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Internationale Politik Wird die Grubenkatastrophe von Soma Erdogan zum Verhängnis?

luchs35
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Wird die Grubenkatastrophe von Soma Erdogan zum Verhängnis?
geschrieben von luchs35
Die Wut der türkischen Bevölkerung ,besonders in den Bergbauregionen, ist trotz tiefer Trauer um Hunderte toter Kumpels riesig ,und der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan fürchtet zu Recht, dass er im August bei der Präsidialwahl die Quittung erhält.

Das schreckliche Unglück war voraussehbar, denn die Mängel waren seit März bekannt, aber Energieminister Taner Yildiz liess einen Antrag der Oppostion auf Abklärung der Mängel in dem Bergwerk unter den Tisch fallen.
Der Grund liegt auf der Hand: denn im Jahr 2005 hatte die AKP-Regierung das Bergwerk mit dem Verkauf an den Bergwerksbetreiber Alp Gürkan privatisiert ,um die Kosten zu drücken. Anstatt der bisherigen 130 Dollar pro Tonne Kohlen produzierte Gürkan die Tonne für 25 Dollar, wobei nun die gesamte Produktion des grössten Kohlbergwerkes, Soma, der jetzige Unglücksort, an den Staat verkauft wurde. Ein profitabler Deal war dies für das Energieministerium, der nur gelingen konnte, wenn ein privater Betreiber unter Missachtung aller Sicherheitsstandards sowie Lohndumping alles , was nur möglich ist, aus dem Betrieb herauspresste. Dieses Unglück war programmiert, und die Wut der Bevölkerung dürfte entsprechend gross sein.

Erdogan ahnte wohl, wieso er vor seinem umstrittenen Besuch in Soma erst einmal Polizei und Wasserwerfer vorschickte, bevor er sich selbst auf den Weg machte, um dann am Unglücksort den betroffenen Menschen von der „Alltäglichkeit der Unglücke im Bergbau weltweit“ vorsabbelte.
Das Unglück von Soma steht aber nicht allein. Laut der Istanbuler Tageszeitung „Radikal“ starben allein im letzten Jahr 1235 Arbeiter ,wobei neben Arbeiter in den Bergwerken auch jene von Schiffswerften mitgezählt werden müssen, die ebenfalls für hohe Unglückszahlen verantwortlich sind. Gerade das ausbeuterische System der Subunternehmen verursachen die hohen Todeszahlen bei den oft ohne genügende Ausbildung sowie Dumpinglöhnen angestellt werden.

Luchs
Crimmscher
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Re: Wird die Grubenkatastrophe von Soma Erdogan zum Verhängnis?
geschrieben von Crimmscher
als Antwort auf luchs35 vom 15.05.2014, 14:38:44
Die Türkei geht langsam aber sicher den Weg in die EU.

Crimmscher
luchs35
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Re: Wird die Grubenkatastrophe von Soma Erdogan zum Verhängnis?
geschrieben von luchs35
als Antwort auf Crimmscher vom 15.05.2014, 15:29:07
Wenn das nicht nur ein dummer Spruch sein soll, dann erkläre ihn mal bitte!

Luchs

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Crimmscher
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Re: Wird die Grubenkatastrophe von Soma Erdogan zum Verhängnis?
geschrieben von Crimmscher
als Antwort auf luchs35 vom 15.05.2014, 17:01:46
Es ist mein voller Ernst!
Oder haben wir keine "Patriot" an der Außengrenze der Türkei stationiert.

Da wird auch ein Grubenunglück in einer türkischen Kohlengrube keine Abkehr Europäischer Expansionspolitik bringen.

Wenn in unsicheren und veralteten ostukrainischen Kohlegruben durch Methangas-Explosionen Bergleute starben, war das auch kein Hindernis zum Assoziierungsabkommen mit der Ukraine für einen EU-Beitritt.

Die Kohlebergwerke der Ukraine wurden und werden genau wie in der Türkei mit Sicherheitsmängel privat betrieben.

Was hat das mir Erdogan im engsten Sinne zu tun? Nicht mehr und nicht weniger als mit Janukowitsch einst, und der Regierung in Kiew gegenwärtig.

Crimmscher
pschroed
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Re: Wird die Grubenkatastrophe von Soma Erdogan zum Verhängnis?
geschrieben von pschroed
als Antwort auf Crimmscher vom 15.05.2014, 17:18:45


Die Kohlebergwerke der Ukraine wurden und werden genau wie in der Türkei mit Sicherheitsmängel privat betrieben.

