Lebenshilfe was ist machbar?

was ist machbar?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Guten Tag,

auf der Suche nach einer Hilfsmöglichkeit für meine Eltern bin ich auf diese Forum gestoßen - ansich bin ich altersmäßig auch selbst hier "richtig" (seit 4 Jahren EU-Rentnerin und die 6. Null grad "abgehakt"). Ich denke, mit meinem eigenen Leben käme ich bei allen Widrigkeiten, die sich ja immer auftun, gut zurecht, aber die Eltern...

Ich würde gern versuchen, die Situation kurz zu schildern und es wäre wunderbar, wenn ich den einen oder anderen Hinweis bekommen könnte, wie ich die Situation für die beiden erträglicher gestalten könnte.

Meine Eltern - 88 und 89 Jahre alt - leben noch (mit vielerlei Hilfe) selbständig in ihrer Wohnung. Meine Mutter hat diverse, auch ernsthafte Krankheiten und braucht einen Rollstuhl. Mein Vater ist "altersgerecht" mit ein paar Einschränkungen körperlich ganz gut drauf, wird aber zunehmend dement und ist seit langem depressiv, bekommt auf mein Betreiben seit einem halben Jahr Antidepressiva, die ihm (uns!) gut tun, um deren Einnahme (es sterben so viele Meschen an den falschen MEdikamenten, die sie nehmen) es aber laufende Diskussionen gibt.

Die Versorgung wird - soweit möglich - durch meinen Mann und mich erledigt, dazu gibt es eine Putzfrau und eine Altenpflegerin. Letztere badet u.a. meine sehr unbewegliche (weil sie nie einen Schritt zu viel tat) Mutter (obwohl das, wie meine Mutter meint, ansich MEINE (!) Aufgabe wäre)

Soweit hört sich alles noch recht gut an, besonders, wennm an das Alter berücksichtigt - doch führen meine Eltern seit fast 65 Jahren Krieg gegeneinander. Es ist mir unangenehm, das hier so deutlich zu formulieren, doch es ist für díe Beurteilung elementar wichtig, gerade das auch zu verdeutlichen:

Ich kann mich nicht erinnern, daß es auch nur einen einzigen Tag in meiner Kindheit und Jugend gegeben hätte, in denen es keinen (meist höchst überflüssigen!!!) Streit gegeben hätte. Sie sind auch handgreiflich miteinander, früher wie heute, wobei das eher von meiner Mutter ausgeht, die es auch mit der ehelichen Treue nicht immer so sehr genau nahm.

Aber auch mein Vater ist nicht fehlerfrei, er kann mit Geld nicht umgehen. DIESE beiden Themen führten natürlich auch immer wieder zu Konflikten, die jedoch niemals wirklich ausgetragen wurden, sondern nur dazu dienen, immer wieder als Vorwurf auf den Tisch zu kommen, auch wenn das "Ereignis" 60 Jahre und länger her ist, damit man den Partner erniedrigen kann, so dass es niemals auch nur einen harmonischen Tag gibt.

Versuche ich die Dinge "neutral" zu sehen, dann ist es über die Jahrzehnte so, daß heute einer 51% Anteil an de Zwietracht hat, der andere 49%, nächste Woche mag es umgekehrt sein - insgesamt nach meiner Einschätzung jedoch (trotz unterschiedlicher "Waffen") ausgeglichen - aber das nützt nichts, ich habe mein Leben damit zugebracht, den beiden zu einem harmonischeren Miteinander zu verhelfen, auch mit fachlicher Unterstützung - ich habe mir unendliche Geschichten anhören müssen, habe sie miterlebt, erlebe sie mit. Es ist haarstäubend, peinlich, nicht nachvollzehbar und ich sage ihnen immer, daß ich mit keinem von beiden je auch nur eine einzige Woche verheiratet gewesen wäre.

