Internationale Politik Zornesröte

miriam
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Re: off topic
geschrieben von miriam
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 03.07.2010, 11:17:17
Auch nach meiner Meinung ist zurzeit Georg Schramm einer der Kabarettisten, der unsere Zeit, unsere derzeitige politische Lage, in seinen bitter-bösen Texten, am besten wiedergibt.

Für mich war seine Rede bei der Verleihung des Prix Pantheon 2010, das Beste was ich je in dieser mir so lieben Form der Kleinkunst, gehört habe. Und es war für das erste Mal, dass das Publikum bzw. man selber vor dem Bildschirm, fast nicht lachte.

Ich habe nun die Aufzeichnung (in zwei Teilen) im Internet gefunden - leider lässt die Qualität sehr zu wünschen. Den zweiten Teil muss man noch extra anklicken.

Fast kann man bei diesem Text nicht "Viel Spaß" wünschen.

Sehr sehens- und hörenswert natürlich auch die Laudatio von Dieter Hildebrandt.

Gruß von Miriam
lupus
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Re: off topic
geschrieben von lupus
als Antwort auf miriam vom 03.07.2010, 12:46:36
ja , Schramm ist gut. Warum er sich jedoch mit dem unsäglichen Priol zusammentut bleibt mir ein Rätsel.
carlos1
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Re: Zornesröte
geschrieben von carlos1
als Antwort auf adam vom 03.07.2010, 08:42:26
"Carlos, sind Dir die Menschenrechte in China gleichgültig, weil die Erschießungen nicht in Deutschland stattfinden? Das Beispiel mag übertrieben sein, aber es weist die Richtung." adam


@ adam,
in Anbetracht der hohen Außentemperaturen verstehe ich gut, dass neuronale Schaltkreise manchmal aussetzen. Zur Sicherheit möchte ich feststellen: Die Menschenrechte auf der Welt sind mir nicht gleichgültig, der bedrohte Friede auf der Welt erst recht nicht. Aber ich kann deshalb nicht immer in ein aufgeregtes Flattern geraten.

"Dabei bleibt es Verschwendung, ob der betroffene Staat unter der Finanzkrise zu leiden hatte oder nicht, ob diese Verschwendung den deutschen oder den kanadischen Steuerzahler betrifft." adam


Adam, maßlose Verschwendung ist es und verdient Kritik, daran habe ich doch nichts auszusetzen. Kanada ist aber als Gastgeber der G20 und G8 ein souveräner Staat und entscheidet selbst, wieviel es für seine Veranstaltungen und Gäste ausgibt. Müssen wir uns um den Geldbeutel und das Budget anderer Staaten kümmern und deswegen erregen? Wer vorschlägt, dass nationalstaaliche Souveräntiät eingeschränkt wird, würde hier nur Kopfschütteln ernten. Sollte vielleich etwa eine Division unser reitenden Gebirgsmarine nach Kanada entsandt werden, um unsere hehren moralischen Vorstellungen zur Geltung zu bringen? Solange es Nationalstaaten gibt, ist es deren Angelegenheit über Geldausgaben zu entscheiden. Punkt.

Wir benötigen Institutionen, die globale Interessen aufnehmen, formulieren und zur Entscheidung bringen. Es gibt sie aber nicht. Die G8 und G20 sind Notbehelfe unvollkommener Art, Feigenblätter. Die dort geführten Dialoge im Plenum sind erschreckend dürftig. Durch übertriebene Sparsamkeit und spartanische Einfachheit liefe der Gastgeber Gefahr, eine nicht geringe Zahl prestigesüchtiger Gäste zu verprellen. Moderne Potentaten sehen in dem für sie getriebenen Aufwand eine Bestätigung ihrer eigenen Bedeutung und Autoriät. Solche Treffen sind wichtig, weil die Welt umfassende (globale) Regelungen auf vieln Gebieten benötigt. Was du zu Recht kritisieren musst, ist die Unfähigkeit der Nationalstaaten diese Institutionen zu schaffen. Das geschieht aber nicht. Ob die Chemie zwischen Kontrahenten gut genug ist, um mit einander ins politische Geschäft zu kommen, ergibt sich erst im persönlichen Kontakt vor Ort.

