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Internationale Politik Obama beendet die Folterpraxis

kugelfisch
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Re: Obama beendet die Folterpraxis
geschrieben von kugelfisch
als Antwort auf Karl vom 22.01.2009, 23:13:01
Hallo Karl,

Das israelische `Guantanamo` wird weiter geöffnet haben...

--Offiziell hat der Oberste Israelische Gerichtshof Folter verboten, doch wird sie gegenüber palästinensischen Gefangenen regelmäßig angewendet. Zurzeit befinden sich über 11.000 palästinensische Gefangene in israelischer Haft.--
(Zitat aus unten verlinkten Artikel vom 18.03.08...)


--Gruß
( Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht)
kugelfisch
Karl
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Re: Obama beendet die Folterpraxis
geschrieben von Karl
als Antwort auf rolf † vom 23.01.2009, 13:05:29
Die Kritik an Amerika bezog sich doch auf die Bush-Administration,
also welches Feindbild ist da zu überdenken, und wer hat ein Feindbild von Amerika?
geschrieben von rolf


Gut beobachtet Rolf,

Amerikafeindlichkeit wurde jedem in den Mund gelegt, der gegen die Bush-Administration war. Ich erinnere mich, dass ich mich oft gegen solche Vorwürfe wehren musste. Es war eine schlimme Zeit, in der Verteidiger der Menschenrechte nicht auf Seiten der US-Regierung stehen konnten.
--
karl
Karl
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Re: Obama beendet die Folterpraxis
geschrieben von Karl
als Antwort auf kugelfisch vom 25.01.2009, 22:32:08
Für Israel und andere Folternationen wird es schwieriger werden, wenn sich die USA von dieser Praxis distanzieren. Meine Hoffnung ist ja, dass die USA unter Obama doch noch den Vertrag zum Internationalen Gerichtshof unterschreiben, dann wird es um andere Verweigerer einsam.
--
karl

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moritzz
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Re: Obama beendet die Folterpraxis
geschrieben von moritzz
als Antwort auf Karl vom 22.01.2009, 23:13:01
Barack Obama packt die heiklen Themen an: Per präsidialer Verfügung ordnet er auch die Schließung der CIA-Geheimgefängnisse an. Seine Botschaft: Schluss mit Entführungen und Folter im Namen der USA. Das Edikt zur Schließung Guantanamos hat er inzwischen unterzeichnet.
geschrieben von karl


Was für eine Last fällt von mir ab, hier endlich frohe Botschaften aus den USA verkünden zu dürfen. Ich gebe zu, es stimmt euphorisch. Hoffentlich kann er Kurs halten - und hoffentlich bekommt er den CIA in den Griff.
--
karl
geschrieben von Spiegel online



Ja Karl, das liest sich ja, als ob du das Elend der Welt auf Deinen Schultern trägst - freuen wir uns also alle, daß wenigstens DIESE Last von Dir genommen wurde *zwinker*

Aber ob Obama wirlich alles verbessern kann? In einer Büttenrede wurde es vor einigen Tagen mit wenigen worten ausgedrückt:

"Die Schwarzen in den USA haben nu so viel Hoffnung, weil der Obama Präsident ist und sie denken, es wird nun alles besser für sie! denen kann man nur sagen: Guckt auf Deutschland - Angela Merkel kommt auch aus den neuen Bundesländern...."

Ich schätze Frau Merkel - aber hat sie für den Osten wirklich was bewegt?