Die Frage, warum sie sich nie haben scheiden lassen, beantwortet mein Vater stets damit, daß ich (!) ja dann keinen Mann bekommen hätte - allerdings bin ich inzwischen selbst schon seit 40 Jahren verheiratet. Ihm ist das übrigens ernst, er hat die Scheidung seiner Etern als eklatanten Makel empfungen.

Meine Mutter geht auf diese Frage nie ein, uns ist klar, daß sie ihn braucht, um ihr Gift zu versprühen. (diese Eigenschaft hat dazu geführt, daß es keinerlei Freundschaften gibt, keine sozialen Kontakte, aber viel Ärger auf diversen Arbeitsstellen und auch sonst mit all den schlechten Menschen, die es ja leider so viele gibt)

Ich merke, wie ich mich in meinen Ärger und in meine Wut über so viel ignorantes Verhalten hineinsteigere, bitter werde - Entschuldigung.

Es ist also sehr unerfreulich, Kontakt mit meinen Eltern zu haben. Von den 4 Kindern, die meine Eltern in drei Jahren bekommen haben, bin ich die einzige, alle starben jung, am längsten lebte noch meine 11 Monate ältere Schwester, sie wurde trotz massiver Behinderung (und entsprechender Pflegebedürftigkeit, mit der meine Mutter total überfordert war) immerhin 8 Jahre alt (Und meine Mutter scheut sich nicht, immer mal wieder zu mir zu sagen, wenn SIE, die behinderte Schwester, heute noch lebte, würde es ihr besser gehen, als es ihr mit mir geht.....)

aktuell ist nun mein Vater mal wieder dabei, daß er ausziehen und ein Leben "ohne diese Frau" führen will, er sagt, er kann nicht mehr, es ist nicht auszuhalten. Dazu hat er mit erstickter Stimme auf unseen AB gesprochen, er ruft uns sonst NIE an!

Wir (mein Mann und ich) haben es schon oft intensiv miteinander durchgesprochen, alle Möglichkeiten in Erwägung gezogen, aber es ist schlicht ZU spät für die beiden, JEDER ist irgendwie auch auf den anderen angewiesen, jeder macht bei aller Mißgunst doch auch Dinger für den anderen, die der andere nicht mehr allein hinbekäme. Da kann er n icht einfach eine eigene Wohnung nehmen.

Geht einer weg, müsste der andere auch ganz deutlich mehr Unterstützung im Tagesablauf erhalten - das könnten wir beim besten Willen nicht leisten. Wahrschienlich müsste auch der andere in eine preiswertere Wohnung ziehen - das würden wir beide (mein Mann und ich, beide EU-Rentner) nicht mehr hinbekommen, die Umzüge, die weiteren, zusätzlichen Betreuungen danach - und dabei wagen wir es uns auch nicht vorzustellen, welche Eifersüchteleien DANN erst auf uns zu kämen, es ist schon heute oft unerträglich für uns.

Es soll aber nicht um uns gehen, ich hoffe, das wird deutlich.

Ich hätte so gern, daß meine Eltern etwas Frieden miteinander schließen könnten, die praktischen Vorteile sehen, die ihre Partnerschaft Ihnen bietet, dass sie ein wenig ZUFRIEDENHEIT erlangen können, daß sie sich ein wenig zurücknehmen und nicht immer vom anderen fordern, er müsse sich nun endlich grundlegend ändern.

Alle unsere Angebote werden nicht angenommen, sie haben keinerlei Interessen über das "Krieg führen" hinaus, sie interessieren sich für niemanden, haben das auch nie wirklich getan, nahmen unsere Angebote nicht an, uns mal in Theater zu begleiten, mit zu einer Ausstellung zu kommen, was auch immer, wir konnten sie für nichts interessieren.

WIR können Ihnen da inzwischen nicht mehr helfen, haben alles mehrfach vergeblich versucht - was könnten wir Neues anbieten?

Gibt es für alte Menschen irgendwie eine "Familienfürsorge", einen "Einzelfallhelfer", der ihnen zur Seite stehen könnte?

