Lebenshilfe Warum wehrt sich Niemand?

Immer wieder stellt sich mir diese Frage, wenn ich nach beendetem Dienst das Seniorenheim/Pfflegeheim verlasse...
So auch an diesem Hl. Abend. Ich hatte Dienst (arbeite nur noch aushilfsweise), da zwei K.-Schwestern wegen Krankheit ausfielen und andere nicht zu erreichen waren (Urlaub?).
Ich war mal wieder sehr traurig und niedergeschlagen... viele Senioren/inen konnten nicht schlafen, weil der erwartete Besuch der Kinder entweder ausfiel (aus welchen Gründen auch immer), oder auf einen anderen Termin verschoben wurde.
Was nützt da eine schön gestaltete Weihnachtsfeier, wenn einen das Heimweh packt?
Wie bringt man es nur über das eigene Herz, die eigene Mutter oder eigenen Vater in ein Heim abzuschieben.
Ich habe mir in meiner langjährigen Praxis sehr viel Ausreden von Töchtern/Söhnen -deren Eltern/teil- in eben so einem Heim steckten, angehört; und ich muss sagen: Es sind zu 90% Ausreden!
Und nun komme ich zu meinem eigentlichen Thema: Warum wehrt sich Niemand?
Ich hatte Dienst an Sylvester-Abend in einem kleinen Pflegeheim... außer mir noch eine Schwester,die aber infolge Magenprobleme frühzeitig das Heim verließ. Mittlerweile war es 19:00 Uhr und "laut Regel" die Zeit Senioren zu Bett zu bringen. Acht Damen und ein Herr (geistig sehr rege u. gut zu Fuss) befanden sich noch im Aufenthaltsraum und unterhielten sich prächtig. Wie konnte ich zu ihnen sagen: es ist Zeit fürs Bett.. einer Eingebung folgend fragte ich sie, ob sie mit mir den Eintritt in das Neue Jahr feiern würden. Nun, sie hatten alle Angst... jawohl- Angst davor, Ärger mit dem restlichen Personal zu bekommen... Ich überredete die Herrschaften, dass im Falle Ärgers, dieser allein auf mich fiele. Und so feierten wir (mit Fernsehen) ein schönes Sylvester. Kurzum... einige Tage später lag eine Beschwerde bei meinem Heimleiter gegen mich vor... Die diensttuenden Schwestern in der Frühschicht hatten Probleme die Senioren 6:30 Uhr aus dem Bett zu bekommen, und erfuhren natürlich den Grund. Mein Heimleiter aber empfing mich mit den Worten: Warum haben sie mich nicht angerufen? Hätte bestimmt bei euch ne bessere Zeit gehabt...
Also: Warum - u. diese Erfahrung mache ich ständig- wehren sich Senioren nicht gegen die vielen Vorschriften in Heimen? Heime sind doch nunmal Dienstleistungs-Unternehmen, die Geld für Leistung entgegen nehmen. Beschwerden beim Personal fruchten einfach nicht. Was macht Senioren so ängstlich, dass sie sich nicht wehren und teilweise wie Kinder behandeln lassen?
Sollte ich jemals (was Gott behüte) in ein S.-Heim müssen, würde ich mich zu wehren wissen!!
Mfg, Aida
--
aida

"Warum wehrt sich Niemand?

Liebe Aida

wie sollen sich denn die alten Menschen wehren,wenn sie das nicht mal tun konnten,als sie von den eigenen Kindern ins Heim abgeschoben wurden?!

Ich kann deine Gedanken gut nachvollziehen und es ist nachahmenswert,absolut,dass du mit den Heimbewohnern den Jahresübergang verlebt hast!
Fraglich aber,ob alle Heimleiter ähnlich wie der von dir beschriebene reagieren!

Ich finde den Tagesrythmus für Heimbewohner so entwürdigend!

In aller Frühe geweckt werden und ebenso früh auch wieder dorthin "verfrachtet" zu werden,ist eine Bevormundung,die auch nicht damit zu entschuldigen ist,dass der Tagesplan für Pfleger und Pflegerinnen eine andere Regelung nicht zulassen würde!

Es sollte ein Unterschied zwischen bettlägerigen Heimbewohnern gemacht werden,und jenen,die sich noch alleine an-und auskleiden können.

Dazu müsste aber eine generelle Umstrukturierung vorgenommen werden!
Wenn man erst Heiminsasse ist,kann man nichts mehr ändern--zu schnell werden Medikamente gegeben---dann is Ruh'

Nein,wir sollten jetzt anprangern,wie entwürdigend viele Heimbewohner im Alter in einen Tagserythmus gezwungen werden!

Sicher würden viele gerne morgens ohne geweckt zu werden,aufwachen dürfen!
Das sollte nach einem arbeitsreichen Leben,das von der Uhr bestimmt war,eigentlich elbstverständlich sein!


