Forum Politik und Gesellschaft Internationale Politik Twelve Stars Philosophie-Projekt II: Die Eurodividende

Internationale Politik Twelve Stars Philosophie-Projekt II: Die Eurodividende

Karl
Karl
Administrator

RE: Twelve Stars Philosophie-Projekt II: Die Eurodividende
geschrieben von Karl
als Antwort auf Federstrich vom 14.04.2019, 12:01:31

@Federstrich,

ok, dann müsste im Gesetz verboten werden, dass GE je von Bedingungen abhängig zu machen. 

Aber fangen die Bedingungen nicht schon an, wenn man Staatsangehörigkeit und eventuell Residenzpflicht koppelt, was ja sehr wahrscheinlich erfolgen müsste.?

Karl

 

pschroed
pschroed
Mitglied

RE: Twelve Stars Philosophie-Projekt II: Die Eurodividende
geschrieben von pschroed

Es würde vielleicht anders aussehen wenn das Grundeinkommen zur Rente oder Lohn angerechnet würde, wo die Pfändungsfreigrenze überschritten würde.
Phil.

Zitat Karl, These 2 
Ein Grundeinkommen würde den Staat dazu verleiten, die Strafe für eine Ordnungswidrigkeit gleich einzubehalten. Wir müssten beim Widerspruch darum kämpfen, das Geld wiederzubekommen.


Die Rente ist grundsätzlich pfändbar und wird wie Arbeitseinkommen gepfändet. Das bedeutet, dass nur ein Teil der Rente gepfändet wird. ... Liegt die Rente unter dem Freibetrag, kann keine Pfändung der Rente erfolgen. Derzeit gilt bei der Rente eine Pfändungsfreigrenze von 1.139,99 Euro.
Federstrich
Federstrich
Mitglied

RE: Twelve Stars Philosophie-Projekt II: Die Eurodividende
geschrieben von Federstrich
als Antwort auf Karl vom 14.04.2019, 12:13:43
@Federstrich,

ok, dann müsste im Gesetz verboten werden, dass GE je von Bedingungen abhängig zu machen. 

Aber fangen die Bedingungen nicht schon an, wenn man Staatsangehörigkeit und eventuell Residenzpflicht koppelt, was ja sehr wahrscheinlich erfolgen müsste.?

Karl

 
geschrieben von karl

Ja, gänzlich ohne rechtliche Grundvoraussetzungen wird es nicht gehen, aber das sollte gestaltbar sein. Ebenso kann von vornherein festgeschrieben werden, dass der Staat kein gesondertes Vorgriffsrecht bei Ordnungswidrigkeiten haben soll, sondern dass eine Vollstreckung nur immer erst im Nachgang möglich sein soll. Das BEG, wenn es bedingungslos sein soll, ist kein Almosen, das gewährt oder verweigert werden kann.

@Pschroed, Pfändungen gemäß ZPO sollten davon freilich unberührt bleiben, denn das ist eine andere Hausnummer als die hier vorgestellte Kürzung des BEG durch den Staat bei mangelndem politischen oder sozialen Wohlverhalten.
Federstrich
 

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TNolte
TNolte
Mitglied

RE: Twelve Stars Philosophie-Projekt II: Die Eurodividende
geschrieben von TNolte
als Antwort auf Karl vom 14.04.2019, 10:46:52
Ich möchte auf das eigentliche Thema dieses Threads, die "Eurodividende" zurückkommen.

Ich hatte gestern aus Anlass einer Einladung ein sehr spannendes Gespräch mit einem jungen Doktoranden, der seine Doktorarbeit auf dem Gebiet der Wirtschaftsinformatik über das Thema des "bedingungslosen Grundeinkommens" schreibt.

Ich war überrascht von ihm skeptische und für mich völlig neue Argumente gegen ein solches Grundeinkommen zu hören, die ich gerne hier zur Diskussion stelle.

