Forum Politik und Gesellschaft Internationale Politik Wie weit darf sich ein Staat in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates einmischen?

Internationale Politik Wie weit darf sich ein Staat in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates einmischen?

hafel
hafel
Mitglied

Re: Wie weit darf sich ein Staat in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates einmischen?
geschrieben von hafel

Immer wenn es um Europa geht, dann malt Erdogan die - ach die so demokratische – Türkei in den allerschönsten Farben aus.
Aber wehe, einer der europäischen Freunde nimmt sich die Freiheit, die Türkei zu kritisieren. Dann führt sich der türkische Ministerpräsident wie ein Trampelelefant im Porzellanladen auf. Seine Retourkutsche gegen Frankreich ist schlicht und einfach überzogen und unverschämt … so dass sich eine ernsthafte Debatte darüber eigentlich von selbst erledigt.

In der Türkei selber, wird aber Erdogans Wutausbruch seine Wirkung nicht verfehlen. Der Applaus seines einheimischen Publikums ist ihm immer sicher, wenn er dem Westen Arroganz vorwerfen kann. Für mich ist der Eklat zwischen der Türkei und Frankreich ein weiterer Beleg dafür, dass sich Ankara weiter von Europa entfernt hat.

Dabei war die Türkei ein Hoffnungsträger als Vermittler zwischen dem christlich geprägtem Europa und der islam-arabischen Welt aufzutreten.

Doch einen Wutschnaufenden Erdogan kann niemand gebrauchen und werden selbst die größten Türkeifreunde Erdogan nicht als Vermittler akzeptieren.

Hafel
clara
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Mitglied

Re: Wie weit darf sich ein Staat in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates einmischen?
geschrieben von clara
als Antwort auf hafel vom 24.12.2011, 12:49:03
Mag sein, dass der Vorstoß aus wahltaktischen Gründen erfolgte, jedenfalls ist Frankreich damit mutig, lässt sich nicht einschüchtern und hält sich nicht wie das offizielle Deutschland aus dem Problem heraus, indem es (D) lediglich eine Übereinkunft zwischen Türken und Armeniern befürwortet. Wahrscheinlich traut man sich wegen der eigenen schlimmen Vergangenheit nicht, andere, relativ befreundete Länder diesbez. zu rügen. Sicher nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Erwägungen.

Ich finde nicht, dass es nur innere Angelegenheiten der Türkei sind (wie in der Überschrift steht), ein Genozid betrifft immer die gesamte Menschheit. Ob die Verbrechen vor 100 Jahren statt fanden, spielt keine Rolle, so lange die Türkei sie leugnet. Aber ich denke trotzdem, die türkische Regierung will auf Zeit spielen und das Gras des Vergessens darüber wachsen lassen.

Ob die von der Türkei angedrohten wirtschaftlichen Sanktionen ausgeführt werden, wird sich noch zeigen. Die Türkei braucht auch die EU.

Clara
Karl
Karl
Administrator

Re: Wie weit darf sich ein Staat in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates einmischen?
geschrieben von Karl
als Antwort auf clara vom 24.12.2011, 13:30:07
Die Türkei braucht auch die EU.
Aber immer weniger. Die Wirtschaft der Türkei floriert, die der EU stagniert. Die den Türken gezeigte kalte Schulder hat bereits dazu geführt, dass sich die Türkei nach Osten und zum Süden orientiert und die Westbindung als weniger wichtig angesehen wird als noch vor 10 Jahren. Ich halte das für eine fatale Entwicklung und bin der Meinung, dass wir Gefahr laufen, eine historische Chance zu verpassen. Allerdings haben wir eine kleinkarierte Regierung ohne Visionen, da darf man nicht mehr erwarten.

Beste Grüße, Karl

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hafel
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Mitglied

Re: Wie weit darf sich ein Staat in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates einmischen?
geschrieben von hafel
als Antwort auf Karl vom 24.12.2011, 21:07:27
@ Karl: "Allerdings haben wir eine kleinkarierte Regierung"

Das mag sein. Aber ist nicht der Erdogan nicht auch Super-Kleinkariert?


