Internationale Politik Rüstungsausgaben

Bandagenanderl
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Rüstungsausgaben
geschrieben von Bandagenanderl

Ich war erschüttert, wie ich die horrenden Summen der Rüstungsaufstockungen in der EU und in Deutschland gelesen habe. Dazu kommt, dass wir keinen Feind haben, der uns angreifen möchte. Den traditionellen Feind im Osten bauen wir uns selber auf um die Rüstungsausgaben rehabilitieren zu können. 
 man stelle sich einmal vor, wir würden das Geld in die Entwicklungshilfe zur Selbsthilfe stecken. Damit wäre das Flüchtlingsproblem gelöst. 

Gruß

Anderl

olga64
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RE: Rüstungsausgaben
geschrieben von olga64
als Antwort auf Bandagenanderl vom 27.04.2021, 12:14:26

Ich sehe die Entwicklungshilfe "zur Selbsthilfe" nicht so positiv wie Sie. Leider ist es ja so, dass Gelder aus der Entwicklungshilfe - z.B. in Afrika - meist in die Hände von korrupten, jahrzehntelang herrschenden Regierungsmännern fliesst und die Menschen nichts davon haben. Diese Clans legen dann diese Gelder auf ausländischen Konten an, für den Fall, dass sie eines Tages aus dem Land gejagt werden und dann doch noch irgendwo ein luxuriöses Leben führen wollen.
DAs ist oft eine Ausrede von Leuten, die sich mit diesen Interna in solchen Ländern nicht auskennen, aber den grossen Wunsch haben, "alles Fremde" aus unseren LÄndern möglichst fern zu halten.
Wenn nun höhere Militärkosten in Deutschland z.B. in Rüstungsprojekte fliesst, die langfristig angelegt sind, sind sie auch erklärbar. Diese Investitionen sind sehr nötig, da beim Material der Bundeswehr (beim Personal, den Stützpunkten und der Verwaltung) trotz steigender Anforderungen jahrzehntelang dermassen gespart wurde, dass manche Truppenteile kaum noch einsatzbereit sind.
Gemessen am Anteil an der Wirtschaftsleistung sind dieVerteidigungsausgaben nur sehr geringfügig gestiegen und das vor allem, weil die Wirtschaft in der Pandemie eingebrochen ist. Die Corona-REttungspakete und Investitionsvorhaben zur Krisenbewältigung allein in den USA und der EU übersteigen die weltweiten Militärausgaben um ein Vielfaches.
(Textpassagen entnommen dem Artikel "Bundeswehr - Jeden Euro wert"von Paul-Anton Krüger in der heutigen SZ). Olga

Bandagenanderl
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RE: Rüstungsausgaben
geschrieben von Bandagenanderl
als Antwort auf olga64 vom 27.04.2021, 18:12:54