Was hat das mir Erdogan im engsten Sinne zu tun? Nicht mehr und nicht weniger als mit Janukowitsch einst, und der Regierung in Kiew gegenwärtig.

Crimmscher


Hallo Crimmscher.

Normalerweise ist eine von dem Volk gewählte Regierung auch zuständig für die Sicherheit der Arbeitnehmer.

Phil.
luchs35
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Re: Wird die Grubenkatastrophe von Soma Erdogan zum Verhängnis?
geschrieben von luchs35
als Antwort auf pschroed vom 16.05.2014, 09:07:26
Normalerweise, Phil, das siehst Du das richtig. Wenn aber- wie im Falle der Türkei- die Regierung ein bis dahin für sie unrentables Geschäft wie dieses Kohlebergwerk an einen Privatbetreiber verkauft, wäre im Prinzip dieser verantwortlich.

Da aber persönliche Sicherheit und alle erdenklichen Schutzmassnahmen die teuersten Investitionen sind, wurden die der Provitgier geopfert.

Wenn nun aber die Regierung (AKP mit Erdogan an der Spitze)) dann ihre dicken Geschäfte mit solchen Betreibern macht, ist sie wiederum durchaus in der Sicherheitsfrage ihrer Bürger mit einbezogen. Warum aber hat sie im März die von den Gewerkschaften geforderte dringende Untersuchung dieser offengelegten Sicherheitsfragen abgelehnt?
Leicht zu beantworten : Reine Provitgier dieser Erdoganbande, die die Kohle billig aufkaufte und teuer weitergab.

Da hast Du also Recht, dies liegt in der Verantwortung der Erdogan-Regierung.

Was damit mit aufgestellten Patriotraketen am Rande der Türkei zu tun hat, entzieht sich mir völlig.

Aber wenn eben aller Zorn gegen die Verursacher nicht hilft, muss die EU, Nato, USA, Ukraine als Sündenbock etc. herhalten.

Ich jedenfalls würde es für ein gutes Zeichen- nicht nur für die Türkei - halten, wenn bei Wahlen (oder auch jetzt sofort) eine solche Clique weggepustet würde. Zumindest zeigen die sich ausdehnenden Demonstrationen, dass das türkische Volk noch nicht ganz eingelullt ist - wie an vielen andern Orten!

Luchs

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Edita
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Re: Wird die Grubenkatastrophe von Soma Erdogan zum Verhängnis?
geschrieben von Edita
als Antwort auf luchs35 vom 16.05.2014, 09:53:11
" Die Wirtschaftswoche " zitiert heute die Türkische Zeitung Hürriyet :

" Ausgerechnet in der bei aller Erdogan-Kritik stets auch sehr unternehmerfreundlichen „Hürriyet“ schreibt heute der Kommentator Özgür Korkmaz: „Die türkischen Kohlezechen sind privatisiert worden – die meisten wurden an Unternehmer verkauft, die der Regierungspartei nahe stehen – und der neue Besitzer des Bergwerks in Soma hat stolz verkündet, er habe die Produktionskosten pro Tonne von 130 oder 140 auf 23,80 US-Dollar gesenkt. Und wir alle haben ihn nicht gefragt, wie er das eigentlich geschafft hat.“

Erdogan und die Betreibergesellschaft müssen weg und vor Gericht !

Hier der ganze Artikel:

Eine Katastrophe mit Folgen

Edita
Crimmscher
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Re: Wird die Grubenkatastrophe von Soma Erdogan zum Verhängnis?
geschrieben von Crimmscher
als Antwort auf pschroed vom 16.05.2014, 09:07:26
Wenn sie (Regierung) ihrer Plicht nachkommt, lässt sie von staatlichen Bergbaubehörden gesetzliche Vorgaben für die Sicherheit in Gruben und Stollen erarbeiten und auch regelmäßig kontrollieren.

Im letzten Fall, hätten auch Vorschriften nicht ausgereicht.

Unvorhersehbar brannte, lt. Pressemeldungen, ein Trafo oder Stromverteiler auf der Sohle -150 Meter durch.

Dass diese Rauchentwicklung mit dem Wetterstrom bis auf die letzte Sohle in 2000 Meter Tiefe getragen wird ist systembedingt.

Deshalb waren die Kumpel, so wird berichtet, auch mit Selbstretter ausgestattet, das sind Sauerstoffgeräte.