"Dieser Gipfel glich (mit der Abschottung gegen die Öffentlichkeit, der Ergebnislosigkeit, den Kosten für Sicherheit, dem Amusement der Teilnehmer bis hin zum Vorkoster erlesener Speisen) eher dem Treffen absolutistischer Herrscher als einer politischen Notwendigkeit." adam


Wie sollen denn die Gespräche geführt werden? Durch Übertragung auf öffentliche Plätze vor einem Millionenpublikum? Vor Berufsdemonstanten und professionellen Krawallmachern aus vielen Metropolen, die eigens zu den Schauplätzen anreisen? Als eine Art Talkshowrunde wie im Fernsehen? Ergebnislosigkeit? Die einzelnen Staaten haben völlig verschiedene Interessen in Wirtschafts- und Handelsfragen. Diese Gegensätze lassen sich nicht durch Handauflegen beseitigen. Die ehemaligen kommunistischen Potentaten aus dem Kreml und Wandlitz waren was das Protokoll betrifft, überaus empfindlich und unterschieden sich nicht von den absolutistischen Herren. Sie benötigten Prunk zur Bestätigung ihrer Autorität.

"Olympiaden und Weltmeisterschaften sind ein Geschäft, Gipfeltreffen arten seit dem Treffen in Kanada zu einer Zumutung für Demokratien aus." adam


Gipfeltreffen seien nur eine Zumutung für "Demokraten"? Ist dir eigentlich klar, wie Demokratie in einer Massengesellschaft funktionieren kann? Wie üben über 60 Mio Bundesbürger ihre Herrschaft direkt aus? Wie sollen 7,5 MRD Menschen auf dem Globus Herrschaft ausüben, die zur Zeit in über 200 Nationalstaaten leben, von denen eine wachsende Zahl nicht mehr regierungsfähig sind? Die erste Demokratie in Athen funktionierte leidlich, weil nur etwa 6000 an der Volksverdsammlung abstimmungberechtigt waren, von denen die wenigsten an den Sitzungen teilnahmen.

Die Kosten für zukünftige Olympiaden könnten ohne weiteres reduziert werden, wenn diese immer dort stattfinden würden, wo sie erstmals durchgeführt wurden, in Griechenland. Olympiaden waren in der Antike keine Geschäftsverantaltungen, sondern waren kultische Rituale sportliche Spiele zur Ehren des Gottes Zeus. Während der Spiel ruhten alle Kämpfe, es herrschte der olympische Friede in Griechenland. Die moderne Version der Olmpiaden knüpft daran an. Der olympische Gedanke vvon Coubertin ist ein leichter Abklatsch dieser Idee. Die Funktionäre haben ihn verunstaltet. Die Nationen benötigen auch ihre Medaillenspiegel, um die Höherwertigkeit ihres jeweiligen Systems unter Beweis zu stellen. Sie dienen der nationalen Eitelkeit.

Als Sarkozy vor drei Jahren gewählt wurde, erklärte er, dass Frankrei8ch Afrika nicht benötige. Zuviel Korruption, zu instabile Regime, keine wirtschaftlichen Interessen Frankreichs. Das hat sich grundlegend geändert. Vom 31.5. bis 1.6. fand in Ni8zza ein Treffen von 38(!) afrikanischen Staatschefs und Regierungsmitgliedern statt. War nicht billig dieses Treffen. Endlich wurde von offzieller frz. Seite anerkannt, dass der Kontinent in internationalen Organistionen unterrepräsentiert war. Das sei ungerecht und eine Quelle des Ungleichgewichts, meinte Sarkozy abschließend. Lange hat es gedauert. Frkrch gelobte dies für 2011 zu einem Thema für die G20 zu machen und dafür Vorschläge auszuarbeiten. Frkrch wird 2011 die Präsidentschaft der G20 übernehmen.