Sie tun mir leid, sie machen mich hilflos, aber auch wütend, ich kann sie doch nicht ihrem Schicksal überlassen und irgendwann gibt es ein Blutbad (im wahrsten Wortsinn!)
--
usabima
Re: was ist machbar?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 12.07.2008, 09:27:40
usabima, du wirst doch kaum erwarten können, dass sich deine elter mit 88 und 89 jahren noch ändern können? schliesslich haben sie in der vergangenheit viel kraft darauf verwendet ihren "zustand" zu behalten.

du kannst im höchstfall für dich unterstützung suchen. hierfür kannst du bei awo, der caritas und anderen verbänden auskünfte einholen, die werden sicherlich deine eltern mit einbinden.
--
plumpudding
marianne
marianne
Mitglied

Re: was ist machbar?
geschrieben von marianne
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 12.07.2008, 09:27:40
Leider ist mir schon jemand zuvorgekommen... ich sehe, wie du leidest.
Nur die Frage jetzt:

Waren deine Eltern nie bei einer Paar- oder Familienberatung?
So etwas gab es früher auch schon. Aber das weisst du sicher.
--
Marianne

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minu
minu
Mitglied

Re: was ist machbar?
geschrieben von minu
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 12.07.2008, 09:27:40
Schickt mal einen Elternteil irgend wohin in die Ferien, dann weiss der andere wieder, wie sie sich brauchen.
Lasst die alten Eltern doch ihr Leben leben, sie brauchen den Streit, das gibt ihnen Energie. Keine Partei ergreifen, nicht darauf eingehen, sich selber zurück nehmen, das hilft allen.
Meine Ehe war auch nicht so gut, doch alle fünf Kinder haben sich nicht eingemischt.
Gibt es bei Euch keine Pro Senectute?.
--
minu
usabima
usabima
Mitglied

Re: was ist machbar?
geschrieben von usabima
als Antwort auf minu vom 12.07.2008, 10:44:06
Hallo zusammen

@plumpudding,
nein richtig ändern werden sie sich nicht - aber irgendwo hab ich offenbar doch noich die Hoffnung, daß sie Frieden miteinander schließen könnten? Ich habe in früheren Jahren - bevor ich eigene Kinder hatte, die sollten solche Atmosphäre eher nicht mitbekommen - diverse Beratungsstellen aufgesucht, KEINE hat sich auch nur ansatzweise für meine eltern interessiert, alle rieten dazu, mit ihnen hzu brechen, jeden Kontakt einzustellen

@Marianne,
grundsätzlich sind all solche Beratungsstellen nur "daneben", für meine eltern nicht relevant, da würden sie NIE und nimmer HINgehen - auf Drängen eines Chefs war meine Mutter ein mal bei einem Psychologen, der hat ihr gesagt, daß sie sehr ok ist, ein gesundes Gerechtigkeitsgefühl hat und das sich ihre Umwelt ändern muss, sie aber nicht - so hat sie es uns (mir) damals wört-wörtlich berichtet (und uns war klar, daß sie mit ihrem arrogant-überheblichen Verhalten den armen Mann nur gemaßregelt hat, so daß der gar nichts anderes (ironisch?) sagen konnte.

@minu,
ich habe meine Eltern vor knapp drei Jahren auf eine wunderschöne Nordlandkreuzfahrt begeleitet, das war ihr Herzenswunsch und allein hätten sie es niemals tun können - meine große Hoffnung war, daß ich Ihnen da in der grandiosen Landschaft auch ein wenig näher kommen könnte, MEINEN Frieden mit ihnen machen - aber das wurde nichts, es gab nur Gift und Galle, die anderen Passagiere sprachen mich schon an, wenn ich mal ganz früh allein an Deck war, ich hab in den drei Wochen nicht ein einziges Mal gelacht!!!!

Wenn ich mich zu sehr zuücknehme, fürchte ich, daß sich mein Vater umbringt, daß sie ich so heftig prügeln, daß einer auf der Strecke bleibt - mit einer solchen "Schuld" könnt ich dann nicht mehr frei leben.....

