Internationale Politik Stalins Auferstehung?

Pan
Pan
Mitglied

Stalins Auferstehung?
geschrieben von Pan
Und wieder Stalin?
 
In diesen Tagen ist das Thema Stalingrad wieder aktuell geworden. Der sowjetische Sieg vor 80 Jahren wird von Moskau propagandistisch in höchster Weise instrumentalisiert, wobei vor völlig absurden Vergleichen nicht zurückgeschreckt wird. Da kommt der Krieg in der Ukraine gerade recht. In der Stadt Wolgograd, die vorläufig den alten Namen »Stalingrad« zurückbekam, hat man sogar eine neue Büste des damaligen Machthabers Stalin wieder aufgestellt!
      70 Jahre nach Stalins Tod und mehr als 30 Jahre nach dem Untergang der Sowjetunion, lebt der Geist des ehemaligen Diktators in der heutigen Russischen Föderation wieder auf. Und das seltsame dabei: Der jetzige Kreml-Chef Wladimir Putin wird immer häufiger mit dem Tyrannen Stalin verglichen!
      Putin jedoch hat ein sehr ambivalentes Verhältnis zu diesem Vorgänger. Zwar macht er heute keinen Hehl mehr aus seinem tiefen Respekt vor Stalin, unter dem die UdSSR zu einer Weltmacht aufgestiegen sei. Stalins Büste aber wollte er in Wolgograd nicht besichtigen; auch die von vielen geforderte endgültige Rückkehr zum Namen »Stalingrad« hat er - bisher - noch nicht abgesegnet.
      Während Stalin inzwischen als Sieger über Nazi-Deutschland und als Kämpfer gegen den Westen gefeiert wird, geraten die stalinistischen Verbrechen immer weiter aus dem Blickfeld! Auch Stalins Antisemitismus ist schon lange kein Thema mehr. Vielmehr wird ständig die undankbare Haltung der Menschen, die seinerzeit von der stalinistischen UdSSR "gerettet" worden seien und die nun mit den »Ukrainischen Nazis« sympathisieren würden.
Die Uhren des Kremls ticken tatsächlich rückwärts! Auch wenn man das nicht glauben möchte ...
 
Michiko
Michiko
Mitglied

RE: Stalins Auferstehung?
geschrieben von Michiko

Man sollte es nicht für möglich halten, was sich da in Wolgograd abspielt. Der rote Diktator gehört zu den schlimmsten Verbrechern der Menschheitsgeschichte. Der "Große Terror", Stalins Deportationen und Zwangsumsiedlungen sowie sein gigantisches Straflagersystem brachten Millionen Menschen den Tod und Leid über die Länder der ehemaligen UdSSR und Osteuropas. Die Zeit der Herrschaft 1924 - 1953 wurde von einer unnachgiebigen Brutalität und von Terror gegen alle Bevölkerungsgruppen in der Sowjetunion und ihre Satellitenstaaten geprägt. Die Gulags werden noch immer betrieben und daran wird sich sicher nichts ändern.

BerndHeinrich
BerndHeinrich
Mitglied

RE: Stalins Auferstehung?
geschrieben von BerndHeinrich
als Antwort auf Pan vom 10.02.2023, 09:33:38

@Pan
Instrumentalieseren ist ja, zumindest so, wie ich es verstehe, ein bewuster strategischer Vorgang.
Bei den Handlungen und Äußerungen, von Putin, sehe ich es ähnlich, wie Du einiges schreibst aber, immer mal wieder, beschäftige ich mich damit, ob es nicht doch mehr unbewustes Verschränktsein von Wunsch und Phantasie, bei ihm, ist. Bei dem (bei ihm) das Gefühl innewohnt, in der Realität zu sein und wirklich Verteidiger zu sein.
Nein, ich versuche mich nicht in Ferndiagnosen, sondern versuche, für mich, Erklärungen zu finden, angesichts des Unbegreiflichen!