Möge diese Erkenntnis zu größerer Gerechtigkeit und einer Politk der Zusammenarbeit führen.

c.

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Karl
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Administrator

Re: off topic
geschrieben von Karl
als Antwort auf miriam vom 03.07.2010, 12:46:36
Danke Miriam für diesen Link. Ich teile deine Meinung zu Schramm. Hier ist Teil II.
miriam
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Re: off topic
geschrieben von miriam
als Antwort auf Karl vom 04.07.2010, 19:17:44
Danke dir Karl - damit hast du eigentlich den wichtigeren Teil der Festrede von Georg Schramm hier eingesetzt, eben denjenigen über den ich schrieb, dass er gar nicht mehr zum Lachen ist.

Was wünschte ihm an dem Abend Dieter Hildebrandt? "Bewahren Sie sich Ihren heiligen Zorn!"

Liebe Grüße

Miriam
carlos1
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Re: off topic
geschrieben von carlos1
als Antwort auf klauspeter vom 03.07.2010, 10:56:25
"Was ich vermisse:

Eine Demokratie ist eine vom Volk gewählte Delegation, die FÜR das Volk regiert........dem Volk DIENT.
Viele Politiker meinen wohl BeDIENEN!" klauspeter


@ klauspeter
man mag es drehen oder wenden, wie man will. Demokratie ist (immer) Herrschaft, jedoch Herrschaft auf Zeit und gebunden an Recht und Gesetz.

Die durch Übertragung der Macht ausgeübte Herrschaft kann für den einzelnen gut oder schlecht sein. Sie ist der Kontrolle durch die Öffentlichkeit und Verfassungsorgane unterworfen (so genannte Gewaltenteilung). Eine Übertragung der Herrschaftsrechte erfolgt auf Grund der Volkssouveränität.

Durch die Bindung an Recht und Gesetz soll Machtmissbrauch verhindert werden und die Minderheit in ihren Rechten respektiert werden (Grundrechte).

Zu den Grundrechten gehört das Recht seine Meinung in Wort, Schrift und Bild zu äußern, in dem Rahmen, der durch das Strafgesetzbuch festgesetzt wird. Protest gegen Maßnahmen von Verfassungsorganen ist legitim, sofern die Regeln des politischen Kampfes eingehalten werden.

Der Sozialstaat ist Verfassungsgebot. Ein sehr großer Teil der erwirtschafteten Mittel werden für soziale Zwecke ausgegeben. Bei einem Massenprotest müsste deutlich werden, inwieweit einzelne Sparmaßnahmen das Sozialsstaatsgebot in unzulässiger Weise verletzen.

Die so genannte "Schuldenbremse" ist in der Verfassung verankert worden auf Beschluss der Mehrheit des Bundestages. Es geht nicht um das Wohl einer einzelnen Gruppe allein, sondern um das Gemeinwohl. Ein Anwachsen der Schulden würde die Lasten zuküftiger Generationen vermehren. Es ist Aufgabe der Politik eine gerechte Lösung zu finden.

Nicht immer ist der am schlechtesten gestellt, der am lautesten schreit.

Wenn Politiker sich "bedienen" kann das vieles bedeuten. Korruption ist strafbar.

c.


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adam
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Mitglied

Re: Zornesröte
geschrieben von adam
als Antwort auf carlos1 vom 04.07.2010, 19:02:21
Wie sollen denn die Gespräche geführt werden? Durch Übertragung auf öffentliche Plätze vor einem Millionenpublikum? Vor Berufsdemonstanten und professionellen Krawallmachern aus vielen Metropolen, die eigens zu den Schauplätzen anreisen?


@carlos,

eine Retourkutsche für die Erschießungen?

Berlusconi hat kurzfristig umdisponiert und das G8-Treffen im Erdbebengebiet untergebracht. Ich kann mir nicht vorstellen, daß dieser Gipfel 800.000.000,- € gekostet hat. Geht doch!
Gipfeltreffen seien nur eine Zumutung für "Demokraten"? Ist dir eigentlich klar, wie Demokratie in einer Massengesellschaft funktionieren kann?