Vorab: Ich war dem bedingungslosen Grundeinkommen bisher positiv gegenüber eingestellt, da ich der Meinung war, dass es ein Weg wäre, alle an der Erhöhung der Produktivität und der Effizienz der Maschinen teilhaben zu lassen. Ich stelle diese Meinung nun allerdings nach dem Gespräch gestern erneut auf den Prüfstand:

Welche Auswirkungen hätte ein Grundeinkommen nach Meinung meines gestrigen Gesprächspartners?
  1. Wenn wir bisher einen Strafzettel bekommen, können wir bezahlen oder Widerspruch einlegen.
     
  2. Ein Grundeinkommen würde den Staat dazu verleiten, die Strafe für eine Ordnungswidrigkeit gleich einzubehalten. Wir müssten beim Widerspruch darum kämpfen, das Geld wiederzubekommen.
     
  3. Die Bedingungslosigkeit eines Grundeinkommens würde somit garantiert vom Staat sehr schnell ausgehölt. Bald könnten wir chinesische Zustände bekommen, weil das Grundeinkommen von politischem und sozialen Wohlverhalten abhängig gemacht würde. Die Höhe eines Abzugs oder Zuschusses würde sich daran bemessen (wie bei Hartz IV derzeit bereits Fakt ist).
     
  4. Das "Grundeinkommen" würde dem Staat also ein Mittel zur Disziplinierung seiner Bürger in die Hand geben.
     
  5. Das "Grundeinkommen" würde der Demokratie und der Freiheit des Individuums somit nicht gut tun.
Ich finde, dies sind diskussionswürdige Thesen. Was meint ihr?


Karl
 
geschrieben von karl
Das soll der junge Doktorand behauptet haben? - Dann sollte er wohl doch besser bei der Wirtschaftsinformatik im engen Sinn bleiben.

Zu. 1./2.: Ein Bedingungsloses Grundeinkommen und ein Rechtsstaat widersprechen sich nicht. Auch heute kann man sich nicht sicher sein, ob man nach einem Widerspruch sein Geld zurück erhält. - Dem Staat nach der Einführung eines Grundeinkommens böse Absichten zu unterstellen, finde ich weit hergeholt. - Auch das müsste dann richterlich überprüft werden.

Zu. 3.: Bedingungslos und Abhängigkeit von politischem und sozialen Wohlverhalten widersprechen sich. Außerdem wird das Grundeinkommen wohl kaum über dem Existenzminimum liegen, und das ist unantastbar. - Auf die gleiche Weise könnte man dann eine Grundrente oder Hartz IV in Frage stellen. Warum verlieren die Arbeitsagenturen regelmäßig so viele Kürzungsprozesse vor den Sozialgerichten?

Zu. 4.: Diese Disziplinierung würde der Großteil der Wähler*innen mitmachen? - Es hat lange gebraucht, aber gegen Hartz IV regte sich massiver Widerstand (begleitet durch Wohlfahrtverbände, Gewerkschaften, Kirchen). - Was allein durch die Sanktionierungen an Verwaltungs- und Gerichtskosten an Steuermitteln sinnfrei verpulvert wurde und wird! Von der Demütigung und Demotivierung, sowie Staatsverdrossenheit (gerade junger Menschen, die dann gerne als Abgehängte rechten Parteien zustreben, besonders in Ostdeutschland) mal gar nicht zu sprechen. - Das könnte man den ärmeren Menschen mit Option auf Eigenständigkeit und Initiative besser selbst an die Hand geben. - Und ja, den Bodensatz von ca. 5-6% völlig lethargischer und fauler Menschen gibt es auch heute schon trotz aller Sanktionsmaßnahmen.

Zu. 5.: Das Grundeinkommen würde der Demokratie gerade gut tun, weil es Selbstbestimmung und kreative Kräfte freisetzt (sicherlich nicht bei allen Empfänger*innen, siehe zu 4.). Ob das Grundeinkommen in Zuverdienst in Erwerbsarbeit (prekäre Arbeitsverhältnisse könnten abgelehnt werden) oder vielmehr in Ehrenamt und Sharing-Modelle (die liegen heute schon im Trend) mündet, müsste man abwarten.

