Internationale Politik "Moderner Antisemitismus"?

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Re: Was kann wie verglichen werden?
geschrieben von silhouette
als Antwort auf Karl vom 01.06.2012, 11:31:10


Ich denke, die Südtiroler hätten sich dies nicht von Italien und die Elsässer nicht ohne Widerstand von Frankreich bieten lassen.

Karl
geschrieben von karl

Die Südtiroler haben sich das auch nicht bieten lassen. Die Landnahme Südtirols war eine Folge des verlorenen Krieges von 1918. Danach folgte unter den Faschisten eine beispiellose Italianisierung. Sie nahm groteske Züge an, als der Gebrauch des Namens "Tirol" für diese Provinz verboten wurde und als alle geographischen Namen ins Italienische übertragen wurden, z.T. so falsch, dass es lächerlich wurde.

Der heftige Widerstand, getragen von einer über 90% deutschen Bevölkerung, in den 1950er und 1960er Jahren endete in einer UNO-Resolution. Der Druck auf die Regierung in Rom war groß genug, sie gab nach. Heraus kam die Schaffung einer "autonomen Provinz" Südtirol. Das Land gehört zwar hinsichtlich der wichtigsten staatlichen Hoheitsrechte zu Italien, ist aber ansonsten weit unabhängiger als z.B. Schottland oder Bayern.

Es war kein Kampf zwischen verschiedenen Religionen, es siegte die Vernunft auf Seiten derer, die das Land annektiert hatten, übrigens nicht in Übereinstimmung mit den Absichten der Siegermächte. die Mitteleuropa kurz vor Ende des 1. Weltkriegs neu aufteilten. Was scheinbar wie Nachgeben, wie ein Verlust aussah, erwies sich als Gewinn für beide Seiten. Nicht mehr und nicht weniger sagt uns der Vergleich.

Nachzulesen hier:

Geschichte Südtirols
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Re: Was kann wie verglichen werden?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Karl vom 01.06.2012, 11:31:10
Ich möchte es dem Leser anheim stellen, inwieweit mein gebrachter Vergleich bzw. die Lösung, die es dafür nach unheimlich viel Tricksereien gegeben hat, einen möglichen Ausweg andeutet. Ich bezog mich allerdings vor allem auf die Situation der israelischen Palästinenser.

Es stimmt... es gab keine religiöse Reibungsflächen.

aber es stimmt zweierlei nicht "2. Vor dem Gesetz waren zumindest in der Theorie die Minderheiten von Anfang an gleich gestellt."

In Südtirol waren die Südtiroler nicht eine Minderheit, sondern hatten einen Anteil von 99%. (Da in der Monarchie der Begriff "Südtirol" ein Begriff für alle historischen Landesteile Tirols südlich des Brenners inklusive dem heutigen Trentino und früherem Welschtirol war, lag der Anteil der Italier bei der Volkszählung 1910 dementsprechend höher, bei 12,9%.)

1961 waren allerdings die Südtiroler immer noch nicht in der Minderheit, sondern nur um etwa 35 % geschrumpft.

Das zweite Unrichtige an deiner Ansicht ist, dass von einer Gleichstellung der "Minderheiten" keine Rede sein konnte, sondern das die Mehrheit durch die italienische Gesetzgebung und deren Anwendung repressiv unter der Knute gehalten wurde. Das Programm "Italienisierung" beinhaltete ja auch das Programm "Wie werden wir die Südtiroler los")

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Ich werde diesen Gedanken aber nicht weiterverfolgen, da er einfach eine intensivere Beschäftigung benötigt als hier machbar ist.
Karl
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Administrator

Re: Was kann wie verglichen werden?
geschrieben von Karl
als Antwort auf silhouette vom 01.06.2012, 13:05:22
Danke Silhouette und mart1 für die Richtigstellungen.
Was scheinbar wie Nachgeben, wie ein Verlust aussah, erwies sich als Gewinn für beide Seiten. Nicht mehr und nicht weniger sagt uns der Vergleich.
Dann wollen wir hoffen, dass anderenorts ähnliche Lernprozesse einsetzen.

Karl

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Re: "Moderner Antisemitismus?"
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Nur mal so zur Information für diese Runde, gerade eben aus der süddeutschen:
Migros zeichnet Produkte aus Israel speziell aus: Schweizer Supermarkt macht Pampelmusen zum Politikum
"Westbank, israelisches Siedlungsgebiet": Die Schweizer Ladenkette Migros will Produkte, die aus israelischen Siedlungsgebieten stammen, künftig speziell auszeichnen. Der Kunde soll selbst entscheiden, ob er Pomelos oder Avocados aus diesen Gegenden tatsächlich kaufen möchte. Israels Botschaft ist empört.
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Re: "Moderner Antisemitismus?"
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 01.06.2012, 18:42:56
England tuts schon länger, Dänemark und Süd-afrika tuts oder will es tun.... it´s Antisemitismus, eh klar ..... israelischer Sprecher des Außenministeriums

Es geht um Produkte der illegalen Siedlungen .... und die Kennzeichnung entspricht damit irgendwelchen UNO-Regelungen und auch EU-Regelungen

Es geht auch um Steuersätze, soviel ich mich erinnere.

