Forum Politik und Gesellschaft Internationale Politik Syrien: Erster Lichtblick für Homs

Internationale Politik Syrien: Erster Lichtblick für Homs

luchs35
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Syrien: Erster Lichtblick für Homs
geschrieben von luchs35
Seit Juni 2012 sind von den ehemals über 1 Million Menschen der syrischen Großstadt Homs in der Altstadt noch rund 3000 Menschen eingeschlossen- ohne jede Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten.
Verhungernde Kinder, unversorgte Verwundete und Kranke werden in der von Regierungstruppen, Milizen und Oppositionellen umschlossenen Stadt festgehalten, während die Kämpfe weitergehen.

Nun scheint durch die UNO-Vermittlung ein kleiner Durchbruch gelungen zu sein: Die syrische Regierung und die Oppositionellen einigten sich vor einigen Stunden darauf, endlich die eingeschlossenen Zivilisten, vorwiegend Frauen und Kinder, aus der Stadt heraus- und gleichzeitig einen Transport mit dem Lebensnotwendigsten in die Altstadt hineinlassen.

Das russische Außenministerium hat inzwischen die Meldung bestätigt.

Ob der Abzug auch für die Aufständischen gilt, bleibt ungewiss, da hier die Sorge besteht, dass sie nach dem Abzug aus der Stadt von den Regierungstruppen getötet werden.

Luchs
luchs35
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Re: Syrien: Erster Lichtblick für Homs
geschrieben von luchs35
als Antwort auf luchs35 vom 06.02.2014, 21:40:20
Es ist zwar kein spannendes "Streitthema", ich schreibe es aber trotzdem, da es mir ganz und gar nicht gleichgültig ist, dass seit heute Frauen, Kinder und alte Menschen bereits aus Homs evakuiert werden und UN-Konvois Hilfgüter in die belagerte Stadt fahren konnten.
Innerhalb der ausgehandelten dreitägigen Feuerpause soll unter UN-Mandat soviel an Hilfsleistungen als möglich das Elend in dieser Stadt lindern und auch nicht transportfähige Kranke und Verletzte behandelt und versorgt werden können.

Nur ein winziger Lichtblick in diesem fürchterlichen Bürgerkrieg in Syrien, der kein Ende zu nehmen scheint und das Land zerreißt.

Luchs
olga64
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Re: Syrien: Erster Lichtblick für Homs
geschrieben von olga64
als Antwort auf luchs35 vom 07.02.2014, 15:22:20
Leider passt dieses Thema immer. Gerade jetzt, wo sich die Menschen darüber aufregen, weil unser Präsident, die Verteidigungsministerin und der Aussenminister verstärktes Engagement Deutschlands an den Krisenherden der Welt einfordern. Die Blutbäder in Syrien, vor einigen Jahren in Ruanda zeigen, dass auch der Pazifismus und die Nichteinmischung blutbesudelt sein können.
Aktuell finde ich es gut und richtig, dass einige wenige deutsche Soldaten in Mali die dortigen Soldaten ausbilden und medizinische Unterstützung geben. Zu gut kann ich mich erinnern als auch in diesem Forum vor einigen Jahren, als die Unruhen in Mali begonnen haben, einige Diskutanten freudig erregt von den Befreiungsaktionen in diesem Land schrieben - Leute, die vermutlich bis dahin gar nicht wussten, wo Mali überhaupt liegt. Wie schnell sie sich doch getäuscht haben. Olga

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luchs35
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Re: Syrien: Erster Lichtblick für Homs
geschrieben von luchs35
als Antwort auf olga64 vom 07.02.2014, 17:10:05
Dem Einsatz deutscher Soldaten stehe ich zwiespältig gegenüber, Olga, wohl als Resultat, dass mir im 2. WK Bruder, Großeltern und fast alle Verwandten genommen wurden, teils als Soldaten, teils durch die Bombardierungen. Bilder und Erzählungen sind alles, was ich kennenlernen konnte.

Nur die Blutbäder in so vielen Ländern, die den Einsatz von Militär erfordern, lassen mich dann wiederum denken, dass auch unserer Generation vielleicht von der nächsten gefragt werden könnte :"Warum habt ihr nur zugesehen?"

Insofern passt das Thema zu vielem, was hier in den Foren geschrieben wird, und mich hat es zutiefst berührt, wie diese Menschen - nicht nur in Homs - ohne Hoffnung leiden müssen. Dass nun wenigstens die Frauen, Kinder und alte Menschen herausgeholt werden können, ist für mich deshalb auch einige Gedanken wert.

Luchs
olga64
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Re: Syrien: Erster Lichtblick für Homs
geschrieben von olga64
als Antwort auf luchs35 vom 07.02.2014, 17:43:56
Wenn auch in Ihrer Familie Opfer im 2. WK gefordert waren, sollten wir alle und auch Sie nicht vergessen, dass dies der Preis dafür war, dass Deutschland europaweit ein Blutbad anrichtete - irgendwann schlagen andere Nationen, denen wir grosses Leid antaten, zurück.
Wenn jetzt in Syrien Frauen und Kinder aus dem Land kommen - wo kommen sie denn hin? In die überfüllten Flüchtlingsläger nach Jordanien, in den überfüllten Libanon oder in die Türkei? Da brauen sich ja weitere Krisenherde zusammen, die ebenfalls bald explodieren können. Die westlichen Länder nehmen ja Flüchtlingen nur nach strengen Kriterien auf (Geld muss vorhanden sein und Kontaktpersonen) oder in homöopathischen Dosen. Es ist eine unheimliche Schande, wie auch Deutschland hier agiert. Olga
pschroed
pschroed
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Re: Syrien: Erster Lichtblick für Homs
geschrieben von pschroed
als Antwort auf luchs35 vom 07.02.2014, 17:43:56


Nur die Blutbäder in so vielen Ländern, die den Einsatz von Militär erfordern, lassen mich dann wiederum denken, dass auch unserer Generation vielleicht von der nächsten gefragt werden könnte :"Warum habt ihr nur zugesehen?"