Hafel
Mitglied_5ccaf87
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Re: Wie weit darf sich ein Staat in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates einmischen?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf hafel vom 24.12.2011, 21:10:13
AFAIK ist die Republik Türkei (Verfassung: „Frieden in der Heimat, Frieden in der Welt“) nicht der legitime Rechtsnachfolger des untergegangenen Osmanischen Reiches. Weshalb sollte die heutige Türkei die Schuld zu einer Tat auf sich nehmen, welche sie nicht begangen hat? Anders ist es mit der Bundesrepublik Deutschland und La Grande Nation. Vom Vereinigten Königreich und von der Führungsnation USA (wir sind immer die Guten) wollen wir gar nicht erst sprechen.

Einen netten Kommentar mit einigen Links fand ich in Fefes Blog: https://blog.fefe.de/?ts=b008c11b



uki
uki
Mitglied

Re: Wie weit darf sich ein Staat in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates einmischen?
geschrieben von uki
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 25.12.2011, 09:40:35
Hallo Hinterwäldtler,
insofern gebe ich dir Recht, dass Arno sich mit folgendem Satz nicht korrekt ausgedrückt hatte:

...der französische Senat steht kurz vor der Bestätigung
des Verbotes der Leugnung des türkischen Völkermordes
an den Armeniern.....

Es hätte, wie du betons, heißen müssen, dass es der osmanische Völkermord war.

Doch warum sollte die Türkei nicht anerkennen, dass er stattgefunden hatte, durch die Osmanen.

Meine Virensoftware warnt davor, deinen Link zu öffnen.Tut mir leid.

Frohe Weihnachten
-uki-

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hafel
hafel
Mitglied

Re: Wie weit darf sich ein Staat in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates einmischen?
geschrieben von hafel
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 25.12.2011, 09:40:35
Nun wird es lächerlich. Die Türkei bestreitet den Tatbestand und nicht die Zuständigkeit.
Weltweit erkennen die meisten Historiker diesen Völkermord als Tatsache an. Dagegen bestreiten die offizielle türkische Geschichtsschreibung und die Regierung der aus dem Osmanischen Reich hervorgegangenen Republik Türkei, dass es überhaupt einen Völkermord gegeben habe.

Es ist recht witzig hier im Forum. Wenn die Ereignisse nicht in die eigen politische Vorlage passen, dann taugen auch die wissenschaftlichen Ergebnisse nichts. Wissenschaftliche Erkenntnisse nur, wenn es in den eigenen Kram passt.

Das passt wieder

Hafel
uki
uki
Mitglied

Re: Wie weit darf sich ein Staat in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates einmischen?
geschrieben von uki
als Antwort auf uki vom 25.12.2011, 11:15:06
was war das? ich hatte meinen Beitrag überhaupt nicht nochmals als Zitat eingesetzt. Darum jetzt gelöscht.
-uki-
schorsch
schorsch
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Re: Wie weit darf sich ein Staat in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates einmischen?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 25.12.2011, 09:40:35
Mich erinnert dies an jene Firmen, die nach einem Konkurs mit sämtlichen Angestellten und dem ganzen Material einfach eine neue Firma gründen und dann einfach sagen: "Die Sünden der alten Firma gehen uns nix an!"
adam
adam
Mitglied

Re: Wie weit darf sich ein Staat in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates einmischen?
geschrieben von adam
als Antwort auf schorsch vom 25.12.2011, 11:21:20
Vom Ablauf her ist das ähnlich schorsch, nur daß es hier um den Tod von 1,5 Millionen Menschen geht.

Aber manche machen es sich einfach: Stempel drauf "Nicht zuständig!" und fertig, nächster Vorgang: Die Kurden.

Für mich unfassbar, so zu denken.

Völkermord an den Armeniern

Sehr problematisch war damals auch die Rolle des Deutschen Reiches als Verbündete des Osmanischen Reiches und die Nazis haben von der Massenvernichtung gelernt und registriert, daß die internationale Gemeinschaft weggesehen hat. Schon aus diesem Grund muß ein Genozid solange international angeprangert werden, bis die nachfolgende Verantwortung geklärt und anerkannt ist, sonst wird Nachahmern Tür und Tor geöffnet.

@uki,

mein Firefox hat die Seite auch nicht aufgemacht. Der Blog stellt allerdings auch nur eine private Meinung dar und, wie ich beurteilen kann, keinesfalls wissenschaftlich fundiert.

--

adam


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