Mit Hilfe zur Selbsthilfe meine ich Aufbauprojekte in den afrikanischen Staaten unter der Anleitung von Technikern vor Ort. Solche Projekte gibt es bereits viele und sie sind durchaus erfolgreich. Damit können sich die herrschenden Clans mit dem Geld nicht die Taschen vollstopfen.
 Leider passiert es auch dass gut gemeint nicht immer gut gemacht ergibt. Die EU hat eine große Molkerei in einem afrikanischen Land als Entwicklungshilfeprojekt gebaut. Leider weiß ich nicht mehr in welchem (Quelle ARD oder ZDF soweit ich mich erinnere). Die ortsansässigen Bauern sollten dort ihre Milch hin liefern und eigene Milchprodukte erzeugen. An erster Stelle stand ein in der Bevölkerung begehrter Naturjoghurt. 
Gleichzeitig geschah etwas eigenartiges. In den Läden füllten sich die Regale mit Joghurtprodukten aus europäischer und vornehmlich deutscher Produktion. Das klappt vortrefflich weil der Transport subventioniert wird und die Überproduktion unserer Landwirte abgenommen wird. 
 Aber zurück zur afrikanischen Molkerei. Weil zu wenig Milch angeliefert wurde um den Betrieb auszulasten, versuchte man die Bauern zum Ausbau ihrer Viehbestände zu animieren. Die konnten aber auch rechnen und kamen drauf dass sie preislich mit den Angeboten der deutschen Molkereien nicht mithalten konnten. 
 So verrottet diese Molkerei seit einigen Jahren still vor sich hin und nicht etwa weil die afrikanischen Bauern zu faul gewesen wären, wie es an den Stammtischen oft heißt, sondern weil wir unser Projekt durch unsere Agrarpolitik selbst zerstört haben. Auch solche Beispiele gibt es natürlich aber vieles klappt auch. 
 Ein Wort noch zu den Rüstungsausgaben. Natürlich haben Sie recht, mit der desolaten Ausstattung unserer Armee und man kann sagen, wenn wir schon unsere Bundeswehr unterhalten, soll sie wenigstens ordentlich ausgerüstet sein. Allerdings haben die maroden Kampfhubschrauber, Panzer und Kriegsschiffe auch bewiesen, dass wir diese nicht gebraucht haben. Wenn man nun die Rüstungsindustrie als Wirtschaftsfaktor betrachtet, dann sollte wenigstens das Geld für den Kauf von Rüstungsgütern in Europa bleiben. Leider wurde die Bundeswehr dazu genötigt, 50 F18 Jets in den USA zu ordern, um die in Deutschland gelagerten Atomwaffen zu tragen. Das Argument war, dass die Umrüstung des Eurofighter ein Jahr lang dauern würde. Nun ist das Jahr um und wir wurden nicht angegriffen. Nebenbei bemerkt, finde ich die Lagerung von amerikanischen Atomwaffen in Deutschland eh absurd. Auf der einen Seite bauen wir AKW's wegen ihres Gefahrenpotentials zurück und dann lagern wir gefährliches Kriegsgerät auf unserem Boden. 
Das waren nun einige Gedanken die mich ab und zu beschäftigen.

Viele Grüße

anderl          


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olga64
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RE: Rüstungsausgaben
geschrieben von olga64
als Antwort auf Bandagenanderl vom 28.04.2021, 17:45:30

Bei Afrika geht es schon lange nicht mehr um diese kleinen Projekte. Denn dort leben viele, viele junge Menschen ohne jegliche Zukunftsperspektive.
Das hat China frühzeitig erkannt und "kümmert" sich um Afrika, in einigen Ländern auch mit grossem Erfolg (z.B. Ruanda).
Europa hat das verschlafen und wird auch in Afrika keinen Anschluss mehr finden.

Zu Ihren Gedanken in Bezug auf Rüstungsausgaben und unsere Bundeswehr möchte ich mit Ihnen nicht diskutieren, da wir hier meilenweit auseinander liegen und Sie doch mehr zu irgendwelchen Sichtweisen tendieren, die grossenteils nicht mehr in unsere heutige Zeit passen.
Faktum ist nun mal, dass Deutschland gemessen an der Wirtschaftskraft 1.4% in Miitärausgaben investiert (die USA liegen bei mehr als 4% und Russland bei knapp 4%). Für uns bedeutet dass, dass wir nach wie vor unsere Zusagen gegenüber der Nato nicht einhalten, was mit Sicherheit irgendwann auch zu Probleme mit Mr Biden führen wird so wie es schon vorher bei Trump der Fall war. Olga

aixois
aixois
Mitglied

RE: Rüstungsausgaben
geschrieben von aixois
als Antwort auf Bandagenanderl vom 27.04.2021, 12:14:26

@ Anderl,

jetzt bin ich aber (fast) erschrocken. 😲

Du bist doch nicht etwa einer  von diesen  "Gutmenschen", die naiverweise noch glauben, wir wären nicht bedroht, von den  Russen bedroht ?  👼

Du bist noch neu im Verein, schau Dich mal um, dann siehst Du, wie diese Thematik vielfach schon die Gemüter erst bewegt, dann erregt , dann ... ist es hilfreich - "zum besseren Verständnis" und erschütterungsvorbeugend- , sich die offizielle Sprachregelung (lt. unserer Verteidigungsministerin) in Erinnerung zu rufen:

Debatte Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 194. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. November 2020 24467

"
Unabhängig von der Summe, die Sie genannt haben, ist es Fakt, dass die russische Seite massiv in die Modernisierung ihrer Streitkräfte investiert hat, dass sie über neue Waffen verfügt, dass die Bedrohung sehr viel evidenter geworden ist.
 