Gudrun,
die auch mal um alles in der Welt nicht in einem derartigen Heim landen möchte,wie von dir beschrieben!

Hallo, aida,

auch, wenn nach Deiner Feststellung 90% aller Heimeinweisungen
auf Ausreden von den Kindern beruhen, haben es sich die Kinder
mit ihrer Entscheidung für eine Heimeinweisung bestimmt nicht
leicht gemacht, bzw. sie haben bereits eine schwere Pflegezeit
hinter sich gebracht.
Oft sind durch die Pflege die Wohnnutzung sehr eingeschränkt,
der Schichtdienst erschwert die Pflege, ein Ehepartner lehnt die
Pflege ab, usw..
Weil die Wohnung ständig nach Kot und Urin riecht
und man ständig zur Verfügung stehen muß und soll, sind
die sozialen Kontakte gefährdet.
Viele alte pflegebedürftige Menschen nehmen nicht zur Kenntnis,
daß sie im Pflegeheim besser aufgehoben sind, als bei ihren
Kindern. Soviel dazu.
Warum wehren sich die Pflegebedürftigen nicht?
Die Pflegebedürftigen wissen, daß das Pflegepersonal nicht für
die Organisation im Heim verantwortlich ist. Es gibt kaum
Pflegebedürftige, die sich noch an die Heimleitung in irgend
einer Form wenden können.
Ich finde es nicht schön von Dir, aida, daß Du uns in der
Themenbeschreibung nicht mitteilst, wie Du glaubst, Dich als
Heiminsasse wehren zu können!

Viele Grüße
--
arno

Arno, ich bin auch der Meinung, daß man die Situation natürlich individuell sehen muss.
Ich habe für mich entschieden, es meinen Söhnen eindringlich aufgetragen, mich - falls
nötig - unbedingt in ein Heim zu geben. Ich möchte für meine Familie immer die "MA" sein und bleiben und nicht ein hilfloses Bündel, was ggf. gefüttert, gewickelt, gewaschen werden muss, möglicherweise noch dement. Sowas sollte man realistisch sehen und nicht Gefühlsduselei ins Spiel bringen.

Wir haben es schriftlich sogar beim Notar hinterlegt. Gottseidank sind wir finanziell in der Lage, das Bestmögliche aus einer möglichen Notsituation zu machen.


karin2

Arno


Weil die Wohnung ständig nach Kot und Urin riecht

das ist ja wohl horrender Blödsinn!


Deine Behauptung,dass alle Kinder lange überlegen,bevor sie ihre Eltern in ein Heim geben,ist ebenfalls nicht der Wahrheit entsprechend!

Habe ein Beispiel :

eine Freundin aus M.,eigenes Haus,2 vollständig eingerichtete Wohnungen,geistig und körperlich absolut fit,wurde nach erfolgter Op in ein Pflegeheim verlegt-mit dem Versprechen,das sei nur vorübergehend,bis alles verheilt sei.
Ich hatte eine Altenpflegerin gefunden,die gerne in die eingerichtete Wohnung gezogen wäre,da sie gerade geschieden war.

Sie hätte sich um meine Freundin gekümmert,und war auch bereit,sie zuhause zu pflegen,wenn die Zeit kommen würde.

Der Sohn wohnt mit seiner Familie durch den Garten erreichbar im eigenen Haus,Gartenbauarchitekt und Apothekerin,Kinder im Studium.

Zunächst waren alle begeistert von diesem Plan-vor allem,meine Freundin.

Eine Tochter wohnt in Berlin,berufstätig
die andere in einem anderen Statdteil von M.
Grosses Haus,keine Kinder,Mann verstorben.

Alles war vorbereitet,Zeugnisse und Vorgespräche waren gut.

Meine Freundin freute sich!
Sie mochte die Altenpflegerin gut leiden,wir hatten alles sorgsam vorbereitet.
Nun konnte sie nach langer Pflege ihres Mannes und seinem Tod sich noch auf ein schönes Alter freuen.
Dachten wir..........

Doch dann.....wurde ihr von den Kindern etwas zur Unterschrift vorgelegt,es sei nur eine Formsache.........

und damit hatte sie sich einverstanden erklärt,in diesem Pflegeheim zu bleiben.

Ihr hatte man gesagt,damit der Platz für sie reserviert werden könne,wenn sie wieder nach Hause ging.........

Erzähl du mir nichts von "lieben" Kindern die sich soviel Gedanken machen,bevor sie ihre Angehörigen in Alters-oder,wie hier in ein Pflegeheim stecken!

Meine Freundin wäscht und badet sich alleine,zieht sich ohne Hilfe alleine an,geht alleine spazieren und zum einkaufen.

