Forum Politik und Gesellschaft Internationale Politik Was ist denn in Erdogan gefahren?

Internationale Politik Was ist denn in Erdogan gefahren?

Bago
Bago
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Re: Was ist denn in Erdogan gefahren?
geschrieben von Bago
als Antwort auf Karl vom 07.06.2016, 08:15:08
Hallo Karl
Ich gebe Dir völlig recht,mehr brauche ich nicht über dieses Thema zu schreiben.

Grüße, Bago
olga64
olga64
Mitglied

Re: Was ist denn in Erdogan gefahren?
geschrieben von olga64
als Antwort auf Karl vom 07.06.2016, 08:15:08
Ich tendiere doch mehr zu der Ansicht von Adam. ERdogan verfolgte von Anfang an einen Plan, wie er die Türkei wieder zur Grösse des osmanischen Reiches stilisieren wird. Das trifft man oft bei Männern mit ausgeprägtem Machtgefühl,die zudem aus kleinsten 'Verhältnissen kommen und es "allen" mal so richtig zeigen wollen. Bei Erdogan kommt auch hinzu,dass er nach wie vor mehrheitlich von seinem Volk gewählt wird; wir sollten schon die demokratische Toleranz aufbringen, den Willen dieses Volkes anzuerkennen.

Ich finde, die Herren Erdogan und auch Putin (den Karl nicht so gerne erwähnt, wenn es um ausufernde Machtgelüste von Politikern geht - oder täusche ich mich da?) ähneln sich mehr und mehr. Beide sind unberechenbar und beide werden brandgefährlich, wenn sie in die Enge getrieben werden., weil sie auch von Kriegseinsätzen viel halten.
Beide sind wohl Diktatoren immer näher als Demokraten - und beide sind von ihren Völkern mehrheitlich gewählt (siehe oben). Olga
Elmos
Elmos
Mitglied

Re: Was ist denn in Erdogan gefahren?
geschrieben von Elmos
als Antwort auf JuergenS vom 07.06.2016, 08:11:57
Hallo Heigl,

Meinst du, man sollte sich hier bei ST einer vorsichtigen Wortwahl bedienen, weil ein Problem entstehen könnte?

Ist das so, Karl, dass man aufpassen muss?


Nun ja, das einzige was dir klar sein muss ist, dass jeder der das möchte jedes Wort, das du hier schreibst bis zu dir persönlich zurück verfolgen kann und zwischenzeitlich problemlos mit deiner Adresse verknüpfen kann.

Heute schon. Und du musst bedenken, dass diese Worte hier bleiben, oder anderswo. Aber gespeichert bleiben im Netz, für immer da, quasi. Auch wenn sich die politische Situation hier oder anderswo zum sehr bösen wenden sollte. Was sie anscheinend in manchen Ländern auch grade tut.

Selbst was hier in 20 Jahren sein wird - wer weiss das schon?

Mein "Problem" ist, dass ich wahrscheinlich doch etwas paranoid bin, das sehe ich wohl schon. Aber ich bin da familiär vorbelastet. Der Opa meiner Mutter war ein sehr Linker, die ganze Familie meiner Mutter war links. Und meine Mutter hat oft erzählt, dass ihre Mutter (also meine Grossmutter) damals (also während des sog. 3. Reiches) einfach höllische Angst hatte, wenn ihr Vater zu Besuch war. Das muss man sich mal vorstellen! Angst vor dem Besuch deines eigenen, sehr geliebten Vaters! Denn der schimpfte laut über die Nazis und wollte eben auch kein Blatt vor den Mund nehmen. So hat meine Grossmutter bei Besuchen schon immer präventiv alle Fenster geschlossen, alle Vorhänge vorgezogen und so weiter.
Spanndenderweise um meinen Urgrossvater in erster Linie vor der Familie zu schützen aus der mein Vater kam (meine Eltern wohnten nämlich schon als Kinder im gleichen Haus) - nur dass meine Grosseltern väterlicherseits glühende Nazis waren, welche gegebenenfalls meinen Urgrossvater frohgemut ins Gefängnis gebracht hätte (wie es im übrigen wohl mit etlichen befreundeten Personen dieses Urgrossvaters passiert sein soll).