Es geht um die Kosten, die für die Menschen eine Zumutung sind. Mir ist sehr klar, wie Demokratie in einer Massengesellschaft funktioniert. Jedenfalls nicht so, daß die einen Sekt trinken und von anderen verlangen, daß sie mit Selters oder weniger vorlieb nehmen.
Frkrch wird 2011 die Präsidentschaft der G20 übernehmen.


Dann bin ich gespannt, wieviel die französische Regierung dafür ausgibt.

Carlos, ich kann Deine fast fatalistische Meinung nicht teilen, indem Du diese Verschwendung als gegeben und damit notwendig hinnimmst.

--

adam
carlos1
carlos1
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Re: Zornesröte
geschrieben von carlos1
als Antwort auf adam vom 04.07.2010, 23:10:14
"Carlos, ich kann Deine fast fatalistische Meinung nicht teilen, indem Du diese" Verschwendung als gegeben und damit notwendig hinnimmst." adam



@ adam
Warum ist jemand fatalistisch, nimmt also unverantwortliche Vorkommnisse und sinnlose Geldverschwendung als "gegeben" hin, wenn es doch die Möglichkeit gäbe zu bramarbassieren, Imponiergehabe und Großsprecherei an de nTag zu legen... etc, Gesten, hinter denen sich nichts weiter verbirgt als Unkenntnis, Unehrlichkeit, moralische Verkommneheit, genau dann wenn moralische Argumente im Mund geführt werden. Alles Heuchelei, die zum Himmel stinkt.

Diese Welt wird fast nur vom Pöbel regiert und "es gibt fast nur Pöbel auf dieser Welt." Ich drücke es milde aus und zitiere die Worte des Initators der politischen Wissenschaften in Europa, Nicolo Machiavelli (um 1500), Staatsmann und politischer Theoretiker in Florenz. Würde ich ihn weiter zitieren, stünden noch viel provokantere Worte hier. Die katholische Kirche setzte ihn auf den Index.

Ich könnte mich auch darauf berufen, dass hinter dem verschwenderischen Imponiergehabe von Staatsmännern sich normales Säugetierverhalten versteckt. Rationalität in der Politik?

Ich schätze Machiavelli, weil er als Politiker von maßgeblicher Stelle aus die Menschen beobachten konnte. Er hat sie so beschrieben, wie er sie sah und wie sie sind. Sie haben sich nicht geändert seitdem.

Der Fürst (heute Staatsmann oder Politiker), sagte Machiavelli, muss, wenn er regieren will, die grausamen Dinge zuerst tun. Nichts verzeihen die Menschen so wenig, als wenn ein Mächtiger Schwäche (Menschlichkeit, Mitgefühl) zeigt und sie sehen, dass er es ehrlich meint.

"Mir ist sehr klar, wie Demokratie in einer Massengesellschaft funktioniert. Jedenfalls nicht so, daß die einen Sekt trinken und von anderen verlangen, daß sie mit Selters oder weniger vorlieb nehmen." adam


Das verlangen die doch gar nicht. Sie bieten sogar an mehr Steuern zu bezahlen, wobei sie auch wissen, dass sie oft wenig Steuern bezahlen. Das schöne Bild von Sekt und Wasser, das du verwendest, taugt nichts. Entscheidend wäre doch, dass genügend Sekt für alle da ist, um im Bild zu bleiben.

Selbstverständlich ist es für einen Politiker von Nutzen Mitgefühl zu zeigen, aber es ist nicht notwendig, dass er es tatsächlich hat. Das sagt Maciavelli, nicht ich. Es schadet dem Politiker sogar, meint M., wenn er glaubt er müsse gut sein, weil es die Moral gebietet. So ist auch Berlusconis Verlegung des Gipfels anch L´Aquila zu sehen. Das sind Gesten, die Mittel zum Zweck sind. Der Zweck ist der Machterhalt, Prestigegewinn, etc.

c.



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