So, mit der inneren Frage, "wie kann man nur", bin ich, seit meiner frühen Jugend unterwegs ....
Solches hast Du, in "Als ich noch jung war" (ich hab "spioniert ...😉), in Worte gefasst, dass ich nebenbei dachte: "woher kennt der mein Leben"?

signa.png


Anzeige

aixois
aixois
Mitglied

RE: Stalins Auferstehung?
geschrieben von aixois
als Antwort auf Pan vom 10.02.2023, 09:33:38

Während Stalin inzwischen als Sieger über Nazi-Deutschland und als Kämpfer gegen den Westen gefeiert wird, geraten die stalinistischen Verbrechen immer weiter aus dem Blickfeld!

Ich sehe das etwas differenzierter. Dass Stalin als Befreier,als Retter , als siegreicher Führer gefeiert wird, ist im russischen Geschichtsbewusstsein fest verankert. Nicht erst jetzt. Falsch ist es auch nicht.  Dass die Wolgograder ihrer Rettung vor 80 Jahren gedenken und das als Werk Stalins verstehen, verwundert mich nicht. Das war schon vor zum 70. Gedenktag so, als auch überall Stalinbilder und Büsten herausgeputzt wurden, besonders von den damals noch zahlreicheren alten Veteranen, die noch für Stalin im Großen Vaterländischen Krieg mitgekämpft haben. Da war  für eine Woche auch die Nutzung des Stadtnamens "Stalingrad" offiziell durch den Stadtrat erlaubt worden.

Wenn dies jetzt als Verehrung des Völkermörders Stalin uminterpretiert wird, so ist das der nicht gerade erfolglosen Instrumentalisierung Stalins (seiner Befreierrolle) durch Putin und seinen Propagandaapparat  geschuldet.

Man täte aber besonders den Einwohnern Wolgograds unrecht, wie auch 'den' Russen als solchen, wenn man sie so darstellte, als ob sie dem 'bösen' Stalin huldigten und die Millionen,  die durch ihn umgekommen sind nicht als Verbrechen, sondern als vorbildliche Heldentaten gut heißen würde.

Woran festgemacht wird, dass der "Geist des Diktators',  also auch der seiner brutalen Unmenschlichkeit in der RF wiederauflebt, gar gefeiert wird, ist mir nicht klar.
Doch nicht an der Büstenaufstellung?

Mein Eindruck ist eher, dass die Russen sich weiterhin der Verbrechen Stalins schämen, sie als Unrecht versteht und ablehnt, aber diesen Teil seines Handelns vergessen machen, in die Katakomben der Archive versenken will. Was bedeutet, dass die heutige Generation nur den guten Befreier Stalin kennt, nicht aber den Verbrecher.

Dies sollte dazu gesagt werden, wenn man von einem 'Revival' Stalins spricht, man könnte sonst leicht missverstanden werden und glauben, dass die Russen damit auch über das grausame Dahinschlachten durch Stalin inzwischen eine positive Meinung hätten, zumindest stillschweigend tolerierten und dafür die Aufstellung der Büste als Beweis anführt.

Unser (westliches) Verständnis Stalins ist nicht identisch mit dem Putins und seinen "Goebbels" -Leuten.



 
Alkmar
Alkmar
Mitglied

RE: Stalins Auferstehung?
geschrieben von Alkmar
Hallo zusammen,

solange wir das Spiel mitspielen, ich ja jetzt auch, lebt auch dieser irre Schlächter weiter!
Es gibt sehr viele Menschen die meinen das Böse zu verabscheuen, doch ohne das Vorhandensein des Bösen, geht das nicht!
So braucht auch der Pazifist den extremsten Gegensatz - im Grunde also auch Radikalität.

Ich verstehe nicht, warum man den Stalinismus mit dem Putinismus vergleichen möchte, dazwischen liegen doch Welten und auch sehr viele faktische Unterschiede.

Und ich erinnere daran, als ich Putin als stalinistisch bezeichnete, die Empörung hochkochte.