Und so bin ich mit Erzählungen gross geworden, in denen es immer hiess, dass es ein Glück war, dass mein Urgrossvater so früh gestorben sei, da er sonst auch deportiert worden sei. Ich habe also quasi Denuziantengeschichten mit der Muttermilch eingesaugt, und ebenso die Angst, die man erfährt wenn man in einem System lebt, das nicht demokratisch geprägt ist. Komisch, denn eigentlich bin ich ja ganz normal hier in Deutschland gross geworden.

Aber so erkläre ich mir meine leichte Paranoia. Dennoch versuche ich meine Meinung immer so offen zu sagen wie ich das kann. Aber ich finde es wichtig, dass jeder der das auch tut auch weiss worauf er sich einlässt.

Liebe Grüße
Andrea

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JuergenS
JuergenS
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Re: Was ist denn in Erdogan gefahren?
geschrieben von JuergenS
elmos, nachdem nun über Jahrzehnte alles im Netz bleibt, besteht auf der anderen Seite die Hoffnung, dass durch die weiter steigende Flut der Texte diese untergehen wie eine Plastiktüte im Meer, also keine S.. mehr interessiert.
Deine Vorgeschichten deiner Verwandtschaft ist interessant, wahrscheinlich typisch in ihrer Vielfalt.
Bei meinen Großeltern war alles relativ einfach, nur ein GRoßvater lebte noch, und die Verwandten, die ich kennenlernte, waren keine H-Fans.
hobbyradler
hobbyradler
Mitglied

Re: Was ist denn in Erdogan gefahren?
geschrieben von hobbyradler
als Antwort auf JuergenS vom 08.06.2016, 08:33:58
....dass durch die weiter steigende Flut der Texte diese untergehen wie eine Plastiktüte im Meer, also keine S.. mehr interessiert....

Der Vergleich ist sehr gut, aber die Schlussfolgerung wirst du doch nicht aufrecht erhalten?
Plastik im Meer ist eines unserer größeren Probleme. Selbst in deinem Magen kann es landen.

So ist es auch mit alten Internet Beiträgen. Schlimm auch, da oft nicht zuordenbar ist wann sie geschrieben wurden.

Linkhttp://www.wwf.de/themen-projekte/meere-kuesten/unsere-ozeane-versinken-im-plastikmuell/?ppc=1&gclid=CI-v8ouLmM0CFW8o0wodlmoMkg

Ciao
Hobbyradler
Karl
Karl
Administrator

Re: Was ist denn in Erdogan gefahren?
geschrieben von Karl
als Antwort auf JuergenS vom 08.06.2016, 08:33:58
Nun, das liegt an jedem selbst, ob er Sprachmüll erzeugt, der mit Plastikflaschen zu vergleichen wäre, oder sinnvolle Aussagen. Ich bemühe mich zumindest um Letzteres und werde keinesfalls aus Furcht vor extremistischen Menschen meine Worte wählen. Solch ein vorauseilender "Gehorsam" hat Hitler erst möglich gemacht. Die Atmosphäre der Angst darf man nicht unterstützen, denn sie ist der Vorbote und die Voraussetzung für totalitäre politische Systeme.

Karl

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JuergenS
JuergenS
Mitglied

Re: Was ist denn in Erdogan gefahren?
geschrieben von JuergenS
Mit Amusement lese ich eure Reaktionen.
Das mit Plastikmüll war nur eine zufällige, daher auch diskussionsfähige Metapher.