Wenn sie mich verzweifelt weinend anruft,dass auch der Arzt immer sage,sie gehöre nicht ins Pflegeheim und ich solle ihr doch helfen,dort wieder in ihr schönes Haus zu kommen,sitz ich auch heulend hier am Telefon!

Ich habe mit dem Sohn Kontakt aufgenommen und ihn gebeten,die mutter doch wieder in ihr eigenes Haus zu lassen,
er war nicht abgeneigt,aber seine Schwestern sind strikt dagegen.

vom Wecken zu nachtsschlafender Zeit über verordnete Bettruhe 19 Uhr wie für Kleinstkinder (was schon einer totalen Entmündigung gleichkommt)bis hin zu vorsätzlicher Körperverletzung ist nur ein kleiner Schritt,,

Ein echter Fall für die Heimaufsicht. Die ist zwar zumeist nur beratend -und das vorzugsweise für das Heimpersonal und weniger für die Betroffenen- tätig aber immerhin sollten Verwandte bei Besuchen ( möglichst unangemeldet) kein Auge zudrücken sondern beide Augen offen halten. Denn zwischen Handeln und Misshandeln ist wohl ein großer Unterschied und der muss immer mal wieder klargemacht werden,,


Zu schnell schleift sich eine Oberflächlichkeit ein Abstumpfen eine zunehmende Gleichgültigkeit ein, wenn erstmal der Schlendrian die Oberhand bekommt, kein Wunder, das sich -so traurig das auch klingt- sogar Bürgerinitiativen Vereine und Bewegungen gründen müssen um ein wenig gegen diese (fast bin ich geneigt Verbrechen zu schreiben) anzugehen.

"Aktion gegen Gewalt in der Pflege" Sozialverband Reichsbund, das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA), Initiative gegen Gewalt im Alter "Handeln statt Misshandeln" (HsM) sowie der Münchener Arbeitskreis gegen Menschenrechtsverletzungen um nur einige zu nennen.

ist es nicht schlimm, wenn z.B. die Vizepräsidentin des Sozialverbandes Reichsbund Ina Stein sagt: "Die uns vorliegenden und beschriebenen Fälle beinhalten zum Teil grausame und ungeheuerliche Verstöße gegen die Menschenwürde und die körperliche und seelische Integrität pflegebedürftiger Menschen",

mann oh mann in was für einen Staat hat es uns nur verschlagen, werden sich die Insassen solcher Gefängnisse zu-raunen,,wir alle sollten uns gewaltig schämen,,
Das wird auch nicht dadurch ausgeglichen und besser, wenn man von einigen Heimen berichtet in denen es sehr geordnet und humanzugehen soll, auf die Preisliste darf ein normale Mensch allerdings nicht gucken müssen,,

Manchmal kann es einem schon grauen vor dem älter werden in der BRD.
--
hugo

Hugo, du hast natürlich Recht. Aber - das Ganze ist auch eine Folge davon, daß die Menschen immer älter werden. Das Problem bestand vor vielen Jahren noch nicht, weil viele Menschen schon weit vor der "Pflegegrenze" gestorben sind.

Was ist nun vorzuziehen? Medizin anwenden bis zum geht nicht mehr? oder Folgen in Kauf nehmen, die oftmals die Schmerzgrenze (im wahrsten Sinne des Wortes) überschreiten?


karin2

Hugo, du hast natürlich Recht. Aber - das Ganze ist auch eine Folge davon, daß die Menschen immer älter werden. Das Problem bestand vor vielen Jahren noch nicht, weil viele Menschen schon weit vor der "Pflegegrenze" gestorben sind.

Was ist nun vorzuziehen? Medizin anwenden bis zum geht nicht mehr? oder Folgen in Kauf nehmen, die oftmals die Schmerzgrenze (im wahrsten Sinne des Wortes) überschreiten?


karin2

@: "...Sollte ich jemals (was Gott behüte) in ein S.-Heim müssen, würde ich mich zu wehren wissen!!..."

Man wird dies wissen - und dich erst dann ins Seniorenheim abschieben, wenn du nicht mehr weisst, was der Begriff "sich wehren" bedeutet!

--
schorsch

Hallo, gudrun_d,

ich schreibe keinen "horrenden Blödsinn"!
Wenn pflegebedürftige Elternteile nicht mehr
auf die Toilette gehen können, machen Sie
ihr großes und kleines Geschäft in die Windel!
Dabei spielt es keine Rolle, ob sie im Sessel sitzen
oder im Bett liegen!
Wenn die volle Windel dann nicht sofort gewechselt
werden kann, gibt es den entsprechenden
Kot- und Uringeruch, der sich in der Wohnung
dann verteilt!

Das ist Fakt!

Viele Grüße
--
arno