Im Grunde genommen haben wir bereits durch die (steigende) Vielzahl an Transferzahlungen ein schleichendes Grundeinkommen, das allerdings an Antragsformulare von der Wiege bis zur Bahre und ungezählte Behördengänge geknüpft ist. Was für ein ökonomischer Wahnsinn zum Erhalt von Beamtenarbeitsplätzen in den Verwaltungen! und Richterstellen in Verwaltungs- und Sozialgerichten.

Viel wichtiger ist aber das, was ich in einem früheren Beitrag beschrieb:
Die selbstverständlichen Dividenden der Euro-Erfolge bei Aktiengesellschaften und die immer noch nicht selbstverständliche Teilhabe der Bürger*innen am Euro-Erfolg.

@dicker68
Es fällt mir schwer, mit Menschen zu diskutieren, die insgesamt ein negatives Bild von den EU-Institutionen, vom EU-Parlament im Besonderen, und dem Euro haben (die Finanzkrise entstand in den USA als Immobilienblase und hätte von nationalen Währungen in der EU kaum aufgefangen werden können) und nicht in der Lage sind, zu differenzieren.

Wenn Sie keinerlei EU-Vorteile in Ihrem persönlichen Leben sehen (Vielfalt der Lebensmittel in einem nie gekannten Ausmaß; Absenkung der Telekommunikationskosten; freies Reisen ohne kostenträchtigen Währungstausch und zeitaufwändige Grenzkontrollen; ...), dann wirkt das auf mich dermaßen destruktiv, dass ich nur den Kopf schütteln kann, weil wir beide offenbar in unterschiedlichen Lebenswelten leben.

Natürlich gefällt mir auch nicht alles in den EU-Institutionen (Demokratiedefizit), aber ich setze mich konstruktiv dafür ein (z.B. mittels Online-Petitionen, über Kontakte zu EU-Parlamentariern), dass es besser wird.

Natürlich leidet der Euro seit seiner hektischen Einführung an einem systemischen Geburtsfehler (ungleicher Wirtschafts- und Steuerraum), der mit dem unvermittelten Mauerfall und der Einheit Deutschlands zu tun hatte (ohne die Einführung des Euro hätte Frankreich der Deutschen Einheit nicht zugestimmt). - Nun gilt es nationale Egoismen zu überwinden und den negativ besetzten Begriff Transferunion in einen konstruktiven Länderfinanz- und Lastenausgleich zu überführen. Mehr Gemeinwohlorientierung in der EU täte uns allen gut! Einen neoliberalen Spätkapitalismus bändigt kein Land allein. Da gilt es, mindestens im Euro-Raum, gegen globale Konzerninteressen zusammenzuhalten und durch Regulierung und Bußgeldverhängung für eine Dividende für die Bürger zu sorgen.  
Karl
Karl
Administrator

RE: Twelve Stars Philosophie-Projekt II: Die Eurodividende
geschrieben von Karl
als Antwort auf TNolte vom 14.04.2019, 16:41:46

Lieber Tom,


danke für deine ausführliche Antwort. Diese mit der Argumentation des jungen Mannes herauszulocken hat sich doch gelohnt! Lächeln

Ich bin einmal gespannt, wie sich dieses Thema des BGE in unserer Gesellschaft weiter entwickelt. Es ist ja nicht unwahrscheinlich, dass die Grünen an der nächsten Regierung beteiligt sind und bei dieser Partei gibt es viele Befürworter einer solchen Lösung.

Karl

RE: Twelve Stars Philosophie-Projekt II: Die Eurodividende
geschrieben von ehemaliges Mitglied

Einen wesentlichen punkt wird garnicht erwähnt....

Bisher ist es doch so, das es nach jeder Lohnrunde eine Preisrunde gibt. Und in der Regel laufen die Löhne den Preisen immer hinterher. Jeder will dann gleich eine "dicke" Scheibe vom Kuchen abhaben.

Die Zeiten des "deutschen Wirtschaftswunders" sind nun mal Geschichte, wo die Löhne enorm anstiegen.

Oder sieht das Konzept Eurodividende ein einfrieren aller Preise vor..?


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