Karl, es ist für dich, für euch, natürlich nicht ganz einfach, das Niveau, das ihr euch selbst nachvollziehbar, auch bei Kritiken an scharfer Kritik an faschistoiden Entwicklungen auf der Welt, auferlegt, bei anderen, die hier posten, auch sicher zu stellen.
Tina1
Tina1
Mitglied

Re: Was ist denn in Erdogan gefahren?
geschrieben von Tina1
Die Frage die im Thread-Thema gestellt wird, kann ich nur so beantworten. In Erdogan ist nicht plötzlich was reingefahren, sondern es ist schon lange da.
Das ist auch bekannt, nur wurde es nicht zum Thema. Jetzt plötzlich muss es zum Thema werden. Es ist schon lange bekannt, darüber konnte man vieles lesen, sehen u. hören, das Erdogan seine politischen u. religiösen Ziele auch in Deutschland umsetzen möchte. Für seine AKP hat er viele Sympathisanten in Deutschland gewonnen. Kein Wunder, man muss sich nur mal seine Reden/ Predigen, seine radikalen Aufrufe an die Mulime, anhören. Und das alles macht er ganz geschickt. Er ist ein "Wolf im Schafspelz" in meinen Augen. Besondere Unterstützung bekommt er von bestimmten Moschee- Vereinen. Ich merke in der letzten Zeit auch in Mannheim, wie Erdogans Reden in Deutschland, bestimmte Gruppen radikalisiert hat. Vor Jahren lief alles friedlich ab.
Tina

Linktipp: Erdogans Lobby in Deutschland

Und das passiert in Deutschland:

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogang nimmt Einfluss auf die politische Debatte in Deutschland. Dabei kann er auf gut organisierte Unterstützer, auch in zwielichtigen Milieus, zählen.

Sie sind schon lange Anfeindungen ausgesetzt, die Gegner des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan. In der Türkei wie in Deutschland. Doch die Hasswelle, die hier jetzt türkischstämmige Regimekritiker überrollt, ist noch heftiger. Er werde als "Verräter, Armenierschwein, Hurensohn, armenischer Terrorist und sogar Nazi" beschimpft, sagte Grünenchef Cem Özdemir kurz vor der Resolution des Bundestags zum Völkermord des Osmanischen Reichs an den Armeniern im Ersten Weltkrieg.

Inzwischen wird ihm und weiteren Abgeordneten sogar mit Mord gedroht, nachdem Erdogan die Parlamentarier als verlängerten Arm der kurdischen Terrororganisation PKK bezeichnet hatte. Aber Özdemir traut sich, über die Attacken zu sprechen. Andere Erdogan-Gegner haben den Mut nicht mehr.

Eine türkischstämmige SPD-Politikerin bittet den Tagesspiegel, ihren Namen nicht zu nennen. Auch nicht das Bundesland, in dem sie aktiv ist. Die Flut von Hassmails mit Drohungen und obszönen Beleidigungen hat die Frau so verängstigt, dass sie sich zu Erdogan und Armenien und weiteren Reizthemen erst mal nicht mehr öffentlich äußert. Sie meidet sogar Straßen, in denen Erdogan-Sympathisanten und andere Nationalisten sie erkennen könnten.

Die extremen Emotionen bei den Gegnern der Armenien-Resolution sind ein Indiz für ein zunehmend raueres Klima in der türkischen Community. Da breitet sich eine nationalistisch-islamistische Szene aus, die Andersdenkende massiv unter Druck setzt. Analog zu den autoritär aggressiven Tendenzen der türkischen Regierung. Allerdings machen auch einige Erdogan-Gegner, vor allem die PKK, bei der Eskalation kräftig mit. Doch die Szene der Erdogan-Fans und die um sie wabernden Milieus, bis hin zu Rechtsextremisten und Rockern, ist größer.

Die "Union Türkisch-Europäischer Demokraten (UETD)" tritt, flankiert von Erdogan-treuen Medien, als Lobbyist der türkischen Regierungspartei AKP auf. Das Selbstverständnis klingt trotz einer meist gemäßigten Sprache auf ihrer Homepage totalitär. "Die UETD ist eine gemeinnützige und überparteiliche Organisation aller in Europa lebenden türkischen und türkisch-stämmigen Bürgerinnen und Bürger. Sie vertritt die Interessen von rund sieben Millionen EU-Bürgerinnen ("und -Bürgern" fehlt) türkischen Ursprungs, von denen alleine mehr als drei Millionen in Deutschland leben", verkündet der Vorstandsvorsitzende Zafer Sirakaya. So werden alle türkischstämmigen Migranten in der EU von der UETD und damit indirekt von Erdogans AKP vereinnahmt. Ungefragt. Wer aus der Türkei kommt, gehört zur UETD.