Luchs


Hallo Luchs.

Genau dieses Problem habe ich auch, aber was ist richtig ?

Die USA wollte eingreifen, Putin wollte nicht, sollte man Assad umlegen ? sollte man den Terroristen das Feld überlassen, was jetzt der Fall ist, soll man abschalten und denken, es ist weit weg irgendwann haben sie sich die Köpfe soweit eingeschlagen und hören dann auf ?

Komische Welt

ZITAT SPON:

Wie die Lage in Homs selbst ist, hatte vor wenigen Tagen der niederländische Jesuitenpater Frans van der Lugt in einer Videobotschaft über Skype mitgeteilt: "Die Menschen werden wahnsinnig vor Hunger. Sie bekommen Panikattacken, Paranoia, psychotische Schübe.

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Crimmscher
Crimmscher
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Re: Syrien: Erster Lichtblick für Homs
geschrieben von Crimmscher
als Antwort auf pschroed vom 08.02.2014, 10:21:11
Die Menschen ändern sich nicht!

Alles wiederholt sich, die Schwächsten und Unbeteiligten sind immer die Leidtragenden wenn sich Systeme kriegerisch auseinandersetzen.

Vor 70 Jahren endete die 900 Tage währende Blockade von Leninigrad.

Crimmscher
JuergenS
JuergenS
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Re: Syrien: Erster Lichtblick für Homs
geschrieben von JuergenS
Das glaub ich dir nicht, crimmscher, du persönlich hast dich sicher geändert in deinem Leben!
luchs35
luchs35
Mitglied

Re: Syrien: Erster Lichtblick für Homs
geschrieben von luchs35
als Antwort auf pschroed vom 08.02.2014, 10:21:11
Das ist tatsächlich ein Zwiespalt, pschroed, denn was kommt nach Assad?

Was mich heute in den Schweizer Nachrichten irritierte, war die Meldung, das von den rund 3000 Eingeschlossenen der Millionenstadt Homs trotz der Möglichkeit, die Stadt zu verlassen, lediglich 82 Frauen,Kinder und alte Menschen dem gefolgt sind und der Rest lieber an der Seite der noch verbliebenen Rebellen in der Stadt bleibt, obwohl hier nur noch der Tod wartet.
Selbst jene, die gegangen sind, waren nicht sicher, ob sie nicht an den Kontrollposten der Regierungstruppen und Milizen getötet werden.

Die Fanatiker auf beiden Seiten werden nicht ruhen, bis Syrien zerrissen und aufgeteilt ist.
Wer immer hier sein Militär ins Feld schickt, wird ein Verlierer sein. Die "Lösung" kann nur noch politisch sein, aber dieser Apparat läuft zu langsam und zu verstockt. Die Menschen und ihr Leid zählen nicht mehr.

Luchs
adam
adam
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Re: Syrien: Erster Lichtblick für Homs
geschrieben von adam
als Antwort auf luchs35 vom 08.02.2014, 11:11:08
In einem Religionskrieg gibt es keine politische Lösung. Und das ist es, was in Syrien stattfindet: Der offene Krieg zwischen Sunna und Schia.

Der Machtgewinn der Schia wurde bis jetzt verdeckt, indem der Kampf gegen die Sunniten jahrzehntelang als Kampf gegen Israel und die USA getarnt wurde, um der sunnitischen Bevölkerung in den entsprechenden Staaten (Irak, Libanon, Syrien) Sand in die Augen zu streuen. Jetzt ist das immer weniger möglich, wenn die schiitische Hisbollah, die aus dem Libanon stammt, in Syrien verbissen gegen die sunnitischen Aufständischen kämpft, unterstützt durch den Iran. Assad selber wird immer weniger Bedeutung haben. Die Verhandlungen mit seinem Clan, um eine politische Lösung ebenso.

Noch offener wird der Krieg zwischen Sunna und Schia werden, wenn sich der Iran direkter am Kampf in Syrien beteiligt. Mir scheint es wahrscheinlich, daß iranische Milizen offen gegen die Schiiten in Syrien vorgehen werden, wobei Teheran wohl anfangs leugnen wird, daß sie staatlich gesteuert sind. Das ist kein Bürgerkrieg mehr, sondern ein Machtkampf innerhalb des Islam. Auch der Bau der A-Bombe im Iran ist m.E. unter dem Aspekt zu sehen. Die atomare Aufrüstung war nie gegen Israel direkt gedacht. Sie war/ist Aufrüstung gegen die Sunna und bedrohte Israel nur indirekt, weil die Saudis in der Aufrüstung nachziehen würden und so die israelische Bombe ihre abschreckende Wirkung verlieren würden.

Für uns säkularisierte Europäer ist es nur noch schwer vorstellbar, aber ich meine, daß die sunnitischen Einwohner von Homs vor Ort bleiben, weil es um ihre Religion geht. Sie werfen ihr Leben in die Wagschale für einen Konflikt, der seit 1400 Jahren schwelt und fackelt.

--

adam

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