Narrenmund tut Wahrheit kund.
--
moritzz
kugelfisch
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Re: Obama beendet die Folterpraxis
geschrieben von kugelfisch
als Antwort auf Karl vom 25.01.2009, 22:48:10
Hallo Karl,
ich fürchte, das die US-Praxis des folterns nur subtiler, weniger greifbar wird, viel von Obamas Glanz ist meiner Meinung nach schon abgeplatzt:

Obamas Anordnungen ermöglichen weiterhin die Praxis des Folterns und würden sogar eine Ausweitung von durch die USA geförderte Folter decken
Das Folterverbot, das Folter nicht verbietet


AUTOR:  Allan NAIRN
Übersetzt von  Hergen Matussik

Wenn Sie noch schwer atmend auf dem Brett liegen und Ihr Folterknecht sich über sie beugt, dann ist es Ihnen ziemlich egal, ob er Amerikaner ist oder lediglich von den USA ausgebildet und bezahlt wurde.Als Präsident Obama diese Woche entschieden erklärte, daß „die USA nicht foltern“, glaubten viele Leute fälschlicherweise, daß diese Praxis damit vollständig aufgegeben würde, während er ihr tatsächlich nur eine neue Stellung zuordnete.
Obamas Verordnung verbietet einigen - nicht allen - US-Beamten zu foltern, aber sie verbietet keinem von ihnen, er selbst eingeschlossen, Folter im Ausland zu unterstützen und zu fördern.
Tatsächlich berührt seine Änderung der diesbezüglichen Politik  nur einen kleinen Prozentsatz der Folter, die den USA zuzurechnen ist und könnte in vollständiger Übereinstimmung mit einem weltweiten Ansteigen von Folter stehen, die durch die USA gedeckt wird.
Der Dreh liegt in dem Umstand, daß Amerika seit Vietnam, als US-Streitkräfte oft selbst folterten, dazu übergegangen ist durch Stellvertreter zu foltern, indem es Ausländer dafür bezahlte, ausrüstete, ausbildete und anleitete und in der Regel sorgfältig darauf achtete, daß Amerikaner wenigstens einen diskreten Schritt von der unappetitlichen Praxis entfernt blieben.
Das heißt, so war die Praxis bis Bush und Cheney das Protokoll änderten und viele Amerikaner selbst Hand anlegen und manchmal auch digitale Bilder von ihrem Vorgehen machen ließen.
Das Ergebnis war ein Fiasko in Sachen Öffentlichkeitsarbeit, das die Führungselite der USA empörte, da das Bekanntwerden der US-Praktiken in der Welt die Macht der USA minderte.
Aber trotz aller Empörung blieb die Tatsache bestehen, daß die unter Bush und Cheney von Amerikanern verübte Folter nur einen zu vernachlässigenden Anteil der Folter darstellte, die im Auftrag der USA praktiziert wurde.
Für jede Mißhandlung, die unmittelbar von Amerikanern im Irak, in Afghanistan, Guatanamo und den geheimen Gefängnissen verübt wurde, gab es ein Vielfaches von Folterungen, die durch von den USA unterstützte ausländische Mächte geschahen.
Diese Mächte wurden in der Vergangenheit und auch gegenwärtig durch die USA militärisch, nachrichtendienstlich, finanziell und auf andere Weise unterstützt und arbeiten in Ägypten, Israel, Saudi Arabien, Äthiopien, Pakistan, Jordanien, Indonesien, Thailand, Uzbekistan, Kolumbien, Nigeria und den Philippinen, um einige Orte zu benennen. Auch die Folterungen durch US-unterstütze Iraker und Afghanen, bei denen sich die Amerikaner nicht die Finger schmutzig machen, gehören in diese Aufzählung.
Was Obamas Erlaß vorgeblich beseitigt, ist jener kleine Prozentsatz von Folterungen, die gegenwärtig von Amerikanern begangen werden, während die überwiegende Masse an Folterungen durch das System, verübt von Ausländern unter Schirmherrschaft der USA, erhalten bleibt.
Obama könnte diese Unterstützung ausländischer Mächte unterbinden, aber er hat sich entschieden das nicht zu tun.