Wenn wir aus einer Position der Stärke heraus hier in Verhandlungen – auch in Abrüstungsverhandlungen – kommen wollen, dann müssen wir unsere Position stärken. Auch das war immer eine gute Tradition deutscher Außenpolitik, und das sollte sie für die Zukunft auch bleiben
 
Ich glaube, dass die Bevölkerung sehr viel weiß und dass es Aufgabe der Verteidigungsministerin ist, darauf hinzuweisen, dass man nicht nur über eigene Sicherheit und Verteidigung reden kann, sondern dass man dafür auch sehr viel Geld in die Hand nehmen muss. Das sehen wir an der Debatte zum Verteidigungsetat. Und das gilt auch für die nächsten Jahre; denn wir alle miteinander wissen, dass die möglichen Verteilungsdebatten mit Blick auf den Bundeshaushalt sehr viel schwieriger werden,"


Ist das jetzt klarer geworden ? Nur wer aufrüstet, kann abrüsten und damit dem Frieden dienlich sein.
Sagten schon die alten Römer : si vis pacem, para bellum (bereite dich auf den Krieg vor, wenn du Frieden willst). Wir schaffen sie noch, die 2 %, da bin ich mir sicher.

Über die Entwicklungshilfe, den Joghurt, recombined milk, usw. können wir uns sicher mal in einem anderen thread weiter austauschen (es gibt schon einige hier), aber auch das ist unendlich weeeeeites Feld , sind wir ja jetzt schon in der sechsten "Entwicklungsdekade" seit 1961  mit den gleichen Fragen befasst. Aber wem sagen die Agenda 2030, die Milleniumsziele ( die 17 SDG) oder die Agenda 2063 schon viel .... ein weites Feld und auch gaaaanz weit weg.

Man könnte ja mal anfangen, sich die Verteilung der verfügbaren Impfstoffe (auch deren Verwendung) zwischen oben (Nord) und unten (Süd) anzuschauen.


(Achtung: Beitrag könnte Spuren von Ironie enthalten !)
 

Bandagenanderl
Bandagenanderl
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RE: Rüstungsausgaben
geschrieben von Bandagenanderl
als Antwort auf aixois vom 28.04.2021, 18:59:36

Hallo!
Ich bin ein eher konservativer Bayer und mir ist durchaus bewusst dass Verträge einzuhalten sind. genauso ist mir bewusst das eine Obama Administration, wenn sie denn nicht abgewählt worden wäre, die Rüstungserhöhung der Nato Mitglieder auch eingefordert hätte. Zur Zeit entwickeln die Großmächte, zu denen ich auch auch China zähle, Hyperschall Angriffswaffen zur Verteidigung - und wir führen Debatten um ein Gewehr von Heckler-Koch. 
Zum Beispiel verstehe ich auch nicht, warum unsere Bundeswehr lange Jahre die Freiheit Deutschland am Hindukusch verteidigen musste, wie ein ehemals führender Politiker formulierte und dann ein Herr Trump mit den Taliban einen Vertrag schließt, der alle Bemühungen auf humanem Gebiet in Zukunft wohl wieder zunichte machen wird.
 Unter solchen Aspekten muss es erlaubt sein die Sinnhaftigkeit von Aktionen und Ausgaben zu hinterfragen. Die Kriege der Großmächte werden künftig massive Wirtschaftskriege sein. Die Einflussnahme Chinas in Afrika hat ja auch wirtschaftliche Interessen. Die großen Wirtschaftsnationen sind so eng vernetzt, dass man sich bei einer Kriegshandlung das eigene Eigentum zerstören würde. Ob Sanktionen oder Einflussnahmen wie bei Nordstream 2 werden etwas humanitär oder mit dem Feindbild verbrämt, aber dahinter stehen immer wirtschaftliche Interessen. Wobei wir Deutsche ab und zu mit unseren Sanktionen nicht gerade glücklich agieren.
Anderl       

MarkusXP
MarkusXP
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RE: Rüstungsausgaben
geschrieben von MarkusXP
als Antwort auf Bandagenanderl vom 28.04.2021, 21:16:52

Erst einmal herzlich willkommen, lieber Anderl!