Die Allmachtsfantasie passt zum Auftritt Erdogans 2008 in Köln. Bei einer Veranstaltung in der Köln-Arena, organisiert von der UETD, rief der damalige Ministerpräsident 20.000 "Brüdern und Schwestern" zu, Assimilation sei "ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit". Ein Türke hat im Ausland ein Türke zu bleiben. Und damit im Einflussbereich der UETD.

Auf Platz zwei der Liste findet sich die "Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion e. V. (Ditib)". Sie ist der vom türkischen Staat gelenkte Dachverband von etwa 900 Moscheevereinen in Deutschland. Kritik an Erdogan ist unbekannt und wäre auch überraschend – der türkische Staat schickt regelmäßig handverlesene "Hodschas" (Vorbeter). Die Unterzeichnung des Briefs gegen die Armenien-Resolution zeugt denn auch von Linientreue. Und sie hat Wucht. Die Ditib-Moscheen sind die zentrale religiöse Instanz der sunnitischen Türken.

Weit oben auf der Liste steht auch die "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG)". Das Bundesamt für Verfassungsschutz bescheinigt ihr in Teilen eine extremistische Zielsetzung. Generalsekretär war bis 2015 Mustafa Yeneroglu, einer der eifrigsten Erdogan-Propagandistenvon mir fett gedruckt
geschrieben von Frank Jansen
adam
adam
Mitglied

Re: Was ist denn in Erdogan gefahren?
geschrieben von adam
als Antwort auf Karl vom 08.06.2016, 11:47:57
Solch ein vorauseilender "Gehorsam" hat Hitler erst möglich gemacht. Die Atmosphäre der Angst darf man nicht unterstützen, denn sie ist der Vorbote und die Voraussetzung für totalitäre politische Systeme.
geschrieben von Karl


So weit sind wir noch lange nicht, Karl. Nicht jeder AfD-Sympathisant oder Wähler ist ein Nazi und selbst von der Parteiführung verdienen dieses Attribut nur ein paar. Nicht jeder Rechtsnationale ist gleich ein Nazi, sondern kann sich durchaus auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen.

Meines Erachtens funktioniert die Demokratie gut. Die Bevölkerung artikukiert ihren politischen Willen und die Politiker wären angetan, sich danach zu richten. Demokratie ist auch zwischen den Wahlen und nicht jede Politik, die einem nicht passt, ist gleich undemokratisch.

--

adam
olga64
olga64
Mitglied

Re: Was ist denn in Erdogan gefahren?
geschrieben von olga64
als Antwort auf Karl vom 08.06.2016, 11:47:57
Auch wir Deutsche sollten allmählich mal wieder versuchen, die Causa Erdogan neutraler zu beurteilen, auch wenn wir Deutsche mit unseren Türken nie glücklich waren, bzw. denen nie die Rolle zugestehen wollten und wollen, dass es sich um gleichberechtigte Menschen Europas handelt.
Und da trifft es natürlich einige ungemein,dass jetzt Deutschland so sehr von der Türkei abhängig ist, wenn es sein Flüchtlingsproblem einigermassen in den Griff bekommen will.
Es gibt derzeit kein Land in Europa, das so sehr vom Terror heimgesucht wird; auch gestern gab es wieder viele Tote in Istanbul.
Frankreich und Belgien erfahren viel Mitgefühl von den europäischen Bürgern; warum die Türkei nicht? Die EU fordert im Gegenzug, dass die Türkei ihre Anti-Terrorismus-Gesetze "mildern" solle -. Würden wir dies so machen, wenn wir in dieser dramatischen Terror-Situation wären, wie es die Türkei ist?
Das verletzt die Türken, weil sie sich mal wieder bestätigt sehen, dass sie als Menschen 2. Klasse abqualifiziert werden.
Und es wird sie noch mehr motivieren, sich abzugrenzen und den immer rigideren Forderungen ihres gewählten Präsidenten nachzukommen und ansonsten zu schweigen.Olga

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