Statt dessen bezieht sich Obamas Erlaß lediglich auf „ ... Personen im Gewahrsam oder unter tatsächlicher Kontrolle eines Beamten, Angestellten oder eines anderen Agenten der Regierung der Vereinigten Staaten, oder Personen, die in einer Einrichtung festgehalten werden, die während eines bewaffneten Konflikts von einem Amt oder einer Agentur der Vereinigten Staaten betrieben oder kontrolliert  wird. Das bedeutetr, daß der Erlaß noch nicht einmal direkte Folter durch Amerikaner außerhalb des Kontextes „bewaffneter Konflikte“ verbietet, wo aber nichtsdestotrotz viel gefoltert wird, weil viele repressive Regimes sich nicht in einem bewaffneten Konflikt befinden.
Auch wenn, wie Obama es ausdrückt, „die Vereinigten Staaten nicht foltern werden“, so können sie weiterhin ausländische Folterknechte bezahlen, ausbilden, ausrüsten  und anleiten und dafür sorgen, daß diese und ihre amerikanischen Beschützer sich weder vor Ort noch auf internationaler Ebene vor Gericht verantworten müssen.
Dies ist eine Rückkehr zu den Verhältnissen vor Bush, zur Folterpraxis von Ford bis Clinton, die über die Jahre oft mehr US-unterstütze Qualen und Leiden verursacht hat, als während der Bush/Cheney Jahre zustande kamen.
Nach der alten - und jetzt erneuerten - Praxis durch Stellvertreter zu foltern, stehen Amerikaner im Nebenraum und soufflieren ihren ausländischen Schülern die Fragen, während deren Opfer vor Schmerzen schreien. Dies war das Vorgehen der USA in El Salvador von John F. Kennedy bis hin zu Bush Senior (Einzelheiten finden sich in meinem Buch „Behind the Death Squads: An exclusive report on the U.S. role in El Salvador‘s official terror, erschienen bei The Progressive im März 1986, sowie mein „Comment“ in der Zeitschrift „The New Yorker“vom 15. Oktober 1990 [der sich mit dem Gesetz, den Vereinigten Staaten und El Salvador beschäftigt])
Unter Bush Senior und unter Clinton (Obamas außenpolitischen Mentoren) unterstützen die USA die G-2-Todesschwadronen der Armee, die erst umfassende Dossiers über Dissidenten anlegten und sie dann mit Elektroschocks behandelten oder ihnen die Hände abschnitten. (Dieses System von Dossiers und Überwachung wurde in den 60er und 70er Jahren von CIA, Außenministerium, der Agentur für internationale Entwicklung AID und Spezialeinheiten gestartet. Einzelheiten finden sich in dem eben zitierten Buch „Behind the Death Squads“ und in den Büchern von Professor Michael McClintock).
Die vor Ort an der Operation in Guatemala beteiligten Amerikaner, von denen ich einige getroffen und auch benannt habe, haben den G-2 Schwadronen wirksam geholfen, selbst aber die Folterkammern im Wesentlichen gemieden. (vgl. meine Artikel „CIA Death Squad“ in der Zeitschrift „The Nation“ [US]  vom 17. April 1995 und „The Country Team“, ebda. am 5. Juni 1995, den  Briefwechsel mit US Botschafter Stroock, veröffentlicht in „The Nation“ [US] am 29. Mai 1995, sowie von dem von mir und Jean Marie Simon verfaßten Beitrag  „Bureaucracy of Death“ in „The New Republic“ vom 30. Juni 1986).
Ähnlich war die Geschichte im Haiti von Bush Senior und Clinton - einer Operation, die von den Leuten durchgeführt wurde, die heute zu Obamas Mannschaft gehören. Die DIA (Defense Intelligence Agency) half dabei, die Terrorgruppe FRAPH ins Leben zu rufen, die CIA bezahlte ihren Anführer, und die FRAPH ihrerseits ließ die haitianischen Zivilisten die Macheten spüren und folterte und tötete anstelle der Amerikaner. (Vgl. meinen Beitrag „Behind Haiti‘s Paramilitaries. Our Man in FRAPH“ in „The Nation“ [US] vom 24. Oktober 1994“ und „He‘s our S.O.B.“ in „The Nation“ [US] vvom 31. Oktober 1994; diese Geschichte wurde später in der Sendung „This Week“ im Fernsehsender ABC von US Außenminister Warren Christopher bestätigt).