Du hast da ja einige Punkte angerissen, ich gebe meinen Senf gern einmal dazu …

Verträge müssen eingehalten werden, so ist das nun einmal … trifft ja bei dir auch auf offene Ohren! Ergo müssen wir für die Bundeswehr auch Geld in die Hand nehmen, und zwar einiges in den nächsten Jahren, wir sind in der NATO.

Es ist ja nun nicht so, dass wir, also die Bundeswehr, lediglich über eine Flinte diskutiert die nicht ordentlich schießt und andere Nationen Waffensysteme mit hoher Technik entwickeln.

Ich habe seinerzeit verstanden, dass wir nach dem 11. September die USA unterstützt haben, das denke ich war selbstverständlich! Das Problem ist ja nicht der Einmarsch, sondern wie kommt man aus einem solchen Land wieder raus! Das ganze Elend kann ja nicht bis zum Sankt Nimmerleinstag weiter gehen, zumal dieser Krieg wohl nicht zu gewinnen ist. … und so wie die USA mit den Taliban reden ( mit wem denn sonst? ) und verhandeln, kann es auch passieren, das eines Tages die Hamas Gesprächspartner ist … auch wenn mir bei dem Gedanken der Kamm anschwillt!

Kriege der Großmächte sind in der Tat sehr unwahrscheinlich, dazu sind die gegenseitigen Vernichtungspotentiale viel zu groß. Das kostet natürlich viel Geld, ist aber unter dem Strich nicht nur Geldverschwendung denke ich. Eine friedliche Welt haben wir ja nicht …

Nordstream 2 gibt es auch hier als Thema … darüber will ich mich jetzt nicht ausbreiten.

So, das waren mal ein paar Einlassungen!

Also ich denke, wir haben zum Thema Rüstungsausgaben, Kriegsgefahr - bzw. Verteidigungsbereitschaft nicht viel gedankliche Übereinstimmungen … muss ja auch nicht sein!
MarkusXP

Bandagenanderl
Bandagenanderl
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RE: Rüstungsausgaben
geschrieben von Bandagenanderl
als Antwort auf MarkusXP vom 18.05.2021, 00:40:42

Hallo Markus XP!

Es wäre auch schlimm, wenn alle gleicher Meinung wären. Dann bräuchten wir nicht mehr zu diskutieren. 
Es ist gut, dass wir Meinungsfreiheit haben und die Politik immer über einen Konsens zu Entscheidungen finden muss. So fließen alle Ansichten ein. Leider auch die der Lobbyisten - wobei das auch nicht immer schlecht sein muss, wenn sie nur beratende Funktion ausüben. 
 Wie Verhandlungen ohne militärischen Druck Frieden stiften können sieht man bei uns in Europa. das Gegenteil in Palästina. Die Gegner können nicht miteinander und damit wird es auch keinen dauerhaften Frieden geben. Aufklärung und Verhandlungen dauern vermutlich Generationen lang. Und der Völkergemeinschaft helfen in dieser Situation alle Waffen nichts um Frieden zu stiften. Über wirtschaftlichen Druck wird man die verfeindeten Gegner vermutlich zum Nachdenken bringen. 
 Die militärische Lösung könnte nur Israel herbeiführen. Nur wäre das ein trügerischer Friede mit vielen Untergrundkämpfen.
 Natürlich ist das meine subjektive Sichtweise. Aber darstellen wollte ich diese doch noch einmal.
Anderl  


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