Doch diese reichen nur für die Zeit der Fluchtwege.

Wenn durch den Kurzschluß die Blindschächte und Gesenke zwischen den Sohlen nicht mehr funktionieren ist das Massensterben unvermeidbar.

Weil der Ausstieg über Fahrten nicht zur Rettung führen kann,
der Kräfteverbrauch ist zu hoch und der Sauerstoff reicht nicht aus, die Leute ersticken einfach

Warum es in der Tiefe der Grube brannte ist noch gar nicht geklärt.

Wahrscheinlich kam es auch noch zu einem Schlagwetter durch Methangas.

Schließlich ist die Grube eine Kohlegrube.

Da reicht schon ein Funke um ganze Richtstrecken aufzuheizen und zu vergiften.

Ich kenne Bergbau, sowohl den Steinkohlebergbau im Zwickauer Becken wie den Uranerz-Bergbau im Erzgebirge.

Im Bergbau sind derartige Bergwerksunglücke nicht ganz auszuschließen.

Erstaunlich ist nur, dass gleichzeitig in der Grube derartig viele Kumpel beschäftigt, und die Fluchtwege dafür nicht gegeben waren.

Das ist strafbarer Leichtsinn.

Nur kann man das Erdogan nicht allein anlasten.

Das ganze System trägt die Schuld.

Deshalb auch die berechtigte Wut der Hinterbliebenen auf die Regierung.

Diese Berbaukatastrophe ist anders zu bewerten als der Einsturz von Fabriken in Asien, wo Tausende von Arbeitssklaven meist Frauen unter Trümmern umkamen.

Crimmscher
pschroed
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Re: Wird die Grubenkatastrophe von Soma Erdogan zum Verhängnis?
geschrieben von pschroed
als Antwort auf Crimmscher vom 16.05.2014, 11:42:30

Unvorhersehbar brannte, lt. Pressemeldungen, ein Trafo oder Stromverteiler auf der Sohle -150 Meter durch.

Dass diese Rauchentwicklung mit dem Wetterstrom bis auf die letzte Sohle in 2000 Meter Tiefe getragen wird ist systembedingt.

Deshalb waren die Kumpel, so wird berichtet, auch mit Selbstretter ausgestattet, das sind Sauerstoffgeräte.

Doch diese reichen nur für die Zeit der Fluchtwege.

Crimmscher


Genau Erwarte das Unerwartete, ist ein Leit-Satz welches immer wieder in der westlichen Industrie eingetrichtert wird, wenn man auf schlimme Unfälle, Katastrophen usw. vorbereitet sein will.

Was tun wenn mal ein Trafo oder Stromverteiler brennt ?, wäre vor dieser Situation nur eine von sehr vielen Sicherheitsfragen gewesen.

Aber dieses Denken kostet Geld und Intelligenz und hängt in hohem Maße von der Wertschätzung eines einzelnen Menschen in den verschiedenen Kulturen ab.

ZITAT:

Betreiber: Keine Unregelmäßigkeiten festgestellt

Bereits zuvor hatte die Soma Holding mitgeteilt, die zuständigen Behörden hätten das Bergwerk alle sechs Monate überprüft. Die letzte Kontrolle sei im März erfolgt. Dabei seien keine Unregelmäßigkeiten festgestellt worden. Die Nachrichtenagentur Dogan meldete hingegen, in der Zeche mit 6500 Arbeitern habe es nur einen einzigen kleinen Schutzraum gegeben. Bergleute und Rettungskräfte sagten am Donnerstag in Soma, ihnen sei verboten worden, mit Journalisten zu sprechen.

Soma-Holding-Chef Gurkan bestätigte nun, dass sich zum Unglückszeitpunkt 787 Arbeiter in dem Bergwerk aufhielten - auch über diesen Punkt hatte es bislang nur Spekulationen gegeben. Von den Bergleuten seien 363 in Sicherheit gebracht worden, 122 befänden sich in Krankenhäusern. Zu den 284 bestätigten Todesopfern kommen laut Gurkan die 18 Bergleute, die noch immer vermisst werden.

Phil.
Crimmscher
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Re: Wird die Grubenkatastrophe von Soma Erdogan zum Verhängnis?
geschrieben von Crimmscher
als Antwort auf pschroed vom 16.05.2014, 11:56:49
Schutzräume im Bergbau!

Das muss mir mal ein Reporter erklären was er damit meint.

Crimmscher

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