen ja auch, weil sie gerne dort leben, wo andere aus ihrem Kulturkreis schon angesiedelt sind.
Sie leben meist in den Banlieus und haben dort eine eigene Kultur entwickelt. Ich habe z.B. immer gerne Belleville in Paris besucht. Dort kommt man sich vor wie in Nordafrika, kann gutes Couscous essen und als gefährlich habe ich es nie empfunden (auch Polizei sieht man dort übrigens).
Eine Meldepflicht gibt es in Frankreich nicht. Wenn aber nordafrikanische Einwanderer Sozialleistungen beantragen wollen, müssen sie sich bei den Rathäusern anmelden.
Macron, bzw. Frankreich hat derzeit ein noch grösseres Problem, den rapide steigenden Antisemitismus. Viele seit Jahren in Frankreich lebende Juden, die oft auch dort geboren wurden, planen ihre Auswanderung nach Israel. Netanjahu fordert sie hierzu gezielt auf, weil er weiss, dass nicht die Ärmsten kommen werden.
Das wird Frankreich auch weh tun, wenn es um die Einnahmen dieser Bevölkerungsgruppe geht. Die Anfeindungen Juden gegenüber sind aber nicht nur Sache der "Araber", sondern auch "ganz normale" Franzosen machen da immer schlimmer mit, wenn es um die Diskriminierung von Juden geht. Olga
RE: Macron "En Marche"
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 22.01.2018, 17:27:29

"Mal sehn wie sich die frz. Gewerkschaften positionieren"

Ganz einfach- sie leiden unter einem dramatischen Mitgliederschwund und positionieren sich schon zurückhaltender als früher. Darüber hat sich schon Herr Mélanchon (von der extremen Linken) bitter beklagt. Warum? Weil die Bevölkerung verstanden hat, dass systematische Obstruktion nicht zielführend ist und den notwendigen Reformprozess behindert. 
lg

RE: Macron "En Marche"
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf olga64 vom 22.01.2018, 17:43:44

"Die Anfeindungen Juden gegenüber sind aber nicht nur Sache der "Araber", sondern auch "ganz normale" Franzosen machen da immer schlimmer mit, wenn es um die Diskriminierung von Juden geht." Olga

Handelt es sich um Einzelfälle (bei den "normalen Franzosen"), was meinem Informationsstand entspricht, oder um ein Breitenphänomen ("machen da immer schlimmer mit")? In diesem Fall wäre ich dankbar zu erfahren, worauf sich diese Info stützt.
Grüße

 


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