Für alle, die immer noch keinen Sinn in diesem Krieg sehen, den die Ukraine für uns kämpft, sei gesagt:
Kampf ist das erste Gebot der Evolution.
Das zweite Gebot ist der Verstand das zu erkennen.
Pan
Pan
Mitglied

RE: Stalins Auferstehung?
geschrieben von Pan
als Antwort auf aixois vom 10.02.2023, 12:58:59

Auf keinen Fall will ich die Feiern zur Befreiung der Völker kritisieren. Ich wollte lediglich anmerken, dass z.B. diese verbrecherischen Taten Stalins bei uns fast nicht mehr erwähnt werden. Es darf dabei auch nicht vergessen werden, dass eine Unzahl dieser Geschehnisse bereits lange vor den Untaten des deutschen NS-Systems stattfand!
Es ist klar, auch heute sind sich die russischen Menschen prinzipiell darin einig, dass Verbrechen auch Verbrechen bleiben, wie man sie auch im Geheimen "verschönern" mag.
Bei uns in Deutschland ist es auch nicht anders!
Doch es gibt, (wie der Volksmund sagt) »so'ne und solche« überall auf der Welt ...


Anzeige

Pan
Pan
Mitglied

RE: Stalins Auferstehung?
geschrieben von Pan
als Antwort auf Alkmar vom 10.02.2023, 13:37:26

  >   Der jetzige Kreml-Chef Wladimir Putin wird immer häufiger mit dem Tyrannen Stalin verglichen!

Ich möchte doch festhalten, dass ich diesen Vergleich nicht teile, sondern lediglich die Schreibweise mancher Presseorgane übernehme!

      
 

schorsch
schorsch
Mitglied

RE: Stalins Auferstehung?
geschrieben von schorsch

Beide, Stalin und Putin haben (u.a.) etwas gemeinsam: Sie haben die Unverfrorenheit, im Kreise von Müttern, die ihre Söhne im Krieg verloren haben, Blumen vor ein Denkmal zu legen. Dabei waren/sind es doch genau diese Tyrannen, die die Söhne dieser Mütter in den Tod geschickt haben.
olga64
olga64
Mitglied

RE: Stalins Auferstehung?
geschrieben von olga64
als Antwort auf schorsch vom 10.02.2023, 15:36:27

DAs ist das altbekannte kriegerische Spiel: Männer beginnen Kriege, führen sie und Frauen gebären die Soldaten, die daran teilnehmen und sterben.
Und dann werden Denkmäler erbaut, zu Gedenktagen Blumen und Kränze dort abgelegt, schöne Reden gehalten, auch dass solche Blutbäder nie mehr stattfinden dürften und dann beginnt alles von vorne, weil Diktatoren mit grössenwahnsinnigem Machtanspruch auch immer neu geboren werden und ihr blutiges Spiel weitertreiben - genügend Beispiele in der Geschichte haben sie ja. Olga

aixois
aixois
Mitglied

RE: Stalins Auferstehung?
geschrieben von aixois
als Antwort auf Pan vom 10.02.2023, 13:51:11

@ Pan,

dann mag ich  die Verbindung zwischen den 80. Befreiungstagfeiern für Wolgograd und dem 'Geist' Stalins,  der eine Neuauflage unter den Russen erfährt,  falsch interpretiert haben.

Ich stimme Dir zu, was die Geschichtsvergessenheit angeht, im Allgemeinen (was gehen uns die alten Geschichten an, vorbei ist vorbei") und im Besonderen, wie z.B.die Ergebnisse der Tyrannenherrschaft  Stalins.

Wenn Stalin (er war Georgier, kein Russe) wieder aus der 'Mottenkiste' hervorgeholt wird, dann auch deshalb, weil es in Russland nicht gerade von großen siegreichen Helden wimmelt, er aber für die Russen den Sieg über die Deutschen (=Faschisten, Nazis= Synonym für Feind, Aggressor) ) verkörpert, einen Sieg, der für den Status Russlands als 'Großmacht' identitätsstiftend war,  und der - bis heute sehr wichtig für das Volk - den Millionen Kriegstoten einen Sinn gab.

Putin bastelt sich aus diesen geschichtlichen Versatzstücken , seinen 'Stalin' , sein Geschichtsbild, das er zur Durchsetzung und Stabiliserung seiner Machtambitionen braucht.
Und mit dieser Manipulation scheint er ja (noch ?) erfolgreich zu sein.

 


Anzeige