Ja, der Streit gibt Ihnen Energie, das denke ich auch, doch sie zeigen mir soo sehr, daß ich eine mißratene Tochter bin, wenn ich ihnen gemeinam sage, daß ich weder verantwortlich bin noch irgendeine Möglichkeit habe, ihnen hzu helfen - und daß sie sich nur selbst, aber nicht den anderen ändern können.

Pro Senectute höre/lese ich zum ersten Mal, da werd ich mal googeln!
Danke Euch allen
Usabima


usabima
Re: was ist machbar?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf usabima vom 12.07.2008, 11:03:51
usabima, du glaubst nicht wie viele "misratene" kinder hier sind. eins schaffen eltern immer wieder, kindern (egal wie alt sie sind) schuldgefühle einzuimpfen. ich glaube, man kann nur eins machen - auch wenns manchmal schwer fällt - akzeptieren und seinen eigenen weg gehen ob mit kontakt oder ohne.
--
plumpudding

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nasti
nasti
Mitglied

Re: was ist machbar?
geschrieben von nasti
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 12.07.2008, 09:27:40
Ich hatte in meiner Familie auch so ein unglückliches Ehepaar erlebt. Mehr als 40 Jahre waren Sie verheiratet, und sich selber zerfleischt. Sie passten einfach nicht zusammen.
Der Herr hat sich in alte Jahre befreiet. Hat sich einen Platz gefunden in einem modernen Altersheim, wo nach paar Wochen blühte total auf und eine neue Freundin gefunden in Altersheim. Jetzt ist er so um 76.
Seine Frau blieb alleine in Wohnung, und ist auch viel ruhiger geworden und gesundheitlich geht Ihr plötzlich viel viel besser.

Wäre das nicht eine Lösung?

Nasti

minu
minu
Mitglied

Re: was ist machbar?
geschrieben von minu
als Antwort auf usabima vom 12.07.2008, 11:03:51
Hallo, bei Euch heisst es wohl anderst. Was ist mit Volkssolidarität Bundesverband?
Es muss doch auch so etwas bei Euch geben . Vielleicht unter Altersorganisation Deutschland.
marianne
marianne
Mitglied

Re: was ist machbar?
geschrieben von marianne
als Antwort auf usabima vom 12.07.2008, 11:03:51
Usabima,
eine PN (Private Nachricht) hätte ich dir gerne geschrieben.. aber wie bist du erreichbar?

Geht es dir selbst ein klein wenig besser, seit du hier bist? Das wär doch schon was....
--
Marianne
giro10
giro10
Mitglied

Re: was ist machbar?
geschrieben von giro10
als Antwort auf marianne vom 12.07.2008, 16:54:38

--
giro10

Hallo Usambina,

sehr bewegt habe ich die Zuschriften zu Deinem Problem verfolgt und alle hatten irgendwie recht.
Dir ist ja auch klar, dass Du Deine Eltern nicht mehr ändern kannst.
Am besten gefällt mir der Vorschlag von Nasti.
Ich würde auch versuchen, die beiden räumlich zu trennen. Die Demenz Deines Vaters, die ja auch nicht besser wird und sie ja auch füreinander zur Gefahr werden können, rechtfertigt das auch.Vielleicht kann auch der Hausarzt bei einem Gespräch mit Dir und Deinem Vater helfend einspringen. Vor Ärzten haben ältere Leute meistens Respekt.
Du hast wirklich alles probiert, aber Du lebst Dein eigenes Leben mit Deiner Familie.
Sind Deine Eltern erst einmal an getrennten Stellen, kannst Du sie besuchen, aber kannst dann die Tür hinter Dir zumachen und weißt sie versorgt.
Ich nehme an, dass zwischen Deinen Eltern so eine Art Hassliebe besteht.
Lass Dir kein schlechtes Gewissen einreden. Auch Du hast nur das eine Leben.

Viele Grüße giro

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