Jeder darf selbst recherchieren, wenn es ihn interessiert.

Nein, es ist nicht Antisemitismus á la "Kauft nicht beim Juden"!
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Re: "Moderner Antisemitismus?"
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 01.06.2012, 19:20:53
Nein, es ist nicht Antisemitismus á la "Kauft nicht beim Juden"!

Das habe ich nicht behauptet, aber offensichtlich hat das der israelische Botschafter in der Schweiz so verstanden.

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Re: "Moderner Antisemitismus?"
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 01.06.2012, 22:39:23
Stimmt!

Was damit eine schöne Demonstration des Mißbrauchs des Begriffs "Antisemitismus" darstellt.
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Re: "Moderner Antisemitismus?"
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 01.06.2012, 22:47:09
Es muß ein Unterschied gemacht werden zwischen generellen Boykottaufrufen und der Herkunftsbezeichnung auf Waren.

Z.B. Wenn ich auf dem Butterpackerl lese, es komme aus Holland kaufe ich es klarerweise nicht.

z.B. Wenn ich auf dem Kräuterpackerl lese, es kommt aus dem Westjordanland, dann werde ich es nicht kaufen, da dieses Land lt. UNO und jedem normalen Rechtempfinden illegal besiedelt wird.

Und so haben halt etliche Staaten auf der Welt bereits vor längerem beschlossen, eine derartige Kennzeichnungspflicht einzuführen - das, was der Kunde damit macht, ist ja ihm überlassen. Es könnte ja auch dazu führen, dass gerade diese Produkte bevorzugt gekauft werden.

Nun hat der israelische Staat bereits vor einem Jahr es notwendig gefunden Boykottaufrufe gegen Menschen, Organisationen oder Produkte "des israelischen Staates, einer seiner Institutionen oder eines von ihm kontrollierten Gebietes" unter Strafe zu stellen.

Quo vadis, Israel?


Erg.:
Eine Kennzeichnungspflicht nach Herkunftsland (Israel, Besetzte Zone) ist eine sehr, sehr milde wirtschaftliche Maßnahme und von jedem Recht gedeckt.


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Re: "Moderner Antisemitismus?"
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 02.06.2012, 11:24:10

Zur als antisemitisch gegeißelten Kennzeichnung von Waren aus den besetzten Gebieten:

[i]
"...Die EU kennt ein System privilegierter Handelsbeziehungen mit Zollerleichterungen für Nicht-EU-Miglieder, worunter grundsätzlich auch Israel fällt. Ebenso deutlich aber gilt im Rahmen der EU, dass dieses Zollprivileg nicht FÜR Waren gilt, die von Israelis auf dem Boden des besetzten Westjordanlandes produziert werden.

Ein entsprechendes Urteil wurde anlässlich eines Sirupimports aus dem Westjordanland gefällt. Im Februar 2010 urteilte der Europäische Gerichtshof in Luxemburg, dass die deutsche Softdrink Firma Brita zur Herstellung ihrer Getränke Fruchtsirup, der in der Westbank Siedlung Mishor Adumim produziert wurde, nicht privilegiert einführen darf.

Eine sinnvolle Boykottstrategie kann sich genau daran ausrichten und sich damit punktgenau, spezifisch und unmissverständlich nur und ausschließlich gegen die Besetzung des Westjordanlandes richten. Indem sie ausschließlich im Westjordanland produzierte israelische Waren, sofern sie ohne Zollprivileg angeboten werden, boykottiert, protestiert sie genau gegen jenen Zustand, der eine allseits gewünschte Zweistaatenlösung unmöglich zu machen droht..."
[/indent]
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Re: "Moderner Antisemitismus?"
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 02.06.2012, 12:06:47

Das alles ist nicht nur eine abgehobene Kaffeeplauderei - das sind harte Machtspiele um die Erklärungshohheit, es geht ums Mundtotmachen, es geht ums Geld!

Wenn also ein Ostjerusalemer Israeli, gleich ob jüdischer oder arabischer Herkunft, keine Waren aus dem Westjordanland verkaufen will, kann er neben der offizellen Strafe wegen Geschäftsentgang von israelischen Siedlern auf Schadenersatz verklagt werden, ohne dass dieser nachgewiesen werden muss.
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Und nun zum Boykott israelischer Waren:

Dazu gibt es in Frankreich den erst kürzlich durch ein Urteil des Revisionsgerichts geklärten Fall einer Dame, die in einem Video die BDS Kampagne vorgestellt hat. Ankläger: französische Regierung und proisraelische Initiativen , Vorwurf: Diskriminierung und Hetze gegen die israelische Nation.
Beobachter maßen diesem Prozess einen hohen Wert zu, da auch andere Länder, zum Beispiel Birma sogar von der französischen Regierung boykottiert werden.

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