Im heutigen Thailand - einem Land, an das die wenigsten Leute im Zusammenhang mit Folter denken - erhalten Sondereinheiten der Polzei und Militär von den USA Ausrüstung und Training für Dinge wie „Auswahl von Zielen“ und gehen dann los und foltern thailändische Malay-Muslime im rebellischen Süden des Landes, und manchmal auch (hauptsächlich buddhistische) burmesische Flüchtlinge und ausgebeutete Arbeiter an der Nord- und Westküste.
Vor nicht langer Zeit besuchte ich einen thailändischen Verhörspezialisten, der offen über Folterungen durch Armee, Polizei und Nachrichtendienste sprach und unsere Diskussion mit einem „Sehen Sie sich dies mal an“ beendete und mich in sein Hinterzimmer führte.
Es war ein aktuelles Museum mit Abzeichen, Fotos und Auszeichnungen von amerikanischen und europäischen Nachrichtendiensten, darunter Empfehlungen der CIA Zentrale für Konter-Terrorismus (wo damals Leute arbeiteten, die heute zu Obamas Team gehören), Fotos meines Gastgebers mit hochrangigen US-Persönlichkeiten, darunter George W. Bush, eine von Bush verliehene Medaille, verschiedenen US-Zertifikaten über Ausbildungen bei Nachrichtendiensten und FBI und militärisches Training, ein Foto von meinem Gastgeber mit einem israelischen Kollegen neben einem Panzer in den besetzten Gebieten,  Verhörwerkzeuge und Erinnerungsstücke von Mossad, Shin Bet,  aus Singapur und anderen Ursprungs.
Auf meinem Weg nach draußen bemerkte der thailändische Geheimdienstmann noch, daß er demnächst wieder mit einem Besuch in Langley (Sitz der CIA-Zentrale in Virginia) dran sei.
Er ist eine typische Figur. Weltweit gibt es Tausende von seiner Sorte. Amerikanische Folter durch Stellvertreter läßt Guantanamo unbedeutend erscheinen.
Gerechterweise muß man sagen, daß viele Amerikaner Folter hassen. Die Bush/Cheney-Eskapade  machte das sichtbar.
Aber um Folter zu unterbinden müssen sie die Tatsachen kennenlernen und sehen, daß Obamas Verbot von Folter diese nicht abschafft, sondern in der Tat sogar in Übereinstimmung mit einer Ausweitung  US-unterstützter Folteraktivität in aller Welt stehen würde.
An den Orten des Geschehens mahlen die Mühlen des Systems weiter. Mehr Elektroschocks, mehr Erstickungszustände und weitere tiefreichende Verbrennungen. Und Tausende von komplexen menschlichen Gehirnen, die sich auf einen einzigen schlichten Gedanken konzentrieren: „Bitte, laßt mich sterben!“
Anmerkung an die Leser bezüglich möglicher Beweise: „News and Comment“ ist auf der Suche nach öffentlichen und privaten Dokumenten und Informationen aus erster Hand, die Beweise für von Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschheit durch staatliche Bedienstete liefern könnten. Bitte senden Sie derartiges Material an die folgende e-mail-Adresse: [email protected]

Quelle: The Torture Ban that Doesn't Ban Torture: Obama's Rules Keep It Intact, and Could Even Accord With an Increase in US-Sponsored Torture Worldwide

Originalartikel veröffentlicht am 24.1.2009

Über den Autor

Hergen Matussik ist ein Mitglied von Tlaxcala, dem Übersetzernetzwerk für sprachliche Vielfalt. Diese Übersetzung kann frei verwendet werden unter der Bedingung, daß der Text nicht verändert wird und daß sowohl der Autor, der Übersetzer als auch die Quelle genannt werden.

URL dieses Artikels auf Tlaxcala: http://www.tlaxcala.es/pp.asp?reference=6948&lg